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BFH-Urteil vom 28.11.1979 (II R 117/78) BStBl. 1980 II S. 357

Werden bei Gründung einer GmbH durch zwei Kapitalgesellschaften, die zu einem Organkreis im Sinne des Umsatzsteuerrechts gehören, von einer dieser beiden Kapitalgesellschaften Grundstücke in die GmbH eingebracht, so entsteht hinsichtlich dieser Grundstücke Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG Hamburg, wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine der beiden Kapitalgesellschaften ihre Anteile auf die andere Kapitalgesellschaft überträgt. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft, die nach der Übertragung Inhaberin aller Anteile der GmbH ist, die Grundstücke in die GmbH eingebracht hat. Steuerpflicht entsteht dagegen nicht, wenn zwischen den Gründungsgesellschaftern ein Treuhandverhältnis bestand.

GrEStG Hamburg § 1 Abs. 3 Nrn. 1 und 2.

Sachverhalt

Streitig ist, ob durch die Vereinigung aller Anteile an der A-GmbH in der Hand der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) Grunderwerbsteuerpflicht hinsichtlich zweier in Hamburg gelegener Grundstücke der A-GmbH eingetreten ist.

Die A-GmbH ist 1970 gegründet worden. An dem Stammkapital von ... DM hatte sich die Klägerin mit einer Stammeinlage von ... DM und die B-GmbH mit einer Stammeinlage von 1.000 DM beteiligt. Die Klägerin hatte u. a. in ihrem Eigentum stehende Grundstücke in die A-GmbH eingebracht. Der Erwerb dieser Grundstücke durch die A-GmbH war gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung bei Änderung der Unternehmensform (UmwGrEStG Hamburg) von der Besteuerung ausgenommen.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 31. Dezember 1973 erwarb die Klägerin von der B-GmbH den Geschäftsanteil über 1.000 DM.

Die Klägerin und die B-GmbH gehörten bereits bei der Gründung der A-GmbH wie auch noch im Zeitpunkt der Übertragung des Geschäftsanteils über 1.000 DM als Organgesellschaften zur umsatzsteuerlichen Organschaft C-GmbH.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte wegen der Anteilsvereinigung im Hinblick auf die beiden in Hamburg gelegenen Grundstücke, die im Zeitpunkt der Anteilsvereinigung der A-GmbH gehörten, gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Hamburg nach dem Einheitswert Grunderwerbsteuer fest. Der Einspruch der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer auf Aufhebung des Steuerbescheids gerichteten Klage hat die Klägerin im wesentlichen geltend gemacht:

Die Anteile an der A-GmbH seien bereits von Anfang an in der Hand eines Organkreises vereinigt gewesen. Durch den Wechsel eines Anteils innerhalb des Organkreises könne nicht nochmals eine Anteilsvereinigung eintreten. Im übrigen müsse bei einer Erhebung der Grunderwerbsteuer § 16 Abs. 2 Satz 1 GrEStG Hamburg (= § 6 Abs. 2 Satz 1 GrEStG 1940) entsprechend angewendet werden.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat Revision eingelegt und ihren Klageantrag weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Aufgrund des Vertrags vom 31. Dezember 1973 ist hinsichtlich der in Hamburg belegenen Grundstücke eine Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG Hamburg nicht entstanden, wenn die B-GmbH bei Gründung der A-GmbH als Treuhänderin der Klägerin gehandelt haben sollte. Andernfalls ist sie zur Entstehung gelangt. Obwohl eine Treuhänderstellung der Klägerin bisher nicht behauptet worden ist, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß die B-GmbH nicht Treuhänderin der Klägerin gewesen ist. Die B-GmbH hielt nur einen Zwerganteil an der A-GmbH. In einem solchen Fall ist nicht auszuschließen, daß sie sich nur treuhänderisch an der A-GmbH beteiligt hat.

Sollte sich bei den weiteren Ermittlungen ergeben, daß zwischen der Klägerin und der B-GmbH bei Gründung der A-GmbH ein Treuhandverhältnis bestand, so wäre der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG Hamburg nach der Rechtsprechung des Senats bereits bei Gründung der A-GmbH verwirklicht worden, weil bereits in diesem Zeitpunkt gemäß § 667 BGB ein Anspruch der Klägerin gegen die B-GmbH auf Übertragung ihres Anteils in Höhe von nominell 1.000 DM entstanden wäre (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 28. Juni 1972 II 77/64, BFHE 106, 138, BStBl II 1972, 719). In diesem Fall müßte angenommen werden, daß die Übertragung des Anteils von nominell 1.000 DM der Erfüllung dieses Anspruchs diente. Angesichts der Subsidiarität des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG Hamburg entstände durch die Übertragung des Geschäftsanteils nicht erneut eine Grunderwerbsteuer (vgl. hierzu auch Boruttau/Klein/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuer, 10. Aufl., § 1 GrEStG Tz. 194).

