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BFH-Beschluß vom 20.5.1980 (VII S 2/80) BStBl. 1980 II S. 561

Der Gegenstandswert bei Streit um die Rechtmäßigkeit einer richterlichen Durchsuchungsermächtigung bemißt sich in der Regel nach dem Betrag, wegen dessen vollstreckt werden soll. Der zu erwartende finanzielle Erfolg einer Pfändung in der Wohnung des Vollstreckungsschuldners ist nur dann maßgebend, wenn Anzeichen dafür vorliegen, daß die Forderung nicht in voller Höhe befriedigt werden wird.

BRAGebO §§ 7, 8 Abs. 1, 10 Abs. 2 Satz 4; GKG § 13 Abs. 1; AO 1977 § 287.

Sachverhalt

Auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers und Antragsgegners (Finanzamt - FA -) hatte das Finanzgericht (FG) gegen den Vollstreckungsschuldner und Antragsteller (Vollstreckungsschuldner) einen Durchsuchungsbeschluß wegen einer zu vollstreckenden Steuerforderung in Höhe von 6.194,04 DM erlassen. Der erkennende Senat hob diesen Beschluß auf die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners auf und erlegte dem FA die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf.

Der Prozeßbevollmächtigte des Vollstreckungsschuldners beantragt im Namen seines Mandanten und im eigenen Namen, den Gegenstandswert in Höhe von 6.194,04 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, den Gegenstandswert auf 10 v. H. von 6.194,04 DM festzusetzen. Es macht geltend, der Vollstreckungsschuldner habe sich nicht unmittelbar gegen eine Vollstreckungshandlung gewendet. Es, das FA, habe das FG lediglich um Rechtshilfe ersucht, weil sich der Vollstreckungsschuldner geweigert habe, seine Wohnung vom Vollziehungsbeamten zum Zweck der Vollstreckung betreten zu lassen. Demnach könne sich die Bedeutung der Sache nicht nach dem rückständigen Abgabenbetrag richten. Durch die Aufhebung des Durchsuchungsbeschlusses habe der Vollstreckungsschuldner lediglich eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung erreicht. Deshalb sei der Gegenstandswert wie bei einem Verfahren der einstweiligen Einstellung der Vollstreckung nur in Höhe von 10 v. H. des zu vollstreckenden Betrags festzusetzen.

Entscheidungsgründe

Der Gegenstandswert bestimmt sich nach den für Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften (§§ 7, 8 Abs. 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte - BRAGebO -). Nach dem danach anzuwendenden § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) richtet sich der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers, hier des FA als Antragsteller (vgl. § 13 Abs. 3 GKG), für diesen ergebenden Bedeutung der Sache. Das Interesse des FA an dem Erlaß eines Durchsuchungsbeschlusses liegt in dem damit verfolgten Zweck, die Wohnung des Vollstreckungsschuldners zum Zweck der Pfändung der darin befindlichen Vermögensgegenstände wegen der zu vollstreckenden Forderung zu durchsuchen (vgl. § 287 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Regelmäßig ist daher von dem Betrag dieser Forderung auszugehen. Nur wenn Anzeichen dafür ersichtlich sind, daß ein Erlös in dieser Höhe nicht erreicht werden kann, z. B. der zu vollstreckende Betrag den pfändbaren Wert einer normal ausgestatteten, den Einkommensverhältnissen des Vollstreckungsschuldners entsprechenden Wohnungseinrichtung wesentlich übersteigen würde, wäre der Gegenstandswert nach dem zu erwartenden finanziellen Erfolg der Pfändung zu bemessen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 18. Oktober 1977 VII R 4/77, BFHE 123, 408, BStBl II 1978, 71). Solche Anzeichen liegen im Streitfall nicht vor. Der Gegenstandswert ist daher nach dem Betrag der zu vollstreckenden Forderung zu bemessen.

Entgegen der Meinung des FA kommt es nicht darauf an, ob die Aufhebung des Durchsuchungsbeschlusses einer einstweiligen Einstellung der Vollstreckung gleichkommt. Denn der Gegenstandswert ist nach der Bedeutung des Antrags des FA beim FG auf Erlaß eines Durchsuchungsbeschlusses zu bemessen, nicht aber nach dem Interesse des Antragsgegners, also des Vollstreckungsschuldners. Im übrigen führt auch die Aufhebung der Durchsuchungsanordnung zur endgültigen Vereitelung der damit bezweckten Vollstreckungshandlung, nämlich der Pfändung. Dies wird im vorliegenden Fall besonders dadurch deutlich, daß der Durchsuchungsbeschluß deshalb aufgehoben wurde, weil das FA selbst durch eine Ratenzahlungsvereinbarung auf die sofortige Durchführung der Vollstreckung verzichtet hatte. Es könnte eine erneute Durchsuchungsanordnung erst dann beantragen, wenn die Voraussetzungen einer Vollstreckung und einer Durchsuchung wieder gegeben wären.