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BFH-Urteil vom 15.4.2010 (IV R 5/08) BStBl. 2010 II S. 912
Umfang der Feststellungen gemäß § 35 EStG - keine Steuerermäßigung für
Veräußerungs- und Aufgabegewinne nach § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG 2001
1.
Über die Frage, ob Teile des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags von der
Einkommensteuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG 2001 ausgeschlossen sind
(hier: Begünstigungsausschluss gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG 2001), ist im
Feststellungsverfahren nach § 35 Abs. 3 EStG 2001 (heute: § 35 Abs. 2 EStG
2010) zu entscheiden.
2.
Die durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom
20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858) in § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2001
eingefügte Regelung, nach der der auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinnen
i.S. der Sätze 1 und 2 beruhende Teil des Gewerbesteuermessbetrags bei der
Einkommensteuerermäßigung nach § 35 EStG nicht zu berücksichtigen ist, hat
lediglich klarstellende Bedeutung.
AO §§ 179, 180; EStG 2001 § 35; FGO §§ 48,
60; UmwStG 2001 § 18 Abs. 4.
Vorinstanz: Hessisches FG vom 19. Dezember
2007 2 K 1375/05 (EFG 2008, 821)
Sachverhalt
I.
1
1. An der A-KG waren neben
der Komplementärin (C-GmbH) die Kläger und Revisionskläger zu 1. und 2.
(Kläger) als Kommanditisten beteiligt. Die A-KG ist mit Wirkung zum 1.
Januar 2001 durch formwechselnde Umwandlung aus der A-GmbH hervorgegangen.
Mit Vertrag vom 21. Juni 2001 veräußerten die Kläger ihre Kommanditanteile
an die D-GmbH.
2
2. Die A-KG ist mit Wirkung
zum 1. Januar 2002 auf die B-KG verschmolzen worden.
3
3. Mit Bescheid vom 26. Mai
2004 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den
Gewerbesteuermessbetrag für 2001 gegen die B-KG als Rechtsnachfolgerin der
A-KG in Höhe von 253.370 DM fest. In dem nach § 164 der Abgabenordnung (AO)
geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2001 (Streitjahr) für die A-KG vom
14. Oktober 2004 stellte das FA neben den aus den Anteilsverkäufen erzielten
Veräußerungsgewinnen (insgesamt rd. 5,05 Mio DM) den Gewerbesteuermessbetrag
der KG mit 0 DM fest. Der auf die Veräußerungsgewinne entfallende
Gewerbesteuermessbetrag sei gemäß § 18 Abs. 4 Satz 3 des
Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung
des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 - UntStFG - (BGBl I 2001,
3858) bei der Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 des
Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG
2001) nicht zu berücksichtigen. Den hiergegen gerichteten Einspruch der
Kläger wies das FA zurück.
4
4. Im Klageverfahren
beantragten die Kläger, den Bescheid vom 14. Oktober 2004 dahin zu ändern,
dass der Teil des Gewerbesteuermessbetrags, der auf den Veräußerungsgewinnen
der Kläger beruht, bei der Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 EStG zu
berücksichtigen ist. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete das FA, den
Bescheid vom 14. Oktober 2004 i.d.F. der Einspruchsentscheidung dahin zu
ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag der A-KG gesondert und einheitlich
festgestellt wird, soweit er nicht auf den Veräußerungsgewinnen der Kläger
beruht; im Übrigen wies es die Klage ab (vgl. in Entscheidungen der
Finanzgerichte - EFG - 2008, 821).
5
5. Mit der Revision rügen
die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2001
sei nur auf Veräußerungen nach seinem Inkrafttreten am 25. Dezember 2001
(vgl. Art. 12 Abs. 1 UntStFG) anzuwenden. Eine rückwirkende Anwendung dieser
Vorschrift auf die Veräußerungen der Kläger würde zu einer echten und zudem
verfassungswidrigen Rückwirkung führen.
