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BFH-Urteil vom 14.7.2010 (XI R 9/09) BStBl. 2010 II S. 1086
Vorsteuerberichtigungszeitraum für eine Fütterungsanlage und eine
Lüftungsanlage eines Schweinestalls
Für
Betriebsvorrichtungen, die als wesentliche Bestandteile auf Dauer in ein
Gebäude eingebaut wurden, gilt sowohl nach nationalem Recht wie nach
Unionsrecht grundsätzlich der für Grundstücke geltende
Vorsteuerberichtigungszeitraum von zehn Jahren.
UStG § 4 Nr. 12 Satz 2, § 15a Abs. 1 Satz 2
und Abs. 2 Satz 2, § 24; Richtlinie 77/388/EWG Art. 4 Abs. 3, Art. 13 Teil B
Buchst. b, Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3; BewG § 68 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 93, §
94 Abs. 2, § 95 Abs. 2.
Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 3.
März 2009 16 K 458/07 (EFG 2009, 800)
Sachverhalt
I.
1
Der Kläger und
Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt. Bis einschließlich 1992 unterlag er
mit seinen Umsätzen aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit der
Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Mit
Wirkung vom 1. Januar 1993 verzichtete er auf die Anwendung des § 24 UStG
und wechselte zur Regelbesteuerung (§ 24 Abs. 4 UStG).
2
Der Kläger errichtete einen
Schweinestall, in den er am 1. Oktober 1993 eine Fütterungs- und eine
Lüftungsanlage einbaute. Beide Anlagen wurden fest verschraubt, können aber
technisch unproblematisch und zerstörungsfrei wieder ausgebaut werden.
3
Für die Fütterungs- und die
Lüftungsanlage nahm der Kläger den Vorsteuerabzug in Anspruch.
4
Mit Wirkung vom 1. Januar
1998 widerrief der Kläger seinen Wechsel zur Regelbesteuerung, sodass er ab
1998 wieder der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterlag.
5
Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ging nach einer Außenprüfung davon
aus, dass die Fütterungs- und die Lüftungsanlage wesentliche Bestandteile
des Schweinestalls seien und deshalb gemäß § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG für die
Berichtigung des Vorsteuerabzugs an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren
ein solcher von zehn Jahren trete. Er nahm deshalb in den
Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden für die Jahre 1999 bis 2003 (Streitjahre)
vom 20. Februar 2006 Vorsteuerberichtigungen zu Lasten des Klägers für die
Fütterungs- und die Lüftungsanlage in unstreitiger Höhe vor.
6
Das Finanzgericht (FG) wies
die nach erfolglosem Einspruch gegen diese Änderungsbescheide erhobene Klage
des Klägers als unbegründet ab. Es folgte der Rechtsauffassung des FA und
führte ergänzend aus, dem stehe das Gemeinschaftsrecht nicht entgegen.
7
Das Urteil ist in
Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 800 abgedruckt.
8
Mit der vom FG zugelassenen
Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und wiederholt
seine Auffassung, dass für die Fütterungs- und für die Lüftungsanlage keine
Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG durchzuführen sei, weil der
Berichtigungszeitraum (nur) fünf Jahre betrage und deshalb am 30. September
1998 - vor Beginn der Streitjahre - abgelaufen sei. Er trägt zur Begründung
im Wesentlichen vor, die Fütterungs- und die Lüftungsanlage seien keine
wesentlichen Bestandteile des Gebäudes.
9
Im Übrigen sei fraglich, ob
die Fütterungs- und die Lüftungsanlage auch gemeinschaftsrechtlich zum
"Grundstück" i.S. von Art. 20 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des
Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) gehörten.
Deshalb könne es sinnvoll sein, den Grundstücksbegriff für Zwecke der
Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG durch ein
Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)
klären zu lassen.
10
Der Kläger beantragt, unter
Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 22.
