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BFH-Urteil vom 24.9.2009 (V R 6/08) BStBl. 2010 II S. 315
Vorsteuerberichtigung: Ertragsteuerrechtliche Beurteilung als Umlaufvermögen
umsatzsteuerrechtlich nicht maßgebend
Die
Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG für vor dem 1. Januar 2005
ausgeführte Umsätze, die zur Anschaffung oder Herstellung von
Wirtschaftsgütern führen, setzt voraus, dass diese nicht nur einmalig zur
Ausführung eines Umsatzes verwendet werden. Die ertragsteuerrechtliche
Beurteilung als Umlaufvermögen oder Anlagevermögen ist umsatzsteuerrechtlich
nicht entscheidend.
Richtlinie 77/388/EWG Art. 20 Abs. 1
Buchst. b; UStG 1999 § 15a, § 27 Abs. 8.
Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom
8. November 2007 16 K 550/05 (EFG 2008, 812)
Sachverhalt
I.
1
Streitig ist, ob der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) verpflichtet ist, eine
Vorsteuerberichtigung aus der Anschaffung eines Grundstücks nach § 15a des
Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung
rückgängig zu machen.
2
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb im Jahre 1999 ein Grundstück in der
Absicht, es nach Bebauung steuerpflichtig zu vermieten, das Erdgeschoss an
einen Supermarkt und den ersten Stock sowie das Staffelgeschoss an ein
Fitnesscenter. Sodann sollte es in vermietetem Zustand steuerpflichtig
veräußert werden. In ihren Umsatzsteuervoranmeldungen machte sie
entsprechend ihrer Verwendungsabsicht zur Erzielung steuerpflichtiger
Umsätze den Vorsteuerabzug geltend.
3
Nach Fertigstellung des
Gebäudes wurde ab dem 1. August 2000 das Erdgeschoss steuerpflichtig an
einen Supermarkt vermietet und das erste Geschoss und das Staffelgeschoss an
Mieter überlassen, die steuerfreie Umsätze erzielten. Nach den
Feststellungen des Finanzgerichts (FG) wurde das Grundstück am 11. Dezember
2001 veräußert.
4
In ihrer
Umsatzsteuererklärung 2001 berichtigte die Klägerin gemäß § 15a UStG die in
den Vorjahren 1999 und 2000 geltend gemachten Vorsteuerbeträge hinsichtlich
der steuerfrei vermieteten Gebäudeteile anhand des Flächenschlüssels. Nach
Einspruch der Klägerin erließ das FA am 8. März 2004 einen unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO -) stehenden
Änderungsbescheid, in dem es antragsgemäß die Vorsteuerberichtigung statt
nach dem Flächenschlüssel nach dem Umsatzschlüssel berechnete.
5
Am 23. Februar 2005 stellte
die Klägerin den Antrag, den Umsatzsteuerbescheid für 2001 nach § 164 Abs. 2
AO zu ändern und die mit Bescheid vom 8. März 2004 erfolgte
Vorsteuerkorrektur rückgängig zu machen mit der Begründung, die
Voraussetzungen des § 15a UStG seien nicht erfüllt, da sich die maßgeblichen
Verhältnisse nicht erst ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung
(1. August 2000), sondern bereits vorher (zum 6. April 2000) verändert
hätten. Zudem gehöre das Grundstück zum Umlaufvermögen, für das § 15a UStG
i.d.F. des Jahres 2001 eine Vorsteuerberichtigung nicht vorsehe.
6
Einspruch und Klage waren
erfolglos. Zur Begründung führte das FG in dem in "Entscheidungen der
Finanzgerichte" (EFG) 2008, 812 veröffentlichten Urteil aus, dass nach dem
rückwirkend anzuwendenden § 15a UStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2001
(StÄndG 2001) i.V.m. § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des StÄndG 2003 (BGBl I 2003,
2645) eine Korrektur auch in den Fällen vorgesehen sei, in denen der
Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - (Urteil vom 11. Juli
1991 C-97/90, Lennartz, Slg. 1991, I-3795, Der Betrieb 1992, 122) nach der
erklärten Verwendungsabsicht vorgenommen habe und es dann nach der
erstmaligen Verwendung zu einer den Vorsteuerabzug ausschließenden
steuerfreien Verwendung gekommen sei. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) sei diese Rückwirkung verfassungsgemäß (BFH-Urteil
vom 7. Juli 2005 V R 32/04, BFHE 211, 74, BStBl II 2005, 907). Die
Vorsteuerberichtigung sei selbst dann zu Recht erfolgt, wenn man
entsprechend der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 18. Oktober 2001
V R 106/98, BFHE 196, 363, BStBl II 2002, 551) davon ausgehe, dass § 15a
UStG in der vor dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung nicht für
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gelte, denn jedenfalls sei eine
Korrektur aufgrund des Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie des
Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG)
möglich. Schließlich handele es sich hier nicht um Umlaufvermögen, sondern
um Anlagevermögen. Denn Umlaufvermögen liege nur vor, wenn bei einem
Wirtschaftsgut zwischen Erwerb und Veräußerung die bereits bestehenden
Mietverhältnisse fortgeführt würden, nicht aber, wenn - wie bei der Klägerin
- nach dem Grundstückserwerb eigene Mietverhältnisse begründet würden und
das Grundstück erst anschließend veräußert werde (Hinweis auf den
BFH-Beschluss vom 6. März 2007 IV B 118/05, BFH/NV 2007, 1128). Mit der
Begründung eines Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis bringe der
Unternehmer zum Ausdruck, dass er das Wirtschaftsgut mehrfach und nicht -
wie beim Umlaufvermögen - einmalig verwende.
7
Hiergegen wendet sich die
Klägerin mit der Revision.
8
§ 15a UStG i.d.F. des StÄndG
2001 sehe eine Vorsteuerkorrektur nur dann vor, wenn die Änderung in den
Zeitraum nach der erstmaligen Verwendung falle, nicht aber, wenn die
Änderung der Verwendungsabsicht bereits vor der erstmaligen Verwendung
eingetreten sei. § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des StÄndG 2003 sei
verfassungswidrig, weil es sich um eine mit dem Rechtsstaatsprinzip
unvereinbare echte Rückwirkung handele. Zwar habe der BFH mit Urteil in BFHE
211, 74, BStBl II 2005, 907 entschieden, dass die Rückwirkung mangels
schutzwürdigen Vertrauens der Steuerpflichtigen verfassungsgemäß sei. Dies
gelte jedoch, weil das Urteil in BFHE 211, 74, BStBl II 2005, 907
Vorsteuerbeträge im Jahr 1990 betreffe und deshalb lediglich "für Fälle im
Veranlagungszeitraum 1990" gelte, nicht - wie vorliegend - für das
Streitjahr 2001, weil inzwischen der Vorsteuerabzug nach Maßgabe der
Verwendungsabsicht geltende Rechtsprechung geworden sei und es nicht zu
Lasten des Steuerpflichtigen gehen könne, wenn der Gesetzgeber über zwei
Jahre für die Umsetzung einer sich abzeichnenden Rechtsprechungsänderung des
EuGH und des BFH benötige. Es werde das Ruhen des Verfahrens beantragt bis
zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Verfahren
2 BvL 57/06 und 1 BvL 5/07, die die Rückwirkung von Steuergesetzen
betreffen.
9
Im Übrigen komme eine
Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht in Betracht, weil § 15a UStG
i.d.F. des Streitjahres 2001 nicht für Gegenstände des Umlaufvermögens
gelte. Entgegen der Rechtsauffassung des FG ergebe sich auch aus Art. 20
Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG nichts anderes. Bei dem
veräußerten Grundstück handele es sich um einen Gegenstand des Umlauf- und
nicht des Anlagevermögens nach § 247 des Handelsgesetzbuches (HGB), da sie,
die Klägerin, einen gewerblichen Grundstückshandel betreibe und der
Gebäudeteil von Anfang an zur Weiterveräußerung bestimmt gewesen sei. Zwar
sei der Gebäudeteil vom 1. August 2000 bis 11. Dezember 2001 vermietet
gewesen. Dies habe jedoch lediglich dazu gedient, die Suche nach einem
Käufer zu erleichtern, da Hausbanken vermietete Immobilien leichter
finanzierten. Durch die zwischenzeitliche Vermietung habe nach dem
BFH-Urteil vom 2. Februar 1990 III R 165/85 (BFHE 160, 361, BStBl II 1990,
706) das Objekt seinen Charakter als Umlaufvermögen nicht verloren. Eine
unterschiedliche Definition des Umlaufvermögens im Einkommensteuer- und
Umsatzsteuerrecht verbiete sich "wegen der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung".
