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BFH-Urteil vom 14.5.1980 (I R 138/77) BStBl. 1980 II S. 600

1. Es gibt keinen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, der es Gesellschaften mit beschränkter Haftung gebietet, ein anläßlich einer Kapitalerhöhung erzieltes Ausgabeaufgeld in voller Höhe, d. h. ohne Verrechnung mit den Ausgabekosten, in Rücklage zu stellen.

2. Die Vorschrift des § 11 Nr. 1a KStG 1968 ist auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung anwendbar. Die abweichende Beurteilung für Aktiengesellschaften (BFHE 110, 129, BStBl II 1973, 790) gilt für Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht.

KStG 1968 § 11 Nr. 1a; KStG 1977 § 9 Nr. 1a; AktG 1965 § 150 Abs. 2 Nr. 2.

Sachverhalt

Das Stammkapital der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - einer GmbH - wurde durch Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 29. Dezember 1969 um 31.630.000 DM auf 63.260.000 DM zum Kurs von 300 v. H. erhöht. Die Einlageverpflichtung wurde durch Sacheinlagen erbracht. Die Kosten der Kapitalerhöhung von 2.564.383 DM wurden von der Klägerin gewinnmindernd verbucht.

Das Finanzamt N erkannte bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer 1969 den Abzug der Kapitalerhöhungskosten nicht an, weil sie aus dem Aufgeld zu decken seien.

Der Einspruch der Klägerin, über den der zur Zeit des Erlasses der Einspruchsentscheidung unzuständig gewesene, später aber zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) entschieden hat, hatte keinen Erfolg, ebensowenig die Klage.

Das Finanzgericht (FG) stützte sich auf § 11 Nr. 1a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Es schloß sich dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Juli 1973 I R 88/71 (BFHE 110, 129, BStBl II 1973, 790) an und vertrat die Ansicht, daß die in § 11 Nr. 1a KStG verwandten Worte "gedeckt werden können" sowohl ein tatsächliches wie ein rechtliches Können zum Inhalt hätten. Dies bedeute, daß die Bestimmungen zwar bei Aktiengesellschaften nicht angewandt werden könnten, da das Ausgabeaufgeld nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 des Aktiengesetzes (AktG) voll in die gesetzliche Rücklage einzustellen sei. Anders sei die Rechtslage bei einer GmbH, deren Recht keine dem § 150 Abs. 2 Nr. 2 AktG vergleichbare Regelung enthalte. Aus der Unzuständigkeit des FA zur Entscheidung über den Einspruch ergäben sich keine Folgerungen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 11, 6 KStG 1969, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Sie macht geltend, die Ausgabekosten seien Betriebsausgaben, da durch den Betrieb veranlaßt. § 11 Nr. 1a KStG sei auch auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht mehr anwendbar. Der ursprüngliche Zweck der Vorschrift sei durch das Aktiengesetz 1965 überholt. Selbst wenn man die Weitergeltung des § 11 Nr. 1a KStG vertrete, seien die Kapitalerhöhungskosten im Streitfall als Betriebsausgaben abzugsfähig, denn sie hätten weder rechtlich noch tatsächlich aus dem Ausgabeaufgeld gedeckt werden können. Die Klägerin sei nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zur Minderung des Jahreserfolges um die Kapitalerhöhungskosten verpflichtet gewesen. § 150 Abs. 2 Nr. 2 AktG 1965 enthalte einen übergeordneten Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, der auch für andere Rechtsformen als Aktiengesellschaften gelten müsse. Er sei Ausdruck des Vorsichtsprinzips. Die Klägerin sie auch gesellschaftsrechtlich gehindert gewesen, die Rücklage um das Agio zu kürzen. Das Kapital der Klägerin sei durch Einbringung von Geschäftsanteilen an einem anderen Unternehmen erhöht worden, um die Aktivitäten zweier Unternehmen in einer Gesellschaft zusammenzuführen. Die Gesellschaft habe aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses, der - wenn auch nicht schriftlich fixiert - durch die Bilanzierung dokumentiert sei, das Agio ungekürzt in die Rücklage einstellen müssen. Beide Gesellschafter seien Aktiengesellschaften. Für beide sei es unstreitig, daß in diesen Fällen von der Tochtergesellschaft die Bestimmungen des Aktiengesetzes anzuwenden seien. - Ferner sei im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung zum 1. Januar 1970 auch ein Ergebnisabführungsvertrag i. S. von § 291 Abs. 1 AktG gemäß § 7a KStG mit der von den Gesellschaftern der Klägerin gegründeten Mehrmütterorganschaft mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt geschlossen worden. In § 2 Abs. 2 bzw. § 3 Abs. 2 des Ergebnisabführungsvertrages sei § 302 AktG für entsprechend anwendbar erklärt und eine Abführung der vorvertraglichen Rücklagen oder eine Auflösung der vorvertraglichen Rücklagen zum Ausgleich eines sonst entstehenden Jahresverlustes ausgeschlossen. Aufgrund der zivilrechtlichen Verpflichtungen sei ihre Rücklage mit der gesetzlichen Rücklage einer AG vergleichbar. - Der Klägerin sei es auch tatsächlich nicht möglich gewesen, das Agio um die Kapitalerhöhungskosten zu mindern. Da die Kapitalerhöhung der Klägerin nicht in bar, sondern gegen Sacheinlage geleistet worden sei, hätten die Ausgabekosten aus dem Aufgeld tatsächlich nicht gedeckt werden können. Auch wenn der rechnerische Betrag des Agio größer sei als die Summe der Kapitalerhöhungskosten, so sei im Falle der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage eine Deckung (Finanzierung der Ausgabekosten) aus dem Agio nicht möglich. Eine Finanzierung der Kapitalerhöhungskosten aus dem Sacheinlage-Agio könne allenfalls durch sofortige Teilveräußerung der Sacheinlage erreicht werden. Dies würde jedoch dem Zweck der Sacheinlage völlig zuwiderlaufen. - Die Anwendung des § 11 Nr. 1a KStG widerspreche auch Art. 3 Abs. 1 GG (wird näher ausgeführt).

