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BFH-Urteil vom 17.12.1980 (II R 38/77) BStBl. 1981 II S. 322

1. Wird nach Ergehen eines Vorbescheides ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt, so ist der Antrag auch dann wirksam, wenn gleichzeitig das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt wird. Dies gilt jedenfalls dann wenn der Antragsteller dem Antrag eine Begründung beifügt, die sich mit der Begründung (ggf. mit Teilen der Begründung) des Vorbescheides auseinandersetzt.

2. Ist am Bewertungsstichtag ein Auftrag auf Ersetzung einer Ofenheizung durch eine Elektroheizung noch nicht ausgeführt, so ist der zum Nachlaß gehörende, auf Herstellung des versprochenen Werkes gerichtete Anspruch auch dann mit dem gemeinen Wert zu bewerten, wenn eine Wertfortschreibung des Grundstückseinheitswertes nach Herstellung des Werkes nicht in Betracht kommt.

FGO § 90 Abs. 3. ErbStG 1959 § 23 Abs. 1, 2, 4, BewG 1965 § 9.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Erben ihrer 1970 gestorbenen Schwester (Erblasserin). Zum Nachlaß gehörte unter anderem ein Mietwohngrundstück. Die Erblasserin hatte vor ihrem Tode mehrere Handwerker beauftragt, anstelle der vorhandenen Ofenheizung eine Elektroheizung einzubauen. Die Kosten für diese Arbeiten beliefen sich auf insgesamt 40.000 DM *). Die Arbeiten waren im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch nicht beendet. Nach Angaben der Kläger, denen der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) und das Finanzgericht (FG) gefolgt sind, waren Arbeiten im Werte von schätzungsweise 25.000 DM *) noch nicht ausgeführt. Zahlungen hatte die Erblasserin bis zu ihrem Tode an die Handwerker nicht geleistet.

Das FA behandelte die Forderungen der Erblasserin gegen die Handwerker auf Ausführung der Arbeiten als Sachleistungsansprüche, die es in dem endgültigen Erbschaftsteuerbescheid mit einem Wert von 25.000 DM *) ansetzte. Die vereinbarte Gegenleistung in Höhe von 40.000 DM *) berücksichtigte es als Nachlaßverbindlichkeit.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, daß neben dem Einheitswert des Mietwohngrundstücks, der sich durch den Einbau der Elektroheizung nicht verändert habe, kein besonderer Sachleistungsanspruch auf Ausführung der restlichen Arbeiten habe angesetzt werden dürfen. Das FG hat die Klage abgewiesen.

Die Kläger haben, nachdem der erkennende Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat, Revision eingelegt und ihr Klagebegehren weiterverfolgt. Während des Revisionsverfahrens hat das FA einen auf § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützten Berichtigungsbescheid erlassen und die gegen die Kläger festgesetzten Erbschaftsteuerbeträge herabgesetzt. Die Kläger haben beantragt, den berichtigten Steuerbescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Der Senat hat die Revision der Kläger durch Vorbescheid zurückgewiesen. Die Kläger haben mündliche Verhandlung beantragt, sich jedoch gleichzeitig aus Vereinfachungs- und Ersparnisgründen mit einer Entscheidung ohne Teilnahme der Beteiligten einverstanden erklärt. Diese Erklärung haben sie dahin präzisiert, daß sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden seien. Das FA hat ebenfalls sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt, im übrigen jedoch den Standpunkt vertreten, daß entweder ein unwirksamer Antrag auf mündliche Verhandlung vorliege oder aber der Antrag wegen des Verzichts auf mündliche Verhandlung als zurückgenommen angesehen werden müsse. Der Vorbescheid wirke deshalb als Urteil.

1. Die Kläger haben wirksam mündliche Verhandlung beantragt, der Vorbescheid gilt deshalb als nicht ergangen (§ 90 Abs. 3 Sätze 2 und 3, § 121 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Antrag der Kläger war nicht deshalb unwirksam, weil sie in dem Antrag, mit dem sie mündliche Verhandlung beantragten, die Erklärung verbanden, sie seien mit einer Entscheidung ohne Teilnahme der Beteiligten einverstanden. Diese Einverständniserklärung der Kläger ändert nichts daran, daß der Antrag auf mündliche Verhandlung unbedingt gestellt worden und somit der Vorbescheid weggefallen ist. Mit dem Wegfall des Vorbescheides wurde auch die Möglichkeit eröffnet, nunmehr gemäß § 121 i. V. m. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Urteil zu erkennen, wenn sich die Beteiligten damit einverstanden erklärten. Dies hat der VII. Senat bereits für den Fall entschieden, daß das Einverständnis erst nach der Stellung des Antrages auf mündliche Verhandlung erklärt wird (vgl. das Urteil vom 6. Dezember 1978 VII R 98/77, BFHE 126, 384, BStBl II 1979, 170). Nichts anderes gilt, wenn die Einverständniserklärung sofort dem Antrag auf mündliche Verhandlung beigefügt wird. Durch die gleichzeitige Einverständniserklärung wird der Antrag auf mündliche Verhandlung nicht von einer Bedingung abhängig gemacht und damit unzulässig. Der Antrag ist im vorliegenden Fall zweifellos auch für den Fall gestellt worden, daß der Senat trotz der Einverständniserklärung mündliche Verhandlung anberaumen sollte. Auch eine gleichzeitige Rücknahme des Antrages auf mündliche Verhandlung kann nicht angenommen werden. Die Einverständniserklärung hat nichts daran geändert, daß die Kläger (zulässigerweise) eine Entscheidung des Senats durch Urteil über ihre Revision wünschen. Ein Urteil aber kann wegen § 90 Abs. 2 FGO ggf. auch ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Da die Kläger sich in dem Schreiben, mit dem sie mündliche Verhandlung beantragt haben, mit Teilen der Begründung des Vorbescheids auseinandergesetzt haben, fehlt den Klägern trotz ihrer Einverständniserklärung mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Entscheidungsgründe