10
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des FA vom 14. März 2005
und des FG-Urteils vom 8. November 2007 das FA zu verpflichten, die
Umsatzsteuer 2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass Korrekturbeträge nach
§ 15a UStG im Umfang von ... DM unberücksichtigt bleiben.
11
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
12
Auf die Unterscheidung
zwischen Anlage- und Umlaufvermögen komme es nicht an. Maßgebliches
Unterscheidungskriterium sei vielmehr, ob das Wirtschaftsgut nicht nur
einmalig, sondern mehrfach verwendet werde. Eine mehrfache Verwendung liege
vor, weil die Klägerin von Anfang an geplant habe, das Gebäude zu vermieten.
Auch wenn dies lediglich dem Zweck gedient habe, die Immobilie besser
verkaufen zu können, handele es sich um eine mehrfache Verwendung. Zudem
lasse es sich vielfach nicht von vornherein absehen, ob sich für ein Objekt
ein geeigneter Käufer finde und es bei einer Vermietung verbleibe.
Entscheidungsgründe
II.
13
Die Revision führt zur Aufhebung des
Urteils und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zwar
ist die rückwirkende Anwendung des § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 i.V.m.
§ 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des StÄndG 2003 vom 15. Dezember 2003 nicht
verfassungswidrig. Auch ist § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 bei einem zu
Vermietungs- und Veräußerungszwecken erworbenen Grundstück unabhängig von
der einkommensteuerrechtlichen Einordnung als Anlage- oder Umlaufvermögen
anwendbar. Der Senat kann jedoch nicht abschließend entscheiden, weil
Feststellungen dazu fehlen, ob die Veräußerung des Grundstücks steuerfrei
oder steuerpflichtig war und ob ggf. eine die Vorsteuerkorrektur
ausschließende Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG
vorliegt.
14
1. Zu Recht hat das FG entschieden, dass
die Voraussetzungen einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG i.d.F. des
StÄndG 2001 vorliegen. Nach dieser Vorschrift ist eine Berichtigung des
Vorsteuerabzugs vorzunehmen, wenn sich bei Grundstücken innerhalb eines
Zeitraums von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die
für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse geändert
haben. Dies ist der Fall, weil die Klägerin den Vorsteuerabzug ursprünglich
hinsichtlich des Obergeschosses und Staffelgeschosses entsprechend ihrer
Absicht zur steuerpflichtigen Vermietung geltend gemacht hatte, die
Vermietung jedoch tatsächlich ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung
steuerfrei erfolgte. Die Klägerin hat daher jedenfalls insoweit den auf das
Streitjahr 2001 entfallenden Anteil des gewährten Vorsteuerabzugs nach § 15a
Abs. 2 UStG zurückzuzahlen. Ob zusätzlich der gesamte restliche
Vorsteuerabzug wegen der im Dezember 2001 erfolgten Veräußerung des
Grundstücks zu korrigieren war, hängt gemäß § 15a Abs. 4 UStG davon ab, ob
das Grundstück steuerfrei oder steuerpflichtig veräußert wurde. Hierzu hat
das FG jedoch keine Feststellungen getroffen. Der Senat darf fehlende
entscheidungserhebliche Feststellungen ohne Bezugnahme des FG nicht aus den
Akten ergänzen.
15
2. Das FG geht zu Recht davon aus, dass die
Vorschrift des § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 für das Streitjahr 2001
anwendbar ist.
16
a) § 15a UStG i.d.F. des StÄndG 2001 ist an
die Stelle der Vorgängervorschrift des § 15a UStG i.d.F. vom 9. Juni 1999
getreten, wonach eine Vorsteuerkorrektur eine Änderung der Verhältnisse
"seit dem Beginn der Verwendung" voraussetzte, woran es im Streitfall fehlen
würde, weil die Absicht zur Verwendung zur steuerpflichtigen Vermietung
bereits vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung (1. August 2000)
aufgegeben wurde (am 6. April 2000). Die rückwirkende Anwendbarkeit der
Neufassung des § 15a UStG beruht auf der Regelung des § 27 Abs. 8 UStG
i.d.F. vom 15. Dezember 2003. Danach ist die Ende 2001 geänderte Fassung des
§ 15a UStG "auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2002 anzuwenden, wenn der
Unternehmer den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezuges auf Grund
der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen hat und die
Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den
Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht übereinstimmt". Diese
Voraussetzungen sind erfüllt.
