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BFH-Urteil vom 6.7.2005 (VIIIR72/02) BStBl. 2010 II S. 828
Hinsichtlich des gemäß § 7 Satz 2 GewStG als Gewerbeertrag fingierten
Tonnage-Gewinns i.S. von § 5a EStG sind Hinzurechnungen und Kürzungen,
insbesondere nach § 9 Nr. 3 GewStG, ausgeschlossen.
FGO §§ 100, 121, 135 Abs. 2;
GewStG § 7 Satz 2, § 9 Nr. 3; EStG § 5a Abs. 4a.
Vorinstanz: FG Bremen vom 30. August 2002 3 K 126/02 (EFG 2003, 558)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG (Komplementärin NGmbH), hat einen aus
drei Mitgliedern bestehenden Beirat, dessen Vorsitzender eine Vergütung
erhält. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war im Streitjahr der
Betrieb des Gastankers X (Flagge der niederländischen Antillen). Bis zum
Jahr 2005 übernahm die X im Rahmen eines Ertragspools Gas-Transporte.
Ab 1. Januar 2000 ermittelte
die Klägerin den Gewinn pauschaliert gemäß §5 a des Einkommensteuergesetzes
(EStG). Sie erklärte einen Gewinn von 159.192 DM (11.990 DM nach der Tonnage
und 147.202 DM Sonderbetriebseinnahmen, bestehend aus 129.330 DM für
Haftungsvergütung, 10.872 DM für Zinsen auf Darlehen, sowie 7.000 DM
Beiratsvergütung), nahm in der Gewerbesteuerklärung für den
Veranlagungszeitraum 2000 Kürzungen gemäß §9 Nr.3 des Gewerbesteuergesetzes
- GewStG - (117.762 DM, d.h. 80% von 147.202 DM) vor (Gewerbeertrag 53.420
DM) und ermittelte einen vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. Dezember
2000 von 4.831.062 DM.
Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nahm in dem Bescheid über die
gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewebeverlustes auf den
31.Dezember 2000 keine Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG vor. Die hiergegen
erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seiner in Entscheidungen der
Finanzgerichte (EFG) 2003, 558 veröffentlichten Entscheidung vom 30. August
2002 3 K 126/02 ab.
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 7 Satz 3 i.V.m. § 9 Nr. 3
GewStG).
Sie beantragt, den Bescheid
über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf
den 31. Dezember 2000 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30.
April 2002 sowie des Gerichtsbescheides des FG dahin zu ändern, dass für die
Klägerin der Verlustvortrag gemäß §10a GewStG auf 4.854.460 DM festgesetzt
wird.
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Während des
Revisionsverfahrens hat das FA am 6. Juni 2005 einen geänderten Bescheid
über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf
den 31. Dezember 2000 erlassen. Die tatsächlichen Grundlagen des
Streitstoffs werden hiervon nicht berührt.
Entscheidungsgründe
II.
Auf die Revision der Klägerin ist die
Vorentscheidung schon aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FG
entschied über die Einspruchsentscheidung vom 30. April 2002 in Gestalt des
Bescheides vom 26. Oktober 2001. An die Stelle dieses Bescheids trat während
des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 6. Juni 2005. Damit liegt
dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge,
dass auch das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (s. Senatsurteil vom 21.
Dezember 1993 VIII R 13/89, BFHE 174, 328, BStBl II 1994, 743, sowie
BFH-Urteile vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004,
43, und vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10).
Der Bescheid vom 6. Juni 2005 wurde nach §
68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des
Revisionsverfahrens. Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte durch die
Bescheidänderung keine Änderungen ergeben und die Kläger auch keinen weiter
gehenden Antrag gestellt haben, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache
gemäß § 127 FGO. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem
Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen
Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie
bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats
(Senatsurteil in BFHE 174, 328, BStBl II 1994, 734, sowie BFH-Urteile in
BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43, und in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10).
III.
