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BFH-Urteil vom 28.5.1998 (V R 19/96) BStBl. 2010 II S. 307
Gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980 ist die Vermietung und Verpachtung von
Betriebsvorrichtungen nicht von der Umsatzsteuer befreit, selbst wenn diese
wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Dieses Aufteilungsgebot
läßt auch keine Einbeziehung der Überlassung von Betriebsvorrichtungen in
die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung unter dem Gesichtspunkt der
unselbständigen Nebenleistung zu.
UStG 1980 § 4 Nr. 12 Satz 2; EWGRL 388/77
Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 3.
Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 4.
Januar 1996 V 26/92 (EFG 1996, 347)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisonsbeklagte (Klägerin) begann 1984 mit der Errichtung eines sog.
Freizeitparks mit Campingplatz, Naturfreibad und Mobilheimstellplatz auf
einem etwa 60 ha großen Gelände. In den Streitjahren 1984 und 1985 ließ sie
dazu umfangreiche Baumaßnahmen durchführen, zu denen u. a. die Ausrüstung
der ca. 200 bis 250 qm großen Mobilheimstellplätze mit eigenen Anschlüssen
für Strom, Gas, Wasser und Abwasser sowie mit einer Vorrichtung für den
Anschluß an eine Gemeinschaftsantennenanlage gehörte.
Die Klägerin verpachtete die
Grundstücksparzellen an Mobilheimeigentümer, die ihre Mobilheime in der
Regel zuvor bei ihr bestellt hatten. Bei den Mobilheimen handelte es sich um
selbsttragende Stahl- / Holzkonstruktionen mit einer oder zwei Achsen, die
mit Tiefladern zu den Stellplätzen transportiert wurden, nach der
Installation aber noch transportabel blieben. Sie hatten bereits Anschlüsse
für Versorgungseinrichtungen. Die Verträge zwischen der Klägerin und den
Mobilheimeigentümern sahen neben dem jährlichen Pachtzins von 6 DM / qm eine
sog. Vorauszahlung in Höhe von 6.100 DM vor, die die Nutzung der
Versorgungseinrichtungen für die gesamt Dauer des Pachtverhältnisses
abgelten sollte.
Mit den
Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre machte die Klägerin die auf die
Installation der Versorgungseinrichtungen entfallenden Vorsteuerbeträge
geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte
den beanspruchten Vorsteuerabzug.
Nach erfolglosem
Vorverfahren begehrte die Klägerin mit der Klage, die
Versorgungseinrichtungen als Betriebsvorrichtungen anzusehen, deren
Nutzungsüberlassung nicht unter die Steuerfreiheit der Verpachtung der
Grundstücksparzellen gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes
(UStG) 1980 falle. Der Ausschluß der Vorsteuerbeträge vom Abzug gemäß § 15
Abs. 2 UStG 1980 greife also nicht ein.
Das Finanzgericht (FG) gab
der Klage auf Gewährung des Vorsteuerabzug statt (vgl. Entscheidungen der
Finanzgerichte - EFG - 1996, 347). Es folgte im wesentlichen der Auffassung
der Klägerin.
Das FA rügt mit der vom FG
zugelassenen Revision Verletzung von § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 sowie von § 4 Nr. 12 Buchst. a und Satz 2 UStG 1980.
Dazu trägt es vor:
Die Gebrauchsüberlassung der
Versorgungsleitungen sei Teil einer einheitlichen Leistung, nämlich der
Verpachtung des Mobilheimstellplatzes und damit gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a
UStG 1980 steuerfrei. Mobilheime könnten - entsprechend einem "sonstigen
Haus" - vernünftigerweise nicht ohne Versorgungsanschlüsse betrieben werden.
Die Verpachtung der Anschlüsse habe keinen eigenen wirtschaftlichen Gehalt.
Der Sachverhalt unterscheide sich grundlegend vom Fall der Vermietung einer
Betriebsvorrichtung wie einer Kegelbahn, die, für sich genommen, ein
selbständig vermietbares Wirtschaftsgut sei (Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 30. Mai 1994 V R 83/92, BFHE 175, 147, BStBl II 1994, 775).