6
Die Kläger beantragen
sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung
aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2001 für die A-KG
vom 14. Oktober
7
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
8
6. Während des
Revisionsverfahrens stellte das FA zunächst mit Bescheid vom 19. März 2008
den Gewerbesteuermessbetrag der A-KG i.S. von § 35 EStG 2001 aufgrund der
Entscheidung des FG in Höhe von 810 DM und den Anteil der Kläger daran
jeweils in Höhe von 405 DM gesondert und einheitlich fest. Mit Bescheid vom
20. März 2008 änderte das FA die Feststellung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AO erneut und berücksichtigte einen Gewerbesteuermessbetrag der A-KG i.S.
von § 35 EStG
Entscheidungsgründe
II.
9
Die Revision ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
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1. Verfahrensfragen
11
a) Das Urteil des FG ist bereits aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.
12
Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits ist
die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags
sowie der auf die Kläger (Mitunternehmer) entfallenden Anteile nach § 35
Abs. 3 EStG 2001 (jetzt: § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG 2010; im Folgenden auch
Feststellungsverfahren nach § 35 EStG). Beide Regelungen sind Gegenstand
eines - gegenüber der Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
AO - eigenständigen Feststellungsverfahrens (§ 179 Abs. 1 AO; arg. § 35 Abs.
3 Satz 1 EStG 2010; früher: § 35 Abs. 4 Satz 2 EStG 2001; vgl. auch BTDrucks
14/2683, S. 116; BTDrucks 14/3366, S. 119). Es bestehen indes keine Bedenken
dagegen, dass - wie vorliegend vom FA praktiziert - die in den beiden
(eigenständigen) Verfahren jeweils zu treffenden Feststellungen äußerlich,
d.h. formularmäßig, miteinander verbunden werden.
13
b) Hiervon ausgehend ist der Tenor des
vorinstanzlichen Urteils dahin auszulegen, dass das FG über den
Feststellungsbescheid gemäß § 35 Abs. 3 EStG 2001 (heute: § 35 Abs. 2 EStG
2010) vom 14. Oktober 2004 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2005
entschieden hat. An die Stelle dieses Bescheids ist aber während des
Revisionsverfahrens der Bescheid vom 19. März 2008 und an dessen Stelle
wiederum der Bescheid vom 20. März 2008 getreten. Damit liegt dem FG-Urteil
ein in seiner Wirkung suspendierter Feststellungsbescheid zugrunde mit der
Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. März 2007 VIII R 64/05, BFHE 217, 497,
BStBl II 2007, 639, unter II. der Gründe, m.w.N.).
14
aa) Die Änderungsbescheide sind nach § 121
Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO nacheinander zum Gegenstand des Verfahrens
geworden, so dass über den zuletzt ergangenen Änderungsbescheid vom 20. März
2008 zu entscheiden ist (so auch Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler -
HHSp -, § 68 FGO Rz 77; Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl.,
§ 68 Rz 81). Zwar ändert jeder weitere Änderungsbescheid nicht mehr den
"angefochtenen" Verwaltungsakt (vgl. § 68 Satz 1 FGO). Der Zweck des § 68
FGO gebietet es jedoch, § 68 Satz 1 FGO auch dann anzuwenden, wenn der
geänderte und zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Verwaltungsakt erneut
geändert wird. § 68 FGO soll dem Kläger nach Möglichkeit ein weiteres
Rechtsbehelfsverfahren ersparen und verhindern, dass das FA den
Steuerpflichtigen gegen seinen Willen aus einem Klageverfahren drängt
(BFH-Urteil vom 24. Mai 1991 III R 105/89, BFHE 165, 345, BStBl II 1992,
15
bb) Der Austausch des Klagegegenstands und
die hierdurch bedingte Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils haben jedoch
nicht zur Folge, dass zugleich die vom FG getroffenen tatsächlichen und
nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen wegfallen; sie bilden
vielmehr die Grundlage für die Entscheidung des Senats (BFH-Urteil vom 20.
November 2003 IV R 31/02, BFHE 204, 166, BStBl II 2006, 7, unter I. der
Gründe, m.w.N.). Da die Feststellungen der Vorinstanz jedoch für eine
abschließende Entscheidung des Senats nicht ausreichen (s. nachfolgend zu
2.), ist die Sache nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das FG
zurückzuverweisen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 127 Rz 2; BFH-Urteil vom 29. März
2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420).
16
c) Das FG hat das FA zu Unrecht
verpflichtet, den Feststellungsbescheid gemäß § 35 Abs. 3 EStG 2001 (heute:
§ 35 Abs. 2 EStG 2010) in dem im Tenor seiner Entscheidung verfügten Umfang
zu ändern. Ein solcher Urteilsausspruch ist nach § 101 Satz 1 FGO nur bei
einer Verpflichtungsklage zulässig. Im Streitfall handelt es sich aber um
eine Anfechtungsklage (vgl. § 40 Abs. 1 und Abs. 2 FGO), da das FA eine
Sachentscheidung getroffen und den Gewerbesteuermessbetrag sowie die auf die
Kläger entfallenden Anteile - wenn auch mit 0 DM - festgestellt hat (vgl.
BFH-Urteile vom 21. März 2002 III R 30/99, BFHE 198, 184, BStBl II 2002,
547, Leitsatz 1; vom 20. Dezember 2000 III R 17/97, BFH/NV 2001, 914,
jeweils zur Investitionszulage; allgemein Gräber/von Groll, a.a.O., § 40 Rz
17
d) Zutreffend hat das FG allerdings von
einer Beiladung der C-GmbH, der D-GmbH sowie der B-KG abgesehen.
18
aa) Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte
beizuladen (notwendige Beiladung), wenn sie an dem streitigen
Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen
gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt jedoch nicht für
Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2
FGO). Auch die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 FGO setzt gemäß §
40 Abs. 2 FGO voraus, dass der Beteiligte in seinen Rechten verletzt sein
kann (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 IV R 3/07, BFHE 226, 62, BStBl II
2010,
19
bb) Im Streitfall können die angefochtenen
Feststellungen die C-GmbH und die D-GmbH unter keinem denkbaren
steuerrechtlichen Gesichtspunkt betreffen. Die Feststellung des
Gewerbesteuermessbetrags hat keine Wirkungen für Folgebescheide gegenüber
der C-GmbH und der D-GmbH. Denn eine Steuerermäßigung nach § 35 EStG (2001)
kommt für die C-GmbH und die D-GmbH nicht in Betracht, da
Kapitalgesellschaften nicht einkommensteuerpflichtig, sondern
körperschaftsteuerpflichtig sind (vgl. § 1 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes - KStG -). § 35 EStG ist auch nicht vom Verweis
des § 8 Abs. 1 KStG auf die Vorschriften des EStG zum Einkommensbegriff und
zur Einkommensermittlung umfasst (vgl. auch BTDrucks 14/2683, S. 97, 116).
20
cc) Nicht zu entscheiden hat der Senat
darüber, ob dann, wenn - wie vorliegend - die Mitunternehmerschaft in der
Rechtsform einer Personengesellschaft geführt wird, auch diese an einem
Streitverfahren betreffend die Feststellungen nach § 35 Abs. 3 EStG 2001
(heute: § 35 Abs. 2 EStG 2010) zu beteiligen ist. Eine Beiladung der A-KG
oder ihrer Rechtsnachfolgerin, der B-KG, nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO i.V.m.
§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO scheidet jedenfalls deshalb aus, weil die A-KG durch
die Verschmelzung auf die B-KG erloschen ist (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 ggf. i.V.m.
§ 36 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes; vgl. BFH-Urteil vom 25. April 2006 VIII
R 52/04, BFHE 214, 40, BStBl II 2006, 847).
21
e) Beizupflichten ist dem FG ferner darin,
dass über die Frage, ob Teile des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags von
der Einkommensteuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG 2001 ausgeschlossen
sind, im Feststellungsverfahren nach § 35 EStG zu entscheiden ist.