2. Die Revision der Kläger ist unbegründet.

Der Erbschaftsteuer unterlag der gesamte Vermögensanfall an die Kläger (§ 24 Abs. 1 Satz 1 des Erbschaftsteuergesetzes - ErbStG 1959-). Der Vermögensanfall umfaßte das Vermögen der Erblasserin, d. h. die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse der Erblasserin (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 39. Aufl., § 1922 Anm. 3). Zu diesen Rechtsverhältnissen gehörten neben dem Eigentum an dem Mietwohngrundstück unter anderem auch die Verträge mit den Handwerkern, die die Elektroheizung einzubauen hatten.

Das Mietwohngrundstück war gemäß § 23 Abs. 2 ErbStG 1959 mit seinem Einheitswert anzusetzen. Für die Bewertung der aus den Verträgen mit den Handwerkern hervorgehenden Ansprüche und Verpflichtungen galt grundsätzlich § 23 Abs. 1 ErbStG 1959 i. V. m. den allgemeinen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG). Für die Ansprüche auf Herstellung des versprochenen Werkes durch die Handwerker war danach der gemeine Wert dieses Anspruches anzusetzen (§ 9 BewG 1965). Die Verpflichtung zur Zahlung des Werklohn es war mit dem Nennwert abzuziehen (§ 12 Abs. 1 BewG 1965).

Das versprochene Werk (Einbau einer Elektroheizung) konnte nicht deshalb außer Ansatz bleiben, weil die Elektroheizung nach ihrem Einbau als wesentlicher Bestandteil des Grundstückes (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH -vom 13. März 1970 V ZR 71/67, BGHZ 53, 324) nicht mehr selbständig bewertet werden durfte (vgl. § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG 1965) und die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung des Einheitswertes des Grundstückes aufgrund des Einbaues nicht vorlagen. Maßgebend für die Bewertung sind nicht die zukünftigen Verhältnisse, sondern die Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin (vgl. § 22 ErbStG 1959).

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 30. März 1977 II R 143/66 (BFHE 122, 152, BStBl II 1977, 556) kann nichts anderes hergeleitet werden. In diesem Urteil hat der Senat ausgeführt, daß die Verpflichtung des Erblassers zur Übertragung eines Grundstückes mit dem Einheitswert dieses Grundstückes zu bewerten sei, weil Sachleistungsverpflichtungen grundsätzlich nicht anders zu bewerten seien als der Gegenstand selbst, auf den sich die Verpflichtung beziehe (vgl. auch das Urteil vom 3. März 1978 III R 7/76, BFHE 125, 75, BStBl II 1978, 398). Die genannten Urteile gehen von der Überlegung aus, daß ein Anspruch auf Übertragung eines Grundstückes steuerlich keinen höheren Wert habe als das Grundstück selbst. Diese Überlegungen lassen sich jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Der Anspruch auf Einbau einer Elektroheizung ist vor dem Einbau darauf gerichtet, bewegliche Sachen mit dem Gebäude zu verbinden. Die beweglichen Sachen, auf deren Einbau sich der Werkvertrag richtet, sind vor dem Einbau noch nicht Bestandteile des Grundstückes und deshalb bis zu ihrem Einbau einer selbständigen Bewertung mit dem gemeinen Wert oder dem Teilwert zugänglich. Sie können deshalb vor dem Einbau auch nicht so behandelt werden, als seien sie bereits wesentliche Bestandteile des Grundstückes.

Die Kläger sind der Ansicht, aus § 91 Abs. 2 Satz 3 BewG 1965 oder aus dem ihm vorausgegangenen § 33 a der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV 1935) folge, daß es rechtswidrig sei, "neben dem maßgeblichen Einheitswert" des Grundstückes zusätzlich die auf "Fertigstellung der Heizungen" gerichteten Sachleistungsansprüche zu bewerten.

Dieser Ansicht kann der erkennende Senat nicht zustimmen. Sie läßt sich weder aus der Vorschrift des § 33a Abs. 3 BewDV 1935 noch aus der an sie anknüpfenden, 1965 in das Bewertungsgesetz eingefügten Sondervorschrift des § 91 Abs. 2 über die Bewertung von Grundstücken im Zustand der Bebauung ableiten. Beide Vorschriften sollten es unter anderem ermöglichen, erbschaftsteuerrechtlich auch jene Gebäudeteile wertmäßig zu erfassen, die beim Tode des Erblassers bereits geschaffen worden waren, aber wegen des noch unfertigen Gebäudes nicht in die Einheitsbewertung des Grundstückes einbezogen werden konnten. Von ihnen unberührt blieben die oben erwähnten Vorschriften über die Bewertung der Ansprüche gegen die Handwerker auf Herstellung des versprochenen Werks.

Der Senat übersieht nicht, daß der bewertungsrechtliche Wert des Nachlasses geringer gewesen wäre, wenn die Umbauarbeiten im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin bereits beendet gewesen wären. Dies ist jedoch allein die Folge der Stichtagsbewertung (vgl. § 22 ErbStG 1959) und der unterschiedlichen Wertansätze, wie sie sich aus § 23 ErbStG 1959 ergeben. Angesichts des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar 1976 1 BvL 8/73 (BVerfGE 41, 269) müssen die unterschiedlichen Wertansätze hingenommen werden.

*) Die Zahlen sind verändert worden.