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BFH-Urteil vom 24.2.1981 (VIII R 122/79) BStBl. 1981 II S. 468

Aufwendungen für die Wiederherstellung der durch Witterungseinflüsse beschädigten offenen balkonähnlichen Wohnungszugänge und für deren Verglasung rechnen zum Erhaltungsaufwand des Hauses.

EStG §§ 9, 21.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1971 bis 1973 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Sie sind Eigentümer von vier achtgeschossigen Mietwohngrundstücken. Dem Zugang zu den einzelnen Wohnungen dienen an den einzelnen Geschossen angebrachte sog. Laubengänge. Diese waren überdachte, zu dem Haus abgewandten Seite hin offene balkonähnliche Gänge, die aus einer Eisenkonstruktion bestanden und mit Holz verkleidet waren. Als das Holz Witterungsschäden zeigte und durchfeuchtete, ließen die Kläger die Holzkonstruktion abreißen und statt ihrer eine Eternitverkleidung mit einer Fensterreihe anbringen, so daß der Zugang zu den einzelnen Wohnungen nach außen abgeschlossen war. Außerdem wurden besondere Entlüftungsrohre bis zur neuen Außenwand gezogen, Malerarbeiten an der Außenfassade und in den Gängen ausgeführt und ein Fußbodenbelag aus PVC-Platten verlegt. Die Aufwendungen in den Jahren 1971 bis 1973 beliefen sich auf rd. 660.000 DM.

Während die Kläger die Aufwendungen als Erhaltungsaufwand ansahen, behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Aufwendungen als auf die Nutzungsdauer der Häuser zu verteilenden Herstellungsaufwand. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hat sein Urteil wie folgt begründet: Den Urteilen des erkennenden Senats vom 9. November 1976 VIII R 27/75 und VIII R 28/76 (BFHE 121, 179 bzw. 185, BStBl II 1977, 306 bzw. 279) und vom 7. Dezember 1976 VIII R 42/75 (BFHE 121, 188, BStBl II 1977, 281) und dem Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) sei zu entnehmen, daß Herstellungsaufwand dann vorliege, wenn das Gebäude durch die Maßnahme in seiner Substanz wesentlich vermehrt, in seinem Wesen verändert oder über seinen bisherigen Zustand hinaus verbessert werde. Durch den Einbau der Fensterreihen seien die Häuser der Kläger in ihrer Substanz wesentlich vermehrt, in ihrem Wesen verändert und über ihren bisherigen Zustand hinaus verbessert worden. Der umschlossene Raum sei in seinem Volumen vergrößert worden. Das Wesen der Gebäude sei verändert worden, indem ihre wesentliche Funktion, die Einwohner vor Wettereinflüssen zu schützen, auch auf den Zugang zu den einzelnen Wohnungen erweitert worden sei. Da eine einheitliche Baumaßnahme vorliege, komme eine Aufteilung der Kosten nicht in Betracht.

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger mit folgender Begründung: Entgegen der Ansicht des FG seien die Gebäude weder in ihrer Substanz wesentlich vermehrt noch in ihrem Wesen erheblich verändert noch über ihren bisherigen Zustand hinaus deutlich verbessert worden. Denn die Zugänge zu den Wohnungen seien auch nach der Verglasung in ihrer Funktion unverändert geblieben. Der Mißstand der Verwitterung der Holzverkleidung sei nicht durch die Verglasung, sondern durch die Eternitverkleidung beseitigt worden. Auch sei kein zusätzlicher Wohn- oder Nutzraum geschaffen worden.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Aufwendungen von insgesamt 660.263 DM in den Streitjahren 1971 bis 1973 in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzulassen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Aufwendungen der Kläger für die Wiederherstellung der Wohnungszugänge sind trotz des Einbaus der Fenster als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu behandeln, weil sie Erhaltungsaufwand darstellen (§§ 21, 9 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).

Das FG ist zutreffend von den Merkmalen ausgegangen, nach denen Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand zu unterscheiden sind, hat aber die Unterscheidung unzutreffend durchgeführt. Wie dem Urteil des erkennenden Senats vom 13. März 1979 VIII R 83/77 (BFHE 127, 383, BStBl II 1979, 435) zu entnehmen ist, kann von entscheidender Bedeutung sein, ob der Gebäudeteil, für den die Kosten entstanden sind, nach wie vor die gleiche Funktion erfüllt. In dem zu entscheidenden Falle war der bisherige Verputz des Hauses durch eine Eternitverkleidung ersetzt worden. Der Senat hat diese Veränderung nicht als Wesensänderung des Hauses angesehen und festgestellt, daß die Eternitverkleidung dem Schall- und Wärmeschutz ebenso dient wie der bisherige Putz. Die Funktion ist die gleiche. Auch die Wohnungszugänge, deren Ausbaukosten im gegenwärtigen Verfahren umstritten sind, haben durch die Baumaßnahmen der Kläger ihre Funktion nicht geändert. Sie haben nach wie vor die gleiche Aufgabe und haben auch keine wesentlichen anderen Eigenschaften erlangt. Daß die Mieter ihre Wohnungen witterungsgeschützt erreichen können, was bisher nicht der Fall war, ist keine wesentliche Änderung des Charakters der Häuser. Eine Substanzvermehrung, die das FG annimmt, fehlt gleichfalls, denn die Kläger haben durch den Umbau keinen zusätzlichen vermietbaren Raum gewonnen. Schließlich ist auch die Verbesserung des Zustands der Häuser, die sicherlich vorliegt, keineswegs von derart ausschlaggebender Bedeutung, daß sie für sich allein die Verneinung des Erhaltungsaufwands rechtfertigen könnte. Denn einen gewissen Schutz gewährten die Wohnungszugänge bereits, ehe sie verglast wurden.