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EuGH-Urteil vom 27.1.2009 (C-318/07) BStBl. 2010 II S. 440
1. Macht
ein Steuerpflichtiger in einem Mitgliedstaat die steuerliche Abzugsfähigkeit
von Spenden an Einrichtungen geltend, die in einem anderen Mitgliedstaat
ansässig und dort als gemeinnützig anerkannt sind, fallen solche Spenden
auch dann unter die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien
Kapitalverkehr, wenn es sich um Sachspenden in Form von Gegenständen des
täglichen Gebrauchs handelt.
2.
Art. 56 EG steht der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach bei
Spenden an als gemeinnützig anerkannte Einrichtungen nur Spenden an im
Inland ansässige Einrichtungen von der Steuer abgezogen werden können, ohne
jede Möglichkeit für den Spender, nachzuweisen, dass eine Spende an eine
Einrichtung, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, die nach
dieser Regelung geltenden Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen
Vergünstigung erfüllt.
EG Art.
56, Art. 58 Abs. 1 Buchst. A, Art. 5 Satz 3; Richtlinie 799/77/EWG: EStG
2002 § 10b Abs. 1; EStDV 2000 § 49: KStG 2002 § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 5 Abs. 2
Nr. 2; AO § 52.
Vorlegendes Gericht: Bundesfinanzhof vom 9. Juli 2007 XI R 56/05
Sachverhalt
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 EG bis 58
EG.
2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Persche, einem in
Deutschland ansässigen Steuerberater, und dem Finanzamt Lüdenscheid (im
Folgenden: Finanzamt) über die steuerliche Abzugsfähigkeit einer Sachspende
an eine als gemeinnützig anerkannte Einrichtung, die ihren Sitz in Portugal
hat.
Entscheidungsgründe
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Art. 1
Abs. 1 der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die
gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten
im Bereich der direkten und indirekten Steuern (ABl. L 336, S. 15) in der
durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich,
der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der
die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und
ABl. 1995, L 1, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 77/799)
bestimmt:
„Die
zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erteilen sich nach dieser
Richtlinie gegenseitig alle Auskünfte, die für die zutreffende Festsetzung
der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geeignet sein können …“
4
Art. 2
Abs. 1 der Richtlinie 77/799 sieht vor:
„Die
zuständige Behörde eines Mitgliedstaats kann die zuständige Behörde eines
anderen Mitgliedstaats um die Erteilung der in Artikel 1 Absatz 1
bezeichneten Auskünfte im Einzelfall ersuchen. Die zuständige Behörde des um
Auskunft ersuchten Staates braucht dem Ersuchen nicht zu entsprechen, wenn
es scheint, dass die zuständige Behörde des ersuchenden Staates ihre eigenen
üblichen Auskunftsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, von denen sie nach
Lage des Falles ohne Gefährdung des Ermittlungszwecks hätte Gebrauch machen
können.“
Nationales Recht
5
Nach
§ 10b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG) dürfen
Steuerpflichtige Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher,
religiöser, wissenschaftlicher oder gemeinnütziger Zwecke in bestimmtem
Umfang als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Laut
§ 10b Abs. 3 EStG gilt diese Abzugsfähigkeit auch für Sachspenden.
6
Nach
§ 49 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (im Folgenden: EStDV) ist
die steuerliche Abzugsfähigkeit auf Spenden beschränkt, deren Empfänger eine
inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, eine inländische
öffentliche Dienststelle oder eine in § 5 Abs. 1 Nr. 9 des
Körperschaftsteuergesetzes (im Folgenden: KStG) bezeichnete Körperschaft,
Personenvereinigung oder Vermögensmasse ist. In dieser Bestimmung werden die
Einrichtungen, d. h. die Körperschaften, Personenvereinigungen und
Vermögensmassen, definiert, die von der Körperschaftsteuer befreit sind; das
sind solche, die nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung
ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen
Zwecken dienen. Die Befreiung gilt jedoch laut § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG nur für
Einrichtungen, die ihren Sitz in Deutschland haben.
7
Nach
§ 50 Abs. 1 EStDV dürfen die Zuwendungen im Sinne des § 10b EStG –
vorbehaltlich der besonderen Regelungen für Zuwendungen von bis zu 100 Euro
– nur abgezogen werden, wenn sie durch eine von der begünstigten Einrichtung
nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ausgestellte Zuwendungsbestätigung
nachgewiesen werden. Bei der Veranlagung des Spenders zur Einkommensteuer
ist dieser Vordruck ein ausreichender Nachweis dafür, dass der
Spendenempfänger die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Kontrolle, ob
die begünstigte Einrichtung die Voraussetzungen für die Befreiung von der
Körperschaftsteuer erfüllt, ist demnach nicht Sache der mit der Veranlagung
des Spenders befassten Finanzverwaltung.
8
In den
§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung (im Folgenden: AO) werden die Zwecke, denen
sich eine Einrichtung widmen muss, sowie die Art und Weise definiert, wie
diese Zwecke zu verfolgen sind, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu
kommen.
9
Nach
§ 52 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AO verfolgt eine Einrichtung gemeinnützige Zwecke,
wenn ihre Tätigkeit auf die Förderung der Allgemeinheit gerichtet ist, u. a.
durch die Förderung der Jugendhilfe und der Altenhilfe. Die Einrichtung muss
laut § 55 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 AO selbstlos handeln, was beispielsweise
heißt, dass sie ihre Mittel ausschließlich zeitnah für die
steuerbegünstigten Zwecke und nicht zugunsten ihrer Mitglieder zu verwenden
hat. Nach § 59 AO werden einer solchen Einrichtung Steuervergünstigungen nur
gewährt, wenn sich aus ihrer Satzung ergibt, dass sie ausschließlich und
unmittelbar Zwecke verfolgt, die den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO
entsprechen.
10
Nach
§ 63 Abs. 3 AO obliegt es einer solchen Einrichtung, durch ordnungsgemäße
Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben den Nachweis zu führen, dass
ihre tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare
Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet ist. Für den Fall von
Sachspenden muss die begünstigte Einrichtung nach § 50 Abs. 4 Satz 2 EStDV
Aufzeichnungen vorhalten, aus denen sich die Grundlagen für den von ihr
bestätigten Wert der Zuwendung ergeben.
