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BFH-Urteil vom 12.7.2007 (X R 22/05) BStBl. 2008 II S. 2

Ein Vorläufigkeitsvermerk, der keine Angaben über den Umfang der Vorläufigkeit enthält und bei dem dieser für den Steuerpflichtigen auch weder aufgrund seines dem Erlass des Bescheides vorausgehenden Verhaltens noch aufgrund des Inhalts der Steuererklärung oder des Bescheides erkennbar ist, ist unwirksam, selbst wenn Gegenstand des Bescheides nur eine Einkunftsart ist.

AO § 119 Abs. 1, § 125, § 165 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 181 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 31. Mai 2005 10 K 1657/02 F (EFG 2006, 4)

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BFH-Urteil vom 22.8.2007 (X R 39/02) BStBl. 2008 II S. 4

Enthält der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des (gewerblichen) Gewinns keine Feststellung zur Tarifbegrenzung nach § 32c EStG a.F., so entfaltet dieser Grundlagenbescheid insoweit keine Bindungswirkung für die Einkommensteuerbescheide der Gesellschafter/Gemeinschafter. Hat die Finanzbehörde in diesem Fall im bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid gegenüber einem Gesellschafter/Gemeinschafter zu Unrecht die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG a.F. gewährt, so kann dieser Fehler nicht im Wege der Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO korrigiert werden.

AO § 129, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 179 Abs. 3, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG 1994 § 32c.

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 31. Januar 2002 IV 107/2001

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BFH-Urteil vom 19.6.2007 (VIII R 99/04) BStBl. 2008 II S. 7

1. Die strafbefreiende Erklärung nach dem StraBEG und die Selbstanzeige nach § 371 AO konnten wahlweise erfolgen; bei Rechtserheblichkeit der Wahl muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen der strafbefreienden Erklärung nach Form und Inhalt vollständig erfüllt sind.

2. Strafbefreiung nach dem StraBEG tritt nicht ein, wenn vor Eingang der strafbefreienden Erklärung ein Amtsträger der Finanzbehörde in erkennbarer, ernsthafter Absicht der angeordneten steuerlichen Prüfung erschienen ist; diese Sperrwirkung des § 7 StraBEG erfordert nicht auch den tatsächlichen Beginn von Ermittlungsmaßnahmen (entgegen BMF).

3. Die - auch formlos mögliche - Bestimmung des Prüfungsbeginns ist ein eigenständiger Verwaltungsakt; wird dieser nicht angefochten, kann die Sperrwirkung des § 7 StraBEG nicht wegen unangemessen kurzer Frist entfallen.

4. Die Rechtsfolgen einer Strafbefreiungsvorschrift treten nur ein, wenn deren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind; ein diesbezüglicher Tatbestandsirrtum ist unbeachtlich.

StraBEG §§ 1, 3, 6, 7, 8, 13; AO §§ 370, 371, 378.

Vorinstanz: FG Bremen vom 6. Oktober 2004 2 K 152/04 (1) (EFG 2005, 15)

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BFH-Urteil vom 24.5.2007 (II R 68/05) BStBl. 2008 II S. 12

Ein mit dem Untergrund fest verbundenes öffentliches Toilettenhäuschen mit einer Grundfläche von 8 qm und einem Gewicht von 3 t, das mit einer automatischen Türöffnung und mit einer Anlage zur automatischen Reinigung der Toilette ausgestattet ist, ist als Gebäude im bewertungsrechtlichen Sinn zu beurteilen. Die Toilette und die Reinigungstechnik stellen dabei nicht zum Grundvermögen gehörende Betriebsvorrichtungen dar.