17
b) Die Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 8
UStG i.d.F. des StÄndG 2003 verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche
Rückwirkungsverbot. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil in BFHE
211, 74, BStBl II 2005, 907) ist die Rückwirkung eines Gesetzes durch
Eingriff in bereits abgewickelte Tatbestände dann zulässig, wenn die
bestehende Rechtslage keine ausreichende Vertrauensgrundlage darstellt und
das Vertrauen des Steuerbürgers in den Fortbestand des geltenden Rechts
nicht schutzwürdig ist. Dadurch, dass nach der früheren Rechtslage der
Vorsteuerabzug nach den Verhältnissen der erstmaligen Verwendung gewährt
oder versagt wurde, konnte ein Korrekturbedarf nur dann bestehen, wenn sich
nach der erstmaligen Verwendung eine abweichende, den Vorsteuerabzug
ausschließende Verwendung ergab.
18
Nachdem jedoch auf Grund der Rechtsprechung
des EuGH (Urteil vom 21. März 2000 C-110/98, Gabalfrisa, Slg. 2000, I-1577;
zusammenfassend Heidner in Bunjes/Geist, UStG, § 15 Rz 292) der
Vorsteuerabzug bereits nach der jeweiligen Verwendungsabsicht im Zeitpunkt
des Leistungsbezuges zu beurteilen war, bestand für die Fallgestaltungen, in
denen sich die Verwendungsabsicht bereits vor dem Zeitpunkt der erstmaligen
Verwendung wieder geändert hatte, eine nach dem Gesetzesplan des UStG nicht
vorhergesehene Regelungslücke, die der Gesetzgeber aufgrund der geänderten
Fassung des § 15a UStG rückwirkend geschlossen hat. Für denjenigen, der sich
auf den durch die Rechtsprechungsänderung des EuGH modifizierten
Vorsteuerabzug nach Maßgabe der Verwendungsabsicht berief, bestand kein
berechtigtes Vertrauen dahingehend, dass der Gesetzgeber diese
verfahrensrechtliche Lücke nicht schließen werde. Der vorliegende
Sachverhalt unterscheidet sich von dem Fall einer unzulässigen Rückwirkung,
bei der der Gesetzgeber einen abgeschlossenen Sachverhalt nachträglich mit
anderen Rechtsfolgen verknüpft, dadurch, dass der Vorsteuerabzug und seine
Korrektur bei Wegfall der Voraussetzungen in einem Regelungszusammenhang
stehen und eine Änderung des maßgeblichen Zeitpunktes für den Vorsteuerabzug
auch eine Änderung der Korrekturvorschrift nach sich ziehen muss. Dies gilt
entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht nur für den
Veranlagungszeitraum 1990, sondern auch für das vorliegende Streitjahr 2001.
Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass der Modifikation des
Vorsteuerabzugs durch die Rechtsprechung keine Anpassung der
Korrekturvorschrift folgen würde.
19
c) Das vorliegende Verfahren ist entgegen
dem Antrag der Klägerin auch nicht bis zur Entscheidung des BVerfG wegen der
Überprüfung der Rechtmäßigkeit anderweitiger rückwirkender Steuergesetze
ruhen zu lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung), da hierfür
keine übereinstimmenden Anträge der Beteiligten vorliegen. Soweit die
Klägerin sinngemäß nicht das Ruhen des Verfahrens, sondern dessen Aussetzung
begehrt, ist dem Antrag nicht zu entsprechen, da die Verfahren 2 BvL 57/06
(zur rückwirkenden Ersetzung des halben Steuersatzes in § 34 des
Einkommensteuergesetzes durch die sog. Fünftelungsregelung) und 1 BvL 5/07
(zur Kürzung des gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrages) keine
vergleichbaren Sachverhalte betreffen.
20
3. Die Anwendung des § 15a UStG scheitert
auch nicht daran, dass es sich bei der Veräußerung des vermieteten
Grundstücks nach Ansicht der Klägerin einkommensteuerrechtlich um
Umlaufvermögen handelt.