11
Gemäß
§§ 193 ff. AO kann die Frage, ob die tatsächliche Geschäftsführung einer
Einrichtung mit den Satzungsbestimmungen übereinstimmt und die Mittel
selbstlos und zeitnah verwendet werden, durch eine Außenprüfung überprüft
werden. Erfüllt die Einrichtung die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung,
ist sie berechtigt, für die erhaltenen Spenden Zuwendungsbestätigungen nach
dem dafür vorgesehenen amtlichen Vordruck auszustellen. Wie sich aus § 10b
Abs. 4 Satz 2 EStG ergibt, haftet eine Einrichtung, wenn sie vorsätzlich
oder grob fahrlässig eine unrichtige Zuwendungsbestätigung ausstellt, für
die dadurch entgangene Steuer.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
12
Herr
Persche beantragte in seiner Einkommensteuererklärung 2003 den
Sonderausgabenabzug für eine Sachspende von Bett‑ und Badwäsche, Rollatoren
und Spielzeugautos. Diese Spende erfolgte zugunsten des Centro Popular de
Lagoa (Portugal) (im Folgenden: Centro) im Wert von insgesamt 18.180 Euro.
Das Centro ist ein Seniorenheim, an das ein Kinderheim angegliedert ist und
das sich in einem Ort befindet, in dem Herr Persche ein Wohnobjekt besitzt.
13
Der
Kläger legte seiner Steuererklärung ein auf den 31. Juli 2003 datiertes
Dokument bei, in dem das Centro den Erhalt der Spende bestätigte, sowie eine
Erklärung des Direktors des Bezirkszentrums für Solidarität und Soziale
Sicherheit von Faro (Portugal) vom 21. März 2001, wonach das Centro bei der
Generaldirektion für soziale Maßnahmen im Jahr 1982 als Privateinrichtung
der Sozialen Solidarität registriert worden sei und damit Anspruch auf alle
Steuerbefreiungen und Vergünstigungen habe, die das portugiesische Gesetz
als gemeinnützig anerkannten Einrichtungen gewähre. Nach den Angaben des
Klägers des Ausgangsverfahrens reicht der Originalspendenbeleg nach
portugiesischem Recht für den Spendenabzug aus.
14
Das
Finanzamt versagte in seinem Einkommensteuerbescheid 2003 den beantragten
Sonderausgabenabzug. Es wies auch den vom Kläger des Ausgangsverfahrens
gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch als unbegründet zurück. Die
Klage, die dieser beim Finanzgericht Münster erhob, blieb ebenfalls
erfolglos. Er legte daraufhin Revision zum Bundesfinanzhof ein.
15
Der
Bundesfinanzhof führt in seiner Vorlageentscheidung aus, dass das Finanzamt
den fraglichen Spendenabzug nach deutschem Recht habe versagen müssen, weil
der Spendenempfänger nicht in Deutschland ansässig sei und der
Steuerpflichtige keine der Form der Abgabenordnung genügende
Zuwendungsbestätigung für diese Spende vorgelegt habe. Es stelle sich jedoch
die Frage, ob eine Sachspende in Form von Gegenständen des täglichen Bedarfs
unter die Art. 56 EG bis 58 EG falle und, gegebenenfalls, ob diese
Bestimmungen dem entgegenstünden, dass ein Mitgliedstaat die steuerliche
Abzugsfähigkeit einer solchen Spende nur zulasse, wenn der Spendenempfänger
im Inland ansässig sei.
16
Der
Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 14. September 2006, Centro di
Musicologia Walter Stauffer (C‑386/04, Slg. 2006, I‑8203), anerkannt, dass
die Mitgliedstaaten entscheiden könnten, welche Interessen der Allgemeinheit
sie durch Steuervergünstigungen fördern wollten, und sich dabei der
Auffassung des in jener Rechtssache vorlegenden Gerichts angeschlossen, dass
die Förderung der Allgemeinheit im Sinne des § 52 AO nicht voraussetze, dass
diese Fördermaßnahmen deutschen Staatsangehörigen oder in Deutschland
wohnhaften Personen zugutekommen müssten. Der Bundesfinanzhof weist aber im
Ausgangsverfahren darauf hin, dass diese Auffassung im deutschen Recht
umstritten sei.
17
Der
Gerichtshof habe ferner in Randnr. 49 seines Urteils Centro di Musicologia
Walter Stauffer festgestellt, dass die sich für einen Mitgliedstaat
ergebende Notwendigkeit, die Einhaltung der Voraussetzungen für die
Steuerbefreiung einer Stiftung zu überprüfen, nicht die Versagung dieser
Befreiung rechtfertige, wenn die Stiftung in einem anderen Mitgliedstaat
niedergelassen sei, da die Steuerbehörden des ersten Mitgliedstaats von
dieser Stiftung verlangen könnten, alle stichhaltigen Belege vorzulegen. Der
Bundesfinanzhof fügt hinzu, dass nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts die Festsetzung einer Steuer aus Gründen der
steuerlichen Gleichbehandlung nicht allein von der Erklärung und den Angaben
des Steuerpflichtigen abhängig gemacht werden dürfe, sondern die Möglichkeit
bestehen müsse, das Deklarationsverfahren durch Außenprüfungen zu ergänzen.
18
In
diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht zum einen wissen, ob die
gegenseitige Amtshilfe nach der Richtlinie 77/799 die Behörden des
Sitzmitgliedstaats der betreffenden Einrichtung dazu verpflichten kann, eine
Außenprüfung vorzunehmen, und zum anderen, ob es, selbst wenn dies möglich
sein sollte, nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, von den
deutschen Finanzbehörden, wenn sich Situationen wie im Ausgangsverfahren
ergeben, zu verlangen, Kontrollen über die Rechtsnatur der begünstigten
Einrichtungen durchzuführen, um die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden
an diese Einrichtungen festzustellen, und das unabhängig vom Wert der
Spenden.
19
Unter
diesen Umständen hat der Bundesfinanzhof das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Werden vom Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG)
Sachspenden des Angehörigen eines Mitgliedstaats in Form von Gegenständen
des täglichen Gebrauchs an Einrichtungen, die ihren Sitz in einem anderen
Mitgliedstaat haben und die nach dem Recht ihres Mitgliedstaats als
gemeinnützig anerkannt sind, umfasst?
