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BFH-Urteil vom 25.2.2010 (IV R 37/07) BStBl. 2010 II S. 784
Wertaufholungsgebot verfassungsgemäß
Das
durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402)
eingeführte Wertaufholungsgebot verstößt auch insoweit nicht gegen die
Verfassung, als davon Teilwertabschreibungen erfasst werden, die mehr als
zehn Jahre vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung vorgenommen worden waren.
EStG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4,
Nr. 2 Sätze 2 und 3, § 52 Abs. 16 Abs. 2 und 3 i.d.F. des StEntlG
1999/2000/2002; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3.
Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom
5. Juni 2007 5 K 357/02 (EFG 2007, 1449)
Sachverhalt
I.
1
Der Kläger und
Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt. Den Gewinn ermittelt er durch
Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) für das
landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr (1. Juli bis 30. Juni).
2
Im Wirtschaftsjahr 1985/86
hatte der Kläger ein landwirtschaftliches Grundstück mit einer Fläche von
7,7321 ha für insgesamt 296.684,40 DM erworben. Der Bilanzansatz dieser
Fläche entwickelte sich bis zum Streitjahr (1998) folgendermaßen (in DM):
3
4
In der Folgezeit stieg der
Teilwert des Grundstücks wieder an. Am 30. Juni 1999 lag er nicht unter den
Anschaffungskosten. In der Bilanz zum 30. Juni 1999 setzte der Kläger das
Grundstück mit einem um 72.171,00 DM höheren Wert an (Wertaufholung nach § 6
Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 EStG
i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 - StEntlG 1999/2000/2002
- vom 24. März 1999, BGBl I 1999, 402 - EStG n.F. -). Gleichzeitig bildete
er in Höhe von vier Fünfteln der Wertaufholung (57.736,00 DM) eine den
steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F.
5
Dem folgte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) im Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, den er mit
verfassungsrechtlichen Einwänden gegen die Wertaufholung begründete.
6
Im Zuge einer Außenprüfung
setzte der Prüfer den Buchwert des Grundstücks mit den ursprünglichen
Anschaffungskosten in Höhe von 296.684,40 DM an und erhöhte dem entsprechend
den Buchwert um weitere 49.257,00 DM sowie die Rücklage um 39.405,60 DM. Der
daraufhin ergangene Änderungsbescheid wurde Gegenstand des
Einspruchsverfahrens, das keinen Erfolg hatte.
7
Während des Klagverfahrens
änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr aus anderen
Gründen erneut. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.
Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1449
veröffentlicht.
8
Dagegen richtet sich die
Revision des Klägers. Er macht geltend, das Wertaufholungsgebot gemäß § 6
Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F. sei
verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip des
Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG), gegen das Eigentumsrecht aus Art. 14
Abs. 1 GG und gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG begründete Gebot,
Steuerpflichtige nur nach ihrer aktuellen finanziellen Leistungsfähigkeit
zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte heranzuziehen. Außerdem verstoße
es gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmende Gebot gleichheitskonformen
Normenvollzugs, soweit Teilwertabschreibungen erfasst würden, die mehr als
zehn Jahre zurücklägen.
9
Der Kläger beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid
1998 vom 7. März 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.
September 2002, zuletzt geändert durch Bescheid vom 13. September 2005,
dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und
Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 1998/99 das Wertaufholungsgebot nach
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16
Sätze 2 und 3 EStG 1999 keine Berücksichtigung findet, der Gewinn aus Land-
und Forstwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1998/99 mit... DM angesetzt und die
Einkommensteuer 1998 entsprechend niedriger festgesetzt wird.
10
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
11
Die Revision des Klägers ist nicht
begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Wertaufholung wegen der auf das im
Wirtschaftsjahr 1985/86 erworbene Grundstück vorgenommenen
Teilwertabschreibungen ist rechtmäßig. Die zu Grunde liegenden Regelungen (§
6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Sätze
2 und 3 EStG n.F.) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
12
1. Der Ansatz des Grundstücks in der Bilanz
zum 30. Juni 1999 entspricht den für diesen Zeitpunkt maßgeblichen
Vorschriften.
13
a) Grund und Boden ist nach § 6 Abs. 1 Nr.
2 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren
Stelle tretenden Wert anzusetzen, sofern nicht der niedrigere Teilwert
angesetzt werden kann. Die Voraussetzungen für den Ansatz des niedrigeren
Teilwerts wurden durch das StEntlG 1999/2000/2002 geändert.