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung angefallenen Kosten (2.564.383 DM) bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen und sie als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Die vom beklagten FA erlassene Einspruchsentscheidung ist nicht mangels örtlicher Unzuständigkeit aufzuheben.

Die örtliche Unzuständigkeit der Einspruchsbehörde führt nicht dazu, daß die Einspruchsentscheidung nichtig ist (vgl. § 125 Abs. 3 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Einspruchsentscheidung als zwar nicht nichtig, aber gleichwohl rechtswidrig aufgehoben werden könnte, so würde eine Aufhebung daran scheitern, daß nach § 367 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 das FA als inzwischen zuständig gewordene Behörde erneut über den Einspruch entscheiden müßte. Eine Aufhebung der Einspruchsentscheidung wäre eine durch keine vernünftige Erwägung gerechtfertigte Förmelei.

II.

1. Der erkennende Senat hat in BFHE 110, 129, BStBl II 1973, 790 dargelegt, daß es für die nach § 11 Nr. 1a KStG bedeutsame Frage, unter welchen Voraussetzungen die Kosten der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen aus dem Aufgeld gedeckt werden können, darauf ankommt, ob die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften eine solche Verrechnung gestatten. Daran hält der erkennende Senat fest.

Der Senat hat sich in BFHE 110, 129, BStBl II 1973, 790 mit der Entstehungsgeschichte des § 11 Nr. 1a KStG auseinandergesetzt. Er hat dargelegt, daß die Vorschrift auf § 15 Abs. 1 Nr. 4 KStG 1925 zurückgeht und daß diese Vorschrift während der Beratung des Entwurfs eines Körperschaftsteuergesetzes eingefügt wurde (Reichstag, III. Wahlperiode 1924/1925, Nr. 1230, Bericht des 6. Ausschusses über den Entwurf eines Körperschaftsteuergesetzes - Nr. 796 der Drucksachen - S. 11f.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, hatte die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung der Pari-Emissionen (volle Abzugsfähigkeit der Ausgabekosten) und der Überpari-Emissionen (Nichtabzugsfähigkeit der Ausgabekosten, soweit mit dem Aufgeld verrechenbar) ihren Grund in der damaligen handelsrechtlichen Lage. Nach § 262 HGB a. F. war in die gesetzliche Rückstellung der Betrag einzustellen, der bei der Errichtung der Gesellschaft oder der Erhöhung des Grundkapitals durch Ausgabe der Aktien zu einem höheren als dem Nennbetrag über diesen und über die Kosten der Ausgabe hinaus erzielt wurde. Diese Kosten durften nicht aktiviert werden, konnten also handelsrechtlich den Gewinn mindern, konnten aber auch mit dem Ausgabeaufgeld verrechnet werden und minderten dann nicht den Gewinn, sondern die Einlage.