2. Falls
die Frage zu 1. bejaht wird: Widerspricht es – unter Berücksichtigung der
Verpflichtung der Finanzbehörde zur Verifikation von Erklärungen des
Steuerpflichtigen und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Satz 3
EG) – der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG), wenn nach dem Recht eines
Mitgliedstaats Spenden an gemeinnützige Einrichtungen nur dann
steuerbegünstigt sind, wenn Letztere in diesem Mitgliedstaat ansässig sind?
3. Falls
die Frage zu 2. bejaht wird: Begründet die Richtlinie 77/799 eine Pflicht
der Finanzbehörde eines Mitgliedstaats, zur Aufklärung eines Sachverhalts,
der in einem anderen Mitgliedstaat verwirklicht wurde, die Hilfe der
Verwaltungsbehörden des anderen Mitgliedstaats in Anspruch zu nehmen, oder
kann der Steuerpflichtige darauf verwiesen werden, dass er nach dem
Verfahrensrecht seines Mitgliedstaats bei Auslandssachverhalten die
Feststellungslast (objektive Beweislast) trägt?
Zu den
Vorlagefragen
Zur
ersten Frage
20
Mit
seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen,
ob, wenn ein Steuerpflichtiger in einem Mitgliedstaat die steuerliche
Abzugsfähigkeit von Spenden an Einrichtungen geltend macht, die in einem
anderen Mitgliedstaat ansässig und dort als gemeinnützig anerkannt sind,
solche Spenden auch dann unter die Bestimmungen des EG-Vertrags über den
freien Kapitalverkehr fallen, wenn es sich um Sachspenden in Form von
Gegenständen des täglichen Gebrauchs handelt.
21
In ihren
Erklärungen vertreten das Finanzamt, die deutsche, die spanische und die
französische Regierung sowie Irland die Auffassung, dass diese Bestimmungen
nur Kapitalbewegungen beträfen, die in Ausübung einer wirtschaftlichen
Tätigkeit vorgenommen würden, und nicht Spenden aus einer altruistischen
Motivation heraus an Einrichtungen, die selbstlos geführt würden und deren
Tätigkeiten nicht gewinnbringend sein dürften. Die griechische Regierung ist
der Meinung, dass ein nicht zu Investitionszwecken erfolgender Transfer von
Gegenständen des täglichen Gebrauchs, die keine Zahlungsmittel seien,
ausschließlich unter den freien Warenverkehr falle.
22
Nach
Ansicht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und der
EFTA-Überwachungsbehörde fallen Sachspenden an gemeinnützige Einrichtungen,
die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind als dem, der für die
Veranlagung des Spenders zuständig ist, unter die Art. 56 EG bis 58 EG.
23
Es ist
daran zu erinnern, dass Art. 56 Abs. 1 EG ganz allgemein Beschränkungen des
Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten verbietet.
24
Mangels
einer Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1
EG im Vertrag hat der Gerichtshof der Nomenklatur im Anhang der Richtlinie
88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des
Vertrages (dieser Artikel wurde durch den Vertrag von Amsterdam aufgehoben)
(ABl. L 178, S. 5) bereits Hinweischarakter zuerkannt, auch wenn diese
Richtlinie auf die Art. 69 und 70 Abs. 1 EWG-Vertrag (die Art. 67 bis 73 des
EWG-Vertrags wurden durch die Art. 73b bis 73g des EG‑Vertrags ersetzt,
jetzt Art. 56 EG bis 60 EG) gestützt ist, wobei die in ihr enthaltene
Aufzählung gemäß ihrer Einleitung nicht erschöpfend ist (vgl. u. a. Urteile
vom 23. Februar 2006, van Hilten‑van der Heijden, C‑513/03, Slg. 2006,
I‑1957, Randnr. 39, Centro di Musicologia Walter Stauffer, Randnr. 22, und
vom 11. September 2008, Eckelkamp, C‑11/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 38).
Schenkungen und Stiftungen sind in der Rubrik XI des Anhangs I der
Richtlinie 88/361 unter der Überschrift „Kapitalverkehr mit persönlichem
Charakter“ aufgeführt.
25
Macht
ein Steuerpflichtiger eines Mitgliedstaats die steuerliche Abzugsfähigkeit
eines Betrags geltend, der dem Wert von Spenden an in einem anderen
Mitgliedstaat ansässige Dritte entspricht, ist es für die Feststellung, ob
die betreffende nationale Regelung unter die Vertragsbestimmungen über den
freien Kapitalverkehr fällt, unerheblich, ob es sich bei den zugrunde
liegenden Spenden um Geld- oder Sachspenden handelt.
26
Die
Aufnahme von Erbschaften und Vermächtnissen in die Rubrik XI des Anhangs I
der Richtlinie 88/361 zeigt nämlich, dass für die Frage, ob die steuerliche
Behandlung bestimmter Transaktionen durch einen Mitgliedstaat unter die
Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr fällt, nicht zwischen
Geldtransaktionen und Sachtransaktionen zu unterscheiden ist. So hat der
Gerichtshof festgestellt, dass mit Erbschaften das Vermögen, das ein
Verstorbener hinterlässt, auf eine oder mehrere Personen übergeht – oder
anders gesagt, dass mit ihnen das Eigentum an verschiedenen Gegenständen und
Rechten, aus denen dieses Vermögen besteht, auf die Erben übergeht (vgl.
u. a. Urteile van Hilten‑van der Heijden, Randnr. 42, und Eckelkamp, Randnr.
39). Daher kann eine nationale Steuerregelung auch dann unter die Art. 56 EG
bis 58 EG fallen, wenn sie den Übergang eines Vermögens betrifft, das
möglicherweise sowohl aus Geldbeträgen als auch aus unbeweglichen und
beweglichen Vermögensgegenständen besteht.
