| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 23.11.1979 (III R 4/79) BStBl. 1980 II S. 554

Die Fristenregelung für Gebäude gilt entsprechend auch für Betriebsvorrichtungen, die gleichzeitig mit einem Gebäude oder einem Gebäudeteil hergestellt werden und mit diesen eine bautechnische und bauordnungsrechtliche Einheit bilden.

InvZulG 1975 § 4b.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) baute in den Jahren 1975 bis 1977 einen Stahlbetonkeller mit Betonweintanks. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) bildeten die Tanks mit dem Keller eine statische und bauliche Einheit. Die Außenwände des Gebäudes sind zum Teil gleichzeitig Tankwände.

Den Bauantrag hierfür hatte die Klägerin im Juni 1975 gestellt. Die Bauarbeiten waren - bis auf Nachbesserungen - am 30. Juni 1977 beendet.

Für die im Jahre 1976 angefallenen Gesamtbaukosten beantragte die Klägerin die Gewährung einer Investitionszulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes 1975 - InvZulG 1975 - (BGBl I 1975, 528, BStBl I 1975, 205). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hielt nur die Baukosten des Kellers, nicht aber die der Tanks für zulagebegünstigt. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das FG hat der Klage stattgegeben. Es war der Auffassung, daß der Keller und die Tanks investitionszulagerechtlich einheitlich zu behandeln seien.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es Verletzung des § 4b InvZulG 1975 rügt. Es ist im wesentlichen der Auffassung, bei den Tanks handele es sich um bewegliche Wirtschaftsgüter. Die für Gebäude und Gebäudeteile maßgebenden Vorschriften des § 4b InvZulG 1975 seien aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf bewegliche Wirtschaftsgüter anwendbar.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Investitionszulage nach § 4b InvZulG 1975 zu Recht bejaht.

1. Das FG hat aus dem von ihm festgestellten Sachverhalt zunächst zutreffend die rechtliche Folgerung gezogen, daß die Betontanks bewegliche Wirtschaftsgüter sind.

Die Tanks sind nicht als Teil des Gesamtgebäudes, sondern als Betriebsvorrichtung i. S. des § 68 Abs. 2 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes 1965 (BewG 1965) und damit investitionszulagerechtlich als bewegliche Wirtschaftsgüter (vgl. insbesondere Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. April 1976 III R 132/74, BFHE 119, 97, BStBl II 1976, 527) anzusehen. Entscheidend dabei ist, daß die Tanks nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang (vgl. zu diesem Begriff BFH-Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) zu dem Gebäude, sondern in einem unmittelbaren und besonderen Verhältnis zu dem in dem Gebäude betriebenen Gewerbebetrieb stehen (vgl. dazu auch Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Randnote 66 zu § 68 BewG). Dabei ist jedoch zu beachten, daß die Tankumschließungen, soweit sie dazu bestimmt sind, das Gesamtgebäude mitzustützen, aufgrund der Regelung des § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG 1965 zum Gebäude gehören (vgl. Gürsching/Stenger, a. a. O., Randnote 68 zu § 68 BewG, sowie Abschn. 11 Abs. 2 des gemeinsamen Ländererlasses vom 31. März 1967 zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen, BStBl II 1967, 127).

2. Das FG ist ferner zu Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin mit der Herstellung der Tanks innerhalb des maßgeblichen Begünstigungszeitraums begonnen hat, und daß diese Wirtschaftsgüter rechtzeitig fertiggestellt worden sind.

a) Die Gewährung der Investitionszulage gemäß § 4 b InvZulG 1975 setzt u. a. voraus, daß der Steuerpflichtige nachweislich nach dem 30. November 1974 und vor dem 1. Juli 1975 mit der Herstellung begonnen hat (§ 4b Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1975). Wann die Herstellung beginnt, regelt das Gesetz nur für Gebäude und Gebäudeteile ausdrücklich. Als Beginn der Herstellung gilt bei diesen der Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Baugenehmigung gestellt wird (§ 4b Abs. 2 Satz 5 InvZulG 1975).

Darüber hinaus ist grundsätzlich erforderlich, daß die Wirtschaftsgüter vor dem 1. Juli 1976 fertiggestellt worden sind (§ 4b Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1975). Bei Gebäuden und Gebäudeteilen tritt an die Stelle des 1. Juli 1976 der 1. Juli 1977 (§ 4b Abs. 2 Satz 3 InvZulG 1975).

b) Die Bestimmungen des § 4b Abs. 2 Sätze 3 und 5 InvZulG 1975 sind nach Auffassung des Senats entsprechend auch auf Betriebsvorrichtungen anzuwenden, die gleichzeitig mit einem Gebäude oder einem Gebäudeteil errichtet werden und mit diesen eine bautechnische und bauordnungsrechtliche Einheit bilden. Die letztgenannte Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn - wie im Streitfall - nur ein Teil der mit dem Gebäude (Gebäudeteil) verbundenen baulichen Anlage steuerrechtlich als Betriebsvorrichtung, im übrigen aber als Gebäude zu beurteilen ist und wenn Gebäude (Gebäudeteil) und Betriebsvorrichtung aufgrund einer einheitlichen Baugenehmigung errichtet werden.

Die Sätze 3 und 5 des § 4b Abs. 2 InvZulG 1975 enthalten zwar nach ihrem Wortlaut nur eine Regelung für Gebäude und Gebäudeteile. Diese Regelung erweist sich jedoch als planwidrig unvollständig und deshalb ergänzungsbedürftig. Den Bestimmungen des § 4b Abs. 2 Sätze 3 und 5 InvZulG 1975 liegt der Gedanke zugrunde, daß es bei Gebäuden und Gebäudeteilen wegen der bei diesen gegebenen Besonderheiten hinsichtlich des Beginns und des Endzeitpunkts der Herstellung einer anderen Regelung bedarf als bei den übrigen Wirtschaftsgütern. So wurde die Frist, innerhalb der ein Gebäude oder Gebäudeteil fertiggestellt sein muß, wegen der im allgemeinen längeren Herstellungsdauer um ein Jahr bis zum 30. Juni 1977 verlängert (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 7/3010 S. 6). Die für die Sonderregelung bei Gebäuden und Gebäudeteilen maßgebenden Überlegungen gelten aber wegen der engen Verknüpfung im gleichen Maß auch für Wirtschaftsgüter, die gleichzeitig mit einem Gebäude oder einem Gebäudeteil hergestellt werden und mit diesen eine bautechnische und bauordnungsrechtliche Einheit bilden. Es hätte deshalb auch insoweit einer entsprechenden Regelung bedurft. Die vorhandene Lücke der gesetzlichen Regelung ist in Übereinstimmung mit der Systematik und dem Zweck der bestehenden Vorschriften in der genannten Weise auszufüllen. Daraus folgt, daß die für Gebäude und Gebäudeteile geltenden Bestimmungen hinsichtlich des Beginns und des Endzeitpunkts der Herstellung entsprechend auch auf Betriebsvorrichtungen der vorstehend genannten Art anzuwenden sind.

Dementsprechend ist für die Gewährung von Investitionszulage für Teilherstellungskosten von Betriebsvorrichtungen der genannten Art nicht Satz 1, sondern Satz 2 des § 4b Abs. 4 InvZulG 1975 maßgebend.

3. Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen.