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BFH-Urteil vom 20.9.2007 (IV R 19/05) BStBl. 2010 II S. 985
Erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG - Behandlung
von Kapitalerträgen aus der Anlage von rückzahlungsbedrohten Mieterträgen -
Grundbesitz i.S. von § 9 Nr. 1 GewStG
1.
Erzielt ein Grundstücksunternehmen Zinseinkünfte aus der Anlage von
Mieterträgen, so handelt es sich um Erträge aus der Nutzung von
Kapitalvermögen, die nicht von der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags
nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst werden. Das gilt auch für Zinsen aus
der Anlage von Mieten, die ein Mieter unter Vorbehalt gezahlt hat und mit
deren Rückzahlung aufgrund eines für die Vergangenheit ergangenen
Zivilgerichtsurteils gerechnet werden muss.
2.
Die von der Herausgabepflicht nach § 818 BGB bedrohten Zinserträge sind
jedoch um Betriebsausgaben in Höhe der wegen der möglichen
Zinszahlungsverpflichtung vorgenommenen Zuführungen zu den Rückstellungen zu
kürzen.
GewStG § 7, § 9 Nr. 1 Satz 2; BGB § 812,
§ 818; HGB § 249 Abs. 1.
Vorinstanz: FG Berlin vom 2. Februar
2005 6 K 6296/01 (EFG 2005, 1954)
Sachverhalt
I.
Gegenstand des Unternehmens
der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist der Erwerb, die Verwaltung
und Vermietung von Grundstücken und Erbbaurechten sowie deren Bebauung. Die
Klägerin ist u.a. Eigentümerin/Erbbauberechtigte eines in einem
Industriepark gelegenen Einkaufsmarktes, den sie an eine andere Firma
vermietet hatte. Ab 1989 zahlte die Mieterin einen Teil des
Nutzungsentgeltes ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Im
Jahr 1992 verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) die Klägerin als
Vermieterin wegen ungerechtfertigter Bereicherung zur Rückzahlung von rund
2 Mio. DM nebst 8 v.H. Zinsen seit Rechtshängigkeit für das Jahr 1989.
Auch für die nachfolgenden
Jahre verklagte die Mieterin die Klägerin auf Rückzahlung der weiteren
Vorbehaltszahlungen jeweils mit einem Zinssatz von mindestens 8 v.H. Deshalb
drohte der Klägerin Ende 1992 neben der Rückzahlung der Vorbehaltszahlungen
in Höhe von ca. 8 Mio. DM die Erstattung von Zinsen hierauf in Höhe von rund
1 Mio. DM. Für 1993 drohten der Klägerin weitere Zinszahlungsverpflichtungen
von mehr als 760.000 DM und für
In den Jahren 1989 bis 1992
hatte die Klägerin keine nennenswerten Zinserträge. In den Jahren 1993 bis
1995 (Streitjahre) legte sie die Vorbehaltszahlungen der Mieterin auf
Festgeldkonten an und erzielte Zinserträge in folgender Höhe:
Im Jahr 1994 hob der
Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung des OLG auf und verwies die Sache
zur erneuten Verhandlung zurück. Mitte 1997 wurde der Rechtsstreit mit der
Mieterin durch einen Vergleich beendet. Danach verblieben der Klägerin die
bisherigen Vorbehaltszahlungen endgültig.
Die von der Klägerin im
Jahre 1997 insgesamt erzielten Kapitalerträge beliefen sich auf ca.
4,6 Mio DM. Davon entfielen ca. 1,3 Mio DM auf die Zeit nach Abschluss des
Vergleichs. Die bis zum Vergleichsabschluss erzielten Kapitalerträge
betrugen mithin ca. 3,3 Mio. DM.
Die Klägerin hat die
Zinserträge in den Jahresabschlüssen gesondert ausgewiesen. In ihren
Gewerbesteuererklärungen beantragte sie die Einbeziehung dieser Zinserträge
bis zum Vergleichsabschluss in die Gewerbesteuerkürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz
2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Der erklärte Gewerbeertrag der
Klägerin belief sich dadurch auf jeweils 0 DM.