BewG § 68, § 70 Abs. 3, § 99, § 129; BewG DDR § 10 Abs. 1, § 50; RBewDV § 3a, § 32 Abs. 1 Nr. 2, § 33 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Berlin vom 27. Oktober 2004 2 K 2228/02 (EFG 2005, 581)

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BFH-Urteil vom 26.9.2007 (II R 74/05) BStBl. 2008 II S. 15

Die Frage, ob mehr als zwei Wohnungen vorliegen, bestimmt sich im Rahmen des § 146 Abs. 5 BewG nach dem Wohnungsbegriff, wie er für Zwecke der Einheitsbewertung des Grundvermögens im Urteil des BFH vom 5. Oktober 1984 III R 192/83 (BFHE 142, 505, BStBl II 1985, 151) entwickelt worden ist. Dies gilt unabhängig davon, wann das Gebäude bezugsfertig errichtet, aus- oder umgebaut worden ist.

BewG § 146 Abs. 5.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 8. Februar 2005 1 K 433/02

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BFH-Urteil vom 13.12.2005 (X R 61/01) BStBl. 2008 II S. 16

1. Bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist die Höhe der als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG abziehbaren Versorgungsleistungen durch die nach der Prognose im Zeitpunkt der Übergabe erzielbaren Nettoerträge begrenzt. Einigen sich die Vertragsbeteiligten auf ein in Anbetracht des gestiegenen Versorgungsbedürfnisses - hier: wegen Umzugs des Versorgungsberechtigten in ein Pflegeheim - neues Versorgungskonzept, sind Zahlungen, die ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus dem Ertrag des übergebenen Vermögens erbracht werden können, freiwillige Leistungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG.

2. Die Abänderbarkeit einer dauernden Last ist in zivilrechtlicher Hinsicht bezogen auf die Versorgungsbedürftigkeit des Empfängers und die sich aus dem übertragenen Wirtschaftsgut ergebende Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Diese bestimmen den Korridor, innerhalb dessen die Beteiligten mit steuerlicher Wirkung auf eine Änderung des Bedarfs des Berechtigten und/oder der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten reagieren können.

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2, § 33 und § 33a Abs. 1; AO 1977 § 42; ZPO § 323.

Vorinstanz: FG Münster vom 28. September 2001 11 K 7225/99 E (EFG 2002, 27)

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BFH-Urteil vom 10.1.2007 (I R 87/03) BStBl. 2008 II S. 22

1. Ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Einkünften gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG 1990 unterliegt im Veranlagungszeitraum 1996 dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Satz 3 und 4 EStG 1996 mit seinen Bruttoeinnahmen. Hat der beschränkt Steuerpflichtige jedoch Ausgaben, welche unmittelbar mit der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen, aus der die zu versteuernden Einkünfte erzielt worden sind, und werden diese Ausgaben dem Vergütungsschuldner mitgeteilt, so sind die Ausgaben regelmäßig bereits im Rahmen des Abzugsverfahrens zu berücksichtigen. Soweit § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG 1990 dies ausschließt, verstößt die Vorschrift gegen Gemeinschaftsrecht (Anschluss an EuGH-Urteil vom 3. Oktober 2006 Rs. C-290/04 "Scorpio", BFH/NV 2007, Beilage 1, 36).

2. Wenn und soweit unmittelbar mit der Tätigkeit zusammenhängende Aufwendungen im Abzugsverfahren nicht berücksichtigt worden sind, kann der beschränkt Steuerpflichtige deren Erstattung in unmittelbarer oder analoger Anwendung des § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1990 (i.d.F. des JStG 1997), ggf. auch des § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 1990 beantragen. Die wahlweise Beantragung eines Veranlagungsverfahrens scheidet aus. Ein solches Wahlrecht ist weder aus Gründen des Verfassungs- noch des Gemeinschaftsrechts geboten.

3. Der Mindeststeuersatz gemäß § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 1990 von 25 v.H. des Einkommens eines gebietsfremden beschränkt Steuerpflichtigen aus selbständiger Arbeit verstößt weder gegen Gemeinschafts- noch gegen Verfassungsrecht, sofern er nicht höher ist als der Steuersatz, der sich für den betroffenen Steuerpflichtigen tatsächlich aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf die Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrages in Höhe des Grundfreibetrages ergeben würde (Bestätigung des Senatsurteils vom 19. November 2003 I R 34/02, BFHE 204, 449, BStBl II 2004, 773; Anschluss an EuGH-Urteil vom 12. Juni 2003 Rs. C-234/01 "Gerritse", EuGHE I 2003, 5933, BStBl II 2003, 859).

EStG 1990 (i.d.F. des JStG 1997) § 1 Abs. 3, § 10c, § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 3, § 50 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 Satz 4 Nr. 3, § 50a Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Satz 2 und 3, § 50d Abs. 1 Satz 3, § 52 Abs. 31 Satz 2; DBA-Niederlande Art. 9 Abs. 1 und 2 Satz 1, Art. 15 Abs. 1; EGV Art. 59, Art. 60 (= EG Art. 49, Art. 50); GG Art. 3 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Berlin vom 25. August 2003 9 K 9312/99 (EFG 2003, 1709)

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BFH-Urteil vom 18.9.2007 (IX R 42/05) BStBl. 2008 II S. 26

1. Wer seine Mieteinnahmen dazu verwendet, um Optionsgeschäfte durchzuführen, kann daraus entstehende Verluste auch dann nicht als Werbungskosen bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen, wenn er beabsichtigte, die angelegten Beträge wiederum für Zwecke der Vermietung zu verwenden.

2. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ist verfassungsgemäß.

3. Der BFH muss den Rechtsstreit nicht nach § 74 FGO wegen eines beim BVerfG anhängigen Verfahrens aussetzen, das die Verfassungsmäßigkeit einer auch für den Rechtsstreit einschlägigen Norm betrifft, wenn das FA die Steuer deshalb im Einvernehmen mit dem Kläger gemäß § 165 AO vorläufig festsetzt.

EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Satz 1, § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 8; AO § 165; FGO § 74.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 29. September 2005 16 K 1482/03 E (EFG 2006, 486)

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BFH-Urteil vom 22.8.2007 (II R 33/06) BStBl. 2008 II S. 28

Räumen Kinder, denen ein Elternteil Vermögen übertragen hat, in derselben Urkunde beiden Eltern als Gesamtgläubigern ein Rentenstammrecht ein, liegt dem nur insoweit eine freigebige Zuwendung des übertragenden Elternteils an den anderen zugrunde, als der andere Elternteil über die eingehenden Zahlungen im Innenverhältnis rechtlich und tatsächlich endgültig frei verfügen kann.

AO § 90 Abs. 1; BewG § 4; BGB §§ 428, 430; ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1; § 13 Abs. 1 Nr. 12, § 17 Abs. 1 Satz 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 76 Abs. 1 Sätze 2 und 4.

Vorinstanz: FG Münster vom 16. Februar 2006 3 K 3639/03 Erb (EFG 2006, 1184)

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BFH-Urteil vom 15.3.2007 (V R 55/03) BStBl. 2008 II S. 31

1. Ein Arzt für Laboratoriumsmedizin erbringt mit seinen medizinischen Analysen und Laboruntersuchungen, die er im Auftrag der behandelnden Ärzte oder deren Labore/Laborgemeinschaften ausführt, "ärztliche Heilbehandlungen" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bzw. "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG; es ist nicht erforderlich, dass diese Leistungen unmittelbar gegenüber den Patienten erbracht werden (EuGH-Rechtsprechung).

2. Umsätze eines Arztes für Laboratoriumsmedizin aus medizinischen Analysen und Laboruntersuchungen im Auftrag der behandelnden Ärzte oder deren Labore/Laborgemeinschaften sind auch dann nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980/1991/1993 steuerfrei, wenn er sie in der Rechtsform einer GmbH erbringt und er der alleinige Gesellschafter dieser GmbH ist.

3. Soweit solche Umsätze eines Arztes für Laboratoriumsmedizin sowohl unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980/1991/1993 aufgrund dessen Anknüpfung an den Beruf (hier als Arzt) und dessen spezifische Umsätze als auch entsprechend Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG unter die des § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/ 1993 fallen, kann sich der Steuerpflichtige auf die für ihn günstigere Regelung des nationalen Rechts (§ 4 Nr. 14 UStG 1980/1991/1993) berufen. § 4 Nr. 14 UStG 1980/1991/1993 folgt insoweit einer anderen Systematik als Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 77/388/EWG, die in erster Linie dem Ort der Leistungserbringung folgt. Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 14 UStG 1980/1991/1993 kann nicht im Wege der Auslegung auf den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/1993 "begrenzt" werden.

