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BFH-Urteil vom 8.8.1979 (I R 186/78) BStBl. 1980 II S. 106

Der Bau und der daran anschließende Verkauf von auch nur vier Eigentumswohnungen kann eine gewerbliche Betätigung sein. Auf die Gründe, die den Verkauf veranlaßt haben, kommt es dabei nicht an.

GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Verkauf von vier Eigentumswohnungen aus einem Bauvorhaben von insgesamt fünf Wohnungen eine gewerbliche Betätigung ist (§ 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -, § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV -).

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Inhaber eines ...betriebes. Er erwarb im Mai 1970 ein Baugrundstück und beantragte im Juni 1972 die Genehmigung zum Bau eines Hauses mit fünf Wohnungen, von denen er zunächst vier vermieten wollte. Er teilte dann aber das Grundstück in Eigentumswohnungen auf und veräußerte vier Wohnungen unter Einschaltung eines Maklers (seines Schwiegersohnes) im März und April 1973. Eine Wohnung bezog er selbst.

Im finanzgerichtlichen Verfahren hat der Kläger ferner unbestritten vorgetragen, daß er das Grundstück erworben habe, um darauf ein Einfamilienhaus für sich zu bauen. Genehmigt worden sei aber nur ein Mehrfamilienhaus, weil auf diesem Gelände mehrgeschossige Bauweise vorgeschrieben gewesen sei. Im September 1972 habe er mit den Bauarbeiten begonnen, bald danach habe er einen Schlaganfall erlitten. Als dann Anfang 1973 auch noch seine Eigenmittel (90.000 DM) erschöpft waren und er angesichts der Baukosten (650.000 DM) sowie der stark gestiegenen Zinsen bei einer Finanzierung seinen Betrieb gefährdet hätte, weil eine rentable Miete nicht mehr zu erwarten gewesen sei, habe er das Grundstück in Eigentumswohnungen aufgeteilt und - weil er selbst dazu nicht in der Lage war - mit Hilfe seines Schwiegersohnes verkauft.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah in dieser Tätigkeit einen Gewerbebetrieb und setzte für das Streitjahr einen Gewerbesteuermeßbetrag sowie die Gewerbesteuer (12.316,50 DM) fest.

Die wörtlich gegen den Gewerbesteuerbescheid gerichtete Sprungklage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Es geht davon aus, daß die Klage sich gegen den Gewerbesteuerbescheid richtet. Der Bescheid sei rechtmäßig, denn die Tätigkeit des Klägers erfülle die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 GewStDV. Insbesondere sei sie nachhaltig, d. h. auf Wiederholung angelegt gewesen; zum Verkauf der vier Eigentumswohnungen habe es mehrerer Handlungen bedurft (Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Dezember 1971 I R 49/70, BFHE 104, 178, BStBl II 1972, 291, und vom 15. Dezember 1971 I R 179/68, BFHE 104, 77, BStBl II 1972, 279). Die Tätigkeit des Klägers könne auch nach der Verkehrsauffassung schon angesichts der Zahl der verkauften Objekte und des zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Bau und Verkauf nicht mehr als private Vermögensverwaltung angesehen werden. Unerheblich sie dabei, ob er zunächst ein Einfamilienhaus habe bauen oder die Wohnungen habe vermieten wollen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der Bau und Verkauf der Eigentumswohnungen erfülle nicht die Voraussetzungen der § 2 Abs. 1 GewStG und § 1 Abs. 1 GewStDV. Es fehle die Nachhaltigkeit der Betätigung, denn er sei nur durch seine Krankheit zum Verkauf gezwungen worden, die ihn daran gehindert habe, die Finanzierung des Bauvorhabens zu regeln. Die Urteile des BFH vom 2. November 1971 VIII R 1/71 (BFHE 104, 321, BStBl II 1972, 360), I R 49/70 und vom 17. Januar 1973 I R 191/72 (BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260) könnten in diesem Fall nicht zum Vergleich herangezogen werden, weil die Bauherren und Verkäufer in diesen Fällen Bauunternehmer und Architekten gewesen seien.

Schließlich sei der Grundsatz der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen verletzt, denn das Bayerische Staatsministerium der Finanzen sowie die Oberfinanzdirektionen Stuttgart, Münster und Hamburg gingen in Erlassen bzw. Verfügungen davon aus, daß eine gewerbliche Tätigkeit normalerweise nicht anzunehmen sei, wenn innerhalb von acht Jahren nicht mehr als sechs Objekte verkauft werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und den Gewerbesteuermeßbescheid vom 18. Februar 1977 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat zu Recht den Verkauf der vier Eigentumswohnungen als Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 GewStG) behandelt. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt alle wesentlichen Merkmale des § 1 Abs. 1 GewStDV.

