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BFH-Urteil vom 11.12.1980 (IV R 123/76) BStBl. 1981 II S. 365

Der Gewährung der Steuervergünstigungen des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes vom 15. März 1968 für die Anschaffung eines im Entwicklungshilfeland belegenen Grundstücks steht es nicht entgegen, wenn der Kaufpreis von dem dort ansässigen Verkäufer gestundet worden ist.

EntwHStG vom 15. März 1968 i.d.F. des Zweiten StÄndG vom 10. August 1971 § 1 Abs. 1 bis 4, 7 und § 11 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Streitig ist bei der Gewinnfeststellung 1971, ob Bewertungsabschläge und Rücklagen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes (EntwHStG) vom 15. März 1968 (BGBl I, 217, BStBl I, 481) in der durch Art. 4 des Zweiten Steueränderungsgesetzes (StÄndG) vom 10. August 1971 (BGBl I, 1266, BStBl I, 373, 379) geänderten Fassung anzuerkennen sind.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine seit 1962 bestehende Kommanditgesellschaft.

Die Klägerin plante in Marokko auf eigene Rechnung die Errichtung und den anschließenden Betrieb zweier Hotels. Zu diesem Zweck gründete sie dort am 23. August 1971 eine Zweigniederlassung die am 11. September 1971 in das dortige Handelsregister eingetragen wurde. Die beiden Bauvorhaben sollten durch Eigenkapital und Fremdmittel finanziert werden. Für die Finanzierung war ein deutsches Bankenkonsortium unter Führung der Hausbank der Klägerin vorgesehen.

Zum Zwecke des Erwerbs eines Baugrundstücks in M schloß die Klägerin am 5. September 1970 eine "Promesse de vente", in der sich der Verkäufer u. a. verpflichtete, die für den Verkaufsabschluß erforderlichen staatlichen Genehmigungen zur Schaffung eines touristischen Komplexes beizubringen. Die Genehmigung der Bebauung zur touristischen Nutzung wurde im Februar 1972 schriftlich erteilt, nachdem der Klägerin vorab im Dezember 1971 eine mündliche Zusage bereits gegeben worden war. Einen privatschriftlichen Kaufvertrag, der gleichzeitig auch die Besitzeinweisung der Klägerin enthielt, schlossen die Vertragsparteien am 27. Dezember 1971 ab.

Über den Erwerb eines Grundstücks in A schloß die Klägerin am 1. August 1971 einen Übernahmevertrag, nachdem sie sich vorher durch Schreiben vom 14. Oktober 1970 zum Kauf dieses Grundstücks verpflichtet hatte. Die für die touristische Bebauung erforderliche Genehmigung... wurde am 17. Dezember 1971 erteilt.

Hinsichtlich des Eigentumswechsels an den beiden Grundstücken erfolgten im Streitjahr keine Eintragungen im Grundbuch.

Die Klägerin begehrt aufgrund dieses Sachverhalts im Rahmen der Gewinnfeststellung für das Streitjahr 1971 die Vergünstigungen nach § 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EntwHStG 1968 nach folgender Berechnung:

Anschaffungskosten des Grundstücks

 

in M einschließlich Nebenkosten

1.564.616,60 DM

 

Anschaffungskosten des Grundstücks

 

in A einschließlich Nebenkosten

1.245.823,50 DM

 

----------------------

 

2.810.440,10 DM

 

Bewertungsabschlag nach § 1 Abs. 1

 

Nr. 1 EntwHStG 1968 (15 v.H.)

421.567,00 DM

 

==============

Anschaffungskosten beider

 

Kapitalanlagen

2.810.440,10 DM

abzüglich Bewertungsabschlag

421.567,00 DM

 

-----------------------

 

2.388.873,10 DM

Rücklage nach § 1 Abs. 1 Nr. 2

 

EntwHStG 1968 (50 v.H.)

