| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 18.3.1981 (II R 18/79) BStBl. 1981 II S. 447

Wohnt ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitstätte sich in größerer Entfernung von seinem Familienwohnsitz befindet, in einer von ihm erworbenen Eigentumswohnung in der Nähe seines Arbeitsortes und gibt er seine Berufstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf, so erfolgt die Aufgabe der eigenwohnlichen Nutzung dieser Eigentumswohnung aus zwingenden beruflichen Gründen, wenn der Arbeitnehmer nunmehr an seinen Familienwohnsitz zurückkehrt und die Eigentumswohnung veräußert.

GrESBWG Schleswig-Holstein § 7 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Kriegsversehrter Er wohnt mit seiner Familie in A bei Plön. Da die Versorgungsrente zur Deckung des Lebensbedarfs seiner Familie nicht ausreichte, nahm der Kläger eine berufliche Tätigkeit in Hamburg auf Er kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 14. August /6 September 1973 in der Nähe Hamburgs eine Eigentumswohnung in der Größe von 28 qm, die er bereits aufgrund eines notariell beurkundeten Kaufanwartschaftsvertrages am 28. März 1972 bezogen hatte. An den Wochenenden fuhr er jeweils zu seiner Familie nach A.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stellte den Erwerb der Eigentumswohnung mit interner Verfügung gemäß § 2 Nr. 2 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues und bei Maßnahmen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes (GrESBWG) materiell vorläufig von der Grunderwerbsteuer frei.

Zum 31. März 1977 gab der Kläger seine berufliche Tätigkeit in Hamburg aus gesundheitlichen Gründen auf. Da die Eigentumswohnung wegen ihrer geringen Größe als Familienwohnung nicht geeignet war, zog der Kläger wieder ganz nach A. Er entschloß sich, die Eigentumswohnung zu veräußern. Der Verkauf der Wohnung wurde am 3. Oktober 1977 notariell beurkundet. Das FA setzte hierauf die Grunderwerbsteuer für den Erwerb der Eigentumswohnung im Wege der Nachversteuerung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 GrESBWG einschließlich eines Zuschlages von 25 v. H. fest.

Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.

Mit seiner Klage hat der Kläger die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheides beantragt. Seine Klage ist vom Finanzgericht (FG) abgewiesen worden. Das FG hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe vor Ablauf der Nachversteuerungsfrist den steuerbegünstigten Zweck, die eigenwohnliche Nutzung der Eigentumswohnung, aufgegeben. Im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GrESBWG seien auch keine zwingenden beruflichen Gründe für die Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks maßgebend gewesen.

Mit seiner wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision hat der Kläger seinen Klagantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur ersatzlosen Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheids in der Gestalt der Einspruchsentscheidung.

Eine Nachversteuerung ist im vorliegenden Fall deshalb unzulässig, weil der Kläger den steuerbegünstigten Zweck wegen zwingender beruflicher Gründe aufgegeben hat. Die Aufgabe der eigenwohnlichen Nutzung ist nicht nur dann beruflich veranlaßt, wenn jemand gezwungen ist, eine Wohnung wegen einer beruflichen Veränderung aufzugeben, sondern auch dann, wenn er gezwungen ist, seine berufliche Tätigkeit zu beenden und die eigenwohnliche Nutzung der nur als Unterkunft während der Arbeitswoche bestimmten Wohnung aufzugeben.

Die Aufgabe der Berufstätigkeit in Hamburg war ursächlich dafür, daß die Fortführung des begünstigten Zweckes durch eigenwohnliche Nutzung der Eigentumswohnung unmöglich oder unzumutbar wurde. Die eigenwohnliche Nutzung der Eigentumswohnung wurde danach aus zwingenden beruflichen Gründen aufgegeben. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks durch Vermietung der Wohnung oder durch Verkauf der Wohnung erfolgt ist.