14
aa) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG
i.d.F. vor Inkrafttreten des StEntlG 1999/2000/2002 - EStG a.F. - konnte
statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der niedrigere Teilwert
angesetzt werden. Bei Wirtschaftsgütern, die bereits am Schluss des
vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen
gehörten, konnte der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren den
Teilwert auch dann ansetzen, wenn er höher als der letzte Bilanzansatz war;
es durften jedoch höchstens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder
der an deren Stelle tretende Wert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3
EStG a.F.). Diese Regelungen sind letztmals für das vor dem 1. Januar 1999
endende Wirtschaftsjahr anzuwenden (§ 52 Abs. 16 Satz 1 EStG n.F.).
15
bb) Seither setzt der Ansatz des
niedrigeren Teilwerts eine voraussichtlich dauernde Wertminderung voraus (§
6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG n.F.). Grund und Boden, der bereits am Schluss
des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zum Betriebsvermögen des
Steuerpflichtigen gehört hat, ist in den folgenden Jahren mit den
Anschaffungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert anzusetzen, es
sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert
angesetzt werden kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz
4 EStG n.F.). Diese Regelung ist nach § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG n.F. erstmals
für das erste nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahr (Erstjahr)
anzuwenden. In Höhe von vier Fünfteln des im Erstjahr durch die Anwendung
der neugefassten Vorschrift entstehenden Gewinns kann im Erstjahr eine den
steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden
vier Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Viertel gewinnerhöhend
aufzulösen ist (§ 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F.).
16
b) Der Kläger hatte das Grundstück zunächst
mit den Anschaffungskosten angesetzt und darauf ab dem Wirtschaftsjahr
1987/88 Teilwertabschreibungen vorgenommen. Später war der Teilwert des
Grundstücks wieder angestiegen und lag zu dem vorliegend maßgeblichen
Bilanzstichtag (30. Juni 1999) nicht unter den Anschaffungskosten. Das
Grundstück war daher in der Bilanz zum 30. Juni 1999 nach § 6 Abs. 1 Nr. 2
Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F. mit den Anschaffungskosten
unter Berücksichtigung der Rücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F.
anzusetzen. Diesen Regelungen entspricht der angefochtene Bescheid, wie
zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.
17
2. Die Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz
3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Sätze 2 und 3 EStG n.F.
verstoßen nicht gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und/oder Art. 20 Abs. 3
GG (Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. April 2007
I R 16/06, BFHE 218, 102, BStBl II 2007, 707, unter II.3. der Gründe;
gleicher Ansicht u.a. Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 579b; Fischer in Kirchhof,
EStG, 8. Aufl., § 6 Rz 110; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6
Rz B 438; Schmidt/Glanegger, EStG, 28. Aufl., § 6 Rz 53; Schwenke,
Betriebs-Berater - BB - 1997, 2408; Stobbe/ Loose, Finanz-Rundschau - FR -
1999, 405, 409; anderer Ansicht Pickhardt, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ -
1997, 671, 673; Schlotter, Teilwertabschreibung und Wertaufholung zwischen
Steuerbilanz und Verfassungsrecht, Köln 2005, S. 328 ff., m.w.N.; Schön, BB
1997, 1333 und 2411; Wermeckes, DStZ 1999, 479, 484). Der Senat folgt der
entgegenstehenden Meinung nicht. Eine Vorlage an das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und § 80
Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht kommt daher nicht in
Betracht.
18
a) Die streitige Regelung verstößt nicht
gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der erkennende Senat stimmt der Beurteilung im
angefochtenen Urteil zu.
19
aa) Der Gesetzgeber hat nach ständiger
Rechtsprechung des BVerfG einen weit reichenden Entscheidungsspielraum bei
der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes.
Dieser Spielraum wird nach den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten
Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen im
Bereich des Einkommensteuerrechts durch das Gebot der Ausrichtung der
Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das
Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt (u.a. BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 20092
BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, unter B.I.1.b der Gründe, zur Regelung der
Jubiläumsrückstellungen durch § 52 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG i.d.F. des
Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988, BGBl I 1988, 1093).
20
Eine steuerbilanzrechtliche Abweichung vom
Imparitätsprinzip, die ausschließlich den maßgeblichen Zeitpunkt der
einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwand und Ertrag betrifft,
gehört nicht zu den zentralen Fragen gerechter Belastungsverteilung und
verletzt daher das Gebot folgerichtiger Ausgestaltung steuergesetzlicher
Belastungsentscheidungen nur dann, wenn sich kein sachlicher Grund dafür
finden lässt, sie also als willkürlich zu bewerten ist (BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.b der Gründe; anderer Ansicht u.a. Schlotter,
a.a.O., S. 293 ff.). Zins- und Liquiditätsvorteile, die als Nebeneffekt auf
der Bildung stiller Reserven beruhen, bedürfen unter dem Gesichtspunkt
gleicher Steuerbelastung nach finanzieller Leistungsfähigkeit mit Blick auch
auf die Überschusseinkünfte einer Rechtfertigung, die vor allem in der
Praktikabilität der Besteuerung zu suchen ist. In der Verhinderung der
Bildung stiller Reserven liegt insoweit weder eine relevante Abweichung von
einer verfassungsrechtlich gebotenen Besteuerung nach finanzieller
Leistungsfähigkeit noch eine Durchbrechung des (einfachgesetzlichen)
objektiven Nettoprinzips (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter
B.I.2.b der Gründe).