2. Die Ansicht des Senats, daß es sich nach den Vorschriften des Gesellschaftsrechts entscheiden müsse, ob die Kosten der Ausgabe von Geschäftsanteilen aus dem Ausgabeaufgeld gedeckt werden können (dürfen), wurde im Schrifttum zum Teil kritisiert. Barth (Betriebs-Berater 1978 S. 143 - BB 1978, 143 -) will aus der Entstehungsgeschichte des § 11 Nr. 1a KStG herleiten, daß sich der Gesetzgeber des Körperschaftsteuergesetzes 1925 völlig unabhängig von dem geltenden Handelsrecht für die nur teilweise Abzugsfähigkeit der Ausgabekosten entschieden habe. Diese Kritik überzeugt den erkennenden Senat nicht.

a) Der Reichsfinanzhof (RFH) hatte sich in seinem Urteil vom 12. November 1924 I A 32/24 (RFHE 15, 200, 213, RStBl 1925, 66) gegen jeden Abzug der Ausgabekosten im wesentlichen mit der Begründung gewandt, sie seien durch die Kapitalvermehrung entstandene Unkosten, die den körperschaftsteuerrechtlichen Gewinn nicht mindern dürften. Die ungleichartige Behandlung der (voll) abzugsfähigen Ausgabekosten bei Pari-Emissionen und der (nur eingeschränkten) Abzugsfähigkeit bei Überpari-Emissionen hat der RFH aus steuerlichen Gründen nicht für zulässig gehalten. Der RFH setzte sich auch mit § 262 HGB auseinander. Eine Anwendung dieser Vorschrift im Körperschaftsteuerrecht hielt er nicht für angängig, weil es § 262 HGB den Kapitalgesellschaften freistelle, ob sie das Agio brutto (d. h. ohne Abzug der Ausgabekosten) oder netto (d. h. nach Abzug der Ausgabekosten) in die gesetzliche Rücklage einstellen wollten, im letztgenannten Fall mit der Folge, daß nicht die Einlagen, sondern der Gewinn gemindert werde. Für die Rechtslage, mit der sich der RFH zu befassen hatte, gab es keine dem späteren § 15 Abs. 1 Nr. 4 KStG 1925 entsprechende Vorschrift.

b) Der Entwurf zum Körperschaftsteuergesetz 1925 hatte die später in § 15 Abs. 1 Nr. 4 geschaffene Regelung nicht vorgesehen. Auf einen entsprechenden Antrag im Gesetzgebungsverfahren (Antrag Nr. 111, s. Reichstags-Drucksache, III. Wahlperiode Nr. 1230) hatte der Regierungsvertreter - auf der Grundlage der Rechtsauffassung des RFH - ausgeführt, die Ausgabekosten seien an sich nicht abzugsfähig. Da das HGB aber die Aktivierung der Ausgabekosten verbiete, könnten im Fall der Liquidation der Gesellschaft Unbilligkeiten eintreten, da hier unter Umständen solche Kosten als Bestandteil des Liquidationsgewinns nochmals der Besteuerung unterworfen würden, obwohl sie bereits im Jahre ihrer Verausgabung versteuert worden seien. Es sei daher gerechtfertigt, die Emissionskosten von der Nichtabzugsfähigkeit auszunehmen und ihre ausdrückliche Abzugsfähigkeit zu gestatten.

