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BFH-Beschluß vom 30.1.1980 (VI B 114/79) BStBl. 1980 II S. 320

Es ist höchstrichterlich geklärt, daß die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1975 bei Vorsorgeaufwendungen von Selbständigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Diese Rechtsfrage ist deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

EStG 1975 § 10 Abs. 3 Nr. 2.

Sachverhalt

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist selbständiger Steuerberater. In seiner Einkommensteuererklärung 1975 machte er Versicherungsbeiträge in Höhe von 9.187 DM und Bausparbeiträge im Betrag von 3.736 DM als Sonderausgaben geltend. Zugleich beantragte er einen Steuernachlaß von 2.786 DM. Dieser sei als Ausgleich dafür gerechtfertigt, daß die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Vorsorgeaufwendungen auf die Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1975 (EStG) Arbeitnehmer, insbesondere Beamte, begünstige und selbständig Tätige mit entsprechenden Vorsorgeaufwendungen benachteilige.

Unter Berechnung nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG ließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) nur 8.400 DM als Sonderausgaben zum Abzug zu, ohne den begehrten Steuernachlaß zu gewähren.

Mit der Sprungklage machte der Kläger geltend, § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Infolge der teilweise steuerfreien Übernahme der Vorsorgeaufwendungen von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber würden die selbständig Tätigen gegenüber den Arbeitnehmern benachteiligt. Die selbständig Tätigen müßten die Beiträge für die Zukunftsvorsorge selbst aufbringen und seien gleichwohl beim Sonderausgabenabzug an die Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG gebunden. Es sei zu berücksichtigen, daß mit der ständigen Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge das Ausmaß der Begünstigung von Arbeitnehmern gegenüber Selbständigen unerträglich geworden sei. Hieran ändere nichts die stets verspätet durchgeführte, der Höhe nach unzulängliche Anhebung der Sonderausgabenhöchstbeträge.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es hat die Revision nicht zugelassen.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde. Der Kläger ist der Auffassung, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Regelung des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG mit Art. 3 GG vereinbar sei. Diese Rechtsfrage, die unter Berücksichtigung der Entwicklung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse seit 1970 zu prüfen sei und sämtliche selbständig Tätigen betreffe, sei höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der Senat hat sich bereits mehrfach mit den vom Kläger angesprochenen Rechtsfragen auseinandergesetzt und einen Verstoß der Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG) gegen Art. 3 GG verneint.

Mit Urteil vom 12. November 1976 VI R 167/74 (BFHE 120, 398, BStBl II 1977, 154) hat der Senat entschieden, daß Nachzahlungen von Selbständigen zur gesetzlichen Rentenversicherung nur bis zu den für das Jahr der Zahlung maßgeblichen Höchstbeträgen des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1971 abziehbar seien. Der Senat hat ausgeführt, daß eine steuerliche Berücksichtigung von Beitragsnachzahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes nicht zwingend geboten sei. In welchem Umfang eine steuerliche Vergünstigung der hier vorliegenden Art gewährt werde, stehe im Ermessen des Gesetzgebers. In einer weiteren, nicht veröffentlichten Entscheidung vom 2. August 1979 VI R 19/77 hat der Senat an dieser Rechtsauffassung festgehalten und ausdrücklich betont, daß die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs auf bestimmte Höchstbeträge nicht gegen das Grundgesetz verstoße. In diesem Urteil ist ausgeführt, eine Benachteiligung der selbständig Tätigen könne nicht darin gesehen werden, daß die Arbeitgeberbeiträge bei Arbeitnehmern nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Einnahmen darstellten, während die Selbständigen ihre Beiträge aus versteuertem Einkommen zu entrichten hätten. Denn während den selbständig Tätigen der Sonderausgabenabzug im Rahmen der Höchstbeträge ungekürzt zustehe, könne ein Arbeitnehmer Sonderausgaben nur gemindert um den vom Arbeitgeber geleisteten gesetzlichen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie um steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers i. S. des § 3 Nr. 62 Sätze 2 und 3 EStG abziehen.

Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung hat der Senat mit nicht veröffentlichtem Urteil vom 17. Oktober 1979 VI R 19/79 entschieden, daß die für die Nachzahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Erwägungen auch für die steuerliche Behandlung laufender Zahlungen von Versicherungsbeiträgen zuträfen. Ebenso wie Nachzahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht über die Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG hinaus als Sonderausgaben berücksichtigungsfähig seien, dürften laufende Zahlungen von Versicherungsbeiträgen über die Höchstbeträge hinaus nicht abgezogen werden. Die Gerichte seien an die gesetzliche Regelung gebunden. Sie dürften nicht von einer denkbaren anderen Regelung ausgehen, selbst wenn diese - was richterlicher Beurteilung grundsätzlich entzogen sei - als besser, zweckmäßiger, gerechter oder wünschenswert empfunden werde. Insbesondere im Rahmen der Gewährung von steuerlichen Vergünstigungen sei der Gesetzgeber grundsätzlich frei, solange er das Willkürverbot nicht verletze (vgl. BFHE 120, 398, BStBl II 1977, 154). Im übrigen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluß vom 2. Mai 1978 1 BvR 136/78 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1978 S. 293; Der Betrieb 1978 S. 1670) entschieden, daß der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet gewesen sei, für die laufenden Beiträge bei Selbständigen erhöhte Sonderausgabenhöchstbeträge zu schaffen. Es könnten zwar - wie das BVerfG ausführt - gewisse Ungleichheiten zwischen Arbeitnehmern und Selbständigen entstehen, wenn die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung den Kürzungsbetrag des § 10 Abs. 3 Nr. 2 d EStG 1971 überstiegen. Wenn aber der Gesetzgeber Arbeitnehmern diese Vergünstigung gewähre, so verstoße er nicht gegen das Grundgesetz. Er könne im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit zwischen Selbständigen und Nichtselbständigen unterscheiden.

Die vom Kläger als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage ist mithin als hinreichend geklärt anzusehen. Von einer Entscheidung des Streitfalls ist keine Fortentwicklung des Rechts zu erwarten.