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BFH-Urteil vom 5.11.2009 (IV R 99/06) BStBl. 2010 II S. 593
Widerstreitende Steuerfestsetzung bei Gewinnfeststellungsbescheiden
1.
Die auf § 174 Abs. 3 AO gestützte Änderung eines
Gewinnfeststellungsbescheides knüpft hinsichtlich der Erkennbarkeit der
fehlerhaften Nichtberücksichtigung eines Sachverhalts an die Person des
Feststellungsbeteiligten an.
2.
Der erstmalige Erlass eines Gewerbesteuermessbescheides kann nach Ablauf der
Festsetzungsfrist nicht auf § 35b Abs. 1 GewStG gestützt werden.
AO § 174 Abs. 3; GewStG § 35b Abs. 1.
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 26. Oktober
2006 11 K 3205/05 G,F
Sachverhalt
A.
1
Die Klägerin,
Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine
Grundstücksverwaltungs-GbR, zwischenzeitlich formwechselnd umgewandelt in
eine KG, ist Eigentümerin des Grundstücks A-Straße in B (im Weiteren:
Grundstück). Gesellschafter der Klägerin sind die Beigeladenen zu 1 bis 3.
Das Grundstück hat die Klägerin an die S GmbH & Co. KG (KG) vermietet, die
dort ihre Produktionsstätte unterhält. An dem Kapital der KG in Höhe von
1.020.000 DM waren in den Streitjahren (1995 und 1996) und in 1997 die
Gesellschafter der Klägerin als Kommanditisten in Höhe von zusammen
1.000.000 DM und die J-GmbH als Komplementärin in Höhe von 20.000 DM
beteiligt.
2
Der Vertrieb der von der KG
erzeugten Produkte erfolgte in den Streitjahren ausschließlich durch die
V-GmbH, an der ebenfalls nur die Gesellschafter der Klägerin beteiligt
waren. In geringem Umfang vertrieb die V-GmbH auch Fremdprodukte. Auch die
Betriebsstätte der V-GmbH befindet sich auf dem Grundstück, welches die
Klägerin dieser zur Verfügung stellte.
3
Die Gewinnausschüttungen der
V-GmbH für die Jahre 1993 und 1994 wurden den Beigeladenen auf einem mit
8 v.H. verzinslichen Darlehenskonto gutgeschrieben. Die Zinsen erklärten die
Beigeladenen zunächst als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Rahmen der
Einkommensteuerveranlagungen.
4
Das Grundstück wurde in den
Streitjahren und in 1997 als notwendiges (Sonder-)Betriebsvermögen bei der
KG bilanziert und der Gewinn aus der Grundstücksvermietung als
Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen bei der Gewinnfeststellung der KG
erfasst.
5
Im Rahmen einer Außenprüfung
bei der KG vertrat der Prüfer die Auffassung, dass auch die Anteile der
Beigeladenen an der V-GmbH als notwendiges Sonderbetriebsvermögen bei der KG
zu bilanzieren seien. Demzufolge seien die Darlehenszinsen als
Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen im Rahmen der Feststellung der
gewerblichen Einkünfte der KG zu erfassen.
6
Der Beklagte,
Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) schloss sich
dieser Rechtsauffassung an und erfasste in geänderten
Gewinnfeststellungsbescheiden für die Streitjahre und für 1997 auch die
Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen bei der KG.
7
Dagegen hatte die KG Klage
erhoben, in der sie nunmehr die Auffassung vertrat, dass sowohl die
Darlehenszinsen als auch die Gewinne aus der Grundstücksvermietung zu
Unrecht bei der KG erfasst worden seien.
8
Mit Urteil vom 2. April 2004
11 K 3126/01 F (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2004, 981) gab das
Finanzgericht (FG) Düsseldorf der Klage statt. Zur Begründung führte es aus,
dass die Klägerin mit der Grundstücksüberlassung im Rahmen einer
Betriebsaufspaltung eigene gewerbliche Einkünfte erziele. Auch die
Darlehensforderungen seien, soweit die Darlehen aus betrieblichen Gründen
hingegeben worden seien, dem Sonderbetriebsvermögen II der Beigeladenen bei
der Klägerin zuzuordnen gewesen. Die Zinsen wären daher allenfalls im Rahmen
der Gewinnfeststellung der Klägerin zu erfassen.
9
Das Urteil des FG ist nach
Rücknahme der vom FA eingelegten Revision (Az. beim Bundesfinanzhof - BFH -
VIII R 33/04) seit dem 12. August 2004 rechtskräftig.