c) Die Materialien zum Körperschaftsteuergesetz 1925 lassen nicht mit letzter Sicherheit erkennen, warum es schließlich nicht zum Vollabzug der Ausgabekosten gekommen ist, sondern nur derjenige Teil der Ausgabekosten abgezogen werden durfte, der nicht durch das Ausgabeaufgeld abgedeckt werden konnte. Immerhin waren sich sowohl der RFH wie später der Regierungsvertreter im Gesetzgebungsverfahren des Zusammenhangs zwischen steuerrechtlicher und handelsrechtlicher Problematik bewußt. Schließlich entscheidend ist der objektivierte Wille des Gesetzgebers, der ergibt, daß § 15 Abs. 1 Nr. 4 KStG 1925 nur vor dem Hintergrund der damaligen handelsrechtlichen Lage zu verstehen ist. Eine Tendenz jedenfalls ging in den Beratungen zum Körperschaftsteuergesetz 1925 zur Abzugsfähigkeit der Ausgabekosten. Offensichtlich aber ging man davon aus, dieser Abzugsfähigkeit bedürfe es nicht, soweit die Kapitalgesellschaft berechtigt sei, das Aufgeld um die Ausgabekosten zu kürzen, wie dies nach § 262 HGB der Fall war. Denn eine Kapitalgesellschaft war damals - und auch nach dem Aktiengesetz 1937 (§ 133 Nr. 4, § 130 Abs. 2 Nr. 2) - nicht gezwungen, die Ausgabekosten zu Lasten des Gewinns zu buchen, sondern war berechtigt, insoweit die Einlage zu schmälern und damit eine Gewinnminderung zu verhindern. Was sie handelsrechtlich durfte, sollte ihr steuerrechtlich entgegengehalten werden dürfen.

d) Der erkennende Senat sieht auch im Hinblick auf § 9 Nr. 1a KStG 1977 keine Veranlassung, von seiner Rechtsauffassung abzugehen.

Nach § 11 Nr. 1a KStG 1968 sind nur die Kosten der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen abzugsfähig, "soweit die Kosten nicht aus dem Ausgabeaufgeld gedeckt werden können". Gemäß § 9 Nr. 1a KStG 1977 sind die Kosten der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen abzugsfähig, "soweit die Kosten das Ausgabeaufgeld übersteigen". In der Begründung des Regierungsentwurfs zu dieser Vorschrift ist ausgeführt, die Bundesregierung könne sich dem BFH-Urteil in BFHE 110, 129, BStBl II 1973, 790 nicht anschließen. Sie hält die Emissionskosten für nichtabzugsfähig und bezieht sich auf das Urteil des RFH in RFHE 15, 200, RStBl 1925, 66 (Begründung des Regierungsentwurfs zum Körperschaftsteuergesetz 1977, Bundestags-Drucksache 7/1470 S. 343). Aber einmal enthält die Äußerung eines an der Gesetzgebung beteiligten Organs über das Verständnis einer bisher geltenden Vorschrift keine verbindliche Anweisung, wie ein Gericht diese Norm auszulegen hat. Zum anderen hat der Gesetzgeber der Vorschrift des § 9 Nr. 1a KStG 1977 eine von § 11 Nr. 1a KStG 1968 abweichende Fassung gegeben. Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß der Gesetzgeber mit dieser Neufassung den Bedeutungsinhalt der Vorschrift gegenüber der früheren Rechtslage verändert hat. Im übrigen hat der erkennende Senat über die Auslegung des § 9 Nr. 1a KStG 1977 in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

III.

Im Gegensatz zu der durch § 150 Abs. 2 Nr. 2 AktG 1965 für Aktiengesellschaften geschaffene Rechtslage (BFHE 110, 129, BStBl II 1973, 790) bestehen für Gesellschaften mit beschränkter Haftung keine überzeugenden Gründe, § 11 Nr. 1a KStG 1968 als obsolet zu betrachten.

1. Nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 AktG ist "der Betrag, der bei der Ausgabe von Aktien ... über den Nennbetrag hinaus erzielt wird", in die gesetzliche Rücklage einzustellen. Diese Vorschrift ist auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht (analog) anwendbar.

Die Vorschrift regelt die Modalitäten der gesetzlichen Rücklage. Nach § 150 Abs. 1 AktG ist eine gesetzliche Rücklage zu bilden. Abs. 2 der Vorschrift bestimmt, welche Beträge in diese Rücklage einzustellen sind. Die in die gesetzliche Rücklage eingestellten Beträge sind mit den Einschränkungen der Abs. 3 und 4 des § 150 AktG gebunden, dürfen also nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Abs. 2 der Vorschrift ist nur im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des § 150 AktG verständlich. Das flexibler ausgestaltete Recht der GmbH kennt demgegenüber keine gesetzliche Pflicht zur Bildung einer Rücklage. Deshalb können auch die Vorschriften des Aktiengesetzes über die Rücklagen auf die GmbH nicht analog angewandt werden. Schon eine dem § 130 Abs. 2 Nr. 2 AktG 1937 entsprechende Vorschrift wäre im GmbH-Recht systematisch und praktisch verfehlt gewesen (Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, Tübingen, 1949, S. 89 ff., 91). Für § 150 Abs. 2 Nr. 2 AktG 1965 kann nichts anderes gelten. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) durch die Entwicklung der Verhältnisse planwidrig unvollständig geworden sei und die Gesetzeslücke in Anlehnung an das Aktiengesetz geschlossen werden müsse.