Aber auch für den Fall, daß
die Überlassung der Versorgungsleistung nicht Bestandteil einer
einheitlichen Leistung (Verpachtung des Mobilheimstellplatzes) sei, handle
es sich jedenfalls um eine unselbständige Nebenleistung der
Grundstücksverpachtung, die - wie diese - steuerfrei sei. Die Bereitstellung
der Versorgungsanschlüsse sei gegenüber der Gebrauchsüberlassung der
Grundstücksparzellen nebensächlich. Sie stehe in einem engen Zusammenhang
mit der Grundstücksüberlassung und sei bei der Verpachtung von
Mobilheimstellplätzen heute üblich. Die Beurteilung als unselbständige
Nebenleistung entspreche der Würdigung von Versorgungsleistungen bei
Campingplätzen durch Abschn. 78 Abs. 4 Satz 6 der Umsatzsteuer-Richtlinien
(UStR) 1992.
Schließlich setze das
Merkmal der Nebensächlichkeit nicht voraus, daß das Entgelt für die
Nebenleistung völlig hinter das für die Hauptleistung zurücktrete
(BFH-Urteil vom 13. März 1987 V R 129/75, BFHE 149, 284, BStBl II 1987,
465), obgleich im Streitfall solche Umstände sogar vorlägen. Nach § 15 des
Grundstückspachtvertrags gelte der einmalige Vorauszahlungsbetrag von 6.100
DM für die Versorgungsanschlüsse für die Dauer von 30 Jahren. Das ergebe
einen Jahresbetrag von 203 DM gegenüber dem jährlichen Grundstückspachtzins
von 1.500 DM, also weniger als 12 v. H. des Gesamtentgelts von 1.703 DM.
Erst vom Wirtschaftsjahr 1995/96 an betrage die Vorauszahlung 9.500 DM bei
einer verkürzten Laufzeit von 15 Jahren.
Das FA beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hält die
Revision für unbegründet.
Sie betrachtet die
gesonderte Behandlung der Betriebsvorrichtungen im Vergleich zum Grundstück
wie in den Fällen der BFH-Urteile in BFHE 175, 147, BStBl II 1994, 775 -
Kegelbahn -, und vom 10. Februar 1994 V R 33/92 (BFHE 174, 258, BStBl II
1994, 668 - Schwimmbad -) als zutreffend.
Im übrigen, so macht die
Klägerin geltend, trage die Auffassung des FA, die Nutzungsüberlassung der
Versorgungsanschlüsse sei Nebenleistung zur Grundstücksverpachtung, den
erheblichen Investitionen für die Erstellung der Anschlüsse nicht Rechnung.
Das von den Pächtern verlangte Entgelt dafür entspreche nicht ihren
tatsächlichen Aufwendungen für die Erstellung. Die volle Abwälzung sei aus
Wettbewerbsgründen nicht möglich gewesen. Sie habe die Vorauszahlung aber -
wie in der mündlichen Verhandlung dargetan - bereits mehrfach nach oben
angepaßt und werde dies auch weiterhin nach tatsächlichen Aufwendungen und
betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten tun. Schließlich führe auch der
Verweis des FA auf Abschn. 78 Abs. 4 Satz 6 UStR 1992 nicht weiter. Denn die
dort vertretene Ansicht sei in Anbetracht der Aufwendungen, die nach den
heute geltenden Bauvorschriften der Länder für Campingplätze erforderlich
seien (z.B. Niedersächsische Verordnung über Campingplätze, Wochenendplätze
und Wochenendhäuser, Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt - GVBl
ND - 1984, 109, zuletzt geändert am 5. Mai 1987, GVBl ND 1987, 84), nicht
zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist unbegründet. Der
Klägerin steht das Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 UStG 1980 hinsichtlich
der Versorgungsanschlüsse zu.
1. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG
1980 sind erfüllt, weil die Klägerin die Anschlußleitungen für ihr
Unternehmen (Betrieb des Stellplatzes) verlegen ließ.