27
Wie die
Erbschaftsteuer fällt also die steuerliche Behandlung von Geld- oder
Sachspenden unter die Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr;
ausgenommen sind die Fälle, die mit keinem der wesentlichen Elemente der
betreffenden Transaktionen über die Grenzen eines Mitgliedstaats
hinausweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil Eckelkamp, Randnr. 39 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
28
Hinsichtlich der Frage, ob – wie die griechische Regierung vorträgt – eine
Spende von Gebrauchsgegenständen nicht eher unter die Vertragsbestimmungen
über den freien Warenverkehr fällt, ist darauf hinzuweisen, dass nach
nunmehr gefestigter Rechtsprechung für die Feststellung, ob eine nationale
Regelung unter die eine oder unter die andere Freiheit fällt, auf den
Gegenstand der betreffenden nationalen Regelung abzustellen ist (vgl. u. a.
Urteil vom 24. Mai 2007, Holböck, C‑157/05, Slg. 2007, I‑4051, Randnr. 22
und die dort angeführte Rechtsprechung).
29
Die im
Ausgangsverfahren fragliche Regelung schließt die Abzugsfähigkeit von
Spenden an Einrichtungen aus, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind,
unabhängig davon, ob es sich bei diesen Spenden um Geld‑ oder Sachspenden
handelt, und – bei Sachspenden – unabhängig vom Ort des Kaufs der
gespendeten Güter. Aus dem Gegenstand dieser Regelung ergibt sich also
keineswegs, dass sie unter die Vertragsbestimmungen über den freien
Warenverkehr und nicht unter diejenigen über den freien Kapitalverkehr
fällt.
30
Auf die
erste Vorlagefrage ist daher zu antworten, dass, macht ein Steuerpflichtiger
in einem Mitgliedstaat die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an
Einrichtungen geltend, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig und dort
als gemeinnützig anerkannt sind, solche Spenden auch dann unter die
Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr fallen, wenn es sich um
Sachspenden in Form von Gegenständen des täglichen Gebrauchs handelt.
Zur
zweiten und zur dritten Frage
31
Mit der
zweiten und der dritten Frage, die zusammen zu behandeln sind, möchte das
vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob – unter Berücksichtigung der
Tatsache, dass die Finanzbehörden des betreffenden Mitgliedstaats in der
Lage sein müssen, die Erklärungen des Steuerpflichtigen zu verifizieren, und
sie nicht verpflichtet werden können, gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit zu verstoßen – Art. 56 EG der Regelung eines
Mitgliedstaats entgegensteht, wonach nur Spenden an als gemeinnützig
anerkannte Einrichtungen, die im Inland ansässig sind, von der Steuer
abgezogen werden können. In diesem Zusammenhang wirft das vorlegende Gericht
die Frage auf, ob die Richtlinie 77/799 eine Pflicht dieser Finanzbehörden
begründet, für die Einholung der erforderlichen Auskünfte die Hilfe der
zuständigen Behörden des Sitzmitgliedstaats der begünstigten Einrichtung in
Anspruch zu nehmen, oder ob diese Finanzbehörden im Gegenteil vom
Steuerpflichtigen verlangen können, dass er selbst alle erforderlichen
Nachweise erbringt.
32
Hierzu
machen das Finanzamt, die deutsche, die spanische und die französische
Regierung sowie Irland und die Regierung des Vereinigten Königreichs
geltend, dass es nicht gegen die Vertragsbestimmungen über den freien
Kapitalverkehr verstoße, wenn ein Mitgliedstaat die steuerliche
Abzugsfähigkeit von Spenden nur für den Fall vorsehe, dass sie Einrichtungen
mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet zugutekämen. Inländische und im Ausland
ansässige gemeinnützige Einrichtungen befänden sich nicht im Sinne des
Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG in einer vergleichbaren Situation. Zudem sei die
Beschränkung von Steuervergünstigungen auf Spenden an inländische
gemeinnützige Einrichtungen durch das Erfordernis, die Wirksamkeit der
Steueraufsicht zu gewährleisten, gerechtfertigt.
33
Die
deutsche Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs tragen vor,
dass im Fall einer Spende eines Steuerpflichtigen an eine in einem anderen
Mitgliedstaat ansässige Einrichtung der für die Veranlagung des Spenders
zuständige Mitgliedstaat (im Folgenden: Mitgliedstaat des Spenders) nicht
verpflichtet sei, sich die für die Veranlagung des Spenders erforderlichen
Auskünfte selbst oder mittels des Amtshilfe-Mechanismus der Richtlinie
77/799 zu beschaffen.
34
Die
deutsche Regierung, Irland und die Regierung des Vereinigten Königreichs
vertreten die Auffassung, dass es jedenfalls gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verstoße, den Mitgliedstaat des Spenders dazu zu
verpflichten, für jede Spende eines Steuerpflichtigen an Einrichtungen mit
Sitz in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten die Erfüllung der an
gemeinnützige Einrichtungen gestellten Anforderungen zu überprüfen oder
überprüfen zu lassen, und das unabhängig vom Wert der Spende oder der
Spenden.
35
Die
Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde sind dagegen der Meinung, dass
die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung eine Beschränkung des
freien Kapitalverkehrs darstelle, die nicht durch das Erfordernis, die
Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewährleisten, gerechtfertigt werden
könne.
36
Nach
Ansicht der Kommission begründet zwar die Richtlinie 77/799 als solche keine
Pflicht eines Mitgliedstaats, zur Aufklärung eines in einem anderen
Mitgliedstaat verwirklichten Sachverhalts die Hilfe dieses Mitgliedstaats in
Anspruch zu nehmen, doch sei der erste Mitgliedstaat im Anwendungsbereich
des Art. 56 EG gehalten, von den Möglichkeiten, die diese Richtlinie biete,
Gebrauch zu machen, um jede Schlechterstellung von grenzüberschreitenden
gegenüber rein innerstaatlichen Sachverhalten auszuschließen. Die
EFTA-Überwachungsbehörde trägt vor, selbst wenn von dem Steuerpflichtigen,
der eine Steuervergünstigung begehre, verlangt werden könne, die
erforderlichen Nachweise zu erbringen, dürften die Finanzbehörden diese
Vergünstigung doch nicht aufgrund von Zweifeln an der Richtigkeit der
Angaben verweigern, ohne versucht zu haben, die Informationen auf anderem
Weg zu beschaffen oder zu überprüfen.
