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BFH-Urteil vom 18.2.2010 (V R 28/08) BStBl. 2010 II S. 876
Steuerfreie Leistungen eines Orchestermusikers gegenüber seinem Orchester
1.
Ein Orchestermusiker kann als Unternehmer gegenüber dem Orchester, in dem er
tätig ist, nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG
umsatzsteuerfreie kulturelle Leistungen erbringen (Anschluss an EuGH-Urteil
vom 3. April 2003 C-144/00, Hoffmann, Slg. 2003, I-2921, BFH/NV Beilage
2003, 153, Änderung der BFH-Rechtsprechung).
2.
Für die nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG
erforderliche Anerkennung des Unternehmers reicht eine Bescheinigung über
die Erfüllung "gleicher kultureller Aufgaben" i.S. von § 4 Nr. 20 Buchst. a
Satz 2 UStG aus.
UStG 1999 § 4 Nr. 20 Buchst. a; Richtlinie
77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n.
Vorinstanz: FG Köln vom 21. August 2008 7 K
3380/06 (EFG 2008, 1919)
Sachverhalt
I.
1
Der Kläger und
Revisionsbeklagte (Kläger) ist Schlagzeuger sowie alleiniger Inhaber,
Betreiber und Leiter eines Orchesters. Nach einer Bescheinigung der
Bezirksregierung X vom 12. November 1998 erfüllte das Orchester die gleichen
kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a des
Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) genannten staatlichen und kommunalen
Einrichtungen. Der Kläger nahm für die Orchesterleistungen seit 1999 die
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG in Anspruch.
2
Zur Durchführung von
Konzerten, sonstigen Veranstaltungen und Tourneen sowie für die Herstellung
von Tonträgeraufnahmen verpflichtete der Kläger jeweils geeignete Musiker
aus dem In- und Ausland. Der Kläger sah die Musiker als freiberufliche
Mitarbeiter an und erstellte für deren Leistungen Gutschriften. Der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte einen vom Kläger
gestellten Antrag auf verbindliche Auskunft, dass die von den Musikern
erbrachten Leistungen steuerfrei seien, ab. Gleichwohl ging der Kläger
weiter davon aus, dass die von den Musikern an ihn erbrachten Leistungen
steuerfrei seien.
3
Aufgrund einer für die
Streitjahre 2002 und 2003 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung vertrat
das FA die Auffassung, dass der Kläger für die von ausländischen Musikern
bezogenen Leistungen Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG sei, und
änderte dementsprechend die für beide Streitjahre bestehenden
Umsatzsteuerjahresbescheide gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO).
Beide Umsatzsteueränderungsbescheide wurden bestandskräftig. Der Vorbehalt
der Nachprüfung blieb bestehen.
4
Mit Schreiben vom 12.
Oktober 2005 beantragte der Kläger die Änderung der Umsatzsteuerbescheide
für die Streitjahre gemäß § 164 Abs. 2 AO, da für sein Orchester eine
Bescheinigung für die Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 20 Buchst.
a Satz 2 UStG der Bezirksregierung X vorliege und er daher die Leistungen
der ausländischen Musiker zu Unrecht nach § 13b UStG versteuert habe. Das FA
lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 11. November 2005 ab.
5
Am 13. Februar 2006
beantragte der Kläger erneut die Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2002 und
2003 gemäß § 164 Abs. 2 AO. Dabei verwies er auf die Bescheinigung der
Bezirksregierung X vom 23. Januar 2006, in der unter anderem Folgendes
ausgeführt wird:
"Entsprechend ihrem Antrag
hebe ich meine Bescheinigung vom 05.12.2005 rückwirkend zum 05.12.2005 auf.
Es ergeht folgender neuer
Bescheid:
Ihrem Antrag entsprechend
bescheinige ich, dass nachfolgend genannte Künstler (siehe beglaubigte
Kopie) in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des ... Orchesters, die gleichen
kulturellen Aufgaben erfüllen, wie die in § 4 Nr. 20 a des
Umsatzsteuergesetzes genannten staatlichen und kommunalen Einrichtungen."
6
In der Anlage sind die
Mitglieder des Orchesters aufgelistet. Die Liste umfasst insgesamt 105
Namen.