21
bb) Die Einführung des Wertaufholungsgebots
(§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F.) anstelle
des bis dahin bestehenden Bewertungswahlrechts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr.
2 Satz 3 EStG a.F.) war weder in sachlicher noch in zeitlicher Hinsicht
willkürlich, und zwar auch insoweit nicht, als davon Wertzuwächse aus der
Zeit vor der Gesetzesänderung erfasst werden (zu dem geltend gemachten
Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot s. nachfolgend unter II.2.c).
22
(1) Ziel der Gesetzesänderung war es, die
Möglichkeit bilanzierender Unternehmer zur Bildung stiller Reserven im
Interesse einer Angleichung an die Maßstäbe für diejenigen
Steuerpflichtigen, die nach den Grundsätzen von Zufluss und Abfluss
besteuert werden, einzuschränken. Die Objektivierung der Gewinnermittlung
ermögliche als Gegenfinanzierungsmaßnahme die Absenkung des Steuersatzes auf
Unternehmensgewinne und führe lediglich zu einer zeitlichen Verschiebung der
Besteuerung, deren tatsächliche wirtschaftliche Belastung nur in den
Zinseffekten der vorgezogenen Steuerzahlung bestehe (BTDrucks 14/265, S.
171). Die Änderung erfolgte somit nicht ohne sachlichen Grund.
23
(2) Anhaltspunkte dafür, dass der
Gesetzgeber mit der strengen Gleichbehandlung aller Wertaufholungen im
Zusammenhang mit früheren Teilwertabschreibungen - deren Belastungswirkung
durch die Möglichkeit zur Bildung einer Rücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 3
EStG n.F. auf fünf Jahre verteilt werden kann - seinen weiten
Gestaltungsspielraum überschritten hätte, sind nicht ersichtlich (vgl.
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.c bb der Gründe, zur
Auflösung der Jubiläumsrückstellungen). Der Verzicht auf eine zeitliche
Beschränkung des für die Wertaufholung maßgeblichen Zeitraums vermeidet im
Übrigen Probleme bei der gleichmäßigen Erfassung der steuerlichen
Leistungsfähigkeit, die sich ergeben könnten, wenn alle zuvor vorgenommenen
Teilwertabschreibungen definitiv würden (Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, §
6 EStG Rz 625).
24
cc) Ein Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1
GG zu entnehmende Gebot gleichheitskonformen Normenvollzugs liegt auch
insoweit nicht vor, als davon auch Teilwertabschreibungen erfasst werden,
die mehr als zehn Jahre zurückliegen.
25
(1) Zwar verlangt der Gleichheitssatz des
Art. 3 Abs. 1 GG für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein
Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Strukturell
gegenläufig wirkende Erhebungsregelungen, die in den Verantwortungsbereich
des Gesetzgebers fallen und dazu führen, dass der Besteuerungsanspruch weit
gehend nicht durchgesetzt werden kann, können im Zusammenwirken mit der zu
vollziehenden materiellen Steuernorm deren Verfassungswidrigkeit begründen.
Zur Gleichheitswidrigkeit führt allerdings nicht ohne weiteres die
empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des
widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (BVerfG-Urteil vom 9.
März 20042 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1. der
Gründe, m.w.N.).
26
(2) Anhaltspunkte dafür, dass das
Wertaufholungsgebot weit gehend nicht durchgesetzt werden könnte, sind nicht
ersichtlich; sie lassen sich auch der Revisionsbegründung nicht entnehmen.
Daraus, dass möglicherweise in Einzelfällen bei fehlenden Unterlagen für
weit zurückliegende Zeiträume nicht mehr aufgeklärt werden kann, ob
Teilwertabschreibungen vorgenommen wurden, so dass eine Wertaufholung
unterbleibt (vgl. dazu Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25.
Februar 2000 IV C 2 -S 2171b- 14/00, BStBl I 2000, 372, Tz. 35) ergibt sich
noch keine strukturell gegenläufig wirkende Erhebungsregelung. In solchen
Fällen verbleibt es grundsätzlich bei der latenten Steuerpflicht der stillen
Reserven, so dass lediglich der Besteuerungszeitpunkt verschoben wird. Im
Streitfall sind im Übrigen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der früheren
Teilwertabschreibungen nicht ersichtlich; über die Höhe der
Teilwertabschreibungen besteht kein Streit.