2. Die GmbH ist auch nicht durch einen Grundsatz ordnungsmäßiger Bilanzierung verpflichtet, das Aufgeld ohne Verrechnung mit den Emissionsausgabekosten in die Bilanz einzustellen.

a) Im Schrifttum ist bestritten, ob die Ausgabe von Geschäftsanteilen überpari bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung zulässig ist (verneinend Brodmann, Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 3 Anm. 7d). Mit der herrschenden Meinung geht der erkennende Senat davon aus, daß gegen die Vereinbarung eines Aufgelds im GmbH-Recht als Ausfluß der Vertragsfreiheit keine durchgreifenden Bedenken bestehen (so auch Ulmer in Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl., § 3 Anm. 64, § 5 Anm. 131).

b) Nach einem Teil des Schrifttums soll die GmbH nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung verpflichtet sein, das bei der Ausgabe von GmbH-Anteilen erzielte Aufgeld in eine Rücklage einzustellen. Dabei steht die Erwägung im Vordergrund, daß es - wenn die Bildung einer solchen Rücklage unterlassen werde - im Interesse der Altgesellschafter liegen könne, das Aufgeld als Gewinn auszuweisen und es alsbald an sich wieder ausschütten zu lassen. Es gehe aber nicht an, ein zur finanziellen Stärkung der Gesellschaft gezahltes Aufgeld ohne bilanzmäßige Offenlegung seiner Herkunft als Gewinn auszuweisen und den Gesellschaftern unmittelbar wieder gutzubringen (Ulmer in Hachenburg, a. a. O., § 3 Rdnr. 64). Crone-Erdmann (Der Betrieb 1975 S. 1277f., 1278f. - DB 1975, 1277f., 1278f. -) leitet die Verpflichtung der GmbH, das bei der Ausgabe von Überpari-Emissionen erzielte Aufgeld ohne Verrechnung mit den Emissionskosten in eine offene Rücklage einzustellen, aus dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip ab. Die GmbH-Gesellschafter würden sich in diesem Falle einem Gebot "freiwillig unterwerfen", dessen Beachtung den Aktiengesellschaften gesetzlich auferlegt sei.

Die offene Rücklage dürfe nicht unter weniger erschwerten Voraussetzungen aufgelöst werden als die gesetzliche Rücklage der AG (vgl. auch Saage, DB 1968, 407; Strickstrock, Die Aktiengesellschaft 1969 S. 6; Leibrecht, Steuer und Wirtschaft 1970 Sp. 77f. - StuW 1970, 77f. - Barth, GmbH-Rundschau 1978 S. 43f. - GmbHR 1978, 43f. -).

c) Der erkennende Senat hält die GmbH jedenfalls nicht für verpflichtet, das Ausgabeaufgeld ohne Saldierung mit den Ausgabekosten in eine offene Rücklage einzustellen. Auch dabei ist für den Senat maßgebend, daß die GmbH nach dem geltenden Recht hinsichtlich der Bildung von Rücklagen bewußt freier gestellt ist als die AG. Da das Ausgabeaufgeld mit den Ausgabekosten in einem inneren Zusammenhang steht, können ohne gesetzliches Verbot gegen eine Saldierung beider Positionen keine grundlegenden Bedenken bestehen.