November 2007 die Umsatzsteuer für 1999 bis 2001 jeweils um ... DM, die
Umsatzsteuer für 2002 um ... EUR und die Umsatzsteuer für 2003 um ... EUR
herabzusetzen.
11
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
12
Es tritt dem Vorbringen des
Klägers entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
13
Die Revision ist unbegründet und daher
zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
14
Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die vom Kläger in seinen Schweinestall eingebaute Fütterungs- und die
Lüftungsanlage unterliegen jeweils einem - in den Streitjahren noch nicht
abgelaufenen - zehnjährigen Vorsteuerberichtigungszeitraum. Dies gilt sowohl
nach nationalem Recht wie nach Unionsrecht.
15
1. Eine Änderung der für den ursprünglichen
Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i.S. von § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG
liegt auch dann vor, wenn ein Land- und Forstwirt von der Regelbesteuerung
zur Durchschnittssatzbesteuerung (oder umgekehrt) wechselt (vgl. Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. Dezember 1993 V R 79/91, BFHE 173, 265,
BStBl II 1994, 339; vom 17. Juni 2004 V R 31/02, BFHE 205, 549, BStBl II
2004, 858, unter II.3.; vom 24. November 2005 V R 37/04, BFHE 211, 411,
BStBl II 2006, 466; vom 12. Juni 2008 V R 22/06, BFHE 222, 106, BStBl II
2009, 165).
16
Dies ist zu Recht zwischen den Beteiligten
nicht streitig.
17
2. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG sieht für den
Fall, dass sich bei einem Wirtschaftsgut die für den Vorsteuerabzug
maßgebenden Verhältnisse ändern, einen Berichtigungszeitraum von fünf Jahren
vor. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile tritt
an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein solcher von zehn Jahren (§
15a Abs. 1 Satz 2 UStG).
18
a) Das FG hat zu Recht entschieden, dass
die Fütterungs- und die Lüftungsanlage, die der Kläger in seinen
Schweinestall eingebaut hat, jeweils wesentliche Bestandteile des Gebäudes
und damit wesentliche Bestandteile seines Grundstücks sind.
19
aa) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines
Grundstücks gehören nach § 94 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
insbesondere Gebäude. Nach § 94 Abs. 2 BGB gehören zu den wesentlichen
Bestandteilen eines Gebäudes die zu dessen Herstellung eingefügten Sachen.
20
(1) "Zur Herstellung" sind alle Teile
eingefügt, ohne die das Gebäude nach der Verkehrsanschauung noch nicht
fertig gestellt ist; maßgebend ist insoweit das Fertigsein des Bauwerks.
Gegenstände, die lediglich der Ausstattung oder der Einrichtung des Bauwerks
dienen, sind nur dann "eingefügt", wenn nach der Verkehrsanschauung erst
deren Einbringung dem Gebäude eine besondere Eigenart, ein bestimmtes
Gepräge gibt oder wenn sie dem Baukörper besonders angepasst sind und
deshalb mit ihm eine Einheit bilden. Ob die Verhältnisse so liegen, ist nach
den Anschauungen des Verkehrs über Wesen, Zweck und Beschaffenheit des
Gebäudes zu beurteilen und deshalb im Wesentlichen Tatfrage, die nur nach
Lage des Einzelfalls entschieden werden kann. Es kommt hierbei auf Art,
Zweck und Zuschnitt des jeweiligen Gebäudes an. Eine feste Verbindung setzt
das Einfügen begrifflich nicht voraus; es reicht aus, dass zwischen der
Sache und dem Gebäude ein räumlicher Zusammenhang hergestellt ist (vgl.
Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 1. Februar 1990 IX ZR 110/89, Neue
Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1990, 586,
Betriebs-Berater 1990, 1094, unter 1.a, m.w.N.).
21
(2) Diese Voraussetzungen sind im
Streitfall gegeben.
22
Wie der BGH bereits 1987 entschieden hat,
muss ein für die moderne Mastgeflügelhaltung bestimmtes Stallgebäude mit
einem eingebauten Heizungs- und Belüftungssystem und einer automatischen
Fütterungs- und Tränkanlage versehen sein. Diese Teile gehörten deshalb i.S.
des § 94 Abs. 2 BGB zu den wesentlichen Bestandteilen des Stallgebäudes
(vgl. BGH-Beschluss vom 17. September 1987 III ZR 222/86, BGHR BGB § 94 Abs.
2 Stallgebäude 1).
23
Entsprechendes gilt im Streitfall für die
Fütterungs- und die Lüftungsanlage in dem vom Kläger errichteten
Schweinestall. Sie geben - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - dem
Schweinestall sein charakteristisches Gepräge, weil sie für die Nutzung des
Schweinestalls notwendig sind und üblicherweise in Schweineställen
installiert werden. In dem vom FG in Bezug genommenen, vom Kläger
vorgelegten "Kurzgutachten" heißt es hierzu u.a.: "Sowohl Fütterungsanlage
als auch Lüftungsanlage sind für die Nutzung 'Schweinestall' notwendig ...
Für die Lüftungsanlage ist das Ergebnis ganz eindeutig: ohne diese kann der
Stall überhaupt nicht genehmigt werden. Dagegen wäre die Fütterungsanlage
technisch-theoretisch zwar entbehrlich, aber hier kommt die
Verkehrsanschauung ins Spiel: kein Landwirt baut heutzutage mehr einen
Schweinestall ohne Fütterungsanlage."
24
bb) Die Einwendungen des Klägers gegen die
Annahme von wesentlichen Bestandteilen i.S. von § 94 Abs. 2 BGB greifen
nicht durch.
25
(1) Sein Hinweis, nach § 93 Abs. 1 BGB
seien nur solche Gegenstände (wesentliche) Bestandteile einer Sache, die
voneinander nicht wieder getrennt werden könnten, ohne dass der eine oder
andere zerstört oder in seinem Wesen verändert werde - was bei einem Ausbau
der Fütterungs- und der Lüftungsanlage nicht der Fall sei -, bleibt ohne
Erfolg. Denn auf die Voraussetzungen des § 93 BGB kommt es nicht an, wenn -
wie hier - § 94 Abs. 2 BGB eingreift (vgl. BGH-Beschluss in BGHR BGB § 94
Abs. 2 Stallgebäude 1).
26
(2) Soweit der Kläger ferner ausführt,
vielfach baue erst ein Mieter oder Pächter Fütterungs- und Lüftungsanlagen
in einen Schweinestall ein und auch heute noch gebe es viele Ställe ohne
computergestützte Fütterungsanlagen, in denen die Tiere in traditioneller
Weise gefüttert würden, d.h. das Futter in Trögen erhielten, spricht dies
nicht dagegen, dass ein für die moderne Schweinemasthaltung bestimmtes
Stallgebäude nach heutigen Maßstäben mit einer eingebauten Fütterungs- und
Lüftungsanlage versehen sein muss.
27
Deshalb greift auch der Einwand des Klägers
nicht durch, die Anlagen seien nicht speziell für sein Gebäude angefertigt
worden, es handele sich vielmehr um Standardanlagen.
28
(3) Ferner verweist der Kläger ohne Erfolg
auf das BGH-Urteil vom 28. Januar 2002 II ZR 253/00 (Neue Juristische
Wochenschrift 2002, 1574).
29
Der dort entschiedene Fall betraf
"Schalenfütterungsanlagen" in einer Putenmastanlage, die unter
Eigentumsvorbehalt an den Pächter der Anlage geliefert worden waren. Das
Oberlandesgericht hatte ausgeführt, die Klägerin habe ihr Eigentum an den
Fütterungsanlagen nicht durch Einbau in die Gebäude des Mastbetriebes
verloren, weil sie nicht deren wesentliche Bestandteile nach § 94 Abs. 2 BGB
geworden seien.
30
Der BGH hat seinerzeit diese Wertung der
Vorinstanz - die mit der Revision nicht angegriffen worden war - nicht
beanstandet (unter I. der Gründe). Daraus lässt sich aber nicht herleiten,
dass die vorliegend zu beurteilende Fütterungs- und die Lüftungsanlage
(ebenfalls) nicht als wesentliche Bestandteile des Schweinestalls des
Klägers anzusehen sind.
31
cc) Das FG hat auch zu Recht entschieden,
dass es sich bei der Fütterungs- und der Lüftungsanlage nicht um sog.
Scheinbestandteile i.S. des § 95 Abs. 2 BGB handelt.
32
Nach dieser Vorschrift gehören Sachen, die
nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, nicht zu
den Bestandteilen des Gebäudes. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
33
(1) Eine Einfügung geschieht zu einem
vorübergehenden Zweck i.S. des § 95 Abs. 2 BGB, wenn der Wegfall der
Einfügung von vornherein beabsichtigt oder zu erwarten ist (vgl.
MünchKommBGB/Holch, 5. Aufl., § 95 Rz 3). Es genügt nicht, dass nach den
Vorstellungen der Beteiligten eine Trennung nicht ausgeschlossen ist; es
kommt vielmehr auf den vom Einfügenden erwarteten normalen Lauf der Dinge an
(vgl. Palandt/ Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 95 Rz 2,
m.w.N.).
34
(2) Hier war der Wegfall der Einfügung der
Fütterungs- und der Lüftungsanlage nicht von vornherein beabsichtigt oder zu
erwarten. Vielmehr waren diese Anlagen - wie dargelegt - nach heutigen
Maßstäben für eine zweckentsprechende Bestimmung des Gebäudes als
Schweinestall notwendig.
35
Der Einwand des Klägers, es gebe einen
Markt für gebrauchte Fütterungsanlagen, Fütterungsanlagen würden ausgebaut
und veräußert, z.B. weil sie zu groß oder zu klein für den Tierbestand
geworden seien oder weil der Nutzer modernere Anlagen einbauen wolle oder
andere Fabrikate für geeigneter halte, bleibt ohne Erfolg. Denn aus dem
Umstand, dass Landwirte eine in einen Schweinestall eingebaute
Fütterungsanlage ausbauen und veräußern, ergibt sich nicht, dass ein solcher
Ausbau in der Regel von vornherein beabsichtigt oder zu erwarten ist.
36
b) Da es sich mithin bei der Fütterungs-
und der Lüftungsanlage um wesentliche Bestandteile des Schweinestalls und
damit des Grundstücks des Klägers handelt, greift der verlängerte
Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG ein. Daran ändert der
Umstand nichts, dass die Fütterungs- und die Lüftungsanlage
Betriebsvorrichtungen sind, nämlich Maschinen und sonstige Vorrichtungen
aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 2 des
Bewertungsgesetzes).
37
aa) Betriebsvorrichtungen sind zwar aus
ertragsteuerrechtlicher Sicht selbständige bewegliche Wirtschaftsgüter, auch
wenn sie mit dem Grund und Boden fest verbunden und damit Teil des
Grundstücks sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 109/04, BFH/NV
2006, 1812).
38
bb) Der Auffassung, Betriebsvorrichtungen
seien (dementsprechend auch) im Anwendungsbereich des § 15a Abs. 1 UStG als
selbständige Wirtschaftsgüter mit einem fünfjährigen Berichtigungszeitraum
zu behandeln (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 192 Rz 96; Lippross,
Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 893 f.; Schmidt/Forgach in Reiß/Kraeusel/Langer,
UStG, § 15a Rz 141; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15a Rz 224),
folgt der Senat aber nicht.
39
Denn zum einen sind ertragsteuerrechtliche
Grundsätze für die Frage, ob im Rahmen einer Vorsteuerberichtigung nach §
15a Abs. 1 UStG der für Grundstücke geltende Berichtigungszeitraum
anzuwenden ist, nicht maßgebend. Deshalb ist insoweit auch unerheblich, ob
nach der für das Ertragsteuerrecht geltenden amtlichen Tabelle der Absetzung
für Abnutzung Landwirtschaft/ Tierzucht die tatsächliche Nutzungsdauer der
Fütterungsanlage nur acht Jahre beträgt. Im Übrigen ist auf § 15a Abs. 2
Satz 2 UStG zu verweisen. Nach dieser Vorschrift ist eine kürzere
Verwendungsdauer eines Wirtschaftsguts bei der Vorsteuerberichtigung zu
berücksichtigen. Das ist u.a. dann der Fall, wenn die betriebsgewöhnliche
Nutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts weniger als fünf bzw. zehn
Jahre beträgt (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 1993 XI R 64, 65/90, BFHE 172,
152, BStBl II 1993, 849, unter II.3.c, m.w.N.; Bülow in Vogel/ Schwarz,
UStG, § 15a Rz 159). Im Streitfall hat der Kläger nicht geltend gemacht,
dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der von ihm eingebauten
Fütterungsanlage weniger als zehn Jahre beträgt. Hierzu hat das FA
unwidersprochen vorgetragen, dass der Kläger die Fütterungsanlage mit zehn
Jahren abgeschrieben hat.
40
Zum anderen hat der Gesetzgeber in § 15a
Abs. 1 UStG eine Differenzierung lediglich zwischen Wirtschaftsgütern (Satz
1: fünfjähriger Berichtigungszeitraum) und Grundstücken einschließlich ihrer
wesentlichen Bestandteile (Satz 2: zehnjähriger Berichtigungszeitraum)
vorgenommen, aber für Betriebsvorrichtungen keine gesonderte Regelung
getroffen - anders als in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, wonach die Vermietung und
die Verpachtung von Betriebsvorrichtungen nicht steuerbefreit sind, auch
wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind.
41
Deshalb gilt im Anwendungsbereich des § 15a
Abs. 1 UStG für solche Betriebsvorrichtungen, die wesentliche Bestandteile
des Grundstücks sind, grundsätzlich der zehnjährige Berichtigungszeitraum
nach § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG (vgl. Widmann in Plückebaum/Malitzky/Widmann,
Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 15a Rz 21; Hundt-Eßwein in
Offerhaus/Söhn/Lange, § 15a UStG Rz 34; Bülow in Vogel/Schwarz, a.a.O., §
15a Rz 152; Rondorf in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 15a Rz
290; Stadie, Umsatzsteuerrecht, Rz 16.66).
42
c) Diese Zuordnung der Fütterungs- und der
Lüftungsanlage auf nationaler Ebene zu § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG entspricht
dem Unionsrecht.
43
aa) Nach Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1
der Richtlinie 77/388/EWG wird für "Investitionsgüter" eine Berichtigung des
ursprünglichen Vorsteuerabzugs vorgenommen, die sich auf einen Zeitraum von
fünf Jahren erstreckt. Dieser Zeitraum kann nach Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3
der Richtlinie 77/388/EWG "bei Grundstücken, die als Investitionsgüter
erworben wurden", bis auf zehn Jahre - ab 1. Januar 1996 bis auf 20 Jahre
(vgl. Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 zur Änderung der
Richtlinie 77/388/EWG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 102,
S. 18) - verlängert werden.
44
Anders als in § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG fehlt
in Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG bei den Grundstücken
der Zusatz "einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile".
45
bb) Der Begriff "Grundstück" wird weder in
Art. 20 noch an sonstiger Stelle der Richtlinie 77/388/EWG definiert.