4. § 4 Nr. 16 UStG 1980/1991/1993 verstößt gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der steuerlichen Neutralität, weil nicht für alle Kategorien privatrechtlicher Einrichtungen, die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG genannt sind, in Bezug auf die Erbringung vergleichbarer Leistungen die gleichen Bedingungen für ihre Anerkennung gelten.

5. Die 40 %-Grenze in § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/1993 bezieht sich nur auf die in § 4 Nr. 16 UStG 1980/1991/1993 genannten Umsätze selbst und nicht etwa auf den Gesamtumsatz des Unternehmers.

UStG 1980/1991/1993 § 4 Nr. 14, Nr. 16; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und c.

Vorinstanz: FG Münster vom 19. August 2003 15 K 8753/98 U (EFG 2004, 64)

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BFH-Beschluss vom 31.7.2007 (V B 98/06) BStBl. 2008 II S. 35

Die Erstellung ärztlicher Gutachten, die der Vorbereitung der Entscheidung eines Versicherungsträgers über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dienen sollen, ist auch dann nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei, wenn in den Gutachten Möglichkeiten zur Rehabilitation geprüft werden.

UStG 1999 § 4 Nr. 14; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c.

Vorinstanz: FG München vom 4. Mai 2006 14 K 5092/04 (EFG 2006, 1378)

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BFH-Urteil vom 23.8.2007 (V R 38/04) BStBl. 2008 II S. 37

Die Umsätze eines nichtärztlichen Logotherapeuten sind nicht gemäß § 4 Nr. 14 UStG 1991/1993 umsatzsteuerfrei.

UStG 1991/1993 § 4 Nr. 14; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 16. Mai 2002 5 K 95/98 (EFG 2005, 1567)

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BFH-Beschluss vom 4.10.2007 (VII B 110/07) BStBl. 2008 II S. 42

1. Die Offenbarung durch das Steuergeheimnis geschützter Verhältnisse zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Rückforderung von Arbeitslosengeld setzt nicht voraus, dass die Finanzbehörde festgestellt hat, dass die Kenntnis der zu offenbarenden Tatsachen die Rückforderung rechtfertigt oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit rechtfertigen wird; ausreichend ist insofern, dass die Tatsachen für die Durchführung eines solchen Verwaltungsverfahrens überhaupt geeignet sind.

2. § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b bb AO ist verfassungsgemäß. Er verletzt insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung weder in materieller noch wegen Unbestimmtheit der Offenbarungsbefugnisse der Finanzbehörde in formeller Hinsicht.

EMRK Art. 6; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; AO § 30 Abs. 1, § 31a Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln vom 11. Mai 2007 7 V 1438/07 (EFG 2007, 1126)

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BFH-Urteil vom 6.6.2007 (II R 17/06) BStBl. 2008 II S. 46

1. Ein mehrere freigebige Zuwendungen zusammenfassender Schenkungsteuerbescheid, der die einzelnen der Besteuerung unterworfenen Lebenssachverhalte nicht konkret bezeichnet, ist mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig (BFH-Urteil vom 15. März 2007 II R 5/04, BStBl II 2007, 472).

2. Bleiben dem FA die Umstände, die es ihm ermöglichen würden, die Steuer für die Einzelzuwendungen getrennt festzusetzen, deshalb unbekannt, weil der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten (§ 90 AO), insbesondere seine Steuererklärungspflichten (§ 149 Abs. 1 AO), verletzt hat, kann sich das FA darauf beschränken, die Steuer unter Angabe des mutmaßlichen Zeitraums, in dem mehrere, der Anzahl und Höhe nach unbekannte Zuwendungen vorgenommen wurden, nach einem einheitlichen (Schätz-)Betrag, der alle Zuwendungen umfassen soll, einheitlich festzusetzen.