37
Im
vorliegenden Fall sieht die deutsche Regelung den Steuerabzug von Spenden an
gemeinnützige Einrichtungen vor, die ihren Sitz in Deutschland haben und die
weiteren Anforderungen der Regelung erfüllen, nimmt aber Spenden an
Einrichtungen, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig und dort als
gemeinnützig anerkannt sind, von dieser Steuervergünstigung aus.
38
Wie der
Generalanwalt in den Nrn. 47 und 48 seiner Schlussanträge ausgeführt hat,
ist die in Deutschland fehlende Abzugsfähigkeit von Spenden an als
gemeinnützig anerkannte Einrichtungen, wenn sie in anderen Mitgliedstaaten
ansässig sind, geeignet, sich negativ auf die Bereitschaft deutscher
Steuerpflichtiger auszuwirken, an solche Einrichtungen zu spenden, da die
Möglichkeit des Spendenabzugs das Verhalten des Spenders erheblich
beeinflussen kann.
39
Eine
solche Regelung stellt daher eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs
dar, die gemäß Art. 56 EG grundsätzlich verboten ist.
40
Nach
Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG berührt zwar Art. 56 EG nicht das Recht der
Mitgliedstaaten, Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Kapitalanlageort in
ihrem Steuerrecht unterschiedlich zu behandeln.
41
Jedoch
ist zwischen nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG erlaubten Ungleichbehandlungen
und nach Art. 58 Abs. 3 EG verbotenen willkürlichen Diskriminierungen oder
verschleierten Beschränkungen zu unterscheiden. Eine nationale
Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren streitige, die zwischen
inländischen und in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Einrichtungen
unterscheidet, kann nämlich nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über
den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die
unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv
miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund
des Allgemeininteresses wie die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der
steuerlichen Kontrollen zu gewährleisten, gerechtfertigt ist. Außerdem ist
die unterschiedliche Behandlung nur dann gerechtfertigt, wenn sie nicht über
das hinausgeht, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten
Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Centro di Musicologia
Walter Stauffer, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zur
Vergleichbarkeit von inländischen und in einem anderen Mitgliedstaat
ansässigen als gemeinnützig anerkannten Einrichtungen
42
Die
deutsche, die spanische und die französische Regierung sowie Irland und die
Regierung des Vereinigten Königreichs tragen vor, dass Spenden an
inländische Einrichtungen und Spenden an in einem anderen Mitgliedstaat
ansässige Einrichtungen in dem Sinne nicht vergleichbar seien, dass die
betreffenden Mitgliedstaaten unterschiedliche Wohltätigkeitsbegriffe und
Voraussetzungen für die Anerkennung als Wohltätigkeitsorganisation anwenden
und zudem die Erfüllung der von ihnen gestellten Anforderungen nur bei
inländischen Einrichtungen kontrollieren könnten. Die deutsche, die
spanische und die französische Regierung fügen hinzu, dass der Grund dafür,
dass ein Mitgliedstaat auf bestimmte Steuereinnahmen verzichte, indem er
Spenden an in seinem Hoheitsgebiet ansässige gemeinnützige Einrichtungen von
der Steuer befreie, darin liege, dass ihm solche Einrichtungen bestimmte
Gemeinwohlaufgaben abnähmen, die er sonst selbst unter Verwendung von
Steuereinnahmen erfüllen müsste.
43
Zunächst
ist festzustellen, dass es Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats ist,
festzulegen, ob er, um bestimmte als gemeinnützig anerkannte Tätigkeiten zu
fördern, für private oder öffentliche Einrichtungen, die solche Tätigkeiten
ausüben, wie auch für Steuerpflichtige, die ihnen Spenden zukommen lassen,
Steuervergünstigungen vorsieht.
44
Zwar ist
es legitim, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung von Steuervergünstigungen
Einrichtungen vorbehält, die bestimmte seiner Gemeinwohlziele verfolgen
(vgl. in diesem Sinne Urteil Centro di Musicologia Walter Stauffer, Randnr.
57), doch kann er solche Vergünstigungen nicht Einrichtungen vorbehalten,
die in seinem Hoheitsgebiet ansässig sind und deren Tätigkeiten ihn daher
von bestimmten seiner Aufgaben entlasten können.
45
Indem
ein Mitgliedstaat den Steuerpflichtigen durch die Aussicht auf die
steuerliche Abzugsfähigkeit der Spenden an als gemeinnützig anerkannte
Einrichtungen einen Anreiz dafür bietet, deren Tätigkeiten zu unterstützen,
regt er zwar solche Einrichtungen dazu an, dem Gemeinwohl dienende
Tätigkeiten zu entfalten, die er normalerweise selbst übernimmt oder
übernehmen kann. Somit kann weder ausgeschlossen werden, dass eine nationale
Regelung, die die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an gemeinnützige
Einrichtungen vorsieht, solche Einrichtungen dazu anregt, bestimmte Aufgaben
der öffentlichen Stellen zu übernehmen, noch, dass eine solche Übernahme zu
einem Rückgang der Ausgaben des betreffenden Mitgliedstaats führen kann, der
geeignet ist, die Verminderung seiner Steuereinnahmen aufgrund des
Spendenabzugs zumindest teilweise auszugleichen.
46
Jedoch
ergibt sich daraus nicht, dass ein Mitgliedstaat bei der steuerlichen
Abzugsfähigkeit von Spenden eine Ungleichbehandlung von inländischen und in
einem anderen Mitgliedstaat ansässigen als gemeinnützig anerkannten
Einrichtungen mit der Begründung einführen dürfte, die Spenden an Letztere
könnten selbst dann, wenn ihre Tätigkeiten den Zielen der Regelung des
ersten Mitgliedstaats entsprächen, nicht zu einem solchen Haushaltsausgleich
führen. Nach ständiger Rechtsprechung zählt nämlich das Erfordernis, einen
Rückgang der Steuereinnahmen zu vermeiden, weder zu den in Art. 58 EG
genannten Zielen noch zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die
eine Beschränkung einer vom Vertrag eingeräumten Freiheit rechtfertigen
können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. September 2004, Manninen,
C‑319/02, Slg. 2004, I‑7477, Randnr. 49, und Centro di Musicologia Walter
Stauffer, Randnr. 59; vgl. entsprechend für den freien
Dienstleistungsverkehr Urteile vom 3. Oktober 2002, Danner, C‑136/00, Slg.