1.194.437,00 DM

 

==============

Nach einer Betriebsprüfung kürzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die für die Vergünstigungen maßgeblichen Bemessungsgrundlagen um einen Betrag in Höhe der zum 31. Dezember 1971 aus dem Erwerb der Grundstücke noch offenstehenden Restkaufpreisschulden. Er vertritt hierzu die Auffassung, die "Leistung von Entwicklungshilfe durch Kapitalanlagen" setze die "Zuführung von Mitteln" voraus. Beim Erwerb von Grund und Boden in einem Entwicklungsland könne begrifflich nicht von der Zuführung von Mitteln gesprochen werden. Deshalb könnte nur die Überweisung des Kaufpreises in das Entwicklungsland als Zuführung von Mitteln angesehen werden. Werde der Restkaufpreis gestundet, so sei dies eine Finanzierung aus Mitteln des Entwicklungslandes, die nach der Zielsetzung des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes 1968 von der Begünstigung ausgeschlossen sei. Das FA berechnete die Bewertungsabschläge und Rücklagen wie folgt:

Anschaffungskosten

 

der Grundstücke

2.810.440,10 DM

 

abzüglich Restkaufpreisschulden

2.410.448,30 DM

 

-----------------------

 

399.991,80 DM

 

Gebäude-Teilherstellungskosten

 

(im wesentlichen die in den

 

Jahren 1965 bis 1970 angefallenen

 

Aufwendungen für Planungsarbeiten

 

und Architektenleistung)

1.223.000,00 DM

 

-----------------------

Bemessungsgrundlage

1.623.591,80 DM

 

Bewertungsabschlag gemäß

 

§ 1 Abs. 1 Nr. 1

 

EntwHStG 1968 (15 v.H.)

243.538,00 DM

 

==============

Bemessungsgrundlage wie

 

vorstehend

1.623.591,00 DM

 

abzüglich Bewertungsabschlag

243.538,00 DM

 

------------------------

 

1.380.053,00 DM

Rücklage gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2

 

EntwHStG 1968 (50 v.H.)

690.026,00 DM

 

===============

Auf dieser Grundlage setzte das FA in dem Feststellungsbescheid 1971 vom 20. Januar 1975 den Verlust der Klägerin auf 1.608.042 DM fest, ohne ihn auf die einzelnen Gesellschafter zu verteilen. Die Verteilung des Verlustes auf die Gesellschafter holte das FA in einem während des Klageverfahrens erlassenen Ergänzungsbescheid vom 10. Februar 1976 nach.

Gegen den Feststellungsbescheid 1971 legte die Klägerin am 19. Februar 1975 Einspruch ein. Außerdem erhob sie am 20. Februar 1975 unter Zustimmung des FA Klage gemäß § 45 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Den Einspruch nahm die Klägerin am 9. Mai 1975 wieder zurück.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 568 (EFG 1976, 568) veröffentlichten Begründung statt. Es setzte den Verlust antragsgemäß unter Anerkennung der begehrten Vergünstigungen nach dem Entwicklungshilfe-Steuergesetz 1968 auf 2.290.482 DM fest, ohne aber den Verlust auf die einzelnen Gesellschafter zu verteilen.

Das FA rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, die Klage unter Aufhebung der Vorentscheidung abzuweisen.

Zur Begründung trägt es im wesentlichen vor: Sinn und Zweck des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes 1968 sei es, die Kapitalausstattung der Entwicklungsländer durch Kapitalzuführung aus einem Nichtentwicklungsland zu verstärken. Dies komme in § 1 Abs. 1 EntwHStG 1968 durch die Formulierung "Leistung von Entwicklungshilfe durch Kapitalanlagen" zum Ausdruck. Voraussetzung für die Gewährung der Vergünstigung sei deshalb, daß durch eine Kapitalanlage Entwicklungshilfe geleistet werde. Außerdem sei nach § 1 Abs. 3 und 4 EntwHStG 1968 eine "Zuführung von Mitteln" erforderlich. Hierunter könne nicht die Anschaffung oder Einlage von Wirtschaftsgütern, sondern nur die Zuführung von Geldmitteln verstanden werden. Daher könne die Anschaffung von im Entwicklungsland belegenen Grundstücken unter Stundung der Restkaufpreisschuld keine Zuführung von Betriebsvermögen i. S. des § 1 Abs. 2 Nr. 4 EntwHStG 1968 sein. Bei der Anschaffung von Grundstücken könne unter Zuführung der Mittel nur die Überweisung des Kaufpreises in das Entwicklungshilfeland verstanden werden.