27
b) Das FG hat zu Recht entschieden, dass
die streitige Regelung auch nicht Art. 14 GG verletzt. Eine solche
Verletzung kommt auch unter dem Aspekt der Übermaßbesteuerung nicht in
Betracht. Denn es ist nicht erkennbar, dass durch die Regelung eine
verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Belastung erreicht worden wäre
(vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter B.III. der Gründe, zur
Auflösung von Jubiläumsrückstellungen).
28
Die obligatorische Wertaufholung tritt an
die Stelle des zuvor bestehenden Bewertungswahlrechts. Die Rechtsfolgen
konnten daher auch früher, wenn auch wahlweise herbeigeführt werden. In der
Sache werden die steuerlichen Auswirkungen der nicht realisierten Verluste
rückgängig gemacht, soweit es zu Wertaufholungen gekommen ist (Schwenke, BB
1997, 2408, unter VII; anderer Ansicht Schön, BB 1997, 1333, unter
B.IV.1.b). Die obligatorische Wertaufholung führt somit lediglich zu einer
Korrektur früherer Steuerentlastungen, die aus den früher vorgenommenen
Teilwertabschreibungen resultierten (vgl. Stobbe/Loose, FR 1999, 405, 409).
Sie betrifft im Übrigen nur das Wann, nicht das Ob der Besteuerung (vgl.
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.c bb der Gründe). Zudem
wird die Belastungswirkung abgefedert, weil die Möglichkeit besteht, die
Wertaufholung auf fünf Jahre zu verteilen (§ 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F.).
29
c) Wie das FG ebenfalls zutreffend
entschieden hat, führt § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz
4 und § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG n.F. nicht zu einer verfassungsrechtlich
unzulässigen Rückwirkung (Art. 20 Abs. 3 GG), soweit davon auch
Wertaufholungen aus der Zeit vor Inkrafttreten der geänderten Vorschriften
erfasst werden.
30
aa) Es handelt sich um eine zulässige so
genannte "unechte" Rückwirkung (so im Ergebnis Schwenke, BB 1997, 2408,
unter IV; anderer Ansicht Schlotter, a.a.O., S. 328 ff.; Schön, BB 1997,
1333, unter B.II). Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das BFH-Urteil
in BFHE 218, 102, BStBl II 2007, 707 (unter II.3. der Gründe) verwiesen, dem
sich der erkennende Senat anschließt.
31
bb) Die Bildung stiller Reserven führt im
Übrigen regelmäßig zu einer nicht periodengerechten Besteuerung (vgl.
BFH-Urteil vom 30. März 2006 IV R 25/04, BFHE 213, 315, BStBl II 2008, 171,
unter II.2.c dd der Gründe). Das ist nicht von vornherein
verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 123, 111,
unter B.I.2.b bb der Gründe, zur Auflösung von Jubiläumsrückstellungen; vom
5. Juli 20052 BvR 492-501/04, BFH/NV 2005, Beilage 4, 365, zur
Bilanzberichtigung; s. auch oben unter II.2.a aa).
32
(1) Die vorliegend streitige Vorschrift
regelt die Bewertung des Anlagevermögens an Bilanzstichtagen, die nach dem
Inkrafttreten der Gesetzesänderung liegen. Dass damit auch frühere
Wertaufholungen erfasst werden, ergibt sich aus dem formellen
Bilanzenzusammenhang. Die Wirkung ist insofern derjenigen bei einer
Bilanzberichtigung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG) vergleichbar (im Ergebnis
anderer Ansicht Schön, BB 1997, 1333, unter B.II.2.d). Soweit der Gewinn in
solchen Fällen - abweichend von dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung -
periodenübergreifend erfasst wird, ist dies jedoch nach ständiger
Rechtsprechung verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern nicht im Einzelfall
die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu einem
anderen Ergebnis führen (u.a. BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2005, Beilage 4,
365; BFH-Urteil vom 28. April 1998 VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II
1998, 443, unter 2.c der Gründe, m.w.N.).
33
(2) Ein allgemeines Vertrauen auf den
unveränderten Fortbestand des geltenden Rechts genügt für eine Berufung auf
die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht; es ist
verfassungsrechtlich nicht geschützt (BFH-Urteil in BFHE 218, 102, BStBl II
2007, 707, unter II.3.d der Gründe, m.w.N.). Besondere Gründe des
Vertrauensschutzes sind vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Möglichkeit, dass der Kläger Teilwertabschreibungen nicht vorgenommen
oder von dem Wahlrecht zur Wertaufholung schon früher Gebrauch gemacht
hätte, wenn er mit der Rechtsänderung gerechnet hätte, reicht dafür nicht
aus.
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