7
Auch diesen Änderungsantrag
lehnte das FA mit Schreiben vom 17. März 2006 ab. Die Steuerbefreiung nach §
4 Nr. 20 Buchst. a UStG könne nur gewährt werden, wenn für jeden Künstler
eine gesonderte Bescheinigung vorliege. Mit dieser Bescheinigung treffe "der
Künstler die Entscheidung, dass alle seine Auftrittsleistungen steuerfrei"
seien. Er habe aber kein Wahlrecht, bestimmte Auftritte als steuerfrei und
andere als steuerpflichtig zu behandeln. Die vorgelegte Bescheinigung
betreffe die Leistungen der Künstler nur insoweit, als diese in ihrer
Eigenschaft als Mitglied des Orchesters des Klägers tätig würden. Sie könne
daher nicht anerkannt werden, da diese der einheitlichen Behandlung
sämtlicher Umsätze der jeweiligen Künstler zuwiderlaufen würde. Der
hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
8
Demgegenüber gab das
Finanzgericht (FG) der Klage statt. Die in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG
erwähnte Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde sei
materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der in der
Vorschrift bezeichneten Umsätze. Die Bescheinigung könne auch rückwirkend
für einen Zeitraum vor ihrer Ausstellung erteilt werden. Maßgeblich sei der
in der Bescheinigung angegebene Zeitraum. Im Streitfall könne sich die
Steuerfreistellung der von den ausländischen Künstlern für das Orchester des
Klägers erbrachten Leistungen allerdings nicht aus der Bescheinigung vom 12.
November 1998 ergeben, weil sie nur für die Leistungen des Orchesters selbst
erteilt worden sei und deshalb keine Aussagekraft für die kulturelle
Bedeutung der musikalischen Einzelleistung des jeweiligen Musikers enthalte.
Anders verhalte es sich jedoch mit der Bescheinigung vom 23. Januar 2006.
Diese enthalte zwar keine Angabe darüber, ab welchem Zeitpunkt sie konkret
Wirkung entfalte. Die zeitliche Geltung ergebe sich jedoch durch den Bezug
auf die Tätigkeit im Orchester des Klägers.
9
Für die Auffassung des FA,
die Bescheinigung sei nur anzuerkennen, wenn sie die gesamte künstlerische
Tätigkeit des betreffenden Musikers und nicht - wie hier - nur die
Mitwirkung im Orchester betreffe, ergebe sich kein Anknüpfungspunkt in § 4
Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG.
10
Das Urteil des FG ist in
"Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2008, 1919 veröffentlicht.
11
Mit seiner Revision rügt das
FA Verletzung materiellen Rechts. Die Bescheinigung der Bezirksregierung X
vom 23. Januar 2006 entspreche nicht den Anforderungen des § 4 Nr. 20
Buchst. a Satz 2 UStG. Denn mit ihr werde die Gleichartigkeit der Leistungen
nur bescheinigt, soweit die dort genannten Künstler in ihrer Eigenschaft als
Mitglieder des Orchesters tätig würden. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 20
Buchst. a UStG berechtige den Unternehmer jedoch nicht zur Wahl, bestimmte
Auftrittsleistungen als steuerfrei, andere hingegen - freiwillig, oder weil
insoweit keine Erfüllung vergleichbarer kultureller Aufgaben stattfinde -
als steuerpflichtig zu behandeln, sondern komme zwingend nur dann zur
Anwendung, wenn der Einzelkünstler mit seiner Gesamttätigkeit die
vergleichbaren kulturellen Aufgaben erfülle. Die Leistungen der in Rede
stehenden Musiker gleichwohl als steuerfrei zu behandeln, widerspräche Zweck
und Anforderungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG, der gleichartige
Einrichtungen nur ganz oder gar nicht von der Umsatzsteuer befreie, wenn
ihnen insgesamt eine den öffentlichen Einrichtungen vergleichbare kulturelle
Stellung zukomme. Dass dies der Fall sei, lasse sich der vorliegenden
Bescheinigung gerade nicht entnehmen.
12
Das FA beantragt, das Urteil
des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
13
Der Kläger beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
14
Der Hinweis des FA, die
betreffende Bescheinigung müsse einen Hinweis auf die Gesamttätigkeit des
Einzelkünstlers beinhalten, sei unzutreffend. Ein Künstler, der im
privatwirtschaftlichen Bereich tätig sei, könne eine Vielzahl von
unterschiedlichen Leistungen erbringen, die jeweils gesondert im Sinne der
Gleichartigkeit zu prüfen seien. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für das Orchester
erbrächten die Künstler als Mitglieder des Orchesters des Klägers die
gleichen Aufgaben wie ein öffentlich-rechtliches Orchester. Die vom Kläger
vorgelegte Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde umfasse daher alle im
Orchester des Klägers mitwirkenden Künstler.