Abweichend von den
Erklärungen lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -)
bei Erlass der Gewerbesteuermessbescheide bzw. Gewerbesteuerbescheide die
Einbeziehung der Zinserträge in die Kürzungsbeträge gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG ab. In dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des
vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1997 vom 2. Juli 1999
nahm das FA sämtliche Zinserträge in Höhe von ca. 4,6 Mio. DM von der
Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus.
Zur Begründung ihres
Einspruchs trug die Klägerin vor, es handele sich bei den Zinserträgen nicht
um Erträge aus eigenem frei verfügbarem Kapitalvermögen, sondern vielmehr um
Erträge aus der Anlage der Vorbehaltszahlungen eines Mieters, welche
aufgrund eines anhängigen Gerichtsverfahrens mit einem
Rückforderungsanspruch behaftet gewesen seien. Während der Dauer des
Rechtsstreits habe sie kein eigenes Kapitalvermögen gehabt. Sie habe
vielmehr nur die Fruchtziehung aus eigenem Grundbesitzvermögen betreiben
können.
Einspruch und Klage blieben
ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der
Finanzgerichte (EFG) 2005, 1954 abgedruckt.
Hiergegen richtet sich die
Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils die Bescheide über den
einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 1993 vom
15. Mai 1998, für 1994 vom 29. April 1998 und für 1995 vom 4. Mai 1998
jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2001
dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag, die Gewerbesteuer
und die Zinsen auf jeweils 0 DM festgesetzt werden, den Bescheid vom 15. Mai
1998 für 1993 über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2001 aufzuheben, den
Bescheid vom 2. Juli 1999 über die gesonderte Feststellung des
vortragsfähigen Verlustes auf den 31. Dezember
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat die aus der Anlage der
Vorbehaltszahlungen erzielten Zinsen zwar zutreffend den Einkünften aus der
Nutzung von Kapitalvermögen zugerechnet (nachfolgend unter 1.). Es hat sie
indessen zu Unrecht nicht um Betriebsausgaben in Höhe der wegen der
möglichen Zinszahlungsverpflichtungen nach § 249 Abs. 1 des
Handelsgesetzbuchs (HGB) vorgenommenen Zuführungen zu den Rückstellungen
gekürzt (nachfolgend unter 2.).
1. Die Beteiligten gehen zutreffend davon
aus, dass die streitigen Zinsen bei der Klägerin Betriebseinnahmen
darstellten. Sie waren nicht etwa wegen des Herausgabeanspruchs der Mieterin
nach § 818 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) dieser unmittelbar
zuzurechnen. Soweit das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. April 1991
VIII R 38/87 (BFHE 164, 357, BStBl II 1991, 574) eine solche unmittelbare
Zurechnung beim Bereicherungsanspruchsberechtigten für sachgerecht gehalten
hat, ist zu berücksichtigen, dass es in dieser Entscheidung um die
Zurechnung von Überschusseinkünften i.S. des § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) ging und dass bei Erlass des angefochtenen
Bescheides feststand, dass die Zinsen an den Anspruchsberechtigten
herauszugeben waren. Diese Umstände liegen im Streitfall nicht vor. Auch die
Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass einkommensteuerrechtlich
die Vereinnahmung der streitigen Zinsen seitens der Klägerin durch Bildung
einer Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 HGB) zu
neutralisieren ist. Die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Problematik
beruht vielmehr darauf, dass nach Auffassung der Beteiligten diese
Möglichkeit der Neutralisierung nicht auf die Gewerbesteuer durchschlägt,
weil die Zuführungen zu den Rückstellungen dem Teilgewerbeertrag "Nutzung
des eigenen Grundbesitzes" zuzurechnen sind. Die Klägerin meint daher, die
Zinserträge müssten von der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
erfasst werden. Das ist indessen nicht der Fall.
a) Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG kann nur für den Teil des Gewerbeertrags in Anspruch genommen
werden, der "auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes
entfällt". Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt, weil sich
die Zinsen als Erträge aus der Nutzung von Kapitalvermögen darstellen. Die
Nutzung von Kapitalvermögen ist zwar in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ebenfalls
erwähnt, sie spielt aber nur insoweit eine Rolle, als sie - anders als die
in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht ausdrücklich genannten Einkünfte - der
erweiterten Kürzung um die Erträge aus der Nutzung des Grundbesitzes nicht
entgegensteht.