2002, I‑8147, Randnr. 56, und vom 11. September 2007, Schwarz und
Gootjes-Schwarz, C‑76/05, Slg. 2007, I‑6849, Randnr. 77).
47
Dagegen
ist es einem Mitgliedstaat möglich, im Rahmen seiner Regelung der
steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden inländische und in anderen
Mitgliedstaaten ansässige als gemeinnützig anerkannte Einrichtungen
unterschiedlich zu behandeln, wenn Letztere andere Ziele als die in seiner
eigenen Regelung vorgegebenen verfolgen.
48
Wie
nämlich der Gerichtshof im Urteil Centro di Musicologia Walter Stauffer
(Randnr. 39) entschieden hat, schreibt das Gemeinschaftsrecht den
Mitgliedstaaten nicht vor, dafür zu sorgen, dass in ihrem
Herkunftsmitgliedstaat als gemeinnützig anerkannte ausländische
Einrichtungen im Inland automatisch die gleiche Anerkennung erhalten. Die
Mitgliedstaaten verfügen insoweit über ein Ermessen, das sie im Einklang mit
dem Gemeinschaftsrecht ausüben müssen. Unter diesen Voraussetzungen steht
ihnen die Entscheidung frei, welche Interessen der Allgemeinheit sie dadurch
fördern wollen, dass sie Vereinigungen und Einrichtungen Vergünstigungen
gewähren, die selbstlos mit diesen Interessen zusammenhängende Ziele
verfolgen und die Anforderungen an die Verwirklichung dieser Ziele erfüllen.
49
Gleichwohl können, wenn eine in einem Mitgliedstaat als gemeinnützig
anerkannte Einrichtung die dafür nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats
vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt und ihr Ziel die Förderung
identischer Interessen der Allgemeinheit ist, so dass sie auch im
letztgenannten Mitgliedstaat als gemeinnützig anerkannt werden könnte, was
die nationalen Stellen dieses Mitgliedstaats einschließlich der Gerichte zu
beurteilen haben, die Stellen dieses Mitgliedstaats der Einrichtung das
Recht auf Gleichbehandlung nicht allein aus dem Grund verwehren, dass sie
nicht im Inland ansässig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Centro di
Musicologia Walter Stauffer, Randnr. 40; vgl. entsprechend für den freien
Dienstleistungsverkehr Urteil Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 81).
50
Entgegen
dem entsprechenden Vorbringen der Regierungen, die Erklärungen abgegeben
haben, befindet sich eine Einrichtung, die in einem Mitgliedstaat ansässig
ist und die von einem anderen Mitgliedstaat aufgestellten Voraussetzungen
für die Gewährung von Steuervergünstigungen erfüllt, im Hinblick auf die
Gewährung von Steuervergünstigungen zur Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten
durch diesen Mitgliedstaat in einer Situation, die derjenigen von in diesem
Mitgliedstaat ansässigen als gemeinnützig anerkannten Einrichtungen
vergleichbar ist.
Zur
Rechtfertigung durch das Erfordernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu
gewährleisten
51
Entgegen
der Auffassung der Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, kann der
Ausschluss der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden an Einrichtungen,
die in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Spenders ansässig und dort
als gemeinnützig anerkannt sind, nicht mit den Schwierigkeiten des
Spendermitgliedstaats bei der Überprüfung, ob solche Einrichtungen
tatsächlich die satzungsmäßigen Ziele im Sinne der nationalen Regelung
erfüllen, und auch nicht mit dem Erfordernis, die tatsächliche
Geschäftsführung dieser Einrichtungen zu kontrollieren, gerechtfertigt
werden.
52
Das
Erfordernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewährleisten, ist zwar
ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der eine Beschränkung der vom
Vertrag garantierten Verkehrsfreiheiten rechtfertigen kann. Jedoch kann eine
beschränkende Maßnahme nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit genügt, also geeignet ist, die Erreichung des mit
ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das dazu Erforderliche
hinausgeht (Urteil vom 18. Dezember 2007, A, C‑101/05, Slg. 2007, I‑11531,
Randnrn. 55 und 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).
53
In
diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass es sich nicht von
vornherein ausschließen lässt, dass der Steuerpflichtige Belege vorlegen
kann, anhand deren die Steuerbehörden des Besteuerungsmitgliedstaats
eindeutig und genau prüfen können, welche Ausgaben in anderen
Mitgliedstaaten tatsächlich getätigt worden sind (Urteile vom 8. Juli 1999,
Baxter u. a., C‑254/97, Slg. 1999, I‑4809, Randnr. 20, und vom 10. März
2005, Laboratoires Fournier, C‑39/04, Slg. 2005, I‑2057, Randnr. 25).
54
Nichts
würde nämlich die beteiligten Steuerbehörden daran hindern, vom
Steuerpflichtigen alle Belege zu verlangen, die ihnen für die Beurteilung
der Frage notwendig erscheinen, ob die Voraussetzungen für die
Abzugsfähigkeit der Ausgaben nach den einschlägigen Rechtsvorschriften
erfüllt sind und der verlangte Abzug dementsprechend gewährt werden kann
(vgl. in diesem Sinne Urteil Danner, Randnr. 50, und vom 26. Juni 2003,
Skandia und Ramstedt, C‑422/01, Slg. 2003, I‑6817, Randnr. 43).
55
Nach den
Grundsätzen, die der Gerichtshof im Urteil Centro di Musicologia Walter
Stauffer (Randnr. 48) aufgestellt hat, darf ein Mitgliedstaat, bevor er
einer Einrichtung, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig und dort als
gemeinnützig anerkannt ist, eine Steuerbefreiung gewährt, Maßnahmen
anwenden, mit denen er klar und genau nachprüfen kann, ob diese Einrichtung
die nach nationalem Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Befreiung
erfüllt, und die tatsächliche Geschäftsführung der Einrichtung, z.B. auf der
Grundlage der Vorlage des Jahresabschlusses und eines Tätigkeitsberichts,
kontrollieren. Die verwaltungstechnischen Nachteile, die sich eventuell
daraus ergeben könnten, dass solche Einrichtungen in einem anderen
Mitgliedstaat ansässig sind, reichen nicht aus, um eine Weigerung der
Behörden des betreffenden Staates zu rechtfertigen, diesen Einrichtungen die
gleichen Steuerbefreiungen wie gleichartigen inländischen Einrichtungen zu
gewähren.