Der Senat verkennt dabei nicht, daß bei Schaffung des § 150 Abs. 2 Nr. 2 AktG auch der Gesichtspunkt von Bedeutung war, daß durch die Saldierung der Ausgabekosten mit dem Aufgeld der Gewinnausweis verzerrt werde (Kropff, Aktiengesetz, 1965 S. 221). Er hält dieses Argument aber für nicht so schwerwiegend, daß es - ohne ausdrückliche gesetzliche Normierung - auch eine GmbH verpflichten müßte, ein Ausgabeaufgeld ohne Saldierung mit den Emissionskosten in die offene Rücklage einzustellen. Ein solches Vorgehen kann im einzelnen Fall zweckmäßig, vielleicht für die GmbH aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses sogar geboten sein. Ein Grundsatz, der die GmbH allgemein zu einem solchen Vorgehen verpflichten müßte, läßt sich aus dem geltenden Recht nicht herleiten.

3. Damit ist § 11 Nr. 1a KStG für Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach wie vor anzuwenden. Die Vorschrift ist entgegen der im Schrifttum zum Teil vertretenen Auffassung auch nicht verfassungswidrig (zur Frage der Verfassungsmäßigkeit vgl. Barth, a. a. O., 48f.). Insbesondere verstößt § 11 Nr. 1a KStG nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (zu den Kriterien des Gleichheitssatzes vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 1974 VIII R 95/72, BFHE 112, 546, BStBl II 1974, 572, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG -).

Für die verfassungsrechtliche Frage kann offenbleiben, ob die Ausgabekosten als körperschaftsteuerrechtlich grundsätzlich nichtabzugsfähige Kosten der Vermögensmehrung (RFHE 15, 200, RStBl 1925, 66; Begründung des Regierungsentwurfs zum Körperschaftsteuergesetz 1977, a. a. O.,) anzusehen sind, oder ob sie ihrer Natur nach Betriebsausgaben sind, deren Abzugsfähigkeit aber teilweise gesetzlich eingeschränkt ist (so Thiel, DB 1960, 532; BFH-Urteil vom 21. Dezember 1977 I R 20/76, BFHE 124, 317, BStBl II 1978, 346). Unter beiden Aspekten widerspricht es nicht Art. 3 Abs. 1 GG, hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Ausgabekosten für neue Gesellschaftsanteile Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung unterschiedlich zu behandeln.

a) Betrachtet man die Ausgabekosten als körperschaftsteuerrechtlich grundsätzlich nichtabzugsfähig, so liegt ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen AG und GmbH darin, daß die GmbH nach dem zur Zeit geltenden Recht in bestimmtem Umfang ihre Ausgabekosten mit dem Ausgabeaufgeld verrechnen darf. Diese Möglichkeit steht der AG nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 AktG nicht zur Verfügung. Dabei muß der Gesetzgeber nicht notwendig danach differenzieren, ob die GmbH im einzelnen Fall (s. unten IV) die Ausgabekosten aus dem Ausgabeaufgeld decken kann. Der Umstand, daß diese Möglichkeit abstrakt besteht, genügt, die Anwendbarkeit des § 11 Nr. 1a KStG auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung als nicht willkürlich erscheinen zu lassen. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es dem Steuergesetzgeber nicht, bei der Gestaltung einer Steuernorm zu typisieren, d. h. geringfügige oder nur in besonders gelagerten Fällen auftretende Ungleichheiten in Kauf zu nehmen (vgl. Beschluß des BVerfG vom 2. Oktober 1968 1 BvF 3/65, BVerfGE 24, 174, 183).

b) Geht man davon aus, daß die Emissionskosten grundsätzlich Betriebsausgaben sind, so bedeutet die Einschränkung ihrer Abzugsfähigkeit bei der GmbH eine Durchbrechung des sog. Nettoprinzips, nach dem bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nur der unter Berücksichtigung der Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) ermittelte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen ist (§ 6 KStG, §§ 2, 4 ff. EStG). Das BVerfG hat offengelassen, ob dem geltenden Einkommensteuerrecht das Nettoprinzip als Sachgesetzlichkeit innewohnt. Es hat es jedenfalls für zulässig gehalten, daß der Gesetzgeber von diesem Prinzip abweicht, sofern er sachlich einleuchtende Gründe hat (vgl. z. B. BVerfG-Beschlüsse vom 2. Oktober 1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, und vom 7. November 1972 1 BvR 338/68, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1973 S. 135 - HFR 1973, 135 -). Das ist hier der Fall. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die unterschiedliche Behandlung von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die bis zum Inkrafttreten des § 9 KStG 1977 gilt, die billigste und gerechteste Lösung darstellt. In den im streitigen Veranlagungszeitraum gegebenen unterschiedlichen gesellschaftsrechtlichen Regelungen liegt ein hinreichender sachlicher Grund, der eine unterschiedliche Behandlung beider Rechtsformen auch steuerrechtlich rechtfertigt. Der Steuergesetzgeber muß ein Unternehmen, das eine Gewinnminderung durch Verrechnung mit einer Einlage vermeiden kann, nicht ebenso behandeln wie ein Unternehmen, dem diese Möglichkeit fehlt und welches das Ausgabeaufgeld zwangsläufig in allen Fällen gewinnmindernd behandeln muß.