b) Dass Zinserträge nicht von der
erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst
werden, gilt unabhängig davon, welche objektiven Sachzwänge oder subjektiven
Gründe der Kapitalanlage zugrunde liegen (BFH-Urteil vom 15. März 2000
I R 69/99, BFHE 191, 382, BStBl II 2000, 355). Dementsprechend hat die
Rechtsprechung die Einbeziehung von Zinsen in die erweiterte Kürzung des
Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann abgelehnt, wenn die
Einkünfte aus der Anlage vereinnahmter Mietüberschüsse resultieren und die
Anlage vorgenommen worden ist, um Grundstücksdarlehen tilgen zu können
(BFH-Urteil in BFHE 191, 382, BStBl II 2000, 355), oder wenn die Zinsen aus
einem Guthaben herrühren, das der Bestreitung regelmäßig wiederkehrender
oder einmaliger Aufwendungen für die Erhaltung des Grundbesitzes dient (FG
Berlin, Urteil vom 14. Januar 1998 6 K 6419/95, EFG 1998, 1145, bestätigt
durch BFH-Beschluss gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des
Bundesfinanzhofs - jetzt § 126a FGO - vom 28. März 2000 VIII R 38/98, nicht
veröffentlicht - n.v. -).
c) Die Einbeziehung von Zinsen in die
erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG lässt sich im Streitfall
auch nicht damit rechtfertigen, dass die Zinsen aus der Anlage von
Mietzahlungen herrührten, die die Mieterin unter Vorbehalt geleistet und auf
deren Rückzahlung sie die Klägerin verklagt hatte. Zwar ist es richtig, dass
die Klägerin im Falle des endgültigen Unterliegens den Rückzahlungsbetrag zu
verzinsen hatte (§ 291 BGB). Nachdem sie - nach Ergehen des OLG-Urteils -
mit der verzinslichen Anlage der Vorbehaltszahlungen begonnen hatte,
schuldete sie die Herausgabe der erlangten Zinsen auch nach § 818 Abs. 1 BGB
(Herausgabe der gezogenen Nutzungen). Das ändert jedoch nichts daran, dass
auch die unter Vorbehalt gezahlten Mieten bei ihrem Eingang auf dem
Bankkonto der Klägerin Kapitalvermögen wurden (BFH-Urteil vom 18. November
1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510, unter 2.d der
Gründe). Bei der verzinslichen Anlage der Mieterträge handelt es sich -
unter dem Blickwinkel des Teilgewerbeertrags "Nutzung eigenen Grundbesitzes"
- um Einkommensverwendung (BFH-Urteil in BFHE 191, 382, BStBl II 2000, 355).
d) Nach ständiger Rechtsprechung und
einhelliger Meinung im Schrifttum ist der Begriff "Grundbesitz" in § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG ebenso wie in Satz 1 dieser Bestimmung im (gegenüber dem
Einkommensteuerrecht engeren) bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen (vgl.