56
Gleiches
gilt für einen Steuerpflichtigen, der in einem Mitgliedstaat die steuerliche
Abzugsfähigkeit einer Spende an eine Einrichtung geltend macht, die in einem
anderen Mitgliedstaat ansässig und dort als gemeinnützig anerkannt ist, auch
wenn in einer solchen Situation, anders als in der Rechtssache, in der das
Urteil Centro di Musicologia Walter Stauffer ergangen ist, der
Steuerpflichtige, von dem die Finanzbehörden die erforderlichen Auskünfte
einholen müssen, nicht die von der Spende begünstigte Einrichtung, sondern
der Spender selbst ist.
57
Der
Spender verfügt zwar im Gegensatz zu der begünstigten Einrichtung nicht
selbst über alle Informationen, die die Finanzbehörden für die Überprüfung
benötigen, ob diese Einrichtung die nach nationalem Recht vorgeschriebenen
Voraussetzungen für die Gewährung von Steuervergünstigungen erfüllt,
insbesondere diejenigen, die sich auf die Art und Weise beziehen, wie mit
den Spendengeldern verfahren wird, doch ist es einem Spender normalerweise
möglich, von dieser Einrichtung Unterlagen zu erhalten, aus denen der Betrag
und die Art der Spende, die von der Einrichtung verfolgten Ziele und ihr
ordnungsgemäßer Umgang mit den Spenden, die sie in den Vorjahren erhalten
hat, hervorgehen.
58
Insoweit
können die Bescheinigungen, die eine Einrichtung ausstellt, die in ihrem
Sitzmitgliedstaat die Voraussetzungen der Rechtsvorschriften dieses
Mitgliedstaats für die Gewährung von Steuervergünstigungen erfüllt,
insbesondere dann nicht unerheblich sein, wenn diese Vorschriften die
Gewährung von Steuervergünstigungen, die gemeinnützige Tätigkeiten fördern
sollen, von identischen Voraussetzungen abhängig machen.
59
Zum
Verwaltungsaufwand, den die Bereitstellung solcher Unterlagen für die
betreffenden Einrichtungen mit sich bringen kann, genügt die Feststellung,
dass diese Einrichtungen entscheiden müssen, ob sie es als zweckmäßig
erachten, Mittel für die Erstellung, Versendung und eventuelle Übersetzung
von Unterlagen einzusetzen, die für Spender bestimmt sind, die in anderen
Mitgliedstaaten ansässig sind und dort in den Genuss von
Steuervergünstigungen kommen möchten.
60
Da
nichts die Finanzbehörden des Besteuerungsmitgliedstaats daran hindert, von
einem Steuerpflichtigen, der die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an
Einrichtungen geltend macht, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig
sind, die Vorlage stichhaltiger Belege zu verlangen, kann sich der
Besteuerungsmitgliedstaat für die Rechtfertigung einer nationalen Regelung,
die es dem Steuerpflichtigen völlig verwehrt, solche Nachweise zu erbringen,
nicht auf das Erfordernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu
gewährleisten, berufen.
61
Darüber
hinaus können sich die betroffenen Finanzbehörden aufgrund der Richtlinie
77/799 an die Behörden eines anderen Mitgliedstaats wenden, um alle
Auskünfte zu erhalten, die sich als notwendig für die ordnungsgemäße
Bemessung der Steuer eines Steuerpflichtigen erweisen (Urteil Centro di
Musicologia Walter Stauffer, Randnr. 50). Diese Richtlinie sieht nämlich
vor, dass die nationalen Finanzbehörden zur Bekämpfung der
Steuerhinterziehung um Auskünfte ersuchen können, die ihnen selbst nicht
zugänglich sind (Urteil vom 27. September 2007, Twoh International,
C‑184/05, Slg. 2007, I‑7897, Randnr. 32).
62
Entgegen
dem Vorbringen von Irland und der Regierung des Vereinigten Königreichs
liegt ein Auskunftsersuchen der Finanzbehörden eines Mitgliedstaats in Bezug
auf eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Einrichtung, das der
Feststellung dient, ob für eine Spende an diese Einrichtung eine
Steuervergünstigung gewährt werden kann, nicht außerhalb des
Anwendungsbereichs der Richtlinie 77/799. Die Auskünfte, deren Einholung die
Richtlinie 77/799 den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt,
sind nämlich gerade jene, die ihnen notwendig erscheinen, um den korrekten
Betrag der Steuer gemäß den von ihnen selbst anzuwendenden
Rechtsvorschriften ordnungsgemäß festzusetzen (Urteil Twoh International,
Randnr. 36). Bei Auskünften, die zur Vervollständigung der Angaben eingeholt
werden, die ein Steuerpflichtiger gegenüber den Finanzbehörden eines
Mitgliedstaats gemacht hat, um eine Steuervergünstigung zu erhalten, handelt
es sich um Auskünfte, die im Sinne von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 der
Richtlinie 77/799 im Einzelfall für die zutreffende Festsetzung der Steuern
vom Einkommen durch die jeweilige zuständige Behörde der betroffenen
Mitgliedstaaten geeignet sein können.
63
Die
Richtlinie 77/799 berührt jedoch in keiner Weise die Befugnis der
zuständigen Behörden des Mitgliedstaats des Spenders, u. a. zu prüfen, ob
die in ihren Rechtsvorschriften festgelegten Voraussetzungen für die
Gewährung einer Steuervergünstigung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne
Urteil Twoh International, Randnr. 36). So muss der Mitgliedstaat des
Spenders hinsichtlich einer Einrichtung, die in einem anderen Mitgliedstaat
ansässig und dort als gemeinnützig anerkannt ist, nur dann eine mit der
steuerlichen Behandlung von Spenden an inländische Einrichtungen identische
steuerliche Behandlung gewähren, wenn diese Einrichtung die Voraussetzungen
der Rechtsvorschriften des letztgenannten Mitgliedstaats für die Gewährung
von Steuervergünstigungen erfüllt; dazu zählt die Verfolgung von Zielen, die
mit denen übereinstimmen, die von den Steuervorschriften dieses
Mitgliedstaats gefördert werden. Es ist Sache der zuständigen nationalen
Behörden einschließlich der Gerichte, zu überprüfen, ob der Nachweis für die
Einhaltung der von diesem Mitgliedstaat für die Gewährung der fraglichen
Steuervergünstigung aufgestellten Voraussetzungen gemäß den Regeln des
nationalen Rechts erbracht worden ist.