Sie ist selbständig, d. h. auf Rechnung und Verantwortung des Klägers ausgeführt, auch wenn sein Schwiegersohn für ihn tätig geworden ist (BFH-Urteil vom 14. November 1972 VIII R 71/72, BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239). Die Gewinnabsicht des Klägers wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß er durch Krankheit oder Finanzierungsschwierigkeiten zum Verkauf veranlaßt worden ist (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1971 I R 179/68, BFHE 104, 77, BStBl II 1972, 279, und I R 191/72).

Die Tätigkeit des Klägers ist insbesondere auch nachhaltig, d. h. auf Wiederholung angelegt (BFH-Urteil I R 49/70). Die Wiederholungsabsicht muß nach außen erkennbar sein, den tatsächlichen Umständen kommt daher für die Beurteilung besondere Bedeutung zu. Das Merkmal der Nachhaltigkeit ist infolgedessen zu bejahen bei einer Mehrzahl von Handlungen im Gegensatz zu einer einmaligen ohne Wiederholungsabsicht vorgenommenen Handlung (BFH- Urteile I R 49/70 und vom 14. November 1963 IV 6/60 U, BFHE 78, 358, BStBl III 1964, 139). Im Streitfall hat der Kläger die Eigentumswohnungen an verschiedene Erwerber durch vier selbständige Handlungen (Kaufverträge) veräußert. Das ist eine nachhaltige Betätigung. Der erkennende Senat hat bei vier Verkaufshandlungen die Nachhaltigkeit ohne Rücksicht auf die sonstige berufliche Tätigkeit der Steuerpflichtigen (Bauunternehmer, Architekt) bejaht (Urteile I R 49/70 und vom 29. März 1973 I R 153/71, BFHE 109, 431, BStBl II 1973, 661).

Der Kläger hat sich schließlich durch diese Betätigung und dadurch, daß er sich über einen Makler mit seinen Verkaufsabsichten an den Grundstücksmarkt gewandt hat (vgl. BFH- Urteil I R 191/72), am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.

Gleichwohl wäre eine gewerbliche Tätigkeit zu verneinen, wenn sich der Verkauf der Wohnungen im Rahmen privater Vermögensverwaltung hielte (BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63, und BFH-Urteile VIII R 1/71 und I R 191/72). Sie kann bejaht werden, solange sich die Tätigkeit noch als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte nicht entscheidend in den Vordergrund tritt (Urteile des erkennenden Senats I R 919/72 und I R 153/71). Das letztere ist aber hier der Fall. Mit dem Verkauf der vier von insgesamt fünf Eigentumswohnungen hat der Kläger die Vermögenssubstanz selbst verwertet. Der Senat berücksichtigt dabei nicht nur die eigentliche Verkaufstätigkeit und die Aufteilung des Grundstücks in Eigentumswohnungen, sondern auch die zeitliche Verflechtung zwischen Bau und Verkauf der Wohnungen. Sie stellt eine entscheidende objektive Verbindung zwischen diesen Handlungen her, die es gebietet, sie auch im Zusammenhang zu beurteilen (BFH-Urteile I R 153/71 und I R 191/72). Demgegenüber ist es unerheblich, ob der Kläger mit dem Bau in der Absicht begonnen hat, ihn später für sich zu nutzen und aus welchen Gründen - sei es seine Erkrankung, seien es finanzielle Schwierigkeiten - er sich zum Verkauf entschlossen hat (vgl. BFH- Urteile I R 170/68). Abgesehen davon hat der Kläger auch nicht im einzelnen vorgetragen, ob und inwieweit seine Krankheit den Bau des Hauses beeinträchtigte und ferner, ob die Finanzierung in diesem Zeitpunkt angesichts der hohen Baukosten und geringen Eigenmittel möglich gewesen wäre, wenn er den Schlaganfall nicht erlitten hätte. Aus seinem Vortrag geht auch nicht hervor, warum die Finanzierung nur von ihm selbst geregelt werden konnte und nicht von seinem Schwiegersohn, auf dessen Hilfe er sich im übrigen stützte.

Der Senat sieht sich an seiner Entscheidung nicht durch den Erlaß des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 15. Oktober 1976 (Nr. 31 - S 2240 - 1/8 - 63.458) oder entsprechende Verfügungen der Oberfinanzdirektionen gehindert. Abgesehen davon, daß der Erlaß lediglich davon ausgeht, daß im allgemeinen ein Grundstückshandel zu verneinen sei, wenn nicht mehr als sechs Objekte veräußert werden, können Verwaltungsanweisungen das FG und den BFH grundsätzlich nicht binden (BFH-Urteile vom 25. März 1977 VR 113/74, BFHE 122, 173, BStBl II 1977, 708, mit weiteren Nachweisen, und vom 21. September 1977 I R 39-40/74, BFHE 123, 464, BStBl II 1978, 67). Art. 3 des Grundgesetzes ist dadurch nicht verletzt.