BFH-Urteile vom 22. Juni 1977 I R 50/75, BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778,
unter 1. der Gründe; vom 22. August 1990 I R 66/88, BFHE 162, 437, BStBl II
1991, 249, und vom 26. Februar 1992 I R 53/90, BFHE 167, 557, BStBl II 1992,
738, unter II.1.a der Gründe; FG Berlin, Urteil in EFG 1998, 1145, bestätigt
durch BFH-Beschluss vom 28. März 2000 VIII R 38/98, n.v.; Blümich/Gosch, § 9
GewStG Rz 64; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 21;
Stäuber in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz 106). Dass
der Begriff des Grundbesitzes im bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen
ist, ist auf den Zweck des § 9 Nr. 1 GewStG zurückzuführen. § 9 Nr. 1 GewStG
dient der Vermeidung einer Doppelbelastung von Grundbesitz innerhalb der
Realsteuern durch Gewerbesteuer und Grundsteuer. Ein Unterschied zwischen
den Kürzungsbestimmungen des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG einerseits und
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG andererseits besteht nur insoweit, als § 9 Nr. 1
Satz 1 GewStG lediglich zu einer Verminderung der Doppelbelastung von
Grundbesitz mit Grund- und Gewerbesteuer führt, wohingegen § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG die Doppelbelastung in vollem Umfang vermeidet, allerdings nur für
Grundstücksunternehmen und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen
(BFH-Urteile vom 3. August 1972 IV R 235/67, BFHE 106, 331, BStBl II 1972,
799, unter II.3 der Gründe, und in BFHE 167, 557, BStBl II 1992, 738,
letzter Absatz der Gründe; Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 45). Bei Erträgen,
die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im
bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen sind, ist eine Doppelbelastung
durch Grundsteuer und Gewerbesteuer nicht zu befürchten (Senatsurteil in
BFHE 106, 331, BStBl II 1972, 799, unter II.3. der Gründe; Hofbauer,
Deutsches Steuerrecht - DStR - 1972, 715, 717; Voßkuhl/Zuschlag,
Finanz-Rundschau - FR -, 2002, 616, 618, unter 3.b). Der Begriff des
Grundvermögens im bewertungsrechtlichen Sinne ergibt sich aus § 68 des
Bewertungsgesetzes (BewG). Guthaben auf Girokonten und Geldanlagen werden
von dieser Vorschrift - wie die Klägerin einräumt - nicht erfasst.
e) Deckt sich infolge der Maßgeblichkeit
des (engeren) bewertungsrechtlichen Begriffs des Grundvermögens die
Zurechnung von Einnahmen zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten
Teilgewerbeerträgen nicht in jeder Hinsicht mit der Zurechnung zu den
einkommensteuerrechtlichen Einkunftsarten, so lassen sich auch aus dem in
§ 20 Abs. 3 EStG normierten Vorrang der Vermietungseinkünfte vor den
Kapitaleinkünften keine von den vorstehenden Erwägungen abweichenden
Erkenntnisse gewinnen. Aus diesem Grund ist auch die Rechtsprechung,
derzufolge Bausparzinsen einkommensteuerrechtlich Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung darstellen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. November 1982
VIII R 188/79, BFHE 137, 300, BStBl II 1983, 172; ähnlich BFH-Urteil vom
21. Juni 1994 IX R 57/89, BFH/NV 1995, 106) nicht einschlägig. Auch § 20
Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) lässt sich nichts
anderes entnehmen, da dort lediglich hinsichtlich der Zugehörigkeit des
Grundbesitzes zum Betriebsvermögen - und mithin gerade nicht hinsichtlich
der Definition des Grundbesitzes - auf die Vorschriften des
Einkommensteuerrechts verwiesen wird. Schließlich würde die von der Klägerin
vertretene Auffassung dazu führen, dass die Zuordnung der Zinsen zum
Teilgewerbeertrag "Nutzung eigenen Grundbesitzes" enden müsste, sobald
feststeht, dass die Mietzahlungen beim Empfänger verbleiben.
2. Entgegen der in der
Einspruchsentscheidung vertretenen Ansicht des FA (der die Klägerin unter
Zugrundelegung der von ihr vertretenen Zuordnung der Zinseinnahmen zum
Teilgewerbeertrag "Nutzung eigenen Grundbesitzes" zugestimmt hat) sind die
streitigen Zinseinnahmen um Betriebsausgaben in Höhe der wegen der möglichen
Zinszahlungsverpflichtungen vorgenommenen Zuführungen zu den Rückstellungen
(§ 249 Abs. 1 HGB) zu kürzen.
a) Bei dem aus dem Kürzungsbetrag
auszuscheidenden Betrag handelt es sich um einen "Nettobetrag"; denn wenn
nach § 7 GewStG unter "Gewerbeertrag" die Differenz zwischen gewerblichen
Einnahmen und Aufwendungen zu verstehen ist, kann für einen zu ermittelnden
Teilbetrag dieser Ausgangsgröße nichts anderes gelten. Grundsätzlich sind
daher bei dem zu ermittelnden Teilbetrag die nicht auf die Verwaltung und
Nutzung eigenen Grundbesitzes entfallenden Einnahmen um die auf sie
entfallenden Ausgaben zu mindern (FG Berlin, Urteil in EFG 1998, 1145;
Voßkuhl/Zuschlag, FR 2002, 616, 619). Die Zuweisung der Ausgaben zu den
jeweiligen Teilgewerbeerträgen richtet sich in einer Parallelwirkung zu den
einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen nach dem Veranlassungszusammenhang
(BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 I R 37/05, BFH/NV 2006, 810, unter II.2.