10
Bereits am 3. August 2004
hatte das FA erstmalige Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide
für die Streitjahre und für 1997 gegenüber der Klägerin erlassen. Die
Bescheide ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung sowie bei den
Gewinnfeststellungsbescheiden unter Hinweis auf die §§ 174 Abs. 3, 181
Abs. 1 i.V.m. 171 Abs. 3a der Abgabenordnung (AO). In den Bescheiden
erfasste das FA die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als gewerbliche
Einkünfte der Klägerin und daneben auch die Darlehenszinsen als
Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen.
11
Die nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung der
Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre und
für 1997 begehrte, hatte teilweise Erfolg. Das FG folgte dem FA darin, dass
sowohl die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als auch die
Darlehenszinsen bei den gewerblichen (Sonder-)Einkünften der Klägerin zu
erfassen und der Gewerbesteuermessbescheid 1997 sowie der
Gewinnfeststellungsbescheid 1997 rechtmäßig seien. Dem Erlass der
Gewerbesteuermessbescheide 1995 und 1996 habe jedoch der Eintritt der
Festsetzungsverjährung entgegengestanden. Die auf § 174 Abs. 3 AO gestützten
Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996 seien nur insoweit rechtmäßig,
als die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als gewerbliche Einkünfte bei
der Klägerin erfasst worden seien. Für die Erfassung der Darlehenszinsen
fehle es an einer Rechtsgrundlage, die die Durchbrechung der
Feststellungsverjährung rechtfertigen könne. Weder die
Tatbestandsvoraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO noch des § 174 Abs. 4 AO
lägen vor. Die vollständigen Entscheidungsgründe sind in EFG 2007, 318
abgedruckt.
12
Gegen die Entscheidung des
FG haben sowohl die Klägerin als auch das FA Revision eingelegt.
13
Das Revisionsbegehren der
Klägerin ist auf die Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und
1996 beschränkt. Im Zeitpunkt des Erlasses dieser
Gewinnfeststellungsbescheide sei die Feststellungsfrist bereits abgelaufen
gewesen. Die Voraussetzungen der die reguläre Feststellungsfrist
überlagernden Regelung des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO lägen nicht vor. Für die
Klägerin sei nicht erkennbar gewesen, dass das FA die Gewinne aus der
Grundstücksvermietung bei der Klägerin in der Annahme nicht berücksichtigt
habe, diese seien bei der KG zu erfassen gewesen. Für die Beurteilung der
Erkennbarkeit sei ausschließlich auf die Klägerin als eigenständiges
teilrechtsfähiges Rechtssubjekt abzustellen. Eine etwaige Erkennbarkeit für
die Gesellschafter der Klägerin könne ihr - der Klägerin - nicht zugerechnet
werden.
14
Die Anwendung des § 174
Abs. 3 AO scheitere zudem daran, dass die angefochtenen
Gewinnfeststellungsbescheide bereits am 3. August 2004 erlassen worden
seien. Zu diesem Zeitpunkt sei das die KG betreffende Urteil des FG
Düsseldorf noch nicht rechtskräftig gewesen. Tatbestandsmerkmal des § 174
Abs. 3 AO sei, dass sich die Annahme (hier: Ansatz der Mieterlöse bei der KG
statt bei der Klägerin) als unrichtig herausstelle. Der Erlass eines auf
diese Norm gestützten Bescheides setze deshalb die vorherige Aufhebung eines
anderen Steuerbescheides voraus, in dem der bestimmte Sachverhalt bisher
berücksichtigt worden sei. Die streitgegenständlichen Bescheide hätten daher
frühestens am 12. August 2004, mit der Rücknahme der Revision erlassen
werden dürfen. Den bereits am 3. August 2004 erlassenen Bescheiden fehle es
daher an einer Rechtsgrundlage. Im Übrigen teilt die Klägerin die
Rechtsauffassung des FG und trägt ergänzend vor, dass eine Änderung der
Gewerbesteuermessbescheide auch nicht auf § 35b des Gewerbesteuergesetzes
(GewStG) gestützt werden könnte.
15
Das Revisionsbegehren des FA
ist auf die Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung gerichtet. Zu
Unrecht habe das FG die Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996 insoweit
abgeändert, als darin die Darlehenszinsen als Sonderbetriebseinnahmen
erfasst worden seien. Auch diesbezüglich hätten die Voraussetzungen des
§ 174 Abs. 3 AO vorgelegen. Ebenfalls auf diese Norm habe der Erlass der
erstmaligen Gewerbesteuermessbescheide gestützt werden können. Deren Erlass
sei zudem durch die Regelung in § 35b GewStG i.V.m. § 171 Abs. 10 AO
gerechtfertigt.
16
Sowohl die
Gewinnfeststellungsbescheide als auch die Gewerbesteuermessbescheide hätten
auf § 174 Abs. 4 AO gestützt werden können. Dem stehe nicht entgegen, dass
die angefochtenen Bescheide zu einem Zeitpunkt erlassen worden seien, zu dem
die Aufhebung der gegenüber der KG erlassenen Bescheide noch nicht
bestandskräftig gewesen sei.
17
Die Klägerin beantragt, die
Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen und unter teilweiser
Aufhebung der Vorentscheidung die Bescheide über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1995 und 1996 vom
3. August 2004, jeweils geändert durch Bescheid vom 6. Mai 2005 und die
Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2005, ersatzlos aufzuheben.
18
Das FA beantragt, die
Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen und unter Aufhebung der
Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
B.
19
I. Die Revision des FA ist teilweise
begründet. Sie führt wegen der Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996
zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Im Übrigen -
wegen der Gewerbesteuermessbescheide 1995 und 1996 - ist die Revision des FA
unbegründet.
20
1. Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und
1996
21
Die Gewinnfeststellungsbescheide sind
formell und materiell rechtmäßig. Das FA konnte die
Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre erlassen.
22
Die erstmaligen
Gewinnfeststellungsbescheide konnten formell auf § 174 Abs. 3 und 4 AO
gestützt werden, soweit darin die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als
gewerbliche Einkünfte festgestellt worden sind (dazu unter a). Ob die
Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO auch bezüglich der Darlehenszinsen
vorlagen, ist zweifelhaft. Dies kann aber dahinstehen, da insoweit
jedenfalls die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO vorlagen (dazu unter b).
23
Die Gewinnfeststellungsbescheide sind auch
materiell rechtmäßig. Zu Recht ist das FA davon ausgegangen, dass sowohl die
Gewinne aus der Grundstücksvermietung als auch die Darlehenszinsen als
gewerbliche Einkünfte in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden zu
berücksichtigen waren (dazu unter c).
24
a) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem
Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er
in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich
diese Annahme als unrichtig heraus, kann nach § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die
Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts
unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden.
25
aa) Wie sich aus dem Wortlaut "nachholen"
ergibt, umfasst der Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 AO auch den Fall
einer erstmaligen Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 23. Mai 1996 IV R 49/95,
BFH/NV 1997, 89). Unerheblich ist zudem, ob die unrichtige Annahme des FA
auf einem Fehler im Tatsächlichen oder Rechtlichen beruht (BFH-Urteil vom
27. Mai 1993 IV R 65/91, BFHE 172, 5, BStBl II 1994, 76).
26
bb) Die Erkennbarkeit, dass die
Berücksichtigung des Sachverhalts im Hinblick auf dessen Erfassung in einem
anderen Steuerbescheid unterblieben ist, muss für denjenigen vorliegen, dem
gegenüber die Steuerfestsetzung geändert oder nachgeholt werden soll
(BFH-Urteil vom 29. Oktober 1991 VIII R 2/86, BFHE 167, 316, BStBl II 1992,
832). Da in Gewinnfeststellungsbescheiden nur die Besteuerungsgrundlagen
festgestellt werden und nicht eine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die
in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften
über Steuerbescheide auf Gewinnfeststellungsbescheide dazu, dass an die
Stelle des Steuerschuldners i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO der
Feststellungsbeteiligte als der Inhaltsadressat tritt. Im Anwendungsbereich
des § 174 Abs. 4 AO hat der BFH deshalb entschieden, dass der
Feststellungsbeteiligte nicht Dritter i.S. der Regelung ist (BFH-Urteil vom
15. Juni 2004 VIII R 7/02, BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914). Diese
Rechtsprechung ist gleichermaßen auf den Tatbestand des § 174 Abs. 3 AO zu
übertragen. Sie führt deshalb dazu, dass für die Erkennbarkeit auf die
Person des Feststellungsbeteiligten als Inhaltsadressat der
Gewinnfeststellungsbescheide und nicht auf die Personengesellschaft
abzustellen ist. Davon unberührt bleibt die vorliegend nicht einschlägige
Rechtsprechung, wonach § 174 Abs. 3 AO auch die Änderung des
Steuerbescheides eines Steuerpflichtigen gestattet, wenn der andere
Steuerbescheid einen anderen Steuerpflichtigen (Dritten) betrifft
(BFH-Urteil in BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832).
27
Angesichts der tatbestandlichen
Gleichstellung des Inhaltsadressaten des Gewinnfeststellungsbescheides mit
dem Steuerschuldner i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO kann die Klägerin nicht
mit ihrem Einwand durchdringen, dass der Personengesellschaft nach der
Rechtsprechung eine begrenzte Steuerrechtsfähigkeit zukommt (Beschlüsse des
Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II
1984, 751, und vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005,
679). Die Personengesellschaft/Gemeinschaft ist Steuerrechtssubjekt bei der
Qualifikation und der Ermittlung der Einkünfte. Subjekt der
Einkünfteerzielung ist hingegen der Gesellschafter/Gemeinschafter (Beschluss
des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II
1995, 617). Anders als bei der Gewerbesteuer oder Umsatzsteuer verbleibt es
daher bei der Steuerschuldnerschaft des Gesellschafters/Gemeinschafters für
die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer. Diesem sind deshalb die
einheitlich und gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen zuzurechnen
(§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO).
28
cc) Erkennbarkeit liegt auch dann vor, wenn
der Steuerpflichtige durch sein eigenes Verhalten das FA veranlasst hat,
einen Sachverhalt nicht bei ihm, sondern bei einem Anderen zu erfassen. Bei
der Frage der Erkennbarkeit muss sich der Steuerpflichtige zudem das Handeln
seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen (BFH-Urteil vom 21. Februar
1989 IX R 67/84, BFH/NV 1989, 687).
29
dd) Ausgehend von diesen Grundsätzen lagen
die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO für den Erlass der
Gewinnfeststellungsbescheide hinsichtlich der Gewinne aus der
Grundstückvermietung vor.
30
aaa) Das FA hat die Gewinne aus der
Grundstücksvermietung nur deshalb nicht als gewerbliche Einkünfte bei der
Klägerin gesondert und einheitlich festgestellt, weil es angenommen hat,
dass das Grundstück steuerlich dem (Sonder-)Betriebsvermögen der KG
zuzuordnen sei. Diese Annahme des FA war für die Gesellschafter der Klägerin
schon deshalb erkennbar, da sie das FA selbst veranlasst hatten, die Gewinne
aus der Grundstücksvermietung nicht bei der Klägerin, sondern bei der KG als
gewerbliche Einkünfte zu erfassen. So wurde das Grundstück in den
Jahresabschlüssen der KG betreffend die Streitjahre (ausgehend von der
damaligen Rechtsprechung des BFH) als notwendiges (Sonder-)Betriebsvermögen
behandelt und die Mieteinnahmen als Sonderbetriebseinnahmen der
Gesellschafter der KG erfasst. Auf diese steuerliche Behandlung ist in den
jeweiligen Bilanzberichten der KG ausdrücklich hingewiesen worden. Auch sind
entsprechende Sonderbilanzen gefertigt worden. Die in den Jahresabschlüssen
der KG getroffene Zuordnungsentscheidung ist den Gesellschaftern der
Klägerin aufgrund der bestehenden Beteiligungsidentität auch zuzurechnen.
31
bbb) Der Rechtmäßigkeit der
Gewinnfeststellungsbescheide steht auch nicht entgegen, dass sie zu einem
Zeitpunkt erlassen worden sind, als die als fehlerhaft erkannten
Gewinnfeststellungsbescheide der KG noch nicht bestandskräftig aufgehoben
waren. Anders als bei der Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO (dazu unter b)
enthält § 174 Abs. 3 AO keine Regelung dazu, in welcher Reihenfolge die
Änderungsbescheide zu erlassen sind (ebenso Loose in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 37).
32
b) Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des
§ 174 Abs. 3 AO auch hinsichtlich der Erfassung der Darlehenszinsen
vorlagen, kann dahinstehen, denn jedenfalls konnte sich das FA auf § 174
Abs. 4 AO stützen.
33
aa) Dass das FA sich auch bezüglich der
Erfassung der Darlehenszinsen nur auf § 174 Abs. 3 AO gestützt hat, ist
insoweit ohne Bedeutung. Denn maßgeblich ist nicht, auf welche Norm sich das
FA berufen hat, sondern ob es überhaupt eine Norm gibt, die den Erlass eines
Bescheides gestattet. Die Angabe der Norm ist lediglich Bestandteil der
Begründung des Bescheides, deren Fehlerhaftigkeit den Bescheid nicht
rechtswidrig macht (BFH-Urteil vom 30. August 2007 IV R 50/05, BFHE 218,
564, BStBl II 2008, 129).
34
bb) Ist aufgrund irriger Beurteilung eines
bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines
Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten
aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem
Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides
die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Die Vorschrift regelt
die Folgerungen aus einer vorherigen Aufhebung oder Änderung eines
Steuerbescheides auf Antrag des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten. Erst
die Aufhebung oder Änderung löst - "nachträglich" - die Rechtsfolge des
§ 174 Abs. 4 AO aus, dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden
kann (BFH-Urteil vom 24. April 2008 IV R 50/06, BFHE 220, 324, BStBl II
2009, 35). § 174 Abs. 4 AO gilt sinngemäß auch für Feststellungsbescheide
(§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).
35
aaa) Anzuknüpfen ist an die angefochtenen
Gewinnfeststellungsbescheide der KG betreffend die Streitjahre. Diese
beruhten auf der Annahme, dass die Darlehen dem (Sonder-)Betriebsvermögen
der Beigeladenen bei der KG und deshalb auch die Zinserlöse als
Sonderbetriebseinnahmen bei der KG zu erfassen waren. Diese Beurteilung
stellte sich im dagegen von der KG angestrengten Klageverfahren als
unrichtig heraus. Die angefochtenen Bescheide dienen mithin dazu, die
richtigen steuerlichen Folgen aus dem bei der KG fehlerhaft berücksichtigten
Sachverhalt nunmehr bei der Klägerin zu ziehen.
36
bbb) Der Erlass der angefochtenen
Gewinnfeststellungsbescheide erfolgte auch nachträglich i.S. des § 174
Abs. 4 AO.
37
Zwar lagen die Voraussetzungen nach § 174
Abs. 4 AO zu dem Zeitpunkt noch nicht vor, als die vorliegend angefochtenen
Gewinnfeststellungsbescheide erlassen wurden. Denn zu diesem Zeitpunkt war
das die Gewinnfeststellungsbescheide der KG abändernde Urteil des FG noch
nicht in Rechtskraft erwachsen. Bei Erlass der vorliegend angefochtenen
Gewinnfeststellungsbescheide (3. August 2004) bestand daher noch kein
Widerstreit. Dies steht der Anwendung des § 174 Abs. 4 AO aber deshalb nicht
entgegen, weil das Urteil bis zur Entscheidung über den Einspruch über die
Gewinnfeststellungsbescheide der Klägerin in Rechtskraft erwachsen ist.
38
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit
eines Verwaltungsaktes bei einer Anfechtungsklage ist nämlich grundsätzlich
auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, vorliegend also den
Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung, abzustellen. Lagen zu
diesem Zeitpunkt die Tatbestandsvoraussetzungen vor, ist ein vorheriger
Mangel der angefochtenen Bescheide durch die Einspruchsentscheidung geheilt
(BFH-Urteil in BFHE 220, 324, BStBl II 2009, 35, m.w.N.).
39
Vorliegend ist das die
Gewinnfeststellungsbescheide der KG abändernde Urteil mit Rücknahme der
Revision am 12. August 2004 rechtskräftig geworden. Im Zeitpunkt des
Erlasses der Einspruchsentscheidung (27. Juni 2005) lagen mithin die
formellen Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO vor.
40
ccc) Die richtigen steuerlichen Folgen
konnten auch im Gewinnfeststellungsverfahren der Klägerin gezogen werden,
ohne dass es einer Beiladung der Klägerin zum Klageverfahren der KG bedurft
hätte.
41
Wie bereits unter B.I.1.a bb ausgeführt,
ist im Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 und Abs. 4 AO ausschließlich auf
die Person des Feststellungsbeteiligten als Inhaltsadressat des
Gewinnfeststellungsbescheides abzustellen. Angesichts der bestehenden
Beteiligungsidentität bei der KG und der Klägerin richteten sich sowohl die
abgeänderten Gewinnfeststellungsbescheide betreffend die KG als auch die
hier angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide betreffend die Klägerin
gegen die nämlichen Inhaltsadressaten.
42
c) Die Gewinnfeststellungsbescheide 1995
und 1996 sind auch materiell rechtmäßig. Zu Recht ist das FG davon
ausgegangen, dass die Gewinne aus der Grundstücksvermietung und die
Darlehenszinsen als gewerbliche Einkünfte der Klägerin festzustellen waren.
43
aa) Zwischen der Klägerin auf der einen
Seite und der KG als Produktionsgesellschaft sowie der V-GmbH als
Vertriebsgesellschaft auf der anderen Seite bestand in den Streitjahren eine
Betriebsaufspaltung.
44
Die Voraussetzungen einer
Betriebsaufspaltung - sachliche und persönliche Verflechtung und ein
gewerbliches Unternehmen der Betriebsgesellschaft (ständige Rechtsprechung,
vgl. u.a. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71,
BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63, und BFH-Urteile vom 13. November 1997
IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254; vom 19. März 2002
VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662) - sind im Streitfall
erfüllt.
45
Alle drei Gesellschaften sind personell
verflochten, da an ihnen übereinstimmende Beteiligungsverhältnisse bestehen.
46
Die Gesellschaften sind auch sachlich
verflochten. Die vermieteten Grundstücksteile stellen sowohl für die KG als
auch für die V-GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage dar.
47
Eine wesentliche Betriebsgrundlage liegt
nach der neueren Rechtsprechung des BFH vor, wenn das von der
Betriebsgesellschaft genutzte Grundstück für diese wirtschaftlich von nicht
nur geringer Bedeutung ist. Eine besondere Gestaltung für den jeweiligen
Unternehmenszweck der Betriebsgesellschaft (branchenspezifische Herrichtung
und Ausgestaltung) ist nicht erforderlich; notwendig ist allein, dass ein
Grundstück dieser Art für die Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft
genutzt wird und es ihr ermöglicht, ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen und
auszuüben (BFH-Urteil vom 13. Juli 2006 IV R 25/05, BFHE 214, 343, BStBl II
2006, 804, mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung). Diese
Rechtsprechung hat der BFH auch auf reine Büro- oder Verwaltungsgebäude
erstreckt. Diese stellen jedenfalls dann eine wesentliche Betriebsgrundlage
des Betriebsunternehmens dar, wenn sich in ihnen der Mittelpunkt der
Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Unerheblich für die Beurteilung
als wesentliche Betriebsgrundlage ist, dass nicht jeweils ein ganzes
Gebäude, sondern nur einzelne Büroräume (Gebäudeteile) vermietet werden
(BFH-Urteil in BFHE 214, 343, BStBl II 2006, 804).
48
Danach ist der an die KG vermietete
Grundstücksteil ebenso wie der an die V-GmbH vermietete Grundstücksteil
deren wesentliche Betriebsgrundlage. Die KG nutzt den überlassenen
Grundstücksteil als Produktionsstätte und die V-GmbH hat den Mittelpunkt der
Geschäftsleitung ihres Vertriebsunternehmens in den überlassenen Büroräumen.
49
bb) Die Betriebsaufspaltung zwischen der
Klägerin auf der einen und der KG sowie der V-GmbH auf der anderen Seite hat
zur Folge, dass nicht nur die Betriebsgesellschaften, sondern auch die
Klägerin als Besitzgesellschaft ein Gewerbe betreibt und deren
Vermietungseinkünfte als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren sind.
50
Bei der Betriebsaufspaltung zwischen der
Klägerin und der KG handelt es sich um eine sog. mitunternehmerische
Betriebsaufspaltung. Die Qualifikation des Vermögens als
Gesellschaftsvermögen der Besitzgesellschaft und der Einkünfte aus der
Vermietung oder Verpachtung dieses Vermögens als Einkünfte der
Gesellschafter der Besitzgesellschaft hat bei einer mitunternehmerischen
Betriebsaufspaltung Vorrang vor der Qualifikation des Vermögens als
Sonderbetriebsvermögen und der Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung als
Sonderbetriebseinkünfte der Gesellschafter bei der Betriebsgesellschaft
(BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998,
325).
51
Daraus folgt für den Streitfall, dass das
Grundstück, soweit es an die beteiligungsidentische KG vermietet worden ist,
dem Betriebsvermögen der Klägerin zuzuordnen ist und entsprechend auch die
Vermietungseinkünfte als gewerbliche Einkünfte der Klägerin zu erfassen
sind. Aus dem Vorliegen der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung folgt
des Weiteren, dass auch die Vermietung an die V-GmbH zu gewerblichen
Einkünften der Klägerin führt (vgl. zur Umqualifizierung sämtlicher
Einkünfte bei der Besitzgesellschaft BFH-Urteil vom 24. November 1998
VIII R 61/97, BFHE 187, 297, BStBl II 1999, 483). Dessen ungeachtet waren
die Einkünfte aus der Vermietung des der V-GmbH überlassenen
Grundstücksteils schon im Hinblick auf das Vorliegen einer
Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der V-GmbH als gewerbliche
Einkünfte umzuqualifizieren.
52
cc) Zu Recht hat das FA auch die Zinsen aus
den der V-GmbH gewährten Darlehen als gewerbliche Einkünfte der Klägerin
erfasst. Denn die Darlehensforderungen waren dem Sonderbetriebsvermögen II
der beigeladenen Gesellschafter der Klägerin zuzuordnen, da sie
gesellschaftlich veranlasst waren.
53
aaa) Zum Betriebsvermögen einer gewerblich
tätigen Personengesellschaft gehören nicht nur die im Gesamthandseigentum
der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter. Vielmehr zählen hierzu auch
Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, die jedoch geeignet und
bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen
(Sonderbetriebsvermögen I) oder die - was im Streitfall in Betracht kommt -
unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters
an der Personengesellschaft eingesetzt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des
Einkommensteuergesetzes, Sonderbetriebsvermögen II; vgl. BFH-Urteil vom
19. Oktober 2000 IV R 73/99, BFHE 193, 354, BStBl II 2001, 335).
54
bbb) Es entspricht gefestigter
Rechtsprechung, dass die Anteile an der Betriebs-GmbH zum
Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Besitzgesellschaft gehören
(u.a. BFH-Urteile vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II
1982, 60; vom 12. Februar 1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl II 1992,
723, und vom 14. September 1999 III R 47/98, BFHE 190, 315, BStBl II 2000,
255). Dieser Rechtsprechung liegen aber Fallgestaltungen zu Grunde, in denen
neben dem Besitzunternehmen nur ein Betriebsunternehmen besteht. Im
Streitfall besteht indes die Besonderheit, dass das Betriebsunternehmen
seinerseits in ein Produktions- und ein Vertriebsunternehmen aufgespalten
worden ist. Die vorliegende Beteiligung an der V-GmbH erfüllt danach nicht
nur die zuvor dargelegten Anforderungen an das Vorliegen von
Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzgesellschaft, sondern gleichermaßen
auch bei der Produktionsgesellschaft, der KG. Auch bei Letzterer ist die
Beteiligung an der V-GmbH dazu bestimmt und geeignet, der Stärkung der
Beteiligung der Beigeladenen zu dienen (vgl. zur Behandlung eines
Geschäftsanteils des Gesellschafters einer GmbH als notwendiges
Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters bei einer KG BFH-Urteil vom
7. Juli 1992 VIII R 2/87, BFHE 168, 322, BStBl II 1993, 328).
55
ccc) Ungeachtet der zuvor dargelegten
Besonderheiten sind die Anteile an der V-GmbH dem Sonderbetriebsvermögen II
der Klägerin zuzuordnen. Einer Zuordnung der Anteile zum
Sonderbetriebsvermögen II der KG steht das rechtskräftige Urteil des FG
Düsseldorf in EFG 2004, 981 entgegen. An die dort getroffene rechtskräftige
Feststellung, dass die Anteile an der V-GmbH nicht dem
Sonderbetriebsvermögen II der KG zuzuordnen sind, ist der Senat gemäß § 110
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im vorliegenden
Verfahren gebunden.
56
Aus der Zuordnung der Anteile an der V-GmbH
zum Sonderbetriebsvermögen II der Beigeladenen bei der Klägerin folgt, dass
Gleiches auch für die Darlehensforderungen der Beigeladenen gilt. Diese
sind, soweit sie den Anforderungen an das Vorliegen von
Sonderbetriebsvermögen II im Übrigen (gesellschaftliche Veranlassung, dazu
nachfolgend ddd) genügen, bei der Besitzgesellschaft, hier der Klägerin, und
nicht bei der Produktionsgesellschaft, hier der KG, zu erfassen. Davon
abzugrenzen ist der vorliegend nicht zu beurteilende Sachverhalt, dass die
Darlehen von der KG aus dem gesamthänderisch gebundenen Vermögen gewährt
werden.
57
ddd) Die Würdigung des FG, dass die
Darlehen gesellschaftlich veranlasst waren, ist nicht zu beanstanden.
58
Ein Darlehen, das die Gesellschafter der
Besitzpersonengesellschaft der Betriebs-GmbH gewähren, ist jedenfalls dann
dem Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der
Besitzpersonengesellschaft zuzuordnen, wenn das Darlehen nicht marktüblichen
Bedingungen entspricht. Die Beurteilung richtet sich dabei nach den
Gesamtumständen des einzelnen Falles (BFH-Urteil in BFHE 193, 354, BStBl II
2001, 335). Das FG hat aus den im Streitfall vorliegenden Gesamtumständen
die Darlehenshingabe dahin gewürdigt, dass sie ausschließlich
gesellschaftlich veranlasst gewesen ist. Diese auf einer tragfähigen
Tatsachenfeststellung beruhende Würdigung ist für den Senat gemäß § 118
Abs. 2 FGO bindend. Die Würdigung des FG ist zwischen den Beteiligten
ersichtlich auch nicht streitig.
59
2. Gewerbesteuermessbescheide
60
a) Im Ergebnis zu Recht ist das FG davon
ausgegangen, dass der Erlass der (erstmaligen) Gewerbesteuermessbescheide
1995 und 1996 weder auf § 174 Abs. 3 AO noch auf § 174 Abs. 4 AO gestützt
werden konnte.
61
aa) Der Anwendung des § 174 Abs. 3 AO
steht, wie das FG zu Recht ausführt, entgegen, dass die Festsetzungsfrist
für die Gewerbesteuermessbescheide 1995 und 1996 gegen die KG zum Zeitpunkt
des Erlasses der vorliegend angefochtenen Bescheide bereits abgelaufen war.
Das von der KG unter dem Az. 11 K 3126/01 F beim FG Düsseldorf betriebene
Klageverfahren bezog sich ausschließlich auf die Feststellungsbescheide, so
dass sich die dadurch ausgelöste Ablaufhemmung der Festsetzungs- bzw.
Feststellungsfrist ausschließlich auf die Gewinnfeststellungsbescheide
erstreckte. Soweit das FA sich auf die Regelung in § 171 Abs. 10 AO beruft,
verkennt es, dass die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide keine
Grundlagenbescheide im Verhältnis zu den Gewerbesteuermessbescheiden sind.
62
bb) § 174 Abs. 4 AO scheidet allein deshalb
aus, weil die Klägerin nicht zum Verfahren der KG gemäß § 174 Abs. 5 AO
beigeladen worden ist. Steuerpflichtige i.S. des § 174 Abs. 4 AO sind im
Hinblick auf das Feststellungsverfahren der KG die Beigeladenen als
Gesellschafter der KG (s. oben unter B.I.1.a bb). Dem gegenüber ist
Steuerpflichtiger im Hinblick auf das Gewerbesteuerverfahren die
Personengesellschaft selbst. Denn die gewerblich tätige Personengesellschaft
ist gemäß § 5 Abs. 1 GewStG Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer. Es fehlt
daher an der Personenidentität. Die Klägerin ist im Hinblick auf die
Gewerbesteuermessbescheide daher Dritte. Um die Änderungsvoraussetzungen des
§ 174 Abs. 4 AO auch auf die Klägerin zu erstrecken, hätte es deshalb gemäß
§ 174 Abs. 5 AO ihrer Beiladung zum Klageverfahren der KG bedurft. Daran
fehlt es im Streitfall.
63
b) Ein Erlass der
Gewerbesteuermessbescheide kann ebenso wenig auf § 35b Abs. 1 GewStG
gestützt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut umfasst der Anwendungsbereich
dieser Norm nur die Aufhebung oder Änderung eines
Gewerbesteuermessbescheides, wenn u.a. ein Feststellungsbescheid aufgehoben
oder geändert wird. Vorliegend fehlt es sowohl an der Aufhebung oder
Änderung eines Feststellungsbescheides als auch an der Aufhebung oder
Änderung eines Gewerbesteuermessbescheides. Der erstmalige Erlass eines
Gewerbesteuermessbescheides nach Erlass eines erstmaligen
Feststellungsbescheides ist von dem Wortlaut der Norm nicht umfasst.
Angesichts des eindeutigen Wortlauts ist eine tatbestandserweiternde
Auslegung ausgeschlossen.
64
II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet. Die Gewinne aus der Grundstücksvermietung sind zutreffend als
gewerbliche Einkünfte der Klägerin festgestellt worden. Wegen der Begründung
wird auf die Ausführungen unter I. verwiesen.
65
III. Da die Revision des FA teilweise
Erfolg hat, kann die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Der
Senat hält es für angemessen, über die Kosten nach Verfahrensabschnitten zu
entscheiden, da die Klägerin ihren im Klageverfahren gestellten Antrag auf
Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide 1995 bis 1997 insoweit
eingeschränkt hat, als sie im Revisionsverfahren nur noch die Aufhebung der
Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996 begehrt. Auch eine solche
Entscheidung wahrt den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung
(vgl. BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II
2000, 306; BFH-Beschluss vom 21. April 1989 IV R 40/88, BFH/NV 1990, 182,
m.w.N.). Entsprechend dem materiellen Ausgang des Verfahrens hat die
Klägerin die Kosten des Klageverfahrens zu 72 v.H., das FA zu 28 v.H. zu
tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu 58 v.H., das
FA zu 42 v.H. zu tragen (§ 135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 FGO).
66
Eine Erstattung der außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen gemäß § 139 Abs. 4 FGO kam nicht in Betracht, da
diese keine Anträge gestellt und sich daher keinem Kostenrisiko gemäß § 135
Abs. 3 FGO ausgesetzt haben.
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