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BFH-Urteil vom 15.4.2010 (V R 10/08) BStBl. 2010 II S. 879
Personalgestellung durch Gesellschafter als Teil des Entgelts für die durch
die Gesellschaft erbrachte Leistung
1.
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt für den Leistungsaustausch einen unmittelbaren,
nicht aber einen inneren (synallagmatischen) Zusammenhang zwischen Leistung
und Entgelt voraus. Dies gilt auch für Tausch und tauschähnliche Umsätze (§
3 Abs. 12 UStG).
2.
Ein tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe liegt auch dann vor, wenn
-
eine Gesellschaft auf schuldrechtlicher Grundlage an ihre beiden
Gesellschafter Leistungen gegen Entgelt erbringt und
-
ihr die beiden Gesellschafter in unmittelbarem Zusammenhang hiermit auf
gesellschaftsrechtlicher Grundlage Personal zur Verfügung stellen.
3.
Um eine Beistellung anstelle eines tauschähnlichen Umsatzes handelt es sich
nur, wenn das vom jeweiligen Gesellschafter überlassene Personal
ausschließlich für Zwecke der Leistungserbringung an den jeweiligen
Gesellschafter verwendet wird.
UStG 2005 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 12;
Richtlinie 77/388/EWG Art. 2 und 11.
Vorinstanz: FG Köln vom 30. Januar 2008 7 K
3412/06 (EFG 2008, 732)
Sachverhalt
I.
1
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) wurde mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom
16. Dezember 2004 in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung (GmbH) gegründet. Gesellschafter der Klägerin waren zwei
Kreditinstitute. Unternehmensgegenstand der Klägerin war die Erbringung von
Dienstleistungen im Bereich der Kreditanalyse und der Kreditsachbearbeitung
für Kreditinstitute. Die Übernahme von Kreditrisiken und die Entscheidung
über Kreditbewilligungen gehörten nicht hierzu.
2
Mit notariellem
Gesellschaftsvertrag vom 4. August 2005 beschlossen die Gesellschafter gemäß
§ 190 ff. des Umwandlungsgesetzes, die Klägerin formwechselnd und mit
Rückwirkung zum 1. Januar 2005 in eine GmbH & Co. KG umzuwandeln.
Komplementärin der Klägerin wurde eine weitere GmbH mit einer Kapitaleinlage
von 550 EUR sowie die beiden Kreditinstitute als Kommanditisten mit einer
Kapitaleinlage von 45.000 EUR und 54.450 EUR. Unternehmensgegenstand der
Klägerin war nach § 2 des neu abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages die
Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Kreditanalyse und der
Kreditsachbearbeitung für die Kommanditisten der Klägerin.
3
Nach § 3 Abs. 7 des neuen
Gesellschaftsvertrages hatten die Kommanditisten der Klägerin "ohne
gesondertes Entgelt (unentgeltlich) Personal" zu überlassen. Das
"Wertverhältnis" des unentgeltlich zu überlassenden Personals sollte den
Beteiligungsverhältnissen der Kommanditisten an der Klägerin entsprechen.
Nach § 21 waren die Kommanditisten grundsätzlich zur Abnahme der von der
Klägerin zu erbringenden Leistungen verpflichtet.
4
Die Kommanditisten schlossen
mit der Klägerin am 13. Dezember 2005 jeweils Dienstleistungsrahmenverträge
mit Wirkung zum 1. Dezember 2005. Die Verträge dienten der Auslagerung von
Marktfolgeaufgaben im Bereich des Kreditgeschäfts durch den jeweiligen
Kommanditisten auf die Klägerin. Nach § 2 der Verträge verpflichtete sich
die Klägerin "für die anfallenden Tätigkeiten ausreichend geschultes und
qualifiziertes Personal" einzusetzen. Nach § 5 der Verträge erbrachte die
Klägerin ihre Leistungen gegenüber den Kommanditisten auf
"Kostendeckungsbasis (genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den
gemeinsamen Kosten)".
5
In ihrer
Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2005 erklärte die Klägerin dem
Regelsteuersatz unterliegende Entgelte aus erbrachten Leistungen in Höhe von
348.086 EUR und Vorsteuerbeträge in Höhe von 483.120,65 EUR.
6
Im Anschluss an eine
Umsatzsteuer-Sonderprüfung gingen der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA -) und die Klägerin übereinstimmend davon aus, dass die dem
Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze um 152.414 EUR zu erhöhen seien.
Darüber hinaus erhöhte das FA die steuerpflichtigen Umsätze um 1.484.244
EUR, da der Wert der Personalgestellung durch die Kommanditisten an die
Klägerin zum Entgelt gehöre.
7
Die Umwandlung der Klägerin
in eine GmbH & Co. KG wurde am 7. Februar 2006 in das Handelsregister
eingetragen.
8
Nachdem das FA Kenntnis von
der Umwandlung der Klägerin und von der Eintragung in das Handelsregister
erlangt hatte, hob das FA einen zuvor gegenüber der GmbH ergangenen
Umsatzsteuerbescheid auf und erließ am 17. Juli 2006 einen nun an die
Klägerin bekannt gegebenen Umsatzsteuerbescheid 2005. Danach hatte die
Klägerin Umsätze in Höhe von 1.984.744 EUR ausgeführt, so dass sich die
hierfür entstehende Umsatzsteuer auf 317.559,04 EUR belief. Unter
Berücksichtigung der unstrittigen Vorsteuerbeträge ergab sich eine
Steuervergütung von 165.561,61 EUR.
9
Die mit Zustimmung des FA
zum Finanzgericht (FG) gemäß § 45 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhobene
Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das FG stützte die Klageabweisung darauf,
dass auch die Personalgestellung durch die Kommanditisten zum Entgelt für
die von der Klägerin erbrachte Dienstleistung gehöre. Die von der Klägerin
gegenüber den Kommanditisten erbrachten Dienstleistungen ständen sowohl
hinsichtlich der Kostenerstattung als auch hinsichtlich der
Personalgestellung in einem Leistungsaustauschverhältnis. Zu dem von den
Kommanditisten der Klägerin für ihre Dienstleistungen gezahlten Entgelt
gehöre neben der Kostenerstattung auch der Wert der Personalgestellung. Die
Kommanditisten hätten sich nach § 3 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrages vom 4.
August 2005 verpflichtet, der Klägerin ohne besonderes Entgelt und damit
unentgeltlich das für die Erbringung ihrer Dienstleistung erforderliche
Personal zu überlassen. Die Überlassung des Personals an die Klägerin sei
erfolgt, um ihr die Erbringung der geschuldeten Dienstleistung zu
ermöglichen. Hierzu hätten sich die Kommanditisten als ausschließliche und
unmittelbare Nutznießer und Empfänger der Leistung im Rahmen der
Dienstleistungsrahmenverträge zur Erstattung aller bei der Klägerin
entstehenden Kosten verpflichtet, so dass es bei der Bestimmung des Entgelts
keinen Unterschied mache, ob der Klägerin selbst entstehende Personalkosten
von den Gesellschaftern erstattet werden, oder ob die Klägerin insoweit auf
die Anstellung von eigenem Personal verzichte und ihr das zur Erbringung
ihrer Dienstleistungen erforderliche Personal von den Gesellschaftern
überlassen werde.
10
Die Personalüberlassung
durch die Kommanditisten sei auch kein echter, nicht umsatzsteuerbarer
Gesellschafterbeitrag, da die Klägerin lediglich Leistungen gegenüber den
Gesellschaftern erbringen und hierfür nur ihre Kosten ohne Gewinnmarge
erstattet bekommen sollte. Schließlich liege keine nicht umsatzsteuerbare
Personalbeistellung vor, da nicht ersichtlich sei, ob das von dem jeweiligen
Kommanditisten überlassene Personal nur für die Leistungserbringung für den
jeweils beistellenden Kommanditisten eingesetzt wurde.
11
Das Urteil des FG ist in
"Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2008, 732 veröffentlicht.