Die Klägerin hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet.

I. Das FG ist zutreffend von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Nach dem Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. August 1973 VII B 39/72 (BFHE 110, 179, BStBl II 1973, 852) kann nach erhobenem Einspruch Innerhalb der Klagefrist mit Zustimmung des FA Klage nach § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO erhoben werden. Darin liegt eine Umwandlung des Einspruchs in eine Klage. Die Zurücknahme des Einspruchs durch die Klägerin hat auf die Zulässigkeit der Klage keinen Einfluß. Die Klägerin hat dadurch nur bekräftigt, daß sie dem Einspruch keine Bedeutung mehr beimißt, weil sich das Verfahren im Klagestadium befindet (vgl. auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 9. Aufl., § 45 FGO Anm. 4).

Hinsichtlich des Gegenstands des Klageverfahrens ist das FG allerdings zu Unrecht davon ausgegangen, daß nur über den - ohne Verlustaufteilung ergangenen - Feststellungsbescheid vom 20. Januar 1975 zu entscheiden war. Das FG hatte nach der damaligen Rechtslage nicht von der Verteilung des Verlustes absehen dürfen, da auch der - die Verlustaufteilung enthaltende - Ergänzungsbescheid Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist.

Der Senat kann dabei dahingestellt sein lassen, ob ein während des Klageverfahrens ergangener Ergänzungsbescheid, in dem die bisher unterbliebene Verteilung des Verlustes nachgeholt wird, ohne weiteres Gegenstand des Klageverfahrens wird oder in entsprechender Anwendung des § 68 FGO in das Verfahren eingeführt werden kann. Im Streitfall jedenfalls hat die Klägerin durch Schriftsatz vom 17. Februar 1976 gegenüber dem FG zum Ausdruck gebracht, daß die Einwendungen gegen den Rumpffeststellungsbescheid auch den Ergänzungsbescheid vom 10. Februar 1976 einschlössen. Sie hat damit den Inhalt des Ergänzungsbescheids in das Klageverfahren eingeführt.

Es bestand allerdings keine Veranlassung, die Vorentscheidung wegen der unterbliebenen Verlustverteilung aufzuheben. Nach der inzwischen in Kraft getretenen Vorschrift des Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 - VGFG-EntlG - (BGBl I, 446) kann sich der Senat darauf beschränken, wie das FG über die Höhe des Verlustes zu entscheiden und die noch ausstehende Verlustverteilung dem FA zu übertragen.

II. Der Senat folgt dem FG im Ergebnis darin, daß die Klägerin die Steuervergünstigungen in dem von ihr begehrten Umfang beanspruchen kann, obwohl der Klägerin die Kaufpreise für die Grundstücke teilweise gestundet worden sind.

1. Nach § 1 Abs. 1 EntwHStG 1968 können unter gewissen, vorliegend nicht streitigen Voraussetzungen Steuerpflichtige, die Entwicklungshilfe durch Kapitalanlagen in Entwicklungsländern leisten, bei der Bewertung der Kapitalanlagen einen Abschlag bis zur Höhe von 15 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kapitalanlage vornehmen (Nr. 1) und eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bis zur Höhe von 50 v. H. der um den vorgenannten Bewertungsabschlag verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kapitalanlage bilden (Nr. 2).

"Kapitalanlagen" i. S. dieser Vorschrift sind "Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Entwicklungsländern", "Darlehen ... an Kapitalgesellschaften in Entwicklungsländern", "Einlagen in Personengesellschaften in Entwicklungsländern" sowie "Betriebsvermögen, das einem Betrieb oder einer Betriebstätte des Steuerpflichtigen in Entwicklungsländern ... zugeführt worden ist"; die Kapitalanlagen müssen zum Zweck der Gründung oder einer erheblichen Erweiterung (Kapitalerhöhung) des Unternehmens (Betriebes oder Betriebstätte) vorgenommen worden sein (§ 1 Abs. 2 EntwHStG 1968).