der Gründe).
b) Im Streitfall besteht ein solcher
Veranlassungszusammenhang zwischen den Zuführungen zu den Rückstellungen und
den streitigen Zinseinnahmen insofern, als die mögliche Verpflichtung der
Klägerin zur Herausgabe der streitigen Zinserträge auf § 818 Abs. 1 BGB
beruhte. Die Klägerin war vom OLG zur Herausgabe der unter Vorbehalt
gezahlten Mieten nach § 812 BGB verurteilt worden. Wenn sie die unter
Vorbehalt gezahlten Beträge zinsbringend anlegte, war sie demzufolge im
Falle des endgültigen Unterliegens zur Herausgabe des Erlangten
verpflichtet. Der Umstand, dass die Bildung der Rückstellung für die
drohende Zinszahlungsverpflichtung unter dem Gesichtspunkt des § 291 BGB
(Prozesszinsen) auch ohne zinsbringende Anlage der Mietzahlungen geboten
gewesen wäre, ändert hieran nichts. Zwar hat der BFH entschieden, dass
Prozesszinsen keine Werbungskosten oder negativen Einnahmen in Bezug auf
Zinseinnahmen sind, die der Steuerpflichtige durch die Anlage des aufgrund
des Prozesses zurückzuzahlenden Betrages (Hauptschuld) erzielt hat
(BFH-Urteil vom 10. Oktober 1995 VIII R 56/91, BFH/NV 1996, 304, unter III.
der Gründe). Er hat diesen Fall jedoch ausdrücklich von den Fällen
abgegrenzt, in denen der Gläubiger einen Anspruch auf Herausgabe des
Erlangten nach § 818 Abs. 1 BGB hatte (BFH-Urteil in BFHE 164, 357, BStBl II
1991, 574). Stehen Aufwendungen mit mehreren Einkunftsarten in einem
objektiven Zusammenhang, so sind sie bei der Einkunftsart zu
berücksichtigen, zu der sie nach Grund und Wesen die engere Beziehung haben
(BFH-Urteile vom 3. Dezember 1982 VI R 228/80, BFHE 137, 564, BStBl II 1983,
467, unter 5. der Gründe, und vom 17. Juli 1992 VI R 125/88, BFHE 169, 148,
BStBl II 1993, 111). Das gilt jedenfalls dann, wenn - anders als
beispielsweise bei der Nutzung eines Wirtschaftsgutes für zwei Betriebe des
Steuerpflichtigen - eine Aufteilung im Schätzungswege nicht in Betracht
kommt (FG Berlin, Urteil in EFG 1998, 1145). Beruht die Verpflichtung zur
Zahlung von Zinsen darauf, dass sich die Verpflichtung zur Herausgabe
rechtsgrundlos erlangter Mietzahlungen auf die gezogenen Nutzungen erstreckt
(§ 818 Abs. 1 BGB), so besteht eine engere Beziehung zur Erzielung der
Zinserträge als zur Nutzung des Grundbesitzes. Das ergibt sich aus der auch
dem BFH-Urteil in BFHE 164, 357, BStBl II 1991, 574 zugrunde liegenden
Wertung, derzufolge Zinsen, die der ungerechtfertigt Bereicherte nach § 818
Abs. 1 BGB herauszugeben hat, lediglich vom Anspruchsberechtigten zu
versteuern sind (vgl. auch Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 20
Rz 14). Zwar ist dieses Urteil insoweit auf Kritik gestoßen, als es die
Zurechnung der Einnahmen beim Anspruchsberechtigten auf eine "Vereinbarung
nach § 101 BGB" gestützt hat (vgl. z.B. Seibold, DStR 1991, 1273; Heinicke,
Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft Bd. 10, 99,
3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif.
Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe die Klägerin
Rückstellungen wegen drohender Zinszahlungen gebildet hat.
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