Der Senat entscheidet aufgrund seiner
Befugnis nach §§ 121, 100 FGO in der Sache selbst.
Die Klage ist unbegründet.
Hinsichtlich des gemäß § 7 Satz 2 GewStG in
der im Streitjahr geltenden Fassung als Gewerbeertrag fingierten
Tonnage-Gewinns i.S. von § 5a EStG sind Hinzurechnungen und Kürzungen -
insbesondere nach § 9 Nr. 3 GewStG - ausgeschlossen (vgl. auch Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 12. Juni 2002, BStBl I 2002,
614, Tz. 37; Blümich/von Twickel, Einkommensteuergesetz,
Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 7 GewStG Rz. 123; Schultze,
Finanz-Rundschau - FR - 1999, 977, 987; Lenski/Steinberg,
Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 3 Anm. 21).
a) Dies ergibt sich aus Wortlaut und
systematischer Stellung von § 7 Satz 2 GewStG. Nach § 7 Satz 2 GewStG gilt
der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn als Gewerbeertrag i.S. von § 7 Satz 1
GewStG. Daraus folgt, dass der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn als
Gewerbeertrag i.S. von § 7 Satz 1 EStG fingiert wird. Damit bedarf es -
anders als bei der unmittelbaren Anwendung von § 7 Satz 1 GewStG - nicht
einer Ermittlung des Gewerbeertrages nach den Vorschriften des EStG,
vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten
Beträge.
b) Der Ausschluss von Kürzungen gemäß § 7
Satz 2 GewStG gilt auch für § 9 Nr. 3 Satz 2 bis 4 GewStG. Geht man davon
aus, dass § 9 Nr. 3 GewStG insoweit deklaratorische Bedeutung hat, als
Gewerbeerträge, die auf eine ausländische Betriebsstätte entfallen, bereits
nach § 2 Abs. 1 GewStG aus dem Gewerbeertrag auszuscheiden sind, und dass
dies auch für den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr
gilt, so ergibt sich daraus noch nicht, dass auch im Fall der
Gewinnermittlung nach § 5a EStG eine Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 2 ff.
GewStG vorzunehmen wäre. Vielmehr schließt § 7 Satz 2 GewStG in den Fällen
des § 5a EStG Kürzungen nach § 9 GewStG aus. § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG steht
in systematischem Zusammenhang mit § 7 Satz 1 GewStG: Gegenstand der Kürzung
nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG ist der Gewerbeertrag i.S. des § 7 Satz 1
GewStG, also der nach den Vorschriften des EStG ermittelte Gewinn (ggf.
erhöht um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG). Auch die nachfolgenden
Regelungen in § 9 Nr. 3 Sätze 2 ff. GewStG knüpfen an den Gewerbeertrag i.S.
des § 7 Satz 1 EStG an, wenn dort für die Fälle des Betriebs von
Handelsschiffen im internationalen Verkehr ein bestimmter Vomhundertsatz des
Gewerbeertrags als auf eine ausländische Betriebsstätte entfallend
festgelegt wird. Diese Pauschalierung ist mit der pauschalen
Gewinnermittlung gemäß § 5a EStG abzustimmen. Diese Abstimmung gewährleistet
§ 7 Satz 2 GewStG. Insoweit umfasst die Fiktion des § 7 Satz 2 GewStG auch
das Merkmal des inländischen Gewerbeertrags.
c) Die Kürzung des § 9 Nr. 3 GewStG gilt auch nicht für die nach § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG hinzuzurechnenden Vergütungen (vgl. dazu im
Einzelnen das Urteil des Senats vom heutigen Tag VIII R 74/02, BFHE 210,
323, BStBl II 2008, 180). § 7 Satz 2 GewStG enthält keine Beschränkung auf
den auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zuzurechnenden Gewinn i.S. von
§ 5a Abs. 4a Satz 1 und 2 GewStG. Das ergibt sich unmittelbar aus § 5a Abs.
4a Satz 3 EStG.
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