12
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin Verletzung materiellen und formellen Rechts. Zwar habe sie
gegenüber ihren Kommanditisten entgeltliche Leistungen erbracht, es liege
aber kein tauschähnlicher Umsatz vor, da es sich bei der Personalüberlassung
um einen echten, nicht umsatzsteuerbaren Gesellschafterbeitrag gehandelt
habe, der auf Erreichung des Gesellschaftszwecks und damit auf
Leistungsvereinigung, nicht aber auf Leistungsaustausch gerichtet gewesen
sei. Die Personalüberlassung sei durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlasst gewesen und durch die Beteiligung an Gewinn und Verlust der
Klägerin abgegolten worden. Die Personalüberlassung stehe nicht in einem
synallagmatischen Zusammenhang zu den Leistungen, die die Klägerin jeweils
gegenüber den Kommanditisten erbringe. Das Personal sei nicht deswegen
unentgeltlich überlassen worden, um die von dem das Personal überlassenden
Kreditinstitut an die Klägerin zu leistende Zahlung für die Leistungen der
Klägerin zu reduzieren. Es erfolge keine betragsmäßige Anrechnung der
Personalüberlassung auf die Vergütung für die Leistungen der Klägerin. Es
fehle auch an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und
Gegenwert. Bei Vorliegen eines Gesellschafterbeitrages sei eine verbilligte,
d.h. fremdüblich niedrig entgoltene Leistung der Gesellschaft an ihren
Gesellschafter, der den Gesellschafterbeitrag leistet, nicht als
Gegenleistung der Gesellschaft für den Gesellschafterbeitrag anzusehen. Für
den Entgeltcharakter müsse ein subjektives Äquivalent von Leistung und
Gegenleistung vorliegen. Der Umfang der Personalgestellung habe sich nicht
an der Beteiligungshöhe orientiert, da die Beteiligungsverhältnisse
"Ausfluss von politischen Entscheidungen" seien. Die Personalüberlassung sei
auch nicht für die Leistung durch die Klägerin erforderlich gewesen, da die
Klägerin auch eigenes Personal hätte anstellen können. Da das jeweils
überlassene Personal nicht für die Leistungserbringung gegenüber dem
Überlassenden verwendet wurde, fehle der unmittelbare Zusammenhang. Im
Übrigen müsse die Leistung zweckgerichtet, final und um der Gegenleistung
willen erbracht werden. Auf die steuerrechtlichen Folgen bei einer
unterstellten Anstellung eigenen Personals und einer Weiterbelastung der
Personalkosten komme es nicht an. Darüber hinaus würden die Personalkosten
auch bei einer unentgeltlichen Leistungstätigkeit der Klägerin nicht der
Umsatzsteuer unterliegen, da dann bei der Klägerin keine Ausgaben entstanden
wären. Auch auf die Vereinbarung einer Gewinnmarge komme es nicht an. Für
ihre Auffassung führt sie weiter insbesondere die Grundsätze zum sog.
Spitzenausgleich, Mischentgelten und unentgeltlichen Leistungen an. Dabei
beruft sie sich auch auf die Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates
vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG)
und auf die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaft (seit 1. Dezember 2009: Gerichtshof der
Europäischen Union - EuGH -).
13
Im Übrigen habe das FG gegen
§§ 76, 96 FGO verstoßen, da es nicht Beweis darüber erhoben habe, was der
Wille der Beteiligten bezüglich der Personalüberlassung und ihrer Abgeltung
gewesen sei. Die diesbezügliche Würdigung durch das FG sei völlig
überraschend gewesen. Weiter habe das FG gegen den klaren Inhalt der Akten
verstoßen, da es davon ausgegangen sei, die Klägerin hätte ohne Gewinnmarge
tätig werden sollen. Demgegenüber sei bei der Klägerin - aus den Akten
ersichtlich - ein Jahresfehlbetrag in beträchtlicher Höhe entstanden.
14
Die Klägerin beantragt, das
Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer 2005 auf ./. 403.040,63 EUR
festzusetzen.
15
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
16
Es bestehe ein
synallagmatischer Zusammenhang zwischen der Kreditsachbearbeitung durch die
Klägerin und der Gegenleistung der Gesellschafter. Die Personalgestellung
diene nicht lediglich dem Zweck, die Klägerin in die Lage zu versetzen, die
von ihr zugesagten Leistungen zu erbringen. Es liege keine vom
beabsichtigten eigenen Leistungsbezug abgekoppelte Ausstattung der Klägerin
mit Personal vor. Die Personalgestellung habe von Anfang an den Zweck
verfolgt, verbilligt Dienstleistungen der Klägerin beziehen zu können.
Insbesondere ergebe sich der synallagmatische Zusammenhang daraus, dass die
Klägerin die von ihr zu erbringende Dienstleistung auch nur vor dem
Hintergrund der vereinbarten Leistungs- und Vergütungskonditionen unter der
Bedingung der Personalgestellung zusage, weil anders die beabsichtigte
Kreditbearbeitung nicht zu den vereinbarten Konditionen von der Klägerin
hätte erbracht werden können.