Sollte sich allerdings ergeben, daß die B-GmbH bei der Gründung der A-GmbH nicht als Treuhänderin, sondern lediglich als eine zum Organkreis gehörige Gesellschaft gehandelt hat, so könnte die Klage keinen Erfolg haben. Denn in diesem Fall wären durch den Vertrag vom 31. Dezember 1973 hinsichtlich der Hamburger Grundstücke erstmals die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG Hamburg erfüllt worden. Der Anteilsvereinigung in der Hand der Klägerin allein wäre hinsichtlich der Hamburger Grundstücke keine Anteilsvereinigung im Organkreis vorangegangen. Dies ergibt sich aus folgendem:

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG Hamburg wird die Grunderwerbsteuer durch ein auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile gerichtetes Rechtsgeschäft ausgelöst. Als Übertragung ist nicht die erstmalige Zuordnung der bei der Gesellschaftsgründung neu entstehenden Anteile anzusehen. Dies hat der Senat bereits mehrfach ausgesprochen (so in den Urteilen vom 16. Dezember 1953 II 138/53 U, BFHE 58, 315, BStBl III 1954, 34, vom 23. März 1955 II 228/54 U, BFHE 60, 397, BStBl III 1955, 152, und vom 19. Dezember 1956 II 35/56 U, BFHE 64, 284, BStBl III 1957, 108). Hieran hält er fest.

Auch der gesetzgeberische Zweck des § 1 Abs. 3 GrEStG Hamburg erfordert keine Einbeziehung der Gründungsfälle in den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG Hamburg. Durch diese Vorschrift wird eine Änderung der grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung von Gesellschaftsgrundstücken bei Vereinigung aller Anteile fingiert. Verhindert werden sollen Steuerumgehungen. Dies ist bei der Auslegung der Vorschrift zu berücksichtigen. Bei der Gründung einer Gesellschaft unter Übertragung von Grundstücken tritt bereits (unmittelbar) eine Änderung in der Zuordnung der Grundstücke ein. Es besteht deshalb kein Grund, daneben noch eine (mittelbare) Änderung in der Zuordnung der Grundstücke zu fingieren. Deshalb ist der Begriff der Übertragung von Anteilen nicht dahin auszulegen, daß darunter auch die Entstehung der Anteile bei Gründung einer Gesellschaft fällt.

Auch aus § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG ist eine weite Auslegung nicht zu erschließen. Der dort verwendete Begriff der Vereinigung aller Anteile kann nur vor dem Hintergrund der Nummer 1 interpretiert werden. Es ist nur die Vereinigung durch Übertragung von Anteilen gemeint.

Das Urteil des erkennenden Senats (BFHE 106, 138, BStBl II 1972, 719) steht dieser Auslegung nicht entgegen. Nach der dort vertretenen Auffassung wird die Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG Hamburg in den Treuhandfällen bei Gründung einer Gesellschaft nicht durch das Entstehen der Gesellschaftsanteile, sondern durch das Entstehen des Herausgabeanspruchs des Treugebers gemäß § 667 BGB ausgelöst. Entsteht ein solcher Herausgabeanspruch mangels Vorliegens eines Treuhandverhältnisses nicht, so kann eine Anteilsvereinigung selbst dann nicht eintreten, wenn es sich um eine Gesellschaftsgründung innerhalb eines Organkreises handelt.

Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß eine spätere Abtretung dieses Anteils kraft der Machtverhältnisse im Organkreis erzwungen werden kann. Denn hieraus folgt noch kein bei Gründung einer Gesellschaft bereits entstehender schuldrechtlicher Anspruch auf Abtretung dieses Anteils.

Unterliegt danach die Gründung einer Gesellschaft durch Unternehmen eines Organkreises nicht der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, so steht nichts entgegen, die spätere Vereinigung aller Anteile in einer Hand gemäß der ersten Alternative der genannten Vorschrift der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Auch wenn das Wort "oder" in dieser Vorschrift alternativ ausgelegt werden sollte, müßte so entschieden werden, weil die alternative Anteilsvereinigung im Organkreis hinsichtlich der Hamburger Grundstücke noch nicht verwirklicht worden wäre. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Prüfung, ob das Wort "oder" alternativ oder kumulativ gemeint ist (vgl. zu dieser Frage Boruttau/Klein/Egly/Sigloch, a. a. O., Tz. 219).

Der Umstand, daß die Einbringung der Grundstücke anläßlich der Gründung der A-GmbH von der Grunderwerbsteuer auf Grund des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwGrEStG Hamburg befreit gewesen ist, kann im vorliegenden Fall nicht dazu führen, auch die später nachfolgende Anteilsvereinigung von der Grunderwerbsteuer in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift steuerfrei zu stellen. Selbst wenn eine Anteilsvereinigung bei Gründung der A-GmbH durch die Klägerin und die B-GmbH als Treuhänderin in entsprechender Anwendung der genannten Vorschrift steuerfrei gewesen wäre, kann dies für den vorliegenden Vorgang allein schon deshalb nicht gelten, weil die Anteilsvereinigung erst nach dem 31. Dezember 1972 eingetreten ist (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 des genannten Gesetzes).