AO § 90, § 119 Abs. 1, § 124 Abs. 3, § 149 Abs. 1, § 162; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Köln vom 6. Dezember 2005 9 K 1935/03 (EFG 2006, 549)

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BFH-Urteil vom 4.7.2007 (VIII R 46/06) BStBl. 2008 II S. 49

1. Wird ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden und das aufgenommen wird, um die Einlage eines wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafters zu finanzieren, zunächst auf ein verzinsliches Girokonto des Gesellschafters eingezahlt, so erfüllt das Darlehen nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG.

2. Es kommt nicht darauf an, dass Forderungen auf Girokonten wegen deren geringfügiger Guthabenverzinsung u.U. nicht geeignet sind, eine Einkünfteerzielungsabsicht zu begründen.

3. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Zahlung auf ein Girokonto des Gesellschafters bei nachfolgender Überweisung der Darlehensmittel auf ein Konto der GmbH lediglich ein "notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung" darstellen soll.

4. Wird ein durch eine Kapitallebensversicherung abgesichertes Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet, sind die Zinsen aus der Lebensversicherung in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 14. September 2006 11 K 4804/05 F (EFG 2006, 1827)

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BFH-Urteil vom 23.8.2007 (VI R 44/05) BStBl. 2008 II S. 52

Gibt der Arbeitgeber Provisionen, die er von Verbundunternehmen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen erhalten hat, in bestimmten Fällen an eigene Arbeitnehmer weiter, gewährt er Bar- und nicht Sachlohn, wenn eine Vermittlungsleistung nur den Verbundunternehmen erbracht wird und auch nur diesen gegenüber Ansprüche bestehen, mit der Folge, dass weitergeleitete Provisionen nicht nach § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten sind.

EStG § 8 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Köln vom 21. April 2005 10 K 7434/01 (EFG 2005, 1231)

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BFH-Urteil vom 18.10.2006 (XI R 10/06) BStBl. 2008 II S. 54

1. Ein Ingenieur, der schlüsselfertige Gebäude errichten lässt, erzielt gewerbliche, nicht freiberufliche Einkünfte.

2. Schuldet er seinem Auftraggeber die schlüsselfertige Erstellung des Gebäudes, sind seine Einkünfte auch insoweit gewerblich, als er ggf. Ingenieur- oder Architektenleistungen erbringt.

GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Münster vom 30. November 2005 1 K 6112/02 G (EFG 2006, 585)

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BFH-Urteil vom 16.11.2006 (III R 15/06) BStBl. 2008 II S. 56

Geht das Kind in dem Zeitraum, in dem es die gesetzlichen Voraussetzungen eines Berücksichtigungstatbestands i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG erfüllt, einer Erwerbstätigkeit nach und übersteigen seine gesamten Einkünfte und Bezüge den (anteiligen) Jahresgrenzbetrag nicht, besteht ein Anspruch auf Kindergeld unabhängig davon, ob es sich bei der Erwerbstätigkeit um eine Vollzeiterwerbstätigkeit handelt (Änderung der Rechtsprechung).

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c, Satz 2, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Berlin vom 12. April 2005 10 K 10336/04 (EFG 2006, 1849)

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BFH-Urteil vom 13.9.2007 (VI R 54/03) BStBl. 2008 II S. 58

1. Bei Nachentrichtung hinterzogener Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung führt die Nachzahlung als solche zum Zufluss eines zusätzlichen geldwerten Vorteils (Fortentwicklung der Rechtsprechung).

2. Bei Vereinbarung sog. Schwarzlöhne kommt der Schutzfunktion der Verschiebung der Beitragslast gemäß § 28g SGB IV grundsätzlich kein Vorrang gegenüber dem objektiv bestehenden Zusammenhang der Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile mit dem Arbeitsverhältnis zu.

3. Dem Lohnzufluss steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer gemäß § 28g SGB IV keinen Rückgriff mehr nehmen kann.

EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; SGB IV § 28g.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 28. Mai 2003 10 K 3017/02 (EFG 2004, 112)

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BFH-Beschluss vom 26.9.2007 (V S 10/07) BStBl. 2008 II S. 60

Dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wird folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:

Ist eine Gegenvorstellung gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe statthaft?

FGO § 142; ZPO § 114; RsprEinhG § 2; AnhRüG.

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BFH-Urteil vom 16.11.2005 (X R 6/04) BStBl. 2008 II S. 62

Nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 können nicht auch diejenigen stillen Reserven der Gewerbesteuer unterworfen werden, die in den Buchwertansätzen solchen Betriebsvermögens ruhen, welches bereits vor der Verschmelzung im Betrieb des aufnehmenden Rechtsträgers (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) vorhanden war.

UmwStG 1995 § 18 Abs. 4.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 14. Januar 2004 5 K 448/02 (EFG 2004, 756)

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BFH-Urteil vom 6.9.2007 (V R 41/05) BStBl. 2008 II S. 65

1. Überträgt ein Vermietungsunternehmer das Eigentum an einem umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstück zur Hälfte auf seinen Ehegatten, liegt darin eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn das Grundstück alleiniger Vermietungsgegenstand war.

2. Dieser Vorgang löst beim Vermietungsunternehmer keine Vorsteuerkorrektur gemäß § 15a UStG aus.

3. Die durch Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstück entstandene Bruchteilsgemeinschaft tritt gleichzeitig mit ihrer Entstehung gemäß § 571 BGB a.F. in einen bestehenden Mietvertrag ein.

4. Der ursprüngliche Vermieter überlässt den in seinem Eigentum verbliebenen Grundstücksanteil der Bruchteilsgemeinschaft nicht zusätzlich unentgeltlich zur Nutzung (Änderung der Rechtsprechung).

UStG 1993 in der 1998 geltenden Fassung: § 1 Abs. 1a, § 2, § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 15a Abs. 6a; BGB § 571 a.F., § 744, § 745; Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8.

Vorinstanz: FG Münster vom 24. Mai 2005 15 K 2752/01 U (EFG 2005, 1392)

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BFH-Urteil vom 20.11.2006 (VIII R 47/05) BStBl. 2008 II S. 69

Wird eine Betriebskapitalgesellschaft auf die Besitzpersonengesellschaft (KG) verschmolzen und innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang ein Mitunternehmeranteil an der KG veräußert, so unterliegt der Teil des Veräußerungsgewinns, der auf das Vermögen entfällt, das der KG (aufnehmender Rechtsträger) bereits vor der Umwandlung gehörte, nicht nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 der Gewerbesteuer (Bestätigung der Rechtsprechung).

UmwStG 1995 § 18 Abs. 1 und 4, § 14.

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 19. April 2005 I 110/2003

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BFH-Urteil vom 26.6.2007 (IV R 58/06) BStBl. 2008 II S. 73

§ 14 UmwStG 1995 fingiert im Falle des Formwechsels einen Vermögensübergang. Daher trat die in § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 angeordnete Gewerbesteuerpflicht des Gewinns aus der Veräußerung des Betriebs einer Personengesellschaft oder eines Anteils an einer solchen Gesellschaft bereits vor Änderung der Vorschrift durch das StEntlG 1999/2000/2002 auch dann ein, wenn der Veräußerung eine formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft vorangegangen war (Bestätigung der Rechtsprechung).

Maßgeblich ist der erzielte Veräußerungsgewinn und nicht der Gewinn, der zum Umwandlungsstichtag zu erzielen gewesen wäre (Bestätigung der Rechtsprechung).

UmwStG 1995 § 14, § 18 Abs. 1 und 4.

Vorinstanz: FG Hamburg vom 7. September 2006 7 K 38/05 (EFG 2007, 390)

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BGH-Urteil vom 19.7.2007 StbSt (R) 3/06  BStBl. 2008 II S. 75

Kommt ein Steuerberater einem gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 StBerG gestellten Auskunftsverlangen des Geschäftsführers einer Steuerberaterkammer nicht nach, der nicht persönliches Mitglied der Kammer ist, stellt dies selbst dann keine sanktionsbewehrte Verletzung von Berufspflichten im Sinne von § 89 Abs. 1 StBerG dar, wenn der Geschäftsführer durch die Satzung zum Organ der Steuerberaterkammer bestimmt ist Fortführung von BGHSt 33, 225).