Gemäß § 1 Abs. 3 EntwHStG 1968 sind Bewertungsabschlag und Rücklage nur in dem Wirtschaftsjahr zulässig, in dem die Mittel der Gesellschaft, dem Betrieb oder der Betriebstätte zugeführt worden sind. Bei der Bemessung des Bewertungsabschlags und der Rücklage sind Kapitalanlagen nur zu berücksichtigen, soweit die zugeführten Mittel u. a. "in abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder in zum Anlagevermögen eines Gewerbebetriebs gehörendem Grund und Boden" bestehen "oder bis zum Ende des auf die Zuführung in das Entwicklungshilfeland folgenden Wirtschaftsjahres zur Anschaffung oder Herstellung dieser Wirtschaftsgüter verwendet werden" (§ 1 Abs. 4 EntwHStG 1968).

2. Das Entwicklungshilfe-Steuergesetz 1968 bezweckt, durch die vorgenannten Steuervergünstigungen einen Anreiz für eine unternehmerische Betätigung in den Entwicklungsländern und die Übernahme von Unternehmerrisiko zu schaffen, um damit das wirtschaftliche Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Entwicklungsländern zu fördern, sowie die Kapitalausstattung der Entwicklungsländer zu verbessern. Dabei ist es grundsätzlich ohne Belang, ob die Kapitalanlagen mit Eigen- oder Fremdmitteln finanziert werden und woher die zur Finanzierung von Kapitalanlagen verwendeten Fremdmittel stammen.

a) Entgegen der Auffassung des FA (vgl. auch Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BdF -vom 24. März 1971 - IV B/2- S 1981 - 45/70, Der Betrieb 1971 S. 796 - DB 1971, 796 -) schließt der Zweck des Gesetzes die Steuervergünstigungen nicht aus, wenn das dem Betrieb oder der Betriebstätte zugeführte Betriebsvermögen unter Zuhilfenahme von Finanzierungsmitteln des Entwicklungslandes beschafft worden ist (so auch Börnstein, Entwicklungshilfe-Steuergesetz, 1964 S. 50 f.). Denn auch eine derartige Investition dient dem wirtschaftlichen Wachstum und der Verbesserung der Beschäftigungslage in dem Entwicklungsland. Auch eine Verbesserung der Kapitalausstattung des Entwicklungslandes kann sich hierdurch ergeben. Der Steuerpflichtige hat zumindest haftungsrechtlich sein Inlandsvermögen in Höhe des Darlehensbetrages vermindert.

b) Für die Auslegung im vorstehenden Sinn spricht ferner der Wortlaut des Gesetzes. § 1 Abs. 1 EntwHStG 1968 knüpft bei der Bemessung der Steuervergünstigung an die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der zugeführten Kapitalanlage und nicht an das in den Wirtschaftsgütern gebundene Eigenkapital oder an das ins Entwicklungsland eingeführte Kapital an (vgl. insoweit § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung von privaten Kapitalanlagen in Entwicklungsländern - Entwicklungsländer-Steuergesetz - i. d. F. vom 13. Februar 1975, BGBI I, 493, BStBl I, 163, in dem nunmehr ausdrücklich nur noch eine Kapitalanlage "mit Mitteln eines inländischen Betriebes" begünstigt ist). Die Auffassung des FA, die Zuführung von "Mitteln" in das Entwicklungsland sei bei der Anschaffung von Grundstücken nur durch Überweisung des Kaufpreises in das Entwicklungsland möglich, ist unzutreffend. Unter "Mittel" versteht das Gesetz, wie sich aus § 1 Abs. 4 und 5 EntwHStG 1968 ergibt, sowohl Sachgüter als auch Geldmittel. Sachgüter - und damit auch Grundstücke - sind i. S. des § 1 Abs. 3 EntwHStG 1968 dann zugeführt, wenn sie in das Betriebsvermögen des Betriebes oder der Betriebstätte des Entwicklungslandes gelangen (so auch Börnstein, a. a. O., S. 51). Aus dem Wortlaut folgt daher nicht, daß die Kapitalanlage nicht mit Mitteln des Entwicklungslandes finanziert werden darf.

c) Gegen die vorstehende Auslegung spricht schließlich auch nicht die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Das Entwicklungshilfe-Steuergesetz vom 15. März 1968 hat das Entwicklungshilfe-Steuergesetz vom 23. Dezember 1963 (BGBl I, 113, BStBl I 1964, 18) fortgeführt, das seinerseits an die Stelle des § 34 d des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1961 (BGBI I, 1253, BStBl I, 509) getreten war.

