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BFH-Urteil vom 25.2.1981 (II R 110/77) BStBl. 1981 II S. 478

Eine GmbH, die in einer einem Sportverband gehörenden Sportschule die Trainingsräume und -anlagen reinigt und Instand hält sowie den Lehrgangsteilnehmern und Gästen Unterkunft und Verpflegung gewährt, dient nicht unmittelbar gemeinnützigen Zwecken.

KVStG 1959 § 7 Abs. 1 Nr. 1; StAnpG §§ 17 ff.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, streitet mit dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) um die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG 1959) Sie befaßt sich nach ihrem Gesellschaftsvertrag mit dem "Betrieb der dem ... (einem Sportverband) gehörigen Sportschule", insbesondere mit der "Betreuung bezüglich Unterkunft und Verpflegung aller jugendlichen Aktiven, Funktionäre des ... (Sportverband), die zur Durchführung von Kursen in die Sportschule entsandt werden, sowie mit der "Betreuung und Verpflegung von Gästen und Sportfreunden des ... (Sportverband)". Ihre Gesellschafter sind Vorstandsmitglieder des Sportverbandes; sie halten die Gesellschaftsanteile für diesen treuhänderisch. Die Klägerin übt ihre Tätigkeit in Räumen aus, die sie vom Sportverband gepachtet hat.

In den Jahren 1966 bis 1970 gewährte der Sportverband der Klägerin Zuschüsse von insgesamt ... DM. Außerdem verzichtete er für das Jahr 1970 auf den Pachtzins in Höhe von ... DM. Das FA setzte hierwegen gegen die Klägerin Gesellschaftsteuer fest. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Auf die Klage hat das Finanzgericht (FG) mit seinem veröffentlichten Urteil (Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 504 - EFG 1977, 504 -) den Gesellschaftsteuerbescheid sowie die Einspruchsentscheidung mit der Begründung aufgehoben, die im Bescheid erfaßten Rechtsvorgänge seien gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1959 von der Besteuerung ausgenommen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Das FA rügt Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 KVStG 1959 sowie von § 17 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG).

Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

II.

Auf die Revision wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1959 sind bei inländischen Kapitalgesellschaften, die nach der Satzung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen, die in §§ 2 und 3 KVStG 1959 bezeichneten Rechtsvorgänge von der Besteuerung ausgenommen. Was unter gemeinnützigen Zwecken zu verstehen ist, ergibt sich für die Streitjahre aus § 17 StAnpG. Hiernach sind solche Zwecke gemeinnützig, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert wird; d. h., daß die betreffende Tätigkeit dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nutzen muß, was insbesondere in Gestalt der körperlichen Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen (Turnen, Spiel, Sport) geschehen kann (§ 17 Abs. 1, 2 und 3 Nr. 1 StAnpG). Solchen Zwecken hat die Klägerin nicht unmittelbar gedient.

a) Nach den Feststellungen des FG zum Inhalt der Satzung und zur tatsächlichen Betätigung war Gegenstand des Unternehmens der Klägerin der Betrieb der dem Sportverband gehörenden Sportschule, insbesondere die Unterbringung und Verpflegung aller jugendlichen Aktiven und Funktionäre, die zu Kursen in die Sportschule entsandt waren, sowie die Betreuung und Verpflegung von Gästen und Sportfreunden des Sportverbandes. Dementsprechend bestand die Tätigkeit der Klägerin im wesentlichen darin, die Trainingsräume und -anlagen zu reinigen und instand zu halten sowie die Lehrgangsteilnehmer unterzubringen und ihnen eine Gemeinschaftsverpflegung anzubieten. Entsprechendes gilt für die Leistung gegenüber den Gästen und Sportfreunden des Sportverbandes. In alledem liegt zwar eine Unterstützung der vom Sportverband durchgeführten sportlichen Lehrgänge, nicht aber eine unmittelbare Förderung der Ausübung des X-Sports, wie das FG angenommen hat.

b) Soweit es um die Reinigung und Instandhaltung der Trainingsräume und -anlagen geht, war die Klägerin lediglich damit befaßt, die räumlichen und anlagemäßigen Voraussetzungen dafür aufrechtzuerhalten, daß der Sportverband seine Lehrgänge abhalten konnte. Einen unmittelbar fördernden Einfluß auf die Ausübung des X-Sports hat die Klägerin hierdurch nicht ausgeübt. Der unmittelbaren Förderung des X-Sports dienten vielmehr erst die Lehrgänge, die nicht von der Klägerin, sondern vom Sportverband abgehalten wurden. Insoweit entspricht die Tätigkeit der Klägerin der Tätigkeit von Steuerpflichtigen, die gemeinnützigen Vereinen für deren Wirken ein Heim zur Verfügung stellen; für Sachverhalte dieser Art hat bereits der Reichsfinanzhof (RFH) entschieden, daß regelmäßig eine unmittelbare Förderung gemeinnütziger Zwecke nicht vorliegt (vgl. Urteile vom 25. November 1927 I A 439/27, RFHE 22, 204; vom 10. Juli 1930 III A 373/29, RStBl 1930, 632; vom 29. Januar 1931 III A 453/30, RStBl 1931, 550; s. auch Boettcher/Leibrecht, Gemeinnützigkeitsverordnung, 2. Aufl., § 11 Anm. 1b).

