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BFH-Urteil vom 9.12.2009 (II R 37/08) BStBl. 2010 II S. 489
Abzugsfähigkeit der Kosten einer Erbauseinandersetzung als
Nachlassverbindlichkeiten
Die
Kosten einer Erbauseinandersetzung sind gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als
Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Dazu gehören auch die Aufwendungen
für die Bewertung der im Nachlass befindlichen Grundstücke durch
Sachverständige.
ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 3
Vorinstanz: FG München vom 17. Oktober 2007
4 K 811/05 (EFG 2008, 1905)
Sachverhalt
I.
Der Kläger und
Revisionskläger (Kläger) ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge Miterbe zu 1/4
seines im Dezember 1997 verstorbenen Onkels. Zum Nachlass gehörte u.a.
umfangreicher Grundbesitz. Es kam zu einer teilweisen Erbauseinandersetzung
zwischen den Miterben, insbesondere hinsichtlich des Grundbesitzes.
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Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte bei der Festsetzung
der Erbschaftsteuer in Höhe von 2.802.404,09 EUR gegen den Kläger von den
zum Abzug nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) geltend gemachten Aufwendungen für die
Erbauseinandersetzung lediglich die auf den Kläger entfallenden
Gerichtskosten für den grundbuchamtlichen Vollzug der
Teilerbauseinandersetzung über Immobilien in Höhe von 1.773,50 DM. Die
Sachverständigenkosten für die zur Vorbereitung der Erbauseinandersetzung
und der Erbschaftsteuererklärung vorgenommene Ermittlung der
Grundstückswerte sowie die anlässlich der Erbauseinandersetzung angefallenen
Notariats- und Rechtsanwaltskosten und weiteren Gerichtskosten ließ das FA
nicht zum Abzug zu (Änderungsbescheid vom 28. Januar 2005). Der Einspruch
blieb insoweit erfolglos.
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Mit der Klage beantragte
der Kläger, Sachverständigenkosten in Höhe von 274.964 DM und Notariats- und
weitere Gerichtskosten anlässlich der Teilerbauseinandersetzung über
Immobilien in Höhe von insgesamt 106.169,70 DM jeweils zu 1/4 sowie ihm
persönlich entstandene Rechtsanwaltskosten für die Erbauseinandersetzung in
Höhe von 321.815 DM in voller Höhe bei der Ermittlung des Werts des Erwerbs
abzuziehen und die Erbschaftsteuer demgemäß um 68.533,26 EUR auf
2.733.870,83 EUR herabzusetzen.
4
Das Finanzgericht (FG) wies
die Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1905
veröffentlichte Urteil mit der Begründung ab, zu den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3
ErbStG abziehbaren Kosten zählten nur die unmittelbar mit der Erfüllung des
Erblasserwillens zusammenhängenden und daher nicht auf einem eigenen
Willensentschluss des oder der Erben beruhenden Aufwendungen. Dies
entspreche der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (zuletzt Urteil
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Juni 2007 II R 29/06, BFHE 217, 187,
BStBl II 2007, 722). Grund für diese Rechtsprechung sei die sich aus § 10
Abs. 8 ErbStG ergebende Nichtabziehbarkeit der eigenen Erbschaftsteuer. Der
Erbe solle seine eigene Erbschaftsteuerschuld nicht durch Aufwendungen
mindern können, die nicht durch letztwillige Verfügungen des Erblassers
veranlasst seien.
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Mit der Revision macht der
Kläger neben der Rüge von Verfahrensmängeln geltend, die Vorentscheidung
beruhe auf einer unrichtigen Anwendung von § 10 Abs. 5 Nr. 3 und Abs. 8
ErbStG. Die für die Erbauseinandersetzung entstandenen Kosten stellten
unmittelbar mit der Verteilung des Nachlasses im Zusammenhang stehende
Aufwendungen und somit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG zu berücksichtigende
Kosten dar. Die anwaltlich beratenen und vertretenen Miterben hätten von
Anfang an eine zeitnahe Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft angestrebt,
insbesondere hinsichtlich der zahlreichen Immobilien. Um eine wertgerechte
Verteilung der Immobilien zu Alleineigentum der Miterben vornehmen zu
können, seien die Immobilien durch einen Sachverständigen bewertet worden.
Um die Grundstücke gemäß dieser Bewertung auf die Miterben verteilen zu
können, habe eine notarielle Urkunde erstellt werden müssen.
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Der Kläger beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Erbschaftsteuer unter Änderung des
angefochtenen Erbschaftsteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 28. Januar 2005 auf 2.733.870,83 EUR herabzusetzen.
7
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
8
Die Vorentscheidung weise
keine Verfahrensmängel auf und sei auch in der Sache zutreffend. Nach § 10
Abs. 5 Nr. 3 ErbStG seien nur die unmittelbar mit der Erfüllung des
Erblasserwillens zusammenhängenden und daher nicht auf einem eigenen
Willensentschluss des oder der Erben beruhenden Kosten abziehbar. Die vom
Kläger geltend gemachten Aufwendungen seien danach nicht abzugsfähig. Sie
beruhten auf der dem Erbfall nachfolgenden, vom Willen des Erblassers
abweichenden Erbauseinandersetzung.
Entscheidungsgründe
II.
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Die Revision ist begründet. Das FG hat zu
Unrecht angenommen, dass die vom Kläger geltend gemachten Kosten dem Grunde
nach nicht gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig seien. Da das FG noch
keine Feststellungen zur Höhe der dem Kläger entstandenen abziehbaren Kosten
getroffen hat, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
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1. Soweit sich nicht aus § 10 Abs. 6 bis 9
ErbStG etwas anderes ergibt, sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als
Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig u.a. die Kosten, die dem Erwerber
unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des
Nachlasses entstehen. Zu den Kosten für die "Verteilung des Nachlasses"
gehören insbesondere die Aufwendungen für die Auseinandersetzung einer
Erbengemeinschaft gemäß § 2042 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Unter
Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist die Verteilung der
Nachlassgegenstände unter den Miterben nach Tilgung der
Nachlassverbindlichkeiten zu verstehen. Durch diese Verteilung wird das
Alleineigentum eines jeden Miterben an den ihm bei der Verteilung
zugewiesenen Vermögensgegenständen begründet und die nach dem Erbfall
entstandene Gemeinschaft zur gesamten Hand (§ 2032 Abs. 1 BGB) aufgehoben.
Der Begriff der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft umfasst sowohl die
mit ihr verbundenen schuldrechtlichen Vereinbarungen als auch deren
dinglichen Vollzug (Palandt/Edenhofer, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar,
69. Aufl., § 2042 Rz 1).
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Als Kosten der Verteilung des Nachlasses
gehören die unmittelbar im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der
Erbengemeinschaft entstandenen Aufwendungen zu den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3
Satz 1 ErbStG abziehbaren Kosten (FG München, Beschluss vom 27. Februar
1996 4 V 2089/95, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1996, 248; Gebel in
Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 10 Rz 213, 215; Kapp/Ebeling,
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 10 ErbStG Rz 118;
Herrmann in Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 10
Rz 137 f.; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar,
15. Aufl., § 10 Rz 44; Tetens in Rödl/Preißer u.a., Erbschaft- und
Schenkungsteuer, Kompakt-Kommentar, 2009, § 10 Kap. 6.4.4; Szczesny in
Tiedtke, ErbStG, 2009, § 10 Rz 64; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke,
ErbStG, 2009, § 10 Rz 211;¸ Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck,
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 10
ErbStG Rz 100; Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 10 Rz 79;
Högl in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 10 ErbStG Rz 124). Soweit
nicht letztwillige Verfügungen des Erblassers nach § 2044 BGB oder die in §§
2043 und 2045 BGB geregelten Gründe der Erbauseinandersetzung vorübergehend
entgegenstehen, entspricht diese einer ordnungsgemäßen Abwicklung und
Regelung des Nachlasses. Die Erbengemeinschaft ist nicht auf Dauer angelegt,
sondern auf Auseinandersetzung gerichtet (Urteil des Bundesgerichtshofs -
BGH - vom 11. September 2002 XII ZR 187/00, Neue Juristische Wochenschrift -
NJW - 2002, 3389; BGH-Beschluss vom 17. Oktober 2006 VIII ZB 94/05, NJW
2006, 3715).
12
Zu den danach zu berücksichtigenden Kosten
der Erbauseinandersetzung zählen insbesondere die Aufwendungen für die durch
einen Sachverständigen vorgenommene Bewertung der Nachlassgegenstände, wenn
diese auf der Grundlage der Bewertung in das Alleineigentum einzelner
Miterben übertragen werden sollen, ferner die für die Übertragung der
Nachlassgegenstände, insbesondere von Grundbesitz, auf die Miterben
entstandenen Notariats- und Gerichtskosten, die Aufwendungen für die
anwaltliche Beratung und außergerichtliche und gerichtliche Vertretung der
Miterben bei der Erbauseinandersetzung sowie die bei einem etwaigen
Rechtsstreit der Miterben über die Auseinandersetzung angefallenen
Gerichtskosten.
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Für die Abziehbarkeit der unmittelbar mit
der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft im Zusammenhang stehenden
Kosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG spielt es keine Rolle, ob die
Erbengemeinschaft aufgrund gesetzlicher Erbfolge oder der Einsetzung
mehrerer Erben durch den Erblasser entstanden ist und ob der Erblasser nach
§ 2048 BGB Teilungsanordnungen verfügt hat oder ob die Erbauseinandersetzung
auf einer Vereinbarung oder dem Ergebnis eines Rechtsstreits der Miterben
beruht. Für eine Unterscheidung dieser Fallgruppen bietet § 10 Abs. 5 Nr. 3
Satz 1 ErbStG keine Grundlage. Diese Vorschrift macht die Abziehbarkeit der
Kosten nur davon abhängig, dass sie dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang
mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses entstehen.
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Dieser Beurteilung steht entgegen der
Ansicht des FG die bisherige Rechtsprechung des BFH nicht entgegen. Nach dem
BFH-Urteil in BFHE 217, 187, BStBl II 2007, 722 sind die vom Erben
aufgewendeten Kosten für einen Rechtsstreit, der die von ihm zu tragende
eigene Erbschaftsteuer betrifft, nicht gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG
abzugsfähig. Dies ergibt sich aus § 10 Abs. 8 ErbStG, wonach die vom
Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer nicht als
Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 10 Abs. 5 ErbStG abzugsfähig ist. Nach
der dem § 10 Abs. 8 ErbStG zugrunde liegenden Wertung erstreckt sich das
Abzugsverbot auch auf die einem Erwerber entstehenden
Rechtsverfolgungskosten, die er zur Abwehr der von ihm zu entrichtenden
eigenen Erbschaftsteuer aufwendet (ebenso BFH-Urteil vom 1. Juli 2008 II R
71/06, BFHE 222, 63, BStBl II 2008, 874, unter II.2.b bb). Bei den Kosten
einer Erbauseinandersetzung geht es demgegenüber nicht um
Rechtsverfolgungskosten zur Abwehr der von den Erben zu entrichtenden
eigenen Erbschaftsteuer.
15
Dass nur die unmittelbar mit der Erfüllung
des Erblasserwillens zusammenhängenden und daher nicht auf einem eigenen
Willensentschluss des oder der Erben beruhenden Kosten nach § 10 Abs. 5 Nr.
3 ErbStG abziehbar seien, wie das FG annimmt, lässt sich der Vorschrift
nicht entnehmen. Wie der BFH bereits entschieden hat (BFH-Urteil in BFHE
222, 63, BStBl II 2008, 874, unter II.2.b bb), sind die dem Alleinerben
entstandenen Gutachterkosten für die Ermittlung des Verkehrswerts eines zum
Nachlass gehörenden Grundstücks nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig,
wenn diese in einem zivilrechtlichen Klageverfahren eines
Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben angefallen sind. Dass der
Zivilprozess nicht auf dem Willen des Erblassers beruhte, hat der BFH nicht
als entscheidend angesehen.
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Aus dem vom FA angeführten BFH-Urteil vom
28. Juni 1995 II R 89/92 (BFHE 178, 214, BStBl II 1995, 786) ergibt sich
ebenfalls nichts anderes. Der BFH hat in dieser Entscheidung den Abzug der
Aufwendungen für eine Erbauseinandersetzung nicht abgelehnt, sondern
ausgeführt, dem Erben bei der ordnungsgemäßen Abwicklung, Regelung oder
Verteilung des auf ihn übergegangenen Nachlasses entstehende Aufwendungen
seien nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abziehbar.
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2. Die vom Kläger geltend gemachten
Aufwendungen sind daher dem Grunde nach gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1
ErbStG abziehbar, soweit sie, wie von ihm vorgetragen, in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Erbauseinandersetzung und somit der Verteilung des
Nachlasses im Sinne dieser Vorschrift stehen. Der vollen Abziehbarkeit des
vom Kläger getragenen Anteils an den Sachverständigenkosten für die
Ermittlung der Grundstückswerte steht nicht entgegen, dass die Bewertung der
Grundstücke nach den Angaben des Klägers nicht nur der Vorbereitung der
Erbauseinandersetzung, sondern auch der Abgabe der Erbschaftsteuererklärung
gedient hat. Zum einen ändert diese weitere Zwecksetzung nichts am
unmittelbaren Zusammenhang der Kosten mit der Verteilung des Nachlasses. Zum
anderen zählen die Kosten der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung zu den
nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abziehbaren Kosten (ebenso H 29 der
Erbschaftsteuer-Richtlinien 1999/2003).
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Da das FG von einer anderen Ansicht
ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Auf die vom Kläger
erhobenen Verfahrensrügen braucht danach nicht eingegangen zu werden
(BFH-Urteil in BFHE 222, 63, BStBl II 2008, 874, unter II.2.b dd).
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG
hat noch keine Feststellungen zur Höhe der vom Kläger getragenen und dem
Grunde nach gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abziehbaren Kosten der
Erbauseinandersetzung getroffen. Diese Feststellungen werden nunmehr
nachzuholen sein.
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