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BFH-Urteil vom 11.2.1981 (II R 131/80) BStBl. 1981 II S. 330

Ein Einfamilienhaus wird i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrEStEigWoG dann ununterbrochen vom Eigentümer bewohnt, wenn in der Wohnung der erforderliche Hausrat bereitgehalten wird und der Nutzende mit einer gewissen Regelmäßigkeit in kürzeren Abständen in das Haus zurückkehrt.

GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 2. August 1978 erwarben die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) als Miteigentümer je zur Hälfte ein bebautes Grundstück in A um insgesamt 95.000 DM Kaufpreis. Die Wohnfläche des Gebäudes beträgt 56 qm. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - setzte mit zwei Bescheiden vom 23. November 1978 gegen jeden der Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 3.325 DM fest. Im Einspruchsverfahren beantragten die Kläger Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG). Sie trugen vor, als Hauptwohnsitz ein firmeneigenes Haus zu bewohnen, welches unmittelbar an den Betrieb grenze. Mit ihren Kindern würden sie jedoch fortwährend zum Wochenende nach A fahren, zumal diese Zweitwohnung von ihrer Hauptwohnung in nicht allzulanger Zeit erreichbar sei. Die Einsprüche hat das FA mit dem Hinweis darauf daß das erworbene Grundstück in einem Ferienhausgebiet liege, zurückgewiesen.

Das Finanzgericht (FG) hat der auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichteten Klage entsprochen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Es rügt Verletzung materiellen Rechts.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO-).

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrEStEigWoG ist der Erwerb eines Grundstücks mit einem Einfamilienhaus von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, wenn das Gebäude von dem Erwerber, seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie binnen fünf Jahren mindestens ein Jahr lang ununterbrochen bewohnt wird und zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dient. Nach den bindenden Feststellungen des FG § 118 Abs. 2 FGO) ist das Gebäude, das eine Wohnung enthält, nach seiner bautechnischen Beschaffenheit zum dauernden Wohnen geeignet.

1. Zutreffend hat das FG ausgesprochen, der Umstand allein, daß das Grundstück in einem Ferienhausgebiet liegt, stehe der Befreiung nicht entgegen. Auch der Senat hat mit Urteil vom 29. Oktober 1980 II R 5/79 (BFHE 131, 541, BStBl II 1981, 41) im gleichen Sinn für ein in einem Wochenendhausgebiet belegenes Grundstück erkannt. Auf die Gründe dieses Urteils wird Bezug genommen. Auch nach neuerlicher Überprüfung hält der Senat an dieser für Ferienhausgebiete gleichermaßen geltenden Rechtsansicht fest.

2. Nach den Erklärungen der Kläger kann davon ausgegangen werden, daß sie das Haus während der Fünfjahresfrist für die Dauer von mindestens einem Jahr i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStEigWoG ununterbrochen bewohnen werden.

a) Bewohnt wird eine Wohnung stets dann, wenn der Inhaber in ihr sein Heim hat. Dies setzt voraus, daß die Wohnung mit dem für die ständige Haushaltsführung erforderlichen Hausrat ausgestattet und eingerichtet ist. Daraus ergibt sich, daß das Bewohnen durch den Eigentümer nicht nur im Gegensatz zur Vermietung an Dritte steht, sondern auch im Gegensatz zum bloßen Leerstehenlassen einer Wohnung. Eine leerstehende oder für die Haushaltsführung unzureichend ausgestattete und eingerichtete Wohnung kann nicht bewohnt werden, weil sie nicht ständig als Heim für den Inhaber zur Verfügung steht.

b) Die Grunderwerbsteuerbefreiung erfordert weiter, daß die Wohnung mindestens ein Jahr lang ununterbrochen bewohnt wird. Daraus folgt zunächst, daß die Wohnung während eines zusammenhängenden Zeitraums von einem Jahr bewohnt werden muß. Während dieses Zeitraums darf sie nicht vermietet oder in sonstiger Weise anderen Personen zur Nutzung überlassen werden. Das Bewohnen während der Fünfjahresfrist in kürzeren Zeitabschnitten als einem Jahr würde der Vergünstigung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStEigWoG entgegenstehen, selbst wenn sich während der Fünfjahresfrist eine Gesamtwohndauer von mehr als einem Jahr ergeben würde.

Ununterbrochenes Bewohnen erfordert jedoch nicht ständige Anwesenheit in der Wohnung. Es bedarf keiner Begründung, daß auch ein längerer Krankenhausaufenthalt und eine längere Geschäfts- oder Urlaubsreise das Bewohnen einer Wohnung nicht unterbrechen. Hieraus folgt aber, daß eine Wohnung schon dann ununterbrochen bewohnt wird, wenn der Inhaber mit gewisser Regelmäßigkeit und in kürzeren Zeitabständen in die Wohnung zurückkehrt. Ebenso wie eine Person mehrere Wohnsitze haben kann (vgl. die Begriffsbestimmung in § 8 der Abgabenordnung), ist es auch möglich, daß sie jedenfalls zwei Wohnungen gleichzeitig im regelmäßigen Wechsel ununterbrochen bewohnt.

In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, ob die Rückkehr in die Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit zur Nutzung in der arbeitsfreien Zeit geschieht oder ob die Wohnung aus beruflichen Gründen immer wieder aufgesucht wird, weil sie in der Nähe der einzigen oder einer der Arbeitsstätten des Inhabers liegt. Die von den Klägern in Aussicht genommene Nutzung steht damit - ihre tatsächliche Durchführung in der Zukunft vorausgesetzt - der (endgültigen) Befreiung nicht entgegen.