64
Zudem
verlangt die Richtlinie 77/799 nicht, dass der Mitgliedstaat des Spenders
vom Amtshilfe-Mechanismus dieser Richtlinie immer schon dann Gebrauch macht,
wenn die Auskünfte des Spenders nicht ausreichen, um zu überprüfen, ob die
begünstigte Einrichtung die Voraussetzungen der nationalen
Rechtsvorschriften für die Gewährung von Steuervergünstigungen erfüllt.
65
Da
nämlich die Richtlinie 77/799 vorsieht, dass die nationalen Finanzbehörden
um Auskünfte ersuchen können, die ihnen selbst nicht zugänglich sind, hat
der Gerichtshof festgestellt, dass die Verwendung des Wortes „kann“ in
Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 77/799 erkennen lässt, dass diese Behörden zwar
die Möglichkeit haben, die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats
um Auskunft zu ersuchen, dass sie hierzu aber nicht verpflichtet sind. Es
ist Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, zu beurteilen, in welchen
konkreten Fällen ihm Informationen über Umsätze von auf seinem Hoheitsgebiet
ansässigen Steuerpflichtigen fehlen, und zu entscheiden, ob es in diesen
Fällen gerechtfertigt ist, einen anderen Mitgliedstaat um Auskunft zu
ersuchen (Urteil Twoh International, Randnr. 32).
66
Schließlich kann ein Mitgliedstaat die Gewährung von Steuervergünstigungen
für Spenden an eine Einrichtung, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig
und dort als gemeinnützig anerkannt ist, auch nicht allein deshalb versagen,
weil die Finanzbehörden des ersten Mitgliedstaats bei solchen Einrichtungen
nicht über die Möglichkeit verfügen, vor Ort zu überprüfen, ob die
Anforderungen ihrer Steuervorschriften erfüllt sind.
67
Wie die
deutsche Regierung in der Sitzung ausgeführt hat, ist nämlich selbst bei
inländischen gemeinnützigen Einrichtungen eine Außenprüfung normalerweise
nicht zwingend, da die Erfüllung der Voraussetzungen der nationalen
Rechtsvorschriften im Allgemeinen durch Überprüfung der Auskünfte dieser
Einrichtungen kontrolliert wird.
68
Gibt es
im Sitzmitgliedstaat der begünstigten Einrichtung ein
Steuervergünstigungssystem zur Unterstützung der Tätigkeiten von als
gemeinnützig anerkannten Einrichtungen, so wird es zudem normalerweise
ausreichen, wenn der Mitgliedstaat des Spenders durch den anderen
Mitgliedstaat im Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe nach der Richtlinie
77/799 über den Gegenstand und die Modalitäten der Kontrollen, denen solche
Einrichtungen unterliegen, informiert wird, damit die Finanzbehörden des
Besteuerungsmitgliedstaats hinreichend genau bestimmen können, welche
zusätzlichen Informationen sie für die Prüfung benötigen, ob die begünstigte
Einrichtung die Voraussetzungen der nationalen Rechtsvorschriften für die
Gewährung von Steuervergünstigungen erfüllt.
69
Ferner
sind die beteiligten Finanzbehörden, wenn die Nachprüfung der von dem
Steuerpflichtigen vorgelegten Auskünfte sich als schwierig erweist,
insbesondere wegen der in Art. 8 der Richtlinie 77/799 vorgesehenen Grenzen
des Auskunftsaustauschs, durch nichts daran gehindert, bei Nichtvorlage der
Nachweise, die sie für die zutreffende Steuerfestsetzung als erforderlich
ansehen, den beantragten Steuerabzug zu verweigern (vgl. in diesem Sinne
Urteile vom 28. Januar 1992, Bachmann, C‑204/90, Slg. 1992, I‑249, Randnr.
20, vom 11. Oktober 2007, ELISA, C‑451/05, Slg. 2007, I‑8251, Randnr. 95,
und A, Randnr. 58).
70
Für
gemeinnützige Einrichtungen, die ihren Sitz in einem Drittland haben, ist
hinzuzufügen, dass es grundsätzlich gerechtfertigt ist, dass der
Besteuerungsmitgliedstaat die Gewährung einer solchen Steuervergünstigung
ablehnt, wenn es sich, insbesondere wegen des Fehlens einer vertraglichen
Verpflichtung des Drittlands zur Erteilung von Auskünften, als unmöglich
erweist, die erforderlichen Auskünfte von diesem Land zu erhalten (vgl. in
diesem Sinne Urteil A, Randnr. 63).
71
Unter
diesen Umständen ist das Vorbringen der deutschen Regierung, Irlands und der
Regierung des Vereinigten Königreichs zurückzuweisen, wonach es gegen den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, den Mitgliedstaat des Spenders
dazu zu verpflichten, die Erfüllung der an inländische gemeinnützige
Einrichtungen gestellten Anforderungen zu überprüfen oder überprüfen zu
lassen, sobald ein Steuerpflichtiger die Abzugsfähigkeit seiner Spenden an
Einrichtungen geltend macht, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig
sind.
72
Daher
ist auf die zweite und die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 56 EG
der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach bei Spenden an als
gemeinnützig anerkannte Einrichtungen nur Spenden an im Inland ansässige
Einrichtungen von der Steuer abgezogen werden können, ohne jede Möglichkeit
für den Spender, nachzuweisen, dass eine Spende an eine Einrichtung, die in
einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, die nach dieser Regelung geltenden
Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Vergünstigung erfüllt.
Kosten
73
Für die
Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem
bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung
ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die
Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
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