2. Ein Ausschluß vom Vorsteuerabzug gemäß §
15 Abs. 2 UStG 1980 greift nicht ein. Die Klägerin hat die bezogenen
Leistungen nicht zur Ausführung steuerfreier Umsätze im Sinne der Vorschrift
verwendet.
Nach dem festgestellten Sachverhalt sind
zwar unterschiedliche Verwendungsumsätze möglich. Diese führen jedoch zum
selben Ergebnis, so daß es weiterer (klarstellender) Feststellungen nicht
bedarf. Dabei ist mit dem FG davon auszugehen, daß die Aufwendungen der
Klägerin für die Versorgungsleitungen nicht als Herstellungskosten der
Grundstücke, sondern der "Vorrichtungen ..., die zu einer Betriebsanlage
gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile
eines Grundstücks" wurden (vgl. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980), zu beurteilen
sind. Nach den Feststellungen des FG waren die Versorgungsleitungen auf die
Versorgung der Mobilheime mit Energie und Wasser bzw. die Entsorgung der
Abwässer zugeschnitten. Sie entsprachen der Kapazität nach nicht den
Anforderungen an eine allgemeine Grundstückserschließung. Die
Versorgungsleitungen dienen danach unmittelbar dem Betrieb der
Mobilheimstellplatzanlage. Sie erfüllen die Voraussetzung, daß die Anlage in
einer besonderen Beziehung zum gegenwärtig im Gebäude (auf dem Grundstück)
ausgeübten Betrieb steht, d. h., daß ihr in bezug auf die Ausübung des
Gewerbebetriebs eine ähnliche Funktion wie einer Maschine zukommt (vgl.
BFH-Urteile vom 11. Dezember 1991 II R 14/89, BFHE 166, 176, BStBl II 1992,
278, und vom 20. Februar 1991 II R 61/88, BFHE 163, 575, BStBl II 1991, 531,
m. N.).
Geht es nicht um die Abgrenzung einer
Betriebsvorrichtung von einem (Betriebs-)Gebäude, sondern vom Grundstück
selbst, kommt es auf die Art des mit dem Grundstück ausgeübten Betriebs an.
So hat der BFH im vorbezeichneten Urteil in BFHE 163, 575, BStBl II 1991,
531 eine aus einem Rohrsystem bestehende Drainage in landwirtschaftlich
genutzten Flächen als Betriebsvorrichtung beurteilt mit der Begründung, es
würden technisch hergestellte Gegenstände in den Boden eingefügt, und
unabhängig von der konkreten Nutzungsart und der Bodenqualität (vor der
Herstellung der Drainage) bestehe regelmäßig ein enger Zusammenhang zwischen
der Anlage und dem Betriebsablauf (der landwirtschaftlichen Urproduktion).
a) Soweit die Leitungen auf Grundflächen
verlegt worden waren, die die Klägerin nicht an Stellplatzmieter überlassen
hatte, kommt in Betracht, daß die Klägerin die Leitungen selbst als
berechtigte und verpflichtete Abnehmerin (z.B. Großabnehmerin von Strom) zur
Durchleitung nutzte. Verwendung der Betriebsvorrichtungen zu steuerfreier
Grundstücksverpachtung scheidet insoweit aus.
b) Soweit die Klägerin die über die
Grundstücksparzellen laufenden Versorgungsleitungen gegen besondere
Vorauszahlung den Parzellenpächtern zur Nutzung überließ, nahm das FG ohne
Rechtsverstoß eine gegenüber der steuerfreien Parzellenverpachtung
eigenständige, gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980 steuerpflichtige
Verpachtung von Betriebsvorrichtungen an. Darin liegt ebenfalls keine zum
Ausschluß vom Vorsteuerabzug führende Verwendung. Bei (steuerfreier)
Verpachtung von Grundstücken mit darauf errichteten Betriebsvorrichtungen
führt das Aufteilungsgebot gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980 zur
eigenständigen Beurteilung der Verpachtung der Betriebsvorrichtungen (hier:
Versorgungsanlagen).
Der Senat hat dieses Aufteilungsgebot mit
Urteil vom 14. Juli 1977 V R 20/74 (BFHE 123, 203, BStBl II 1977, 881) dahin
umschrieben, daß Betriebseinrichtungen, die mit einem Grundstück fest
verbunden sind und mit diesem mitvermietet werden, auch nicht unter dem
Gesichtspunkt der umsatzsteuerrechtlichen Nebenleistung an der
Steuerfreiheit der Grundstücksvermietung teilhaben können und daß die
Regelung (im bezeichneten Fall die vergleichbare Regelung des § 37 der
Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz 1951) die Besteuerung der
entgeltlichen Überlassung solcher Wirtschaftsgüter an die Mieter ohne
Einschränkung verlangt.
Danach kommt es auf die Beurteilung der
Überlassung der Versorgungsanschlüsse als Nebenleistung zur
Grundstücksverpachtung, die das FG verneint hat und wogegen sich das FA mit
beachtlichen Argumenten wendet, nicht an.
Das Aufteilungsgebot bei der Überlassung
von Grundstücken und auf ihnen vorhandenen Betriebsvorrichtungen hat der BFH
insbesondere in ständiger Rechtsprechung zur Überlassung von Sportanlagen
berücksichtigt (vgl. z.B. zu Tennisplätzen: BFH-Urteile vom 14. Mai 1992 V R
68/88, BFHE 168, 198, BStBl II 1992, 758, unter II. 3. e, und vom 16. Mai
1995 XI R 70/94, BFHE 177, 567, BStBl II 1995, 750, und zur
Schwimmbadüberlassung: BFH-Urteil in BFHE 174, 258, BStBl II 1994, 668,
unter II. 4. a, jeweils m. N.).
Der Senat braucht nicht dazu Stellung zu
nehmen, ob oder inwieweit dieses aus § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980 folgende
Aufteilungsgebot (BFH in BFHE 123, 203, BStBl II 1977, 881) mit der Sechsten
Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG
(Richtlinie 77/388/EWG) übereinstimmt. Der Gerichtshof der europäischen
Gemeinschaften hat mit Urteil vom 13. Juli 1989 Rs. 173/88 - Henriksen -
(Slg. 1989, 2763, Umsatzsteuer-Rundschau 1991, 42) entschieden, die von der
Steuerbefreiung der Vermietung und Verpachtung von Grundstükken durch Art.
13 Teil B Buchst. b Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ausgenommene "Vermietung
von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen" (ebenso § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG
1980) könne dann nicht von der Steuerbefreiung für die "Vermietung von
Grundstücken" ausgeschlossen werden, wenn sie mit der steuerfreien
Vermietung von Grundstücken eng verbunden sei.
Ob danach auch die durch Art. 13 Teil B
Buchst. b Nr. 3 der Richtlinie77/388/EWG von der Steuerbefreiung der
Grundstücksvermietung ausgenommene "Vermietung von auf Dauer eingebauten
Vorrichtungen und Maschinen", also der hier angesprochenen
Betriebsvorrichtungen, als unselbständige Nebenleistung in die
Steuerfreiheit der "Hauptleistung" Grundstücksvermietung richtlinienkonform
einbezogen werden müßte, läßt der Senat offen. Denn zum einen beruft sich
die Klägerin auf die ihr (aufgrund der damit eröffneten
Vorsteuerabzugsmöglichkeit) günstigere Regelung des Umsatzsteuergesetzes.
Zum anderen läßt die Richtlinie 77/388/EWG nicht die Verknüpfung der
Besteuerungsgebote für Betriebsvorrichtungen in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980
für die Nutzung und in § 4 Nr. 9 UStG 1980 für die anschließende Veräußerung
im Zusammenhang mit dem Grundstück (vgl. Klenk in Sölch / Ringleb / List,
Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 12, Rz. 11) erkennen. Auf dem Gebiet der
Grundstücksumsätze läßt die Richtlinie 77/388/EWG nationale Besonderheiten
zu.
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