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BFH-Urteil vom 23.7.2009 (V R 27/07) BStBl. 2010 II S. 859
1.
Der Sicherungsgeber führt mit der Übereignung beweglicher Gegenstände zu
Sicherungszwecken unter Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930
BGB) noch keine Lieferung an den Sicherungsnehmer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG, § 3 Abs. 1 UStG aus. Zur Lieferung wird der Übereignungsvorgang erst
mit der Verwertung des Sicherungsguts, gleichgültig, ob der Sicherungsnehmer
das Sicherungsgut dadurch verwertet, dass er es selbst veräußert, oder
dadurch, dass der Sicherungsgeber es im Auftrag und für Rechnung des
Sicherungsnehmers veräußert.
2.
Veräußert der Sicherungsgeber das Sicherungsgut an einen Dritten, liegt ein
Dreifachumsatz (Veräußerung für Rechnung des Sicherungsnehmers) erst vor,
wenn aufgrund der konkreten Sicherungsabrede oder aufgrund einer hiervon
abweichenden Vereinbarung die Verwertungsreife eingetreten ist (Änderung der
Rechtsprechung).
UStG 1999 § 3 Abs. 1 und Abs. 3.
Vorinstanz: FG des Saarlandes vom 14.
Februar 2007 1 K 1276/03 (EFG 2007, 795)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine Bank (im Folgenden S-Bank), vereinbarte
mit der D-GmbH, die als Teppichhändlerin tätig war, am 13. August 1997 die
Gewährung eines "Allzweck-Darlehens" in Höhe von 1,1 Mio. DM und eines
Kontokorrentkredits über einen Höchstbetrag von zunächst 300.000 DM, der ab
15. November 1997 auf 150.000 DM beschränkt werden sollte. Als Sicherheit
für beide Kredite diente u.a. die Übereignung des Warenlagers der D-GmbH in
B. Die Klägerin und die D-GmbH vereinbarten eine "Raumsicherungsübertragung
Waren mit Abtretung der Verkaufsforderungen". Nach Tz. 4.2. des Vertrages
vereinbarten die Klägerin und die D-GmbH hinsichtlich des Besitzrechtes und
zum Verkauf der Waren Folgendes:
"Die Übergabe der als
Sicherheit dienenden Waren an die S-Bank wird durch folgende Vereinbarungen
ersetzt: Die S-Bank belässt dem Sicherungsgeber, damit er seinen Betrieb im
bisherigen Rahmen ordnungsgemäß weiterführen kann, den unmittelbaren Besitz
der als Sicherheit dienenden Waren und gestattet ihm, die in ihrem Eigentum
stehenden Waren im eigenen Namen, jedoch im Interesse der S-Bank zu
verkaufen; dies gilt - unbeschadet der Rechte der Lieferanten - entsprechend
für die unter Eigentumsvorbehalt stehenden Waren. Der Sicherungsgeber
verpflichtet sich zur sorgfältigen, sachgemäßen Verwahrung und
Instandsetzung der Waren.
Außerdem verpflichtet sich
der Sicherungsgeber, den beim Verkauf erzielten Erlös, soweit er dem bei der
Übertragung zugrunde gelegten Sicherungswert der entnommenen Waren
entspricht, an die S-Bank abzuführen.
Der Sicherungsgeber kann
statt der Abführung des Verkaufserlöses andere Waren, die dem bei der
Übertragung zugrunde gelegten Sicherungswert der entnommenen Waren
entsprechen, in den Sicherungsraum einbringen. Soweit an den verkauften
Waren durch diesen Vertrag nicht nur das Anwartschaftsrecht übertragen war,
müssen auch die an ihrer Stelle in den Sicherungsraum eingebrachten Waren
frei von Eigentumsvorbehalt sein.
Der Sicherungsgeber hat der
S-Bank den Ankauf jeweils anzuzeigen. Im übrigen findet Nr. 1.4 Abs. 2
Anwendung."