IV.

Die Ausgabekosten der Klägerin konnten i. S. des Gesetzes aus dem Ausgabeaufgeld gedeckt werden. Die von der Klägerin geltend gemachten, in ihren besonderen Verhältnissen begründeten Umstände geben keinen Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung. Das gilt sowohl für die Tatsache, daß die Einlageverpflichtung durch Sacheinlagen erfüllt wurde, wie für die von der Klägerin geltend gemachten rechtlichen Zwänge, das Ausgabeaufgeld voll in Rücklage zu stellen.

1. Bei einer AG ist Ausgabeaufgeld alles, was der AG über den Nennbetrag von Aktien hinaus zufließt. Das Aufgeld kann auch durch eine Sacheinlage erbracht werden. Wird eine an sich wertvollere Sacheinlage nur zum Nennwert der Aktie hereingenommen und entsprechend bilanziert, so liegt eine stille Rücklage vor, die bei Aktiengesellschaften nicht in die gesetzliche Rücklage eingestellt zu werden braucht. Etwas anderes gilt dann, wenn der hohe Sachwert durch Ausgabe der Aktie über dem Nennwert zum Ausdruck kommt (vgl. BFHE 110, 129, BStBl II 1973, 790; RFH-Urteil vom 20. Dezember 1933 I A 340/32, RFHE 35, 26, RStBl 1934, 439; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl., Bd. 1 § 153 Rdnr. 55, § 150 Rdnr. 22; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 11 KStG a. F., Rdnr. 36). Die sinngemäße Anwendung dieser Grundsätze auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung ergibt, daß auch diese Gesellschaften Gesellschaftsanteile gegen Sacheinlagen ausgeben dürfen, deren Wert über den Nennbetrag der Gesellschaftsanteile hinausgeht.

2. Im Einzelfall kann eine GmbH aus verschiedenen Gründen verpflichtet sein, ein Ausgabeaufgeld voll, d. h. ohne Verrechnung mit den Ausgabekosten, in Rücklage zu stellen. Die Verpflichtung kann sich z. B. aus einem Gesellschafterbeschluß ergeben, wie ihn die Klägerin in ihrem Fall als mündlich vereinbart und durch die Art der Bilanzierung dokumentiert ansieht. Auf solche, von den Gesellschaftern beeinflußbare Umstände kann es jedoch bei der Auslegung des § 11 Nr. 1a KStG nicht ankommen. Die Vorschrift stellt auf die abstrakte Möglichkeit ab, die Ausgabekosten aus dem Ausgabeaufgeld zu decken. Ebensowenig wie es entscheidend ist, ob die Ausgabekosten tatsächlich aus dem Ausgabeaufgeld gezahlt oder mit ihm buchmäßig verrechnet werden (Herrmann/Heuer, a. a. O., Rdnr. 37), kann es darauf ankommen, daß die Gesellschafter eine Einstellung des vollen, um die Ausgabekosten nicht geminderten Ausgabeaufgelds in eine Rücklage beschließen. Es ist ein rechtlich wesentlicher Unterschied, ob eine AG von vornherein keinerlei rechtliche Möglichkeit der Verrechnung von Ausgabeaufgeld und Ausgabekosten hat, oder ob sich die GmbH - bei gesellschaftsrechtlich grundsätzlich statthafter Möglichkeit der Verrechnung - durch Vereinbarungen der Gesellschafter der Verrechenbarkeit begibt. Der Anwendung dieser Grundsätze auf die Klägerin steht auch nicht entgegen, daß die Gesellschafter der Klägerin Aktiengesellschaften sind. Die Klägerin selbst ist eine GmbH und nach den für diese Gesellschaftsform geltenden Regeln zu beurteilen.