22
aa) Nach § 35 Abs. 2 EStG (2010) sind bei
Mitunternehmerschaften der Betrag des Gewerbesteuermessbetrags und die auf
die einzelnen Mitunternehmer entfallenden Anteile gesondert und einheitlich
festzustellen (Satz 1; früher: § 35 Abs. 3 Satz 1 EStG 2001). Der anteilige
Gewerbesteuermessbetrag ist als Prozentsatz (Vomhundertsatz) mit zwei
Nachkommastellen gerundet zu ermitteln (Satz 4; früher: § 35 Abs. 3 Satz 3
EStG 2001). Zuständig für die gesonderte Feststellung nach § 35 Abs. 2 EStG
ist das für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt
(§ 35 Abs. 3 Satz 1 EStG; früher: § 35 Abs. 4 Satz 2 EStG 2001), mithin das
Betriebsfinanzamt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO. Für die Ermittlung der
Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG sind nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG
(früher: § 35 Abs. 4 Satz 3 EStG 2001) die Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags und die Feststellung des Anteils an dem
festzusetzenden Gewerbesteuermessbetrag nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG
Grundlagenbescheide. Für die Ermittlung des anteiligen
Gewerbesteuermessbetrags nach § 35 Abs. 2 EStG ist die Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags Grundlagenbescheid (§ 35 Abs. 3 Satz 3 EStG;
früher: § 35 Abs. 4 Satz 4 EStG 2001).
23
bb) Der Senat neigt dazu, dass auch die
Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags Bindungswirkung für die
Einkommensteuerveranlagung entfaltet (gleicher Ansicht z.B. Schiffers in
Korn, § 35 EStG Rz 94; Ritzer/Stangl, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2002,
1785, 1791) und deshalb mit Rücksicht auf die Höhe des Messbetrags nicht nur
auf dessen Festsetzung zurückzugreifen ist (§ 35 Abs. 4 Satz 3 EStG 2001;
heute: § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG 2010; so aber mutmaßlich Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 15.
Mai
2002 IV A 5 -S 2296a- 16/02, BStBl I 2002, 533, Tz. 32; vom 24. Februar 2009
IV C 6 -S 2296- a/08/10002, BStBl I 2009, 440, Tz. 33).
Hierzu ist im anhängigen Verfahren jedoch
nicht abschließend Stellung zu nehmen, da jedenfalls nicht zweifelhaft sein
kann, dass der Gewerbesteuermessbetrag auch Gegenstand der gesonderten und
einheitlichen Feststellung ist (§ 35 Abs. 2 Satz 1 EStG 2010; früher: § 35
Abs. 3 Satz 1 EStG 2001). Demgemäß ist es - entsprechend dem allgemeinen
Zweck eines (gesonderten und einheitlichen) Feststellungsverfahrens,
streitige Rechtsfragen der sachnäheren Behörde zu übertragen sowie einander
widersprechende Beurteilungen zu vermeiden und die Streitigkeiten zu
konzentrieren (Söhn in HHSp, § 180 AO Rz 151 ff.) - auch geboten, die
Entscheidung über den Begünstigungsausschluss für Veräußerungs- oder
Aufgabegewinne nach § 18 Abs. 4 UmwStG mit bindender Wirkung für die
Veranlagung zur Einkommensteuer dem Feststellungsverfahren nach § 35 EStG
zuzuweisen. Folge hiervon ist des Weiteren, dass jedenfalls dann, wenn - wie
vorliegend - nach Auffassung des FA Teile des Gewerbesteuermessbetrags von
der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG 2001 auszuschließen sind, der auf
den einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil am hiernach verbleibenden
(begünstigten) Messbetrag nicht als Vomhundertsatz (Prozentsatz; vgl. § 35
Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 Satz 3 EStG 2001), sondern - wie vom FA angenommen
und von den Beteiligten nicht in Frage gestellt - gleichfalls als
Nominalbetrag festzustellen ist (vgl. auch § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG 2010).
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cc) Die Ansicht des Senats widerstreitet
nicht § 179 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AO, wonach Besteuerungsgrundlagen
nur gesondert und einheitlich festgestellt werden, wenn dies in den
Steuergesetzen bestimmt ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11.