Hinsichtlich des
Verwertungsrechts der Klägerin galt weiter Folgendes:
"9.1. Die S-Bank ist
berechtigt, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, insbesondere wenn der
Kreditnehmer seinen Verpflichtungen gegenüber der S-Bank in von ihm zu
vertretender Weise nicht nachkommt, ihre Rechte geltend zu machen. Das
gleiche gilt, wenn der Sicherungsgeber seinen Verpflichtungen aus diesem
Vertrag nicht nachkommt.
Mit dem Eintritt der
Berechtigung erlischt zugleich die Berechtigung des Sicherungsgebers
gegenüber der S-Bank, die Waren länger zu besitzen. Der Sicherungsgeber
bleibt jedoch zur Verwahrung solange verpflichtet, bis die S-Bank die Waren
in ihren unmittelbaren Besitz genommen hat. In diesem Fall hat der
Sicherungsgeber alle Maßnahmen zu treffen, die die S-Bank zur Durchsetzung
ihrer Rechte für erforderlich hält.
9.2. Zur Verwertung ist die
S-Bank erst nach vorheriger Androhung mit angemessener Nachfrist, soweit
dies nicht untunlich ist, berechtigt. Diese Frist wird so bemessen sein,
dass sie dem Sicherungsgeber sowohl das Vorbringen von Einwendungen als auch
das Bemühen um Zahlung der geschuldeten Beträge zur Abwendung der Verwertung
ermöglicht. Sie wird in der Regel vier Wochen betragen. Eine Fristsetzung
ist nicht erforderlich, wenn der Sicherungsgeber seine Zahlungen eingestellt
hat oder die Eröffnung eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens über sein
Vermögen beantragt worden ist.
9.3. Unter mehreren
Sicherheiten hat die S-Bank das Wahlrecht. ... Die S-Bank kann ferner vom
Sicherungsgeber verlangen, dass dieser das Sicherungsgut verwertet oder bei
der Verwertung mitwirkt. Der Sicherungsgeber hat alles, was er bei der
Verwertung des Sicherungsgutes erlangt, unverzüglich an die S-Bank
herauszugeben. ... Für den Fall der Verwertung erklärt sich der
Sicherungsgeber damit einverstanden, dass über die in der Verwertung
liegende Lieferung durch Gutschrift des Erstehers abgerechnet wird (§ 14
Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 UStG)."
Im Streitjahr 1999, am 6.
Juli 1999, teilte die D-GmbH der Klägerin mit, dass ihre wirtschaftliche
Situation "völlig unzureichend" sei und schlug eine "Reduzierung" des
Warenbestandes vor, die nicht sukzessive, sondern durch einen Ausverkauf im
November unter Zuhilfenahme des "Besten der Auflösungsbranche" durchgeführt
werden sollte, um eine Umstrukturierung durchzuführen. Der Teppichhandel
sollte nach dem Ausverkauf über die Firma B und danach über die Firma C
weiter geführt werden. Mit Schreiben vom 22. Oktober 1999 stimmte die
Klägerin dem Ausverkauf der ihr zur Sicherheit übereigneten Waren wie folgt
zu:
"Wir - als Eigentümer -
stimmen dem Ausverkauf der übereigneten Waren zu. Die Gelder aus dem
Verkaufserlös der Waren sollen zur Rückführung der in unserem Hause
bestehenden Verbindlichkeiten der D-GmbH verwandt werden. Wir bitten Sie,
die Verkaufserlöse auf das Geschäftskonto ... bei ... [uns] einzuzahlen."
Die Verkaufserlöse sollten
bei der Klägerin "zur Rückführung der ... bestehenden Verbindlichkeiten"
einbezahlt werden. Daraufhin führte die D-GmbH wie gegenüber der Klägerin
angekündigt den Ausverkauf im Zeitraum vom 30. Oktober 1999 bis 29. November
1999 durch. Hierbei wurde auch Kommissionsware anderer Unternehmen
veräußert. Der Veräußerungserlös wurde "an die Klägerin" überwiesen.
