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BFH-Urteil vom 16.7.1980 (VII R 24/77) BStBl. 1980 II S. 632

1. ...

2. Für eine neben der Anfechtungsklage erhobene Leistungsklage, mit der die Rückzahlung des Betrages begehrt wird, der aufgrund des angefochtenen Verwaltungsakts entrichtet worden ist, fehlt in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis. Dieses läßt sich nicht aus der Überlegung herleiten, daß ein der Leistungsklage stattgebendes Urteil nach § 151, § 155 FGO, § 708 Nr. 7 ZPO a. F. für vorläufig vollstreckbar erklärt werden könne, weil eine solche Vollstreckbarkeitserklärung nicht zulässig ist.

BranntwMonG § 151 Abs. 1, § 152 Abs. 1, § 78, § 79, § 79a; EWGV Art. 95 Abs. 1; FGO § 40 Abs. 1, § 151, § 155; ZPO a.F. § 708 Nr. 7.

[Das Urteil wurde nur mit den Entscheidungsgründen veröffentlicht.]

Entscheidungsgründe

...

Die Sache war gem. § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen. Dieses wird die durch Art. 95 Abs. 1 EWGV gebotene Gleichstellung des Rums mit inländischem, dem Branntweinaufschlag unterliegendem Branntwein durch analoge Anwendung der Vorschriften des § 79 BranntwMonG vornehmen und bei der dazu erforderlichen Aufklärung des Sachverhalts hinsichtlich der Produktionsumstände des Rums gem. § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO die Klägerin heranziehen müssen. Dabei wird das FG davon ausgehen müssen, daß beim Vergleich der Produktionsbedingungen des eingeführten Rums mit jenen von Branntwein des Inlands nicht auf das Erfordernis der Gleichheit, sondern nur auf Gleichartigkeit abzustellen ist (vgl. Abs. 19 der Gründe des Urteils in EGHE 1978, 1787). Falls die Ermittlungen des FG zu keinem Ergebnis führen sollten, so fällt die Unerweislichkeit einer Tatsache jeweils demjenigen Beteiligten zur Last, der sich darauf beruft. Das bedeutet, daß diese der Klägerin zur Last fällt, falls sich das Vorliegen von Tatsachen im Hinblick auf die Vergünstigungen nach §§ 79 Abs. 2, 79a BranntwMonG nicht erweisen läßt. Dagegen fällt die Nichterweislichkeit von Tatsachen hinsichtlich der Erhöhungsvorschriften des § 79 Abs. 3 bis 6 BranntwMonG dem HZA zur Last.

Das FG wird ferner beachten müssen, daß die Klägerin ihren Klageanträgen zufolge neben der gegen die Abgabenbescheide gerichteten Anfechtungsklage eine Leistungsklage auf Rückzahlung des aufgrund dieser Bescheide entrichteten Abgabenbetrages und auf dessen Verzinsung erhoben hat. Es kann dahinstehen, ob neben der die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts erstrebenden Anfechtungsklage nach § 40 Abs. 1 FGO eine Leistungsklage erhoben werden kann, mit der die Rückzahlung des Betrages begehrt wird, der aufgrund des Verwaltungsakts entrichtet worden ist, oder ob ein solches Begehren nur gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 FGO mit dem im Verfahren über die Anfechtungsklage zu stellenden Antrag verfolgt werden darf, das Gericht möge aussprechen, daß und wie die Finanzbehörde die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen hat. Denn jedenfalls fehlt es für eine zusätzliche Leistungsklage an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Ein solches besteht in der Regel nicht, da die gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes an Gesetz und Recht gebundene Verwaltungsbehörde erfahrungsgemäß von sich aus die sich aus der Aufhebung ihres bereits vollzogenen Verwaltungsakts ergebenden Konsequenzen zieht (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 100 Anm. 10). Es müßte also von der Klägerin dargelegt werden, weshalb hier nicht damit zu rechnen ist, daß das HZA ein Urteil befolgen würde. Ein Rechtsschutzbedürfnis läßt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht aus der Überlegung herleiten, daß ein der Leistungsklage stattgebendes Urteil nach § 151, § 155 FGO, § 708 Nr. 7 ZPO a. F. für vorläufig vollstreckbar erklärt werden könne. Eine solche Vollstreckbarkeitserklärung würde den Vorschriften des § 69 FGO widersprechen, wonach die Erhebung der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt dessen Vollziehung nicht hemmt, insbesondere die Erhebung der durch ihn geforderten Abgabe nicht aufgehalten wird und eine Aussetzung der Vollziehung materiell und prozessual besonders geregelt ist. Solange der Verwaltungsakt nur angefochten und noch nicht durch rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist, hat die Behörde das grundsätzliche Recht, ihn zu vollziehen und das dabei Erlangte zu behalten (vgl. Gräber, a. a. O., § 69 Anm. 8 S. 194 oben mit Rechtsprechungsnachweisen). Deshalb kann das auf eine Anfechtungsklage ergangene, noch nicht rechtskräftige Urteil des FG nach § 151 Abs. 3 FGO nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, nicht etwa auch wegen der durch den Verwaltungsakt geforderten und vom Kläger mangels aufschiebender Wirkung (§ 69 Abs. 1 FGO) seiner dagegen erhobenen Klage erbrachten Leistung. Das Geleistete kann der Kläger nur wiedererlangen durch eine Aufhebung der Vollziehung nach der materiellen und prozessualen Sonderregelung des § 69 FGO oder durch ein den Verwaltungsakt aufhebendes rechtskräftiges Urteil, das entweder von der Finanzbehörde freiwillig befolgt wird oder gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 FGO besonders ausspricht, daß und wie die Finanzbehörde die Vollziehung des Verwaltungsaktes rückgängig zu machen hat.