Allerdings lässt sich aus Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ableiten,
dass Gebäude oder Gebäudeteile und der dazugehörige Grund und Boden für die
Zwecke der Mehrwertsteuer nicht voneinander getrennt behandelt werden können
(vgl. EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 Rs. C-400/98 - Breitsohl -, Slg. 2000,
I-4321, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2000, 302, Rz 49, 50).
46
Dementsprechend hat der BFH auf den Stall
eines Landwirts den für Grundstücke geltenden Berichtigungszeitraum von zehn
Jahren nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG angewandt und hierin keinen Widerspruch
zu Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG gesehen (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 222, 106, BStBl II 2009, 165, unter II.3.b).
47
cc) Dass der Begriff "Grundstücke" in Art.
20 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG jedenfalls auch "auf Dauer
eingebaute Vorrichtungen und Maschinen" umfasst, ergibt sich im
Umkehrschluss aus Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 Nr. 3 der Richtlinie
77/388/EWG.
48
Nach dieser Bestimmung befreien die
Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung "von Grundstücken mit
Ausnahme ... der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und
Maschinen".
49
Damit nimmt das Unionsrecht in Art. 13 Teil
B Buchst. b Satz 1 Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG auf Dauer eingebaute
Vorrichtungen und Maschinen vom Grundstücksbegriff aus. Diese "Ausnahme"
(vgl. auch Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG: "Die
Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieser
Befreiung vorsehen.") ist nicht lediglich deklaratorisch, sondern
konstitutiv, weil auch die in Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 Nr. 1, Nr. 2
und Nr. 4 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen "Ausnahmen" von der
Steuerfreiheit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (Gewährung
von Unterkunft im Hotelgewerbe, Vermietung in Ferienlagern oder auf als
Campingplätze erschlossenen Grundstücken, Vermietung von Plätzen für das
Abstellen von Fahrzeugen und Vermietung von Schließfächern) unzweifelhaft
unter den Begriff "Vermietung von Grundstücken" fallen.
50
Da Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der
Richtlinie 77/388/EWG allgemein - und ohne Ausnahme - von "Grundstücken, die
als Investitionsgüter erworben wurden" spricht, umfasst der
Grundstücksbegriff nach dieser Bestimmung auch "auf Dauer eingebaute
Vorrichtungen und Maschinen", was - wie dargelegt - auf die Fütterungs- und
die Lüftungsanlage zutrifft.
51
dd) Diesem Ergebnis steht das EuGH-Urteil
vom 16. Januar 2003 Rs. C-315/00 - Maierhofer - (Slg. 2003, I-563, BFH/NV
Beilage 2003, 104) nicht entgegen.
52
Nach diesem Urteil stellt die Vermietung
eines Gebäudes, das aus Fertigteilen errichtet wird, die so in das Erdreich
eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt
werden können, die Vermietung eines Grundstücks i.S. von Art. 13 Teil B
Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG dar.
53
Daraus, dass der EuGH in diesem Urteil im
Rahmen der Auslegung des Grundstücksbegriffs in Art. 13 Teil B Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG entschieden hat, dass Gebäude, die aus in das Erdreich
eingelassenen Konstruktionen bestehen, (nur dann) Grundstücke i.S. dieser
Bestimmung darstellen, wenn "die Konstruktionen nicht leicht demontiert und
versetzt werden können" (vgl. Rz 33 des Urteils), ergibt sich nichts für die
vorliegend zu entscheidende Frage, unter welchen Voraussetzungen in ein
Gebäude eingebaute Anlagen zum Gebäude und damit zum Grundstück gehören.
54
Ob die Fütterungs- und die Lüftungsanlage
im Sinne dieser Rechtsprechung "nicht leicht demontiert und versetzt werden
können", ist deshalb unerheblich.
55
ee) Einen Anlass für ein
Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH - wie vom Kläger angeregt - sieht der
Senat unter diesen Umständen nicht.
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