Entscheidungsgründe
II.
17
Die Revision der Klägerin ist unbegründet
und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Wie das FG zutreffend
entschieden hat, liegen entgeltliche Leistungen der Klägerin an ihre
Kommanditisten vor, wobei die Personalgestellung durch die Kommanditisten an
die Klägerin im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes zum Entgelt für die
Leistungen der Klägerin gehört.
18
1. Die Klägerin erbrachte entgeltliche
Leistungen.
19
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, der
sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen hat, erbringt der Unternehmer
(Steuerpflichtige) eine Leistung gegen Entgelt, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1
des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) steuerbar ist und die gemäß Art. 2 Nr.
1 der Richtlinie 77/388/EWG dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt,
wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein
Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen
Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die
Leistung anzusehen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2007 V R 60/05,
BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.1.a, m.w.N. zur Rechtsprechung
von EuGH und BFH).
20
Wie zwischen den Beteiligten unstreitig
ist, erbrachte die Klägerin auf der Grundlage der
Dienstleistungsrahmenverträge Leistungen an beide Kommanditisten gegen
Kostenübernahme und damit gegen Entgelt.
21
2. Im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes
gehörten nicht nur die durch die Kommanditisten erbrachten Zahlungen,
sondern auch die durch beide Kommanditisten erfolgte Gestellung von Personal
zum Entgelt für die Leistungen der Klägerin.
22
a) Nach § 3 Abs. 12 Satz 1 UStG liegt ein
Tausch vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht,
nach Satz 2 dieser Vorschrift handelt es sich um einen tauschähnlichen
Umsatz, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder
sonstigen Leistung besteht.
23
aa) Die Richtlinie 77/388/EWG enthält keine
§ 3 Abs. 12 UStG entsprechende Bestimmung. Gleichwohl besteht kein Verstoß
gegen die Richtlinie, da sich die durch § 3 Abs. 12 UStG angeordneten
Rechtsfolgen aus Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG
ergeben. Danach ist Besteuerungsgrundlage alles, was den Wert der
Gegenleistung bildet, die der Lieferer erhält oder erhalten soll. Nach der
Rechtsprechung des EuGH ist dabei nicht zwischen Gegenleistungen in Form von
Geldzahlungen und in Form von Sachleistungen zu unterscheiden; beide Arten
von Gegenleistungen sind vielmehr gleich zu behandeln, wobei es genügt, dass
die Gegenleistung in Geld ausgedrückt werden kann (EuGH-Urteil vom 3. Juli
1997 C-330/95, Goldsmiths, Slg. 1997, I-3801 Rdnr. 23). Dementsprechend kann
die Gegenleistung für eine Lieferung in einer Dienstleistung bestehen und
Besteuerungsgrundlage der Lieferung sein, wenn ein unmittelbarer
Zusammenhang zwischen der Lieferung und der Dienstleistung besteht und wenn
der Wert der Dienstleistung in Geld ausgedrückt werden kann (EuGH-Urteil vom
3. Juli 2001 C-380/99, Bertelsmann, Slg. 2001, I-5163, BFH/NV Beilage 2001,
192 Rdnr. 17). An den danach für Tausch und tauschähnlichen Umsatz
erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang sind nach der Rechtsprechung des
Senats dieselben Anforderungen zu stellen wie an den die Steuerbarkeit nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG begründenden Zusammenhang (s. oben II.1.). Denn Tausch
und Tauschähnlichkeit sind nur eine besondere Modalität der
Entgeltvereinbarung, die den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung
und Entgelt begründet (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 42/06, BFHE 221,
74, BStBl II 2009, 493, unter II.1.a).
24
Entsprechend den zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
geltenden Grundsätzen kann sich der den Tausch und tauschähnlichem Umsatz
begründende unmittelbare Zusammenhang auch aus gesellschaftsvertraglichen
Regelungen ergeben (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 219, 455, BStBl II 2009,
486, unter II.1.b zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).
25
bb) Der Senat hält an seiner bisherigen
Rechtsprechung zu Tausch und tauschähnlichen Umsätzen auch unter
Berücksichtigung der von Stadie in Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 2009, 745 ff.
geübten Kritik fest. Gegen die Auffassung von Stadie spricht bereits, dass
die EuGH-Rechtsprechung (s. oben aa) eindeutig ist und keinen Raum für
Zweifel hinsichtlich der Steuerbarkeit bei Tauschvorgängen lässt. Weiter
verstößt die Steuerbarkeit von Tauschvorgängen entgegen der Auffassung von
Stadie auch nicht gegen den Neutralitätsgrundsatz. Zwar vereinnahmt der
Unternehmer bei einem bloßen Tausch keinen Geldbetrag, den er für eine
Steuerzahlung verwenden könnte. Dies ist jedoch unbeachtlich, da es Sache
des Unternehmers ist, Umfang und Art der Gegenleistung für seine Leistung
mit dem Leistungsempfänger zu vereinbaren. Dem Unternehmer steht es frei, ob
sich die Gegenleistung bei einem Tauschvorgang auf den Austausch von
Lieferungen oder sonstigen Leistungen beschränkt oder ob er die Erbringung
seiner Leistung von einer zusätzlichen Zahlung eines Geldbetrages z.B. in
Höhe der für seine Leistung entstehenden Umsatzsteuer abhängig macht. Nur
die Gleichbehandlung aller Gegenleistungen - gleichgültig, ob in Geld,
Lieferungen oder sonstigen Leistungen - entspricht dem
Neutralitätsgrundsatz. Schließlich sprechen auch die Folgeprobleme, die sich
aus dieser Auffassung ergeben und die Stadie durch Gesetzesanalogien
vermeiden will, gegen seine Auffassung.
26
b) Die Gestellung des Personals durch die
beiden Kommanditisten gehörte zum Entgelt für die von der Klägerin
erbrachten Leistungen.
27
aa) Der für die Einbeziehung der
Personalgestellung in den Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare
Zusammenhang ergab sich im Streitfall daraus, dass der
Unternehmensgegenstand der Klägerin darin bestand, Dienstleistungen an die
Kommanditisten zu erbringen, sie dabei nach den mit den Kommanditisten
abgeschlossenen Rahmenverträgen gegen Kostenerstattung tätig war, sie weiter
nach den Rahmenverträgen geeignetes Personal einzusetzen hatte, und sich die
Kommanditisten gesellschaftsvertraglich verpflichtet hatten, der Klägerin
dieses Personal zu überlassen. Dies genügt, wie das FG zutreffend
festgestellt hat, um den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zu
begründen. Selbst ohne die gesellschaftsvertragliche Verpflichtung würde es
sich bei der Personalgestellung nur um eine besondere Modalität der von den
Kommanditisten geschuldeten Kostentragung handeln.
28
bb) Wie zwischen den Beteiligten unstreitig
ist, erfüllt die Personalgestellung nicht die Voraussetzungen für eine
nichtsteuerbare Beistellung, die der Empfänger der Leistung dem Leistenden
(Beistellungsempfänger) zum Zweck der Leistungserbringung zur Verfügung
stellt. Eine Beistellung ist nur gegeben, wenn der Empfänger der Leistung
dem Leistenden Sachmittel nur für die Leistungserbringung an ihn zur
Verfügung stellt und eine anderweitige Verwendung ausgeschlossen ist
(BFH-Urteil in BFHE 221, 74, BStBl II 2009, 493, unter II.1.b). Lediglich im
Hinblick auf derartige Verwendungsbeschränkungen ist die Beistellung weder
als Gegenwert für die erbrachte Leistung noch als eigenständige Leistung
anzusehen.
29
Die Beurteilung als nichtsteuerbare
Beistellung scheitert im Streitfall daran, dass die Klägerin über das ihr
von den beiden Kommanditisten gestellte Personal frei verfügen konnte und
insbesondere keine Verpflichtung bestand, das vom jeweiligen Kommanditisten
überlassene Personal nur für Leistungen an diesen Kommanditisten
einzusetzen. Auf die hierfür maßgeblichen Gründe - wie z.B.
betriebswirtschaftliche Überlegungen (Effizienz des Arbeitseinsatzes) -
kommt es nicht an.
30
3. Die hiergegen gerichteten Einwendungen
der Klägerin greifen nicht durch.
31
a) Der für die Einbeziehung der
Personalgestellung maßgebliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung
und Entgelt (s. oben II.2.a aa) erfordert nur einen sich aus einem
Rechtsverhältnis ergebenden Zusammenhang. Für die steuerrechtliche
Beurteilung ist es dabei unerheblich, dass die Leistung der Klägerin auf den
Dienstleistungsrahmenverträgen beruhte, während sich die Kommanditisten
gesellschaftsvertraglich zur Personalgestellung verpflichtet hatten. Denn
der unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt kann sich auch
aus verschiedenen Rechtsverhältnissen ergeben, wenn diese im unmittelbaren
Zusammenhang miteinander stehen; im Streitfall dadurch, dass die Klägerin
nach ihrem gesellschaftsvertraglichen Unternehmensgegenstand Leistungen an
ihre Kommanditisten erbringen soll, sie diese Leistungen auf
schuldvertraglicher Grundlage erbringt und ihr das für diese Leistungen
benötigte Personal durch die Kommanditisten auf gesellschaftsvertraglicher
Grundlage zur Verfügung gestellt wird. Ob diese Gestaltung
rechtsmissbräuchlich (§ 42 der Abgabenordnung) sein könnte, ist daher
unerheblich.
32
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf
das EuGH-Urteil vom 27. April 1999 C-48/97, Kuwait Petroleum (Slg. 1999,
I-2323). Dass dort bei einer im Anschluss an Kraftstofflieferungen
erfolgende Gewährung von Geschenken im Rahmen eines Bonussystems der
unmittelbare Zusammenhang zwischen dem "Geschenk" und den Zahlungen für den
Kraftstoff fehlte, beruhte darauf, dass die Abnehmer für den Kraftstoff
einen feststehenden Preis zu entrichten hatten, der unabhängig von der
Inanspruchnahme des Geschenks war (EuGH-Urteil Kuwait Petroleum in Slg.
1999, I-2323 Rdnr. 31). Demgegenüber stellt sich die Personalgestellung im
Streitfall als Modifikation der von den Kommanditisten übernommenen
Kostentragungspflicht dar. Denn ohne die Personalgestellung wäre bei der
Klägerin ein entsprechend höherer Aufwand für Personal entstanden, den die
Kommanditisten dann im Rahmen ihrer allgemeinen Kostenübernahme durch
Geldzahlung hätten tragen müssen.
33
c) Gegen den Entgeltcharakter der
Personalgestellung sprechen auch nicht die Grundsätze zu
Gesellschafterleistungen bei sog. Arbeitsgemeinschaften (Abschn. 6 Abs. 8
der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 - UStR -) und zum sog. Spitzenausgleich
bei Leistungen zwischen mehreren Gesellschaftern (vgl. z.B. auch EuGH-Urteil
vom 29. April 2004 C-77/01, EDM, Slg. 2004, I-4295 Rdnrn. 87 ff.). Diese
betreffen die Leistungserbringung durch den Gesellschafter, nicht aber den
umgekehrten Fall einer durch die Gesellschaft erbrachten Leistung und die
sich dann - auch im Streitfall - stellende Frage, ob eine Leistung des
Gesellschafters zum Entgelt für die durch die Gesellschaft erbrachte
Leistung gehört. Ob Mehrleistungen eines Kommanditisten z.B. beim
streikbedingten Ausfall des vom anderen Kommanditisten zu stellenden
Personals auch als Entgelt für die durch die Klägerin erbrachte Leistung
anzusehen sind oder ob im Umfang der Mehrleistung ein durch einen
Spitzenausgleich zu vergütender Leistungsaustausch zwischen den
Kommanditisten der Klägerin vorliegt, hat der Senat im Übrigen nach den
Verhältnissen des Streitfalls nicht zu entscheiden.