21
a) Wie der Senat bereits entschieden hat,
besteht für vor dem 1. Januar 2005 ausgeführte Umsätze keine Möglichkeit der
Vorsteuerberichtigung, wenn diese zur Anschaffung oder Herstellung von
Wirtschaftsgütern führen, die nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes
verwendet werden und bei denen es sich "regelmäßig um Gegenstände des
Umlaufvermögens" handelt, da entgegen der Rechtsansicht des FG auch Art. 20
der Richtlinie 77/388/EWG keine Möglichkeit der Vorsteuerberichtigung
vorsieht (BFH-Urteil vom 12. Februar 2009 V R 85/07, BFHE 224, 473, BFH/NV
2009, 1048). Die Regelung des § 15a Abs. 4 UStG 2005, wonach eine
Berichtigung des Vorsteuerabzugs auch bei einem Wirtschaftsgut vorzunehmen
ist, das nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, ist erst
für Umsätze ab dem 31. Dezember 2004 anwendbar (§ 27 Abs. 11 UStG).
22
b) Allerdings bestand die fehlende
gesetzliche Korrekturmöglichkeit in § 15a UStG der im Streitjahr 2001
geltenden Fassung lediglich für solche Wirtschaftsgüter, die nur einmalig
zur Ausführung von Umsätzen bestimmt sind (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2001
V R 8/98, BFHE 197, 347, BStBl II 2002, 557). Zwar wird es sich dabei in
aller Regel auch einkommensteuerrechtlich um Wirtschaftsgüter des
Umlaufvermögens handeln. Indes kommt es für die Frage, ob ein längerfristig
nutzbares "Wirtschaftsgut" i.S. des § 15a UStG vorliegt, nicht entscheidend
darauf an, ob das Wirtschaftsgut auch ertragsteuerrechtlich als
Umlaufvermögen zu qualifizieren ist. Die ertragsteuerrechtliche
Qualifikation als Anlage- oder Umlaufvermögen, die nach § 247 Abs. 2 HGB
erfolgt und u.a. materiell von Bedeutung für das Aktivierungsverbot des
§ 248 Abs. 2 HGB, die Abschreibungsregeln des § 253 Abs. 2 HGB und die
Anwendung des strengen Niederstwertprinzips des § 253 Abs. 3 Satz 1 und 2
HGB ist (z.B. Walz in Heymann/Kommentar zum HGB, Band 3 § 247), folgt
anderen Regeln. Bei der Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen
handelt es sich vielmehr nur um Hilfsbegriffe, die umsatzsteuerrechtlich den
Blick auf die entscheidende Zahl der Verwendungsumsätze nicht verstellen
dürfen (Birkenfeld, Das Große Umsatzsteuer-Handbuch, § 193 Rz 73; Lippross,
UStG, 22. Aufl., S. 887 und 905; Reiss, Umsatzsteuerrecht, 10. Aufl. 2009,
Rz 346).
23
Im Streitfall kann daher offen bleiben, ob
es sich bei einem vermieteten und später veräußerten Grundstück
einkommensteuerrechtlich um Anlage- oder Umlaufvermögen handelt (vgl. dazu
BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1128). Da das vorliegende Grundstück zunächst
über einen Zeitraum von über 15 Monaten zu Vermietungszwecken genutzt und
anschließend veräußert wurde, war es nicht nur einmalig zur Erzielung von
Umsätzen bestimmt und daher als "Wirtschaftsgut" i.S. des § 15a Abs. 1 UStG
der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung anzusehen.
24
4. Der Senat kann jedoch nicht
durcherkennen, da Feststellungen dazu fehlen, ob die Vorsteuerkorrektur nach
§ 15a UStG wegen einer eventuellen Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a
UStG nach § 15a Abs. 6 UStG ausgeschlossen ist. Dies wäre der Fall, wenn die
Klägerin durch die Veräußerung des Grundstücks oder eines selbständigen
Unternehmensteils ein Vermietungsunternehmen übereignet hätte, bei dem der
Erwerber die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs beabsichtigte (vgl. hierzu
das Senatsurteil vom 18. September 2008 V R 21/07, BFHE 222, 170, BStBl II
2009, 254). Das FG hat lediglich festgestellt, dass das vermietete
Grundstück veräußert wurde, ohne Feststellungen zum Umfang des
Erwerbsgegenstandes, zur Person des Erwerbers und zum Zweck des Erwerbs zu
treffen. An einer Geschäftsveräußerung würde es fehlen, wenn lediglich der
Mieter eines Grundstücks das gemietete Objekt zu eigenen wirtschaftlichen
Zwecken erwirbt, ohne das Vermietungsunternehmen fortzuführen.
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