April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.4.a der
Gründe). Der Gesetzesvorbehalt betrifft lediglich die Frage, ob ein
Feststellungsverfahren durchzuführen ist. Sieht das Gesetz jedoch - wie im
Streitfall aufgrund der Regelung des § 35 Abs. 3 EStG 2001 (heute: § 35 Abs.
2 EStG 2010) - ein solches Verfahren vor, so ist der Feststellungsumfang
durch Auslegung nach Maßgabe des Zwecks des Feststellungsverfahrens zu
ermitteln. Demgemäß hat der BFH § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO i.d.F. vor
Inkrafttreten des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom
21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310), der lediglich die gesonderte und
einheitliche Feststellung von "Einkünften" vorsah, an denen "mehrere
Personen beteiligt sind", in ständiger Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass
nach dieser Vorschrift aus Gründen der Richtigkeit, der Rechtssicherheit und
der Gleichbehandlung auch Feststellungen zu treffen waren, die zwar nur für
einzelne Gesellschafter von Bedeutung waren, aber im Zusammenhang mit der
Beteiligung standen (z.B. BFH-Urteil vom 14. November 1995 VIII R 8/94, BFHE
179, 216, BStBl II 1996, 297; Söhn in HHSp, § 180 AO Rz
25
2. Entscheidung in der Sache
26
Da die Kläger ihre Mitunternehmeranteile
innerhalb von fünf Jahren nach Umwandlung der A-GmbH in die A-KG veräußert
haben, besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen darüber, dass die
hierbei erzielten Gewinne nach § 18 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 UmwStG 2001
der Gewerbesteuer unterliegen. Der Senat teilt im Ergebnis die Ansicht der
Vorinstanz, dass die Veräußerungsgewinne der Kläger nicht zu ihren
Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S. von § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2001 gehören.
Dies ergibt sich allerdings bereits daraus, dass letztere Vorschrift mit
Rücksicht auf die sondergesetzliche Wertung des § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2
UmwStG 2001 einschränkend auszulegen ist und deshalb die Steuerermäßigung
nach § 35 EStG auch ohne die Ergänzung des § 18 Abs. 4 UmwStG 2001 durch das
UntStFG (s. oben zu I.3. und I.5.) um den neuen Satz 3 nicht in Betracht
kommen konnte (gleicher Ansicht Dötsch/Patt/Pung/Jost,
Umwandlungssteuerrecht, 5. Aufl., § 18 UmwStG Rz 78; FG Düsseldorf, Urteil
vom 25. Oktober 20067 K 4565/04 F, EFG 2007, 698; offen BMF-Schreiben in
BStBl I 2002, 533, Tz. 9; anderer Ansicht - z.B. - Füger/Rieger, DStR 2002,
1021, 1024; Wendt in Hermann/Heuer/Raupach - HHR -, Steuerreform I, § 35
EStG Anm. R
27
a) Auszugehen ist hierbei allerdings davon,
dass § 35 EStG 2001 bezweckt, die Unternehmer und Mitunternehmer, die der
Einkommensteuer unterliegen und gewerbesteuerpflichtige Einkünfte erzielen,
zu entlasten (BTDrucks 14/2683, S. 116, 97) und deshalb zu den Einkünften
aus gewerblichen Unternehmen (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2001) sowie aus
Gewerbebetrieb als Mitunternehmer (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2001) auch (dem
Grunde nach) gewerbesteuerbelastete Veräußerungs- oder Aufgabegewinne zu
rechnen sind (Wendt in HHR, a.a.O., § 35 EStG Anm. R 12; Schmidt/Wacker,
a.a.O., § 35 Rz 6; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 35 Rz 11; BMF-Schreiben in
BStBl I 2002, 533, Tz. 10; offen BFH-Urteil vom 27. September 2006 X R
25/04, BFHE 215, 176, BStBl II 2007, 694, zu II.2.). Hierzu gehören
beispielsweise die Veräußerungsgewinne nach § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG 2001
(vgl. dazu BFH-Urteil vom 15. Juni 2004 VIII R 7/01, BFHE 205, 307, BStBl II
2004, 754) oder solche nach § 7 Satz 2 Nrn. 1 und 2 des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.d.F. des UntStFG.
28
b) Der nämliche Gesetzeszweck gebietet es
aber zugleich auch, Veräußerungsgewinne nach § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2
UmwStG 2001 nicht der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG
2001 zu unterstellen.
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aa) Zwar ist der gemäß § 18 Abs. 4 Sätze 1
und 2 UmwStG 2001 gewerbesteuerbare Ertrag nach den von den Unternehmern
oder Mitunternehmern tatsächlich erzielten Gewinnen aus der Veräußerung oder
Aufgabe ihrer Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile zu bestimmen
(vgl. zur Zuordnung der Veräußerungskosten Senatsurteil vom 16. Dezember
2009 IV R 22/08, DStR 2010, 321). Zu berücksichtigen ist insoweit jedoch,
dass die Anordnungen sondergesetzlich die Grundregel des GewStG
durchbrechen, nach der Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben,
Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen nicht steuerbar sind und damit
auch keine Gewerbesteuer auslösen (BFH-Urteil in BFHE 205, 307, BStBl II
2004, 754; zu Ausnahmen s. vorstehend zu II.2.a). Tragend für das auf
typisierende Missbrauchsvermeidung gerichtete Sonderrecht des § 18 Abs. 4
Sätze 1 und 2 UmwStG 1995 ist, dass die Vorschriften an die Umwandlung einer
Kapitalgesellschaft (Körperschaft) anknüpfen und - hierauf aufbauend -
verhindern wollen, dass die Gewerbesteuerpflicht einer Kapitalgesellschaft,
die auch Gewinne aus der Veräußerung oder Liquidation ihres Betriebs
umfasst, nicht dadurch unterlaufen werden soll, dass die Kapitalgesellschaft
ohne Aufdeckung der stillen Reserven sowie ohne gewerbesteuerlichen Ansatz
eines Übernahmegewinns (§ 18 Abs. 2 UmwStG 2001) in eine
Personengesellschaft umgewandelt und der übergegangene Betrieb erst im
Anschluss hieran (d.h. innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung) -
wiederum ohne Anfall von Gewerbesteuer - veräußert oder aufgegeben wird
(vgl. Senatsurteil in DStR 2010, 321).
30
bb) Würden deshalb auch Veräußerungs- oder
Aufgabegewinne nach § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG 2001 als Teil der
Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. von § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2001 zu einer
Ermäßigung der Einkommensteuer führen, so entfiele hiermit auch der tragende
Grund für die - im Kern auf den Erhalt des gewerblichen Substrats der
Kapitalgesellschaft zielende (s. oben) - gewerbesteuerrechtliche
Sonderanweisung des § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG 1995. Der Senat
schränkt deshalb zur Vermeidung eines solchen Normwiderspruchs und damit zum
Erhalt der inneren Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung die Vorschrift des
§ 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG 2001 - im Wege einer teleologischen Reduktion
- dahin ein, dass die im Anschluss an die Umwandlung einer
Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft erzielten und nach § 18
Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG 2001 sondergesetzlich mit Gewerbesteuer
belasteten Veräußerungs- und Aufgabegewinne nicht der Steuerermäßigung des §
35 EStG unterstehen (zur Methodik vgl. z.B. Drüen in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 269, 275,
31
3. Die Sache ist nicht spruchreif.
32
Der Senat kann nicht nachvollziehen, ob der
mit Bescheid vom 12. Dezember 2006 festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag in
Höhe von 196.140 DM ausschließlich auf den von den Klägern erzielten
Veräußerungsgewinnen nach § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG 2001 beruht. Er
vermag somit auch nicht zu beurteilen, ob gegenüber den Klägern mit
Änderungsbescheid vom 20. März 2008 (s. oben zu I.6.) zu Recht Anteile an
dem Gewerbesteuermessbetrag nach § 35 Abs. 3 Satz 1 EStG
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