34
d) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin für
ihre abweichende Auffassung auf das BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 XI R
12/96 (BFHE 182, 395, BStBl II 1997, 374). Soweit der BFH dort davon
ausgegangen ist, dass die Leistung eines Gesellschafters nur dann als
Entgelt für eine Leistung der Gesellschaft anzusehen ist, wenn zwischen den
Leistungen ein "innerer (synallagmatischer) Zusammenhang" besteht, wurde
diese Rechtsauffassung spätestens mit BFH-Urteil in BFHE 219, 455, BStBl II
2009, 486 aufgegeben, in dem der BFH klargestellt hat, dass auch zwischen
Gesellschaft und Gesellschafter ein lediglich unmittelbarer Zusammenhang
ausreicht, damit Leistungen "gegenseitig" ausgetauscht werden (s. oben
II.1.). Ob das BFH-Urteil in BFHE 182, 395, BStBl II 1997, 374 bereits bei
seinem Ergehen der EuGH-Rechtsprechung widersprach, auf die sich die
Beurteilung im BFH-Urteil in BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486 stützt, ist
dabei unerheblich. Da der Senat bei Ergehen seines Urteils in BFHE 219, 455,
BStBl II 2009, 486 nach der Geschäftsverteilung des BFH ausschließlich für
Umsatzsteuer zuständig war, bedurfte es hierfür keiner Zustimmung durch den
XI. Senat, der sich inzwischen im Übrigen dieser Rechtsprechung des
erkennenden Senats angeschlossen hat (vgl. BFH-Urteile vom 16. April 2008 XI
R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909, unter II.1.b; vom 14. Mai 2008
XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912, unter II.1.).
35
e) Nicht entscheidungserheblich ist die
Behandlung von sog. Mischentgelten nach Abschn. 6 Abs. 5 UStR, da
gewinnabhängige Zahlungen nur für Leistungen des Gesellschafters, nicht aber
auch für Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter vorliegen können.
36
f) Schließlich liegen auch die von der
Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehler nicht vor. Ausgehend von der
maßgeblichen Rechtsauffassung des FG kam es auf die von der Klägerin für
erforderlich gehaltene Beweiserhebung über die Vorstellungen der
Vertragsparteien bei Abschluss der mehrfach geänderten Verträge nicht an.
Verpflichtet sich der Gesellschafter alle Kosten der Leistungserbringung zu
tragen, steht der unmittelbare Zusammenhang zwischen dieser Leistung und
einer Personalgestellung durch den Gesellschafter, die den zu zahlenden
Aufwendungsersatz durch den Gesellschafter mindert, fest, ohne dass es für
die Würdigung der getroffenen Vereinbarungen einer weiter gehenden
Beweiserhebung bedurfte. Dass die Vertragsparteien mit den Vereinbarungen
einen umsatzsteuerrechtlich relevanten Zusammenhang zwischen der Leistung
der Klägerin und der Personalgestellung vermeiden wollten, kann dabei
zugunsten der Klägerin unterstellt werden, ist aber als Motivirrtum über die
Rechtsfolgen der tatsächlich getroffenen Vereinbarungen unbeachtlich.
Unerheblich ist darüber hinaus auch, dass bei der Klägerin "Verluste"
entstanden sind; da die Klägerin nur gegenüber ihren Gesellschaftern tätig
wird und diese zum Ersatz der Aufwendungen für die Leistungen der Klägerin
an sie verpflichtet sind, scheidet eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung
am Gewinn oder Verlust mangels anderweitiger Tätigkeit der Klägerin aus.
37
4. Liegt danach ein tauschähnlicher Umsatz
vor, bemisst sich das Entgelt nach den von den Kommanditisten für die
Leistung der Klägerin getätigten Aufwendungen (BFH-Urteil in BFHE 221, 475,
BStBl II 2008, 909, unter II.3.b). Hierzu gehörte neben den Zahlungen der
beiden Kommanditisten auch der bei ihnen angefallene Aufwand für die
Personalgestellung. Einwendungen gegen die vom FG getroffenen Feststellungen
über die Höhe dieses Aufwands hat die Klägerin nicht erhoben.
38
5. Nach den vorstehenden Grundsätzen haben
auch die Kommanditisten mit der jeweiligen Personalgestellung eine
entgeltliche Leistung an die Klägerin erbracht. Ob die Klägerin insoweit zum
Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist im Streitjahr nicht
entscheidungserheblich, da der Klägerin für diese Leistungen keine
Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis vorliegen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
UStG).
39
Weiter braucht der Senat im Hinblick auf
die Bindung an die Klageanträge auch nicht zu entscheiden, ob die Leistungen
der Klägerin im Bereich der Kreditbearbeitung steuerfrei sein könnten (vgl.
zur sog. Kreditfabrik z.B. Philipowski, UR 2009, 469; Wäger, in
Sölch/Ringleb, § 4 Nr. 8 Rz 53). Denn dies hätte nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG
den Verlust des Vorsteuerabzugs zur Folge und würde damit zu einer
unzulässigen Verböserung führen.
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