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß § 11 der Gemeinnützigkeitsverordnung (GemV) in seinem Abs. 4 bestimmt, bei der Prüfung der Unmittelbarkeit seien u. a. die Ausnahmevorschriften des § 5 Nr. 1 und 2 GemV anzuwenden. Dort ist festgelegt, daß die steuerlichen Vergünstigungen nicht ausgeschlossen werden, wenn eine Körperschaft ihre Mittel nicht nur für ihre eigenen satzungsmäßigen Zwecke (Hauptzweck) verwendet, sondern daneben auch anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen oder einer mit sozialen Aufgaben besonders betrauten öffentlichen Behörde zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwendet (Nr. 1) oder wenn eine Körperschaft ihre Arbeitskräfte anderen Personen, Unternehmen oder Einrichtungen für steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung stellt (Nr. 2). Hieraus ergibt sich für den vorliegenden Fall nicht etwa, daß die Wartung der Trainingsräume und -anlagen durch die Klägerin die Annahme von Unmittelbarkeit zu rechtfertigen vermöchte. Aus dieser Regelung ist vielmehr nur herzuleiten, daß die Anwendbarkeit des § 5 Nrn. 1 und 2 im Rahmen des § 11 GemV für den vorliegenden Sachverhalt allenfalls zu dem Ergebnis führen könnte, eine im Hinblick auf andere Tätigkeitsbereiche der Klägerin gerechtfertigte Anerkennung der Gemeinnützigkeit entfalle nicht wegen der Wartung der Trainingsräume und -anlagen. Eine solche andere Tätigkeit übte die Klägerin jedoch nicht aus, was sich aus den bisherigen und den folgenden Ausführungen ergibt.

c) Soweit die Klägerin andere Personen als aktive Sportler, nämlich Funktionäre, Gäste und Sportfreunde des Sportverbandes, unterbringt, verpflegt und betreut, ist die Unmittelbarkeit gleichfalls zu verneinen, und zwar schon im Hinblick darauf, daß der Aufenthalt der betreffenden Personen in der Sportschule nicht der eigenen Leibesertüchtigung gewidmet war. Mag auch insoweit die von der Klägerin geförderte Betätigung des Sportverbandes letzten Endes der Ausübung des X-Sports zugute kommen, etwa dadurch, daß weitere aktive Anhänger des X-Sports gewonnen und die bereits vorhandenen zur Intensivierung ihrer sportlichen Leistung angehalten werden. Indessen wäre die Förderung, die der X-Sport insoweit durch die Klägerin erfährt, nicht unmittelbar, sondern durch eine Reihe von Zwischengliedern vermittelt.

d) Schließlich ist, soweit die Klägerin die an den Lehrgängen des Sportverbandes teilnehmenden aktiven Sportler und ggf. noch weitere Sporttreibende unterbringt und verpflegt hat, der gemeinnützige Zweck von ihr gleichfalls nur mittelbar gefördert worden. Das FG hat bei seiner gegenteiligen Annahme nicht hinreichend berücksichtigt, daß in Beziehung auf den in Frage kommenden gemeinnützigen Zweck bei der Unterbringung und Verpflegung von Lehrgangsteilnehmern von einer unmittelbaren Förderung ebenfalls nicht die Rede sein kann und daß sich ein Anspruch auf die umstrittene steuerliche Vergünstigung allenfalls dann würde anerkennen lassen, wenn die erörterte Tätigkeit der Klägerin als Erfüllung eines für die Verwirklichung des Hauptzweckes unentbehrlichen Nebenzweckes hätte angesehen werden können (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Januar 1974 II R 20/70, BFHE 112, 86, 88, BStBl II 1974, 410); das ist jedoch nicht der Fall.

Der Senat hat in diesem Zusammenhang keine Bedenken, dem FG in der Annahme zu folgen, für den Lehrgangserfolg komme dem Umstand, daß die Teilnehmer in der Sportschule untergebracht und verpflegt wurden, besondere Bedeutung zu. Die Sicherstellung von Unterbringung und Verpflegung durch die Klägerin war geeignet, die Zahl der Interessenten für die Lehrgänge zu vergrößern und gab den Teilnehmern die Möglichkeit, sich auf die sportliche Unterweisung zu konzentrieren sowie nach Abschluß des täglichen Trainingsprogrammes die durch gemeinsame sportliche Betätigung entstehende Kameradschaft zu vertiefen. Außerdem war sie imstande, in Beziehung auf minderjährige Teilnehmer die Voraussetzungen für die erforderliche Beaufsichtigung zu schaffen. Der sich hierdurch ergebende enge Zusammenhang mit dem eigentlichen Lehrgangsprogramm vermag aber nichts daran zu ändern, daß die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung nicht Bestandteil der Anleitungen zur Ausübung des X-Sports war, sondern im Verhältnis hierzu nur einem Nebenzweck diente. Untrennbarkeit der Forderung des Nebenzweckes von einer unmittelbaren Förderung des Hauptzweckes könnte aber nur dann angenommen werden, wenn beiderlei Förderungsmaßnahmen von der Klägerin ausgegangen wären. Dies ist jedoch nicht der Fall, da die unmittelbare Förderung des Hauptzweckes durch die Abhaltung der Lehrgänge allein vom Sportverband bewirkt worden ist.

2. Da mithin das FG zu Unrecht Steuerfreiheit nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1959 angenommen hat, war das angefochtene Urteil aufzuheben. Eine Entscheidung in der Sache selbst ist dem Senat verwehrt, da es an Feststellungen fehlt, die eine Beurteilung ermöglichten, inwieweit die angefochtene Steuerfestsetzung der neueren Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 21. September 1977 II R 21/73, BFHE 124, 79, BStBl II 1978, 136; vgl. auch Urteil vom 25. Juni 1980 II R 8/78, BFHE 131, 240, BStBl II 1980, 726) zur Frage der Gesellschaftsteuerpflicht verlustdeckender Zuschüsse genügt. Die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen.