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BFH-Beschluss vom 18.3.2010 (IX B 227/09) BStBl. 2010 II S. 627
Halbabzugsverbot bei Auflösungsverlust
Es
ist geklärt, dass Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17
Abs. 1 und Abs. 4 EStG nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur begrenzt
abziehbar ist, wenn dem Steuerpflichtigen keinerlei durch seine Beteiligung
vermittelten Einnahmen zugehen (gegen BMF-Schreiben - Nichtanwendungserlass
- vom 15. Februar 2010, DStR 2010, 331)
EStG 2002 § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 Satz 1,
§ 17 Abs. 1, § 17 Abs. 4; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1.
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 12. November
2009 12 K 961/06 F
Entscheidungsgründe
1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist
unbegründet.
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1. Die Rechtsfrage, ob bei tatsächlich
fehlenden Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes in der
im Streitjahr (2004) maßgebenden Fassung (EStG) das Halbabzugsverbot des
§ 3c Abs. 2 EStG anwendbar ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115
Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), weil sie geklärt ist.
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a) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner
Entscheidung vom 25. Juni 2009 IX R 42/08 (BFHE 225, 445, BStBl II 2010,
220) erkannt, dass der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B.
Betriebsvermögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im
Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG jedenfalls dann
nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt ist, wenn der Steuerpflichtige
keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen hat. Der BFH hat
diese Rechtsprechung mit Urteil vom 14. Juli 2009 IX R 8/09 (BFH/NV 2010,
399) bestätigt.
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b) Die in der Beschwerdebegründung des
Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt - FA -) vorgebrachten Gründe sind
bereits vom BFH berücksichtigt worden und rechtfertigen es nicht, sich
erneut mit der Sache in einem Fall zu befassen, in dem das Finanzgericht
(FG) für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt hat, dass der
Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) aufgrund ihrer Beteiligung keine
Einnahmen zugegangen sind (vgl. zur grundsätzlichen Bedeutung im
Zusammenhang mit Nichtanwendungserlassen auch BFH-Beschluss vom 8. November
2007 IV B 171/06, BFHE 220, 1, BStBl II 2008, 380).
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aa) Wenn das FA auf § 3 Nr. 40 Buchst. c
Satz 2 EStG i.V.m. § 17 Abs. 4 EStG verweist und daraus schließt, das
Halbeinkünfteverfahren sei auch in Verlustfällen anwendbar (so auch das
Bundesministerium der Finanzen - BMF -, Schreiben vom 15. Februar 2010
IV C 6 -S 2244/09/10002, DOK 2009/0722841, Deutsches Steuerrecht - DStR -
2010, 331), so steht diese Aussage nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung
des BFH wie auch der Vorinstanz und geht als Argument ins Leere.
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Denn um Verluste gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 4
EStG geht es in dieser Rechtsprechung zunächst nicht. Vielmehr kommt es nach
§ 3c Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG korrespondierend mit § 3 Nr. 40
Buchst. c Satz 2 EStG allein darauf an, ob Einnahmen anfallen. So stellt das
Gesetz in § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 2 i.V.m. Satz 1 EStG die Hälfte des
gemeinen Werts (der nach § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG als Veräußerungspreis und
damit als Einnahme anzusehen ist) und nicht etwa den Gewinn (wie in § 8b
Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes) steuerfrei und zieht umgekehrt in
§ 3c Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG die damit (also mit den Einnahmen) in
wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden - im Einzelnen aufgeführten -
Aufwendungen (z.B. Anschaffungskosten) folgerichtig ebenfalls nur zur Hälfte
ab (siehe dazu grundlegend BFH-Urteil vom 27. Oktober 2005 IX R 15/05, BFHE
211, 273, BStBl II 2006, 171).
