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BFH-Urteil vom 5.11.2009 (IV
R 57/06) BStBl. 2010 II S. 646
Hinzurechnung einer
verlustbedingten Teilwertabschreibung der Organträgerin auf
Darlehensforderungen gegen eine Organgesellschaft beim Gewerbeertrag
1. Gewinnminderungen infolge
einer Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) des Organträgers
auf Darlehensforderungen gegen eine Organgesellschaft sind bei der
Ermittlung des organschaftlichen Gewerbeertrags durch entsprechende
Hinzurechnungen zu korrigieren (neutralisieren), soweit die
Teilwertabschreibung zumindest auch durch erlittene Verluste der
Organgesellschaft bedingt ist.
2. Die Teilwertabschreibung
auf eine Forderung beruht stets zumindest auch auf erlittenen Verlusten des
Schuldners, soweit der Betrag der Teilwertabschreibung den Betrag dieser
Verluste nicht übersteigt.
GewStG 1999 § 2 Abs. 2
Satz 2.
Vorinstanz: FG Hamburg vom
25. August 2006 5 K 9/06 (EFG 2007, 279)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin und frühere
persönlich haftende Gesellschafterin der D KG (KG). Die KG war
Alleingesellschafterin der O-GmbH, die 1998 mit 500.000 DM Stammkapital
gegründet worden war.
Zwischen der KG und der
O-GmbH bestand eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft in den Jahren 1998
bis einschließlich 2001. Da eine Ergebnisabführung nicht vereinbart war,
entfiel die gewerbesteuerrechtliche Organschaft ab dem 1. Januar 2002. Denn
ab diesem Zeitpunkt setzt diese einen Ergebnisabführungsvertrag voraus (§ 2
Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - 1999 i.d.F. des Gesetzes
zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001, BGBl
I 2001, 3858).
Seit ihrem Bestehen
erwirtschaftete die O-GmbH Verluste: Im Streitjahr (2000) betrugen sie
1.815.683,53 DM. Bis zum 31. Dezember 2000 liefen insgesamt Verluste in Höhe
von 2.053.925,04 DM auf, die in der Handelsbilanz einen nicht durch
Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 1.553.925,04 DM ergaben.
Die KG stellte der O-GmbH
zur Finanzierung der verlustbringenden laufenden Produktentwicklung und
Geschäftstätigkeit Darlehen zur Verfügung; zum 31. Dezember 2000 betrugen
diese insgesamt 1.498.252,28 DM.
Die KG schrieb im
handelsrechtlichen Jahresabschluss für das Streitjahr diese Darlehen in
voller Höhe ab.
In ihrer
Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr berücksichtigte die KG beim
Gewerbeertrag u.a. die Verluste der O-GmbH und die Teilwertabschreibung auf
die Darlehen im Jahr 2000. Erklärungsgemäß setzte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Gewerbesteuermessbetrag in Höhe
von 132.205 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung u.a. für das Streitjahr vertrat das FA die Auffassung, die
Teilwertabschreibung auf die Darlehen sei dem organschaftlichen
Gewerbeertrag wieder hinzuzurechnen, da ansonsten die Verluste der O-GmbH
doppelt berücksichtigt würden.
Das FA änderte
dementsprechend mit Bescheid vom 26. November 2004 den
Gewerbesteuermessbetrag auf 194.970 DM. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde
aufgehoben.
Der Einspruch und die Klage
hatten keinen Erfolg.
Das Urteil des
Finanzgerichts ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 279
veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2005
aufzuheben und den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2000 vom
26. November 2004 dahingehend zu ändern, dass bei der Festsetzung die
Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderungen gegen die O-GmbH
(1.498.252 DM) ertragsmindernd berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (vgl. § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Teilwertabschreibung der
KG auf die Darlehensforderungen gegen die O-GmbH ist dem organschaftlichen
Gewerbeertrag hinzuzurechnen, d.h. zu neutralisieren.
1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2
GewStG 1999 in der Fassung des Streitjahres 2000 gelten
Kapitalgesellschaften, die - wie im Streitfall die O-GmbH - derart in ein
anderes inländisches gewerbliches Unternehmen eingegliedert sind, dass die
Voraussetzungen des § 14 Nrn. 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG)
in der Fassung des Streitjahres erfüllt sind, als Betriebsstätten des
anderen Unternehmens (sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft). Trotz
dieser Fiktion bilden die eingegliederten Kapitalgesellschaften (die
Organgesellschaften) und das andere Unternehmen (der Organträger) kein
einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbständige
Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge
getrennt zu ermitteln sind (sog. gebrochene oder eingeschränkte
Einheitstheorie). Die Organschaft führt jedoch dazu, dass die persönliche
Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft für die Dauer der Organschaft dem
Organträger zugerechnet wird. Deshalb ist der einheitliche
Gewerbesteuermessbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe -
das sind die Gewerbebetriebe des Organträgers und der Organgesellschaft(en)
- allein gegenüber dem Organträger festzusetzen (ständige Rechtsprechung,
vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. April 1998
I R 109/97, BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748, unter II.1. der Gründe,
m.w.N.; vom 30. Januar 2002 I R 73/01, BFHE 198, 128, BStBl II 2003, 354,
unter II.1. der Gründe, m.w.N.).
Um den für die Festsetzung
des Steuermessbetrages maßgebenden Gewerbeertrag des Organkreises zu
ermitteln, sind die getrennt ermittelten Gewerbeerträge des Organträgers und
der Organgesellschaft(en) zusammenzurechnen und die Summe um die sich
aufgrund der Zusammenrechnung etwa ergebenden steuerlichen Doppelbelastungen
oder ungerechtfertigten steuerlichen Entlastungen zu korrigieren. Je nach
dem, um welchen Rechenposten es sich handelt, sind die Korrekturen entweder
bereits bei den selbständig ermittelten Gewerbeerträgen der zum Organkreis
gehörenden Betriebe oder nachfolgend durch Hinzurechnungen zu bzw. Abzügen
von der Summe der getrennt ermittelten Gewerbeerträge vorzunehmen.
Rechtsgrundlage der Korrekturen ist § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 (ständige
Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748, unter
II.1. der Gründe, m.w.N., und in BFHE 198, 128, BStBl II 2003, 354, unter
II.1. der Gründe, m.w.N.).
2. Dementsprechend sind nach
der Rechtsprechung des BFH Ertragsminderungen infolge von
Teilwertabschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes
- EStG -) auf Beteiligungen an Organgesellschaften bei der Ermittlung des
Gewerbeertrages des Organkreises durch entsprechende Hinzurechnungen zu
korrigieren (neutralisieren), soweit die Teilwertabschreibungen betragsmäßig
den erlittenen Verlusten der Organgesellschaften entsprechen (BFH-Urteile
vom 6. November 1985 I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73, unter 2.
der Gründe; in BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748, unter II.2. der Gründe).
3. Gleiches gilt für
Ertragsminderungen infolge von Teilwertabschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2
Satz 2 EStG) des Organträgers auf Darlehensforderungen gegen
Organgesellschaften, soweit die Teilwertabschreibungen zumindest auch durch
erlittene Verluste bedingt sind (a.A. Dierichs/Seifried, Deutsches
Steuerrecht 2002, 2068, 2069).
Denn wie bei
Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen würde die Berücksichtigung
verlustbedingter Teilwertabschreibungen auf diese Forderungen bei
bestehender gewerbesteuerrechtlicher Organschaft zu einer doppelten
Entlastung des Organträgers im Erhebungszeitraum führen, nämlich durch die
Zusammenfassung des eigenen, durch die verlustbedingte Teilwertabschreibung
geminderten Gewerbeertrags mit dem negativen Gewerbeertrag der
Organgesellschaft.
a) Dem steht nicht entgegen,
dass - wie die Klägerin vorträgt - die Darlehensverbindlichkeiten bei der
Organgesellschaft weiterhin passiviert werden. Denn das Imparitätsprinzip
ist gerade die Ursache dafür, dass sich die Verluste - ohne Korrekturen - im
Streitjahr doppelt auswirken würden.
b) Demnach ist auch ohne
Bedeutung, dass - wie die Klägerin vorträgt - der Ertrag und der Aufwand aus
dem Ausfall einer Forderung aufgrund bilanzieller Vorschriften bei
unterschiedlichen Rechtsträgern zu erfassen sind.
c) Der Einwand der Klägerin,
nach dem BFH-Urteil vom 14. Januar 2009 I R 52/08 (BFHE 224, 132, BStBl II
2009, 674) seien Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs. 3 Satz 2 KStG i.d.F.
des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur
Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember
2003 (BGBl I 2003, 2840) zwar Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen,
nicht aber Teilwertabschreibungen auf Darlehen, führt zu keinem anderen
Ergebnis. Denn diese Regelung galt im Streitjahr noch nicht und kann deshalb
zur Auslegung nicht herangezogen werden. Darüber hinaus steht diese
Vorschrift im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung von Anteilsveräußerungen
nach § 8b Abs. 2 KStG. Hier geht es jedoch um § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG,
wonach die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers gilt.
4. Allerdings darf die
Hinzurechung der Teilwertabschreibung auf die Darlehen nicht dazu führen,
dass in zukünftigen Erhebungszeiträumen Gewinne aufgrund von bilanziellen
Veränderungen bei der Organträgerin (insbesondere durch Wertaufholung) oder
der Organgesellschaft (z.B. bei Darlehensverzicht) den Gewerbeertrag
erhöhen, während die Teilwertabschreibung auf die Darlehen unberücksichtigt
geblieben ist. Dem steht das objektive Nettoprinzip entgegen. Dies gilt
während der Organschaft und nach deren Beendigung gleichermaßen. Der Senat
hat im Hinblick auf die Verhältnisse im Streitjahr keine Veranlassung, über
den Zeitpunkt oder das Verfahren zur Berücksichtigung der Gewinnminderung in
Folgejahren zu entscheiden.
5. Die Teilwertabschreibung
einer Forderung hängt von der Zahlungsfähigkeit und damit vom Vermögen des
Schuldners ab. Da Verluste das Betriebsvermögen des Schuldners mindern,
beruht die Teilwertabschreibung auf eine Forderung stets zumindest auch auf
erlittenen Verlusten, soweit der Betrag der Teilwertabschreibung den Betrag
dieser Verluste nicht übersteigt.
So liegt der Streitfall: Der
Betrag der Teilwertabschreibung war geringer als der aufgrund der Verluste
nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag der Organgesellschaft.
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