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BFH-Beschluß vom 14.11.1979 (VII E 2/78) BStBl. 1980 II S. 192

Ist der vom Vormundschaftsgericht nach § 1910 Abs. 2 BGB im Verfahren vor dem FG bestellte Pfleger des Revisionsklägers In der Revisionsinstanz nicht mehr tätig gewesen, so kann der Revisionskläger gegen den Kostenansatz aufgrund der Kostenentscheidung im Revisionsverfahren persönlich Erinnerung einlegen.

FGO § 58; ZPO § 53; GKG § 5 Abs. 1; BGB § 1910 Abs. 2.

Sachverhalt

Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) erhob Klage gegen das Finanzamt (FA).

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zuvor hatte das Vormundschaftsgericht für den Erinnerungsführer Pflegschaft gemäß § 1910 Abs. 2 BGB mit der Maßgabe angeordnet, daß der Wirkungskreis der Pflegschaft nur die Vertretung des Erinnerungsführers bei der Führung der genannten Rechtsstreitigkeiten vor dem FG umfasse. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, daß die Revision des Erinnerungsführers gegen das Urteil des FG als unzulässig verworfen werde und daß der Erinnerungsführer die Kosten der Revision zu tragen habe.

Die Kostenstelle des BFH setzte die Gerichtskosten mit 73 DM an. Sie legte der Berechnung einen Streitwert von 846 DM zugrunde und stellte dem Erinnerungsführer eine Gebühr in Höhe von 72 DM für das Verfahren im allgemeinen (Nr. 1310 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) und 1 DM für Schreibauslagen in Rechnung.

Gegen die Kostenrechnung legte der Erinnerungsführer Erinnerung ein.

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung ist zulässig. Der Erinnerungsführer konnte sie persönlich wirksam einlegen.

Er war daran nicht durch die Anordnung der Pflegschaft gehindert. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Anordnung der Pflegschaft, die nach der bei der Bestellung vorgenommenen Beschreibung ihres Wirkungskreises nur die Vornahme von Verfahrenshandlungen des Erinnerungsführers in den Verfahren vor dem FG umfaßt, auch die Einlegung der Erinnerung betrifft. Auch wenn die Anordnung dahin verstanden wird, daß sie die Vertretung des Erinnerungsführers in den vor dem FG schwebenden Rechtsstreitigkeiten bis zu ihrem rechtskräftigen Abschluß und damit auch die Vertretung des Erinnerungsführers im Rahmen dieser Rechtsstreitigkeiten vor dem BFH einschließlich der sich aus diesen Verfahren etwa ergebenden kostenrechtlichen Folgeverfahren umfassen sollte, so steht sie der Wirksamkeit der vom Erinnerungsführer persönlich eingelegten Erinnerung nicht entgegen. Die Anordnung der Pflegschaft für einen Rechtsstreit hindert den Pflegebefohlenen nur daran, in diesem Rechtsstreit persönlich wirksame Verfahrenshandlungen vorzunehmen, solange der Pfleger in dem Rechtsstreit tatsächlich auftritt. Nimmt dieser die Vertretung tatsächlich nicht mehr wahr, so kann der Pflegebefohlene den Rechtsstreit selbst weiterführen (vgl. Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 53 Rdnr. 15; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 12. Aufl., S. 216). Der vom Vormundschaftsgericht bestellte Pfleger des Erinnerungsführers war im Verfahren vor dem BFH nicht mehr tätig.

Dem Erinnerungsführer fehlte auch nicht die Prozeßfähigkeit, um die Erinnerung wirksam einlegen zu können. Die Prozeßfähigkeit richtet sich nach der Geschäftsfähigkeit (§ 58 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Anordnung der Pflegschaft hatte auf die Geschäftsfähigkeit keinen Einfluß (Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Aufl., § 1910 Rdnr. 8).

Der Senat hat auch nicht festgestellt, daß der Erinnerungsführer bei der Einlegung der Erinnerung geschäftsunfähig war.