7
Diese Situation ist auch gegeben, wenn ein
Veräußerungspreis gezahlt wird oder - im Falle des § 17 Abs. 4 EStG - ein
gemeiner Wert anzusetzen ist, die damit wirtschaftlich zusammenhängenden
Aufwendungen die Einnahmen indes überschreiten und es zu einem Verlust
kommt. Darüber hat der BFH bezogen auf § 3c Abs. 2 EStG noch nicht
entschieden. Er hat sich nur zu Fallkonstellationen geäußert, in denen
keinerlei Einnahmen angefallen waren (zur Diskussion im Schrifttum vgl.
v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3c Rz C 21 und C 22,
m.w.N; Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3c EStG Rz 54; Blümich/Erhard,
§ 3c EStG Rz 55).
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bb) Die gleichen Erwägungen gelten
letztlich auch für das weitere Argument, welches das FA ebenso wie das BMF
(a.a.O.) anführt. Wenn nach den Grundwertungen des Halbeinkünfteverfahrens
Gewinne und Verluste gleich behandelt werden sollen, so ändert das nichts
daran, dass das Gesetz in § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zunächst einen
wirtschaftlichen Zusammenhang der dort aufgeführten Aufwendungen mit nach
§ 3 Nr. 40 EStG zum Teil steuerfreien Einnahmen fordert. Zwar ist
unerheblich, in welchem Veranlagungszeitraum sie anfallen (§ 3c Abs. 2
Satz 1 EStG). Sie müssen aber - wie das Gesetz explizit verlangt -
"anfallen". Deshalb verlässt die Beschwerdebegründung, nach der es nicht
entscheidend sein könne, ob Einnahmen letztlich tatsächlich angefallen sind,
den gesetzlichen Rahmen, wie er sich aus dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1
EStG, der Entwurfsbegründung (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 113 zu Nr. 3 - § 3c
-) und dem Zweck des Halbabzugsverbots, eine Doppelbegünstigung
auszuschließen (BFH-Urteil in BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220, unter II.2.
a.E.), ergibt.
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Der dem objektiven Tatbestand der
Steuernorm zuordenbare wirtschaftliche Zusammenhang hat entgegen der
Auffassung des FA nichts mit der Einkünfteerzielungsabsicht des
Steuerpflichtigen zu tun, die gegeben sein kann, auch wenn letztlich keine
Einnahmen anfallen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 IX R 54/08, BFHE 226,
216, BStBl II 2010, 124).
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cc) Wenn es FA und BMF (a.a.O.) in diesem
Kontext für unerheblich ansehen, ob auf der Ertragsebene aus der Beteiligung
Einnahmen (Gewinnausschüttungen) zugeflossen sind und damit implizit nur auf
"Gewinne oder Verluste" auf der Vermögensebene abstellen wollen, so
entspricht diese Aussage nicht der gesetzgeberischen Prämisse des
Halbeinkünfteverfahrens, in typisierender Betrachtung Veräußerungsgewinn und
Gewinnausschüttung gleich zu stellen (grundlegend BFH-Urteil vom 19. Juni
2007 VIII R 69/05, BFHE 218, 251, BStBl II 2008, 551). Der Gewinn aus der
Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft - auch bei Veräußerungen
durch eine natürliche Person - wird wie eine Gewinnausschüttung besteuert,
weil "die Veräußerung einer Beteiligung einer Totalausschüttung
wirtschaftlich gleichkommt" (BTDrucks 14/2683, S. 96). Eine Trennung von
Vermögens- und Ertragsebene, wie sie dem BMF (a.a.O.) vorschwebt und die zur
Folge hätte, nur Einnahmen auf der Vermögensebene (also Veräußerungspreis,
gemeiner Wert, BMF spricht demgegenüber immer von Gewinnen und Verlusten,
siehe dazu oben unter aa) einzubeziehen, wäre nicht folgerichtig und dürfte
deshalb auch bei der Interpretation des Begriffs der "Einnahmen" in § 3c
Abs. 2 Satz 1 EStG nicht angezeigt sein.
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2. Von einer weiteren Begründung sieht der
Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz FGO ab.
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