StBerG § 80 Abs. 1 Satz 2, § 89 Abs. 1

Vorinstanz: OLG Düsseldorf vom 26. September 2006 3 StV 87/04 - VIII-1 StO2-4/06

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BFH-Urteil vom 25.7.2007 (III R 15/07) BStBl. 2008 II S. 94

Fehlt eine Seite der Einspruchsentscheidung und wird dies vor Ablauf der regulären Klagefrist gerügt, so endet die Klagefrist erst einen Monat nach Bekanntgabe der fehlenden Seite.

AO § 122 Abs. 2; FGO § 47 Abs. 1, § 54 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Bremen vom 25. Oktober 2006 4 K 83/04 (4)

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BFH-Urteil vom 24.4.2007 (I R 39/04) BStBl. 2008 II S. 95

1. Ficht ein Vergütungsschuldner einen gegen ihn gemäß § 50a Abs. 5 EStG 1990 ergangenen Haftungsbescheid an, so ist der Vergütungsgläubiger, auf den sich die Inanspruchnahme aus dem Haftungsbescheid bezieht, zu dem finanzgerichtlichen Verfahren nicht notwendig beizuladen (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

2. Die Haftung des Vergütungsschuldners gemäß § 50a Abs. 5 EStG 1990 wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Besteuerungsrecht für die von dem Vergütungsgläubiger erzielten Einkünfte nach Maßgabe des betreffenden Doppelbesteuerungsabkommens dem Ansässigkeitsstaat zusteht und Deutschland daher diese Einkünfte nicht besteuern darf.

3. Ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Einkünften gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG 1990 n.F. unterliegt im Anmeldungszeitraum 1993 dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Sätze 3, 5 und 6 EStG 1990 n.F. mit seinen Bruttoeinnahmen. Nur wenn der beschränkt Steuerpflichtige Ausgaben hat, welche unmittelbar mit der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen, aus der die zu versteuernden Einkünfte erzielt worden sind, und wenn diese Ausgaben dem Vergütungsschuldner mitgeteilt werden, sind die Ausgaben bereits im Rahmen des Abzugs- bzw. eines ggf. nachfolgenden Haftungsverfahrens zu berücksichtigen. Soweit § 50a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG 1990 n.F. dies ausschließt, verstößt die Vorschrift gegen Gemeinschaftsrecht und ist sie deswegen in normerhaltender Weise zu reduzieren (Anschluss an EuGH-Urteil vom 3. Oktober 2006 Rs. C-290/04 "Scorpio", IStR 2006, 743).

EStG 1990 § 1 Abs. 4, § 50a Abs. 5, § 50d Abs. 1; EStG 1990 n.F. § 50a Abs. 4; DBA-Niederlande Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5, Art. 5; AO § 162, § 191; FGO § 60 Abs. 1 und 3, § 121 Satz 1.

Vorinstanz: FG Hamburg vom 26. Juli 2001 II 377/00 (EFG 2001, 1553)

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BFH-Urteil vom 20.6.2007 (X R 2/06) BStBl. 2008 II S. 99

1. Sind aufgrund eines Schenkungsversprechens von Todes wegen (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB) wiederkehrende Leistungen an einen vom Vermögensübergeber bestimmten Dritten zu erbringen, sind diese Leistungen erbrechtlichen Verpflichtungen gleichzustellen, deren Ablösung nicht zu steuerlich zu berücksichtigenden Anschaffungskosten führt.

2. Die Leistungen zur Ablösung einer freiwillig begründeten Rentenverpflichtung sind keine Veräußerungskosten.

BGB § 2301 Abs. 1 Satz 1; EStG § 6 Abs. 3, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2, § 16 Abs. 2 Satz 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 28. Oktober 2005 18 K 4366/03 E (EFG 2006, 328)

 

 

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