Nach einem Aktenvermerk der
Klägerin vom 26. November 1999 befand sich die D-GmbH "in Liquidation". In
einem weiteren Vermerk vom 6. Januar 2000 ging die Klägerin davon aus, dass
nach dem "Ausverkauf des Unternehmens" noch ein sicherungsübereigneter
Warenbestand von 474.000 DM bestehe, der jedoch offenkundig nicht mehr
veräußert werden könne und dass eine weitere Einzelwertberichtigung des
Darlehens vorzunehmen sei.
Die D-GmbH erklärte mit
Schreiben vom 13. Januar 2000, dass sie aufgrund einer Pfändungs- und
Einziehungsverfügung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -)
vom 7. Januar 2000 nicht mehr in der Lage sei, ihren Kredit- und
Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin nachzukommen. Am 13. Januar
2000 drohte die Klägerin der D-GmbH die Kündigung des Kontokorrent-Darlehens
mit einem Schuldenstand von ca. 72.000 DM an. In einem weiteren Schreiben
vom 27. Januar 2000 an die D-GmbH ging die Klägerin von einer wesentlichen
Verschlechterung der Vermögenslage aus und kündigte die beiden Darlehen, die
zu diesem Zeitpunkt einen Schuldenstand von insgesamt 471.566 DM aufwiesen.
Am 3. Februar 2000
beantragte der Geschäftsführer der D-GmbH beim Amtsgericht die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens. Nach einem Bericht des vorläufigen Insolvenzverwalters
vom 15. Februar 2000 war "nach der Schilderung des Geschäftsführers der
Geschäftsbetrieb der Schuldnerin bereits im vergangenen Jahr im wesentlichen
eingestellt" worden. Im November 1999 habe "ein Totalausverkauf der
vorhandenen Ware stattgefunden, deren Erlöse der S-Bank zur Rückführung der
gewährten Kredite zugeflossen seien". Das Warenlager "sei bis auf geringe
Restbestände bereits im vergangenen Jahr durch einen Räumungsverkauf
verwertet worden". Es seien "lediglich einige Restbestände geblieben, die
keinen Kaufliebhaber gefunden" hätten. Es existiere nichts mehr, was auch
nur entfernt einem Betrieb ähnele, über dessen Fortführung gesprochen werden
könne.
Am 29. Februar 2000 wies das
Amtsgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen der D-GmbH mangels Masse ab.
Im Rahmen einer bei der
Klägerin durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung war der Prüfer der
Auffassung, dass der mit Zustimmung der Klägerin erfolgte Ausverkauf
aufgrund einer zu diesem Zeitpunkt bereits eingetretenen "Verwertungsreife"
zu Doppelumsätzen (Lieferungen der D-GmbH an Klägerin, Lieferungen der
Klägerin an Kunden) geführt habe (Prüfungsbericht vom 7. Januar 2002). Das
FA folgte dem und erließ am 30. Januar 2002 einen
Umsatzsteueränderungsbescheid für das Streitjahr 1999, durch den die
steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin entsprechend diesen Feststellungen
des Prüfers erhöht wurden.
Einspruch und Klage hatten
keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf,
dass im Streitfall aufgrund des Räumungsverkaufs durch die D-GmbH "Doppel-
bzw. Dreifachumsätze" vorlägen. Die D-GmbH habe im Einvernehmen mit der
Klägerin einen Räumungsverkauf durchgeführt, als sie sich bereits in
Liquidation befand und Verwertungsreife eingetreten war. Bei dem
Räumungsverkauf habe es sich nicht nur um eine Summe üblicher Verkäufe
entsprechend der Regelung in Tz. 4.2. der "Raumsicherungsübertragung Waren
mit Abtretung der Verkaufsforderungen", sondern um eine "konzertierte
Aktion" gehandelt, um die Tätigkeit der D-GmbH zu beenden. Dies zeige
bereits die Einschaltung eines Auktionators. Dessen Einschaltung habe die
D-GmbH der Klägerin am 6. Juli 1999 angezeigt, da der "Ausverkauf" unter
Zuhilfenahme des "Besten der Auflösungsbranche" durchgeführt werden sollte,
um so eine notwendig gewordene Umstrukturierung durchzuführen und auch die
Kredite komplett zurückzuführen.
Anders als bei einem
üblichen Verkauf (entsprechend Tz. 4.2. Abs. 3 der Sicherungsabrede) sei
keine Reinvestition in neue Ware erfolgt; der gesamte Veräußerungserlös sei
vielmehr an die Klägerin überwiesen worden, wie es die Klägerin in ihrem
Schreiben vom 22. Oktober 1999, mit dem sie ihre Zustimmung zum Ausverkauf
erteilt habe, verlangt habe.
Mithin sei die Klägerin
berechtigt gewesen, entsprechend Tz. 9.1. der Sicherungsabrede "ihre Rechte
geltend zu machen". Zwar läge zivilrechtlich der Sicherungsfall analog zu §
1228 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erst im Zeitpunkt der
Fälligkeit der gesicherten Forderung vor. Die Vorschrift sei aber
dispositiv, so dass abweichende Parteivereinbarungen zu berücksichtigen
seien. Danach sei im Streitfall die Kündigung des Darlehens nicht
unabdingbare Voraussetzung für die Annahme des Sicherungsfalles gewesen.
Hierauf ziele offenkundig die Sicherungsabrede ab, nach der das "Vorliegen
eines wichtigen Grundes", insbesondere der Fall, dass "der Kreditnehmer
seinen Verpflichtungen gegenüber der S-Bank in von ihm zu vertretender Weise
nicht nachkommt", die Klägerin dazu berechtige, "ihre Rechte geltend zu
machen". Die Geltendmachung dieser Rechte, wie etwa die Verwertung des
Sicherungsgutes, sei demzufolge nicht zwingend von einer Pflichtverletzung
der D-GmbH und damit nicht einer Kündigung des Kredites abhängig gewesen,
die die Klägerin erst im Januar 2000 ausgesprochen habe. Es genüge das
Vorliegen eines "wichtigen Grundes", der darin zu sehen sei, dass die D-GmbH
ihre Aktivitäten einstellen bzw. auf andere Unternehmen verlagern wollte.
Insoweit seien D-GmbH und Klägerin einvernehmlich davon ausgegangen, dass
der Ausverkauf die Aktivität der D-GmbH beenden und die Kredite der D-GmbH
fast vollständig zurückgeführt werden sollten. Es habe daher der in Tz. 9.2.
der Sicherungsabrede vorgesehenen Androhung der Verwertung nicht bedurft.
Das Urteil des FG ist in
"Entscheidungen der Finanzgerichte" 2007, 795 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Eine Lieferung an den
Sicherungsgeber liege nur vor, wenn die Verwertung von Anlagegütern einzig
und allein der Befriedigung des Gläubigers diene. Demgegenüber habe die
Veräußerung der Waren der Reduzierung des hohen Warenbestandes gedient, um
die D-GmbH als Großhändlerin fortzuführen. Die D-GmbH habe sich nicht in
Liquidation befunden. Auch sie, die Klägerin, sei in ihrem Vermerk vom 6.
Januar 2000 von einer Neuordnung des bestehenden Engagements bei der D-GmbH
ausgegangen. Erst durch die durch das FA veranlasste Kontenpfändung und die
dadurch ausgelösten Kündigungen seien die Forderungen fällig geworden, so
dass Verwertungsreife vorgelegen habe. In der Zustimmung der Klägerin zur
Verwertung vom 22. Oktober 1999 könne keine Verwertung infolge
Verwertungsreife gesehen werden. Die Weiterleitung der Verkaufserlöse an die
Klägerin habe auf dem Sicherungsübereignungsvertrag beruht. Es seien auch
nicht die vollständigen Veräußerungserlöse an die Klägerin herausgegeben
worden. Weiter hätten die Voraussetzungen für eine Verwertung nach Nr. 21
Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen-Pfandrecht (Fälligkeit der
Forderungen als Verwertungsreife, Mahnung, Androhung der Verwertung mit
angemessener Nachfrist) nicht vorgelegen. Der Räumungsverkauf sei ohne
Veranlassung der Klägerin durchgeführt worden. Hätte die Klägerin ein
Verwertungsrecht ausgeübt, wäre der Auktionator verpflichtet worden, die
Erlöse nicht dem Sicherungsgeber zu überlassen, sondern diese sofort bei der
Klägerin einzuzahlen. Es komme für den Doppelumsatz darauf an, dass
Verwertungsreife vorliege. Demgegenüber sei das Engagement beim Ausverkauf
noch ordnungsgemäß bedient worden.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung vom 24. Juli
2003 und den Umsatzsteueränderungsbescheid für 1999 vom 30. Januar 2002
aufzuheben.
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Im November 1999 habe
Verwertungsreife vorgelegen. Die Veräußerung des Warenbestandes habe nicht
im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit stattgefunden. Die Klägerin habe
dem Räumungsverkauf zugestimmt. Dabei sollte der komplette Veräußerungserlös
an die Klägerin überwiesen werden. Verwertungsreife liege auch dann vor,
wenn der Kreditnehmer den ihm eingeräumten Kreditrahmen überzogen habe. Auf
eine Kündigung des Darlehens und die Fälligkeit der Forderung komme es daher
nicht an. Ein wichtiger Grund reiche aus.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und war daher
abzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Aufgrund des
von der D-GmbH vereinbarungsgemäß zur Ablösung der Kreditverbindlichkeiten
gegenüber der Klägerin durchgeführten Ausverkaufes kam es zu sog.
Dreifachumsätzen und damit (auch) zu Lieferungen der Klägerin an die D-GmbH.
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des
Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) unterliegen die Lieferungen, die ein
Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt,
der Umsatzsteuer. Nach § 3 Abs. 1 UStG sind Lieferungen eines Unternehmers
Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer
oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen
Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Nach § 3 Abs. 3
UStG liegt beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) zwischen
dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor; bei der
Verkaufskommission gilt der Kommissionär als Abnehmer.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats
(Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Oktober 2005 V R 20/04, BStBl II
2006, 931) führt der Sicherungsgeber mit der Übereignung beweglicher
Gegenstände zu Sicherungszwecken unter Begründung eines
Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 BGB) noch keine Lieferung an den
Sicherungsnehmer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 3 Abs. 1 UStG aus. Zur
Lieferung wird der Übereignungsvorgang erst, wenn der Sicherungsnehmer das
Sicherungsgut mit dem Ziel seiner Befriedigung im eigenen Namen an Dritte
veräußert (sog. Doppelumsatz).
b) Falls der Sicherungsgeber es übernimmt,
das Sicherungsgut im eigenen Namen, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers
zu verkaufen, führt er an den Käufer eine entgeltliche Lieferung i.S. des §
1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus. Zudem greift § 3 Abs. 3 UStG ein; zwischen dem
Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) liegt
eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär)
als Abnehmer gilt. Gleichzeitig erstarkt die Sicherungsübereignung zu einer
Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG des Sicherungsgebers an den
Sicherungsnehmer. Es liegt ein Dreifachumsatz vor (BFH-Urteil in BStBl II
2006, 931; vgl. auch BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 9/03, BFHE 213, 144,
BStBl II 2006, 933).
c) Die Rechtsprechung, wonach dem
Sicherungsnehmer nicht schon durch die Einräumung von Sicherungseigentum
i.S. des § 3 Abs. 1 UStG die Verfügungsmacht verschafft wird, sondern erst
dann, wenn er selbst oder für seine Rechnung der Sicherungsgeber das
Sicherungsgut veräußert, beruht darauf, dass der Sicherungsnehmer nach den
Bestimmungen des Sicherungsvertrags bis zu diesem Zeitpunkt verpflichtet
ist, dem Sicherungsgeber die Auslösung des Sicherungsgutes zu gestatten.
Trotz Eigentumsübertragung besteht zwischen Sicherungsnehmer und
Sicherungsgeber darüber Einigkeit, dass dieser von der dem Eigentum
innewohnenden Verfügungsmacht bis zum Eintritt des Sicherungsfalles keinen
Gebrauch machen dürfe und werde. Bis zu diesem Zeitpunkt ist zugunsten des
Sicherungsnehmers lediglich eine Rechtsstellung begründet, die dem
Regelpfandrecht ähnlicher und damit schwächer ist als die Verfügungsmacht im
umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Denn erst mit dem Zeitpunkt, in dem der
Sicherungsgeber das Sicherungsgut nach dem Sicherungsvertrag nicht mehr
auslösen kann, ist der Sicherungsnehmer wirtschaftlich in der Lage, die dem
übertragenen Eigentum innewohnende Verfügungsmacht in auch
umsatzsteuerrechtlich relevanter Weise auszuüben (bereits BFH-Urteil vom 20.
Juli 1978 V R 2/75, BFHE 126, 84, BStBl II 1978, 684).
Inhalt der Verwertungsbefugnis bei
Verwertungsreife ist, falls nicht zusätzliche Abreden über eine
Nutzungsbefugnis getroffen worden sind, allein das Veräußerungsrecht. Es
entsteht mit dem Eintritt der Verwertungsreife (vgl. Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 1979 VIII ZR 298/78,
Wertpapier-Mitteilungen 1979, 1326). Verwertet der Sicherungsnehmer - oder
für dessen Rechnung der Sicherungsgeber - schließlich in Ausübung seines
Veräußerungsrechts das Sicherungsgut, vollendet sich der mit der
Sicherungsübereignung eingeleitete Liefervorgang (Senatsurteil vom 17. Juli
1980 V R 124/75, BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673). Nach ständiger
Rechtsprechung des BFH liefert der Sicherungsgeber das Sicherungsgut dem
Sicherungsnehmer deshalb regelmäßig erst zu dem Zeitpunkt, in dem der
Sicherungsnehmer von seinem Verwertungsrecht Gebrauch macht. Dies führt bei
Lieferung des Sicherungsgutes an einen Dritten durch den Sicherungsnehmer zu
zwei, bei Lieferung an den Dritten durch den Sicherungsgeber für Rechnung
des Sicherungsnehmers zu drei Umsätzen (vgl. zum Doppelumsatz BFH-Urteile
vom 21. Juli 1994 V R 114/91, BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878, unter
II.1.; vom 9. März 1995 V R 102/89, BFHE 177, 520, BStBl II 1995, 564, unter
II.1.a, und vom 16. April 1997 XI R 87/96, BFHE 182, 444, BStBl II 1997,
585, Leitsatz 3). Aus demselben Grund stellt auch eine Vereinbarung, nach
der der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer das Sicherungsgut zur
Verwertung freigibt und auf sein Auslöserecht verzichtet, noch keine
Lieferung des Sicherungsgutes an den Sicherungsnehmer dar, solange der
Sicherungsnehmer das Sicherungsgut noch nicht für seine Rechnung verwertet
(BFH-Urteil in BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878).
Wird daher das Sicherungsgut vor Eintritt
der Verwertungsreife vom Sicherungsgeber an einen Dritten geliefert, liegt
kein Dreifachumsatz vor. Dies gilt nicht nur für den Fall der Auswechslung
des Sicherungsnehmers unter Fortführung des Sicherungseigentums durch den
Erwerber (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 177, 520, BStBl II 1995, 564,
Leitsatz 1), sondern allgemein für Lieferungen des Sicherungsguts durch den
Sicherungsgeber vor Eintritt der Verwertungsreife. Diese Beurteilung ist
bereits aus Gründen der Rechtssicherheit geboten, da der Sicherungsnehmer in
der Lage sein muss, anhand eindeutiger Kriterien festzustellen, ob er aus
einer Verwertung des Sicherungsguts Umsatzsteuer schuldet.
d) Eine zu einem Dreifachumsatz führende
Lieferung durch den Sicherungsgeber an Dritte aufgrund Verwertungsreife
liegt erst vor, wenn es sich - nach den zwischen Sicherungsgeber und
Sicherungsnehmer bestehenden Vereinbarungen - um ein Verwertungsgeschäft und
damit um eine Lieferung zur Rückführung des vom Sicherungsnehmer an den
Sicherungsgeber gewährten Darlehens handelt. Nicht ausreichend ist eine
Veräußerung, die der Sicherungsgeber im Rahmen seiner ordentlichen
Geschäftstätigkeit vornimmt, bei der der Sicherungsgeber berechtigt ist, den
Verwertungserlös anstelle zur Rückführung des Kredits auch anderweitig z.B.
für den Erwerb neuer Waren zu verwenden (Veräußerung im Rahmen der
ordentlichen Geschäftstätigkeit). Soweit die bisherige Rechtsprechung des
Senats dahingehend zu verstehen sein sollte, dass ein Dreifachumsatz auch
bei einer Veräußerung im Interesse des Sicherungsnehmers vorliegen kann und
es auf den Eintritt der Verwertungsreife nicht ankommt (BFH-Urteil in BStBl
II 2006, 931, und BFH-Beschluss vom 11. August 2006 V B 23/04, BFH/NV 2007,
60), hält der Senat hieran nicht fest (Änderung der Rechtsprechung).
2. Nach diesen Grundsätzen ist das FG zu
Recht von einer Lieferung durch die Klägerin ausgegangen. Die Sache ist
spruchreif.
Zwar lag nach der zwischen der Klägerin und
der D-GmbH zunächst vereinbarten Sicherungsabrede noch keine
Verwertungsreife vor. Denn nach der ausdrücklichen Regelung in Tz. 9.2. der
Sicherungsabrede war die Klägerin erst nach Androhung mit Nachfristsetzung
zur Verwertung befugt. Eine derartige Androhung liegt nach den
Feststellungen des FG nicht vor. Die neben der Androhung erforderliche
Fristsetzung war auch nicht nach Tz. 9.2. Satz 4 der Sicherungsabrede
entbehrlich, da die D-GmbH im Streitjahr weder ihre Zahlungen eingestellt
hatte, wie sich bereits aus der Weiterleitung der im November 1999
vereinnahmten Verkaufserlöse ergibt, noch die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens beantragt worden war.
Nach den Feststellungen des FG war die
D-GmbH aufgrund der ursprünglich vereinbarten Sicherungsabrede jedoch nur zu
Veräußerungen berechtigt, um ihren Betrieb im bisherigen Rahmen
ordnungsgemäß weiterführen zu können. Dementsprechend konnte die D-GmbH nach
Tz. 4.2. der ursprünglichen Sicherungsabrede grundsätzlich frei entscheiden,
ob sie Verkaufserlöse an die Klägerin abführte oder neue Waren erwarb und
diese als Sicherungsgut einbrachte. Dieses Wahlrecht bestand aufgrund der
für den Ausverkauf zwischen der D-GmbH und der Klägerin getroffenen
Vereinbarungen nicht mehr. Denn in ihrem Schreiben vom 22. Oktober 1999
bestand die Klägerin darauf, dass der Verkaufserlös aus dem genehmigten
Sonder-Ausverkauf der Waren zur Rückführung der Verbindlichkeiten bei der
Klägerin einzubezahlen war. Jedenfalls dadurch, dass die D-GmbH auf der
Grundlage dieses Schreibens den Ausverkauf entsprechend den Vorgaben der
Klägerin durchführte, kam es zu einer Änderung der zwischen den Parteien
ursprünglich vereinbarten Sicherungsabrede. Somit lag im Streitfall aufgrund
des mit Zustimmung der Klägerin durchgeführten Ausverkaufes die für die
Annahme eines Dreifachumsatzes erforderliche Verwertungsreife im Zeitpunkt
der Lieferungen durch die D-GmbH an die einzelnen Erwerber vor.
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