Entscheidungsgründe
II.
15
Die Revision des FA ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
16
Das FG geht im Ergebnis zu Recht davon aus,
dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Klägers nach § 13b UStG
für die ihm gegenüber erbrachten Leistungen der im Ausland ansässigen
Musiker seines Orchesters deswegen nicht vorlagen, weil die Leistungen der
Musiker steuerfrei waren. Die Leistungen der Musiker waren zwar nicht nach §
4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG, jedoch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n
der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG
(Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei.
17
1. Nach § 13b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1
UStG schuldet der Leistungsempfänger die Steuer für Werklieferungen und
sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers, wenn er ein
Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Diese
Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor, weil die vom Kläger bezogenen
Leistungen der im Ausland ansässigen Musiker steuerfrei waren.
18
2. Die Leistungen des Klägers waren nicht
nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG steuerfrei.
19
Nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG sind die
Umsätze u.a. der Chöre, Orchester und Kammermusikensembles und der sonstigen
in dieser Vorschrift genannten Einrichtungen des Bundes, der Länder, der
Gemeinden oder der Gemeindeverbände steuerfrei. Das Gleiche gilt für die
Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige
Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben
erfüllen (§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG).
20
Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 20 Buchst.
a Satz 2 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer eine einem Chor, einem
Orchester oder einem Kammermusikensemble etc. gleichartige Einrichtung
unterhält. Das Mitglied eines Chors, eines Orchesters oder eines
Kammermusikensembles ist aber dem Chor, Orchester oder Kammermusikensemble
in seiner Gesamtheit nicht gleichartig. Denn den Begriffen der Chöre,
Orchester oder Kammermusikensembles ist es wesensimmanent, dass es sich um
Einrichtungen handelt, in denen eine Mehrzahl von Personen tätig ist. Der
eindeutige Wortlaut des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG lässt folglich die
Einbeziehung einzelner Personen nicht zu.
21
3. § 4 Nr. 20 UStG beruht
gemeinschaftsrechtlich auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie
77/388/EWG. Danach befreien die Mitgliedstaaten "bestimmte kulturelle
Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen, die
von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden
Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden", von der Steuer.
22
Der Senat braucht nach den Verhältnissen
des Streitfalls nicht zu entscheiden, ob und inwieweit für die
Mitgliedstaaten ein Ermessen besteht, für "bestimmte kulturelle
Dienstleistungen" eine Steuerfreiheit anzuordnen und andere kulturelle
Dienstleistungen von der Steuerfreiheit auszunehmen. Nach der Rechtsprechung
des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) sind die Mitgliedstaaten
jedenfalls nicht berechtigt, bei der Definition der kulturellen
Dienstleistungen danach zu differenzieren, ob eine kulturelle Leistung im
Bereich der Musik durch einen oder mehrere Musiker erbracht wird. Denn wie
der EuGH mit Urteil vom 3. April 2003 C-144/00, Hoffmann (Slg. 2003, I-2921,
BFH/NV Beilage 2003, 153) entschieden hat, können nach Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG auch Leistungen einzelner Musiker
steuerfrei sein. Nach Rdnr. 27 des Urteils "verbietet es der Grundsatz der
steuerlichen Neutralität, dass Einzelkünstler, sobald der kulturelle
Charakter ihrer Leistungen anerkannt ist, nicht ebenso wie kulturelle
Gruppen als Einrichtungen angesehen werden können, die den Einrichtungen des
öffentlichen Rechts gleichgestellt sind, die bestimmte von Artikel 13 Teil A
Absatz 1 Buchstabe n der Sechsten Richtlinie erfasste kulturelle
Dienstleistungen anbieten". Da eine unterschiedliche umsatzsteuerliche
Behandlung von Gesangssolisten und kulturellen Gruppen durch Auslegung des
Begriffs der "Einrichtung" nach der Rechtsprechung des EuGH nicht zu
rechtfertigen ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Anschluss hieran zu
Recht entschieden, dass "die im Rahmen der Konzertveranstaltungen erbrachten
Leistungen der ausführenden Gesangssolisten gegenüber dem Veranstalter
ebenso steuerfrei [sind] wie die gesamte konzertante Veranstaltung", wenn
die zuständige Kulturbehörde - wie in dem vom BGH entschiedenen Streitfall -
dem Konzertveranstalter eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2
UStG erteilt (BGH-Urteil vom 18. Juni 20035 StR 169/00,
Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2003, 545, unter B.).
23
4. Die durch den Kläger als
Orchesterinhaber von den Mitgliedern seines Orchesters und damit von
selbständigen Unternehmern bezogenen Leistungen sind nach Art. 13 Teil A
Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei.
24
a) Die Orchestermusiker erbrachten
gegenüber dem Orchester des Klägers kulturelle Dienstleistungen im Bereich
der Orchestermusik. Da es sich bei den Leistungen der Orchester nach § 4 Nr.
20 Buchst. a Satz 1 UStG um kulturelle Dienstleistungen handelt und nach der
Rechtsprechung des EuGH eine unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung
von Solisten und kulturellen Gruppen nicht zu rechtfertigen ist, sind auch
die Leistungen einzelner Orchestermusiker gegenüber ihrem Orchester als
kulturelle Dienstleistung anzusehen. Soweit der Senat bisher davon
ausgegangen ist, dass die durch Einzelmusiker erbrachten Leistungen zwingend
steuerpflichtig sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar
2000 V R 23/99, BFHE 191, 88, BStBl II 2000, 302), hält er hieran nicht
fest.
25
b) Die einzelnen Orchestermusiker verfügten
über die nach der Richtlinie erforderliche Anerkennung. Der Senat kann
insoweit offenlassen, ob sich die Anerkennung des kulturellen Charakters der
durch die Orchestermusiker gegenüber dem Orchester erbrachten Leistungen
bereits aus der für das Orchester erteilten Bescheinigung vom 12. November
1998 ergab. Die erforderliche Anerkennung folgt indes, wie das FG zu Recht
entschieden hat, zumindest aus der Bescheinigung vom 23. Januar 2006, in der
die einzelnen Orchestermusiker namentlich aufgeführt wurden und die sich
ausdrücklich auf die einzelnen Orchestermusiker als Mitglieder des
Orchesters bezog. Wie das FG zu Recht entschieden hat, konnte dieser
Bescheinigung auch Rückwirkung auf den Zeitraum vor ihrer Erteilung
zukommen. Hierfür spricht bereits die Bezugnahme auf eine früher erteilte
Bescheinigung, die durch die Bescheinigung vom 23. Januar 2006 ersetzt
wurde.
26
Gegen die vom FG angenommene Rückwirkung
der Bescheinigung bestehen keine Bedenken. Zur Vermeidung von Wiederholungen
verweist der Senat insoweit auf sein zu § 4 Nr. 21 UStG ergangenes Urteil
vom 20. August 2009 V R 25/08 (BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, unter
II.4.).
27
5. Die hiergegen gerichteten Einwendungen
des FA greifen nicht durch.
28
a) Entgegen der Auffassung des FA sind
Leistungen einzelner Musiker auch dann steuerfrei, wenn Bescheinigungen nur
für Teile ihrer Tätigkeit - hier die Mitwirkung im Orchester des Klägers -
vorliegen (vgl. BGH-Urteil in UR 2003, 545). Sie können daher als Teil des
Orchesters, für das die erforderliche Bescheinigung vorliegt, steuerfreie
Leistungen gegenüber dem Orchester erbringen, während ihre Leistungen bei
anderen Auftritten steuerpflichtig sein können. Hierfür spricht weiter, dass
Musiker eine Vielzahl unterschiedlicher kultureller Leistungen erbringen
können.
29
b) Das FA kann sich auch nicht auf die für
die Mitgliedstaaten nach Art. 13 Teil A Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
bestehende Befugnis berufen, die Gewährung der Steuerfreiheit von den dort
genannten Bedingungen abhängig zu machen. Denn derartige Bedingungen lassen
sich § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG nicht entnehmen.
30
c) Das FA beruft sich schließlich zu
Unrecht darauf, dass im Unterschied zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung
des BGH (in UR 2003, 545) zu Grunde lag, im Streitfall keine Bescheinigung
für jede einzelne Konzertveranstaltung vorlag, sondern die Bescheinigung die
Gesamttätigkeit der benannten Musiker, soweit diese im Orchester des Klägers
ausgeübt wurde, umfasste. Die Bescheinigung fasst insoweit nur eine Vielzahl
von Konzerten zusammen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die
in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG erwähnte Bescheinigung nicht auf den
einzelnen Umsatz bezieht, sondern die Vergleichbarkeit der kulturellen
Aufgaben betrifft.
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