Zwar war nach herrschender Meinung Voraussetzung für die - im Ermessen der Finanzverwaltung stehende - Gewährung einer Vergünstigung i. S. des § 34 d EStG 1961, daß es sich bei den Kapitalanlagen um die Transferierung von Vermögen des Steuerpflichtigen in ein Entwicklungsland handelte (Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 11. Aufl., § 34 d Rdnr. 4). Daher wurde, wenn der Steuerpflichtige dem Betrieb oder der Betriebstätte im Entwicklungsland gleichzeitig mit Aktivwerten Verbindlichkeiten aus dem Entwicklungsland zuführte, nur der Saldo als eine Kapitalanlage i. S. des § 34 d EStG 1961 angesehen (vgl. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 34 d EStG 1961 - Ergänzungslieferung 67 - Anm. 4; Thiel, Finanz-Rundschau 1961 S. 81, 83- FR 1961, 81, 83 -).

Diese für die Ermessenshandhabung maßgebenden Erwägungen haben indessen keinen Ausdruck in den nachfolgenden Entwicklungshilfe-Steuergesetzen gefunden. Durch diese Gesetze ist die Rechtsstellung der in Entwicklungsländern investierenden Unternehmern u. a. In der Weise verbessert worden, daß ihnen bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf die Steuervergünstigungen gewährt wurde. Wenn die zuvor von der Finanzverwaltung angewendeten Ermessenskriterien hätten fortgelten sollen, so hätte dies bei der Regelung der tatbestandlichen Voraussetzungen zum Ausdruck gebracht werden müssen. Das ist jedoch nicht geschehen.

d) Der Senat gelangt daher zu dem Ergebnis, daß eine Stundung der Restkaufpreisschuld für ein in einem Entwicklungsland erworbenes Grundstück der Annahme einer steuerbegünstigten Kapitalanlage i. S. des § 1 Abs. 2 Nr. 4 EntwHStG 1968 nicht entgegensteht (ebenso Börnstein, a. a. O., S. 50 f.; Reuter, Deutsches Steuerrecht 1976, S. 252, 253; vgl. auch Söffing, Die Information 1972 S. 385).

3. Mit dem FG geht der Senat auch davon aus, daß den Steuervergünstigungen nicht die Vorschriften des § 1 Abs. 7 EntwHStG 1968 entgegenstehen, die mit Wirkung vom 1. Januar 1971 durch das Zweite Steueränderungsgesetz 1971 (a. a. O.) neu eingeführt worden sind.

Nach diesen Vorschriften dürfen Bewertungsabschlag und Rücklage bei dem Betrieb, zu dessen Betriebsvermögen die Kapitalanlage in Entwicklungsländern gehört, nicht zur Entstehung oder Erhöhung eines Verlustes führen (Verlustklausel) .Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EntwHStG 1968 gilt die Verlustklausel nicht, wenn die Kapitalanlage nachweislich in Erfüllung einer am Schluß des 31. Dezember 1971 bestehenden rechtsverbindlichen Verpflichtung vorgenommen worden ist.

Das FG hat - für den Senat bindend - festgestellt, daß die Klägerin zum 31. Dezember 1970 bereits zahlreiche rechtliche Verpflichtungen zur Errichtung des Touristenzentrums eingegangen war und über den Erwerb der Grundstücke bindende Vorverträge abgeschlossen hatte. Diese Verpflichtungen erachtet der Senat für eine Anwendung der Übergangsregelung des § 11 Abs. 2 EntwHStG 1968 als ausreichend (vgl. auch Söffing, Die Information 1972 S. 385, 390 f.).

Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, daß es sich im Streitfall um von der Klägerin ernsthaft betriebene Projekte handelt und daß die Klägerin noch im Streitjahr entweder zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum an den Grundstücken erlangt hatte.