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BFH-Urteil vom 8.7.1981 (II R 138/79) BStBl. 1981 II S. 770

Veräußert ein Gewerbetreibender sein Eigenheim, um mit dem Erlös eine Überschuldung seines Betriebes zu beseitigen, so liegen keine zwingenden beruflichen Gründe für die Aufgabe des steuerbegünstigten Zweckes (Eigennutzung des Eigenheimes) vor.

GrESBWG Schleswig-Holstein § 7 Abs. 2 Nr. 1

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb durch Kaufvertrag vom 21. Juni 1972 ein Grundstück nebst Einfamilienhaus in N für 183.000 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stellte den Erwerb antragsgemäß nach § 2 Nr. 1 des schleswig-holsteinischen Grunderwerbsteuerbefreiungsgesetzes (GrESWG) in der Fassung vom 28. Juni 1962 von der Grunderwerbsteuer frei.

Im Jahre 1975 geriet die Firma X, deren Inhaber der Kläger ist, in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Kläger konnte ein Moratorium, das den Zusammenbruch seines Unternehmens verhinderte, nur dadurch erreichen, daß er den Gläubigern sein gesamtes Privatvermögen anbot. Auf Druck der Gläubiger mußte er sein Einfarnilienhausgrundstück am 30. Januar 1976 verkaufen und den Verkaufserlös dem Unternehmen zur Verfügung stellen. Seither wohnt er auf dem Betriebsgelände.

Das FA setzte gem. § 7 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 4 GrESBWG in der Fassung vom 16 September 1974 mit Bescheid vom 10. Oktober 1978 gegen den Kläger Grunderwerbsteuer einschließlich Zuschlag fest. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

Mit der Klage erstrebte der Kläger die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides. Er vertrat die Ansicht, daß er den steuerbegünstigten Zweck wegen zwingender beruflicher Gründe i. S. von § 7 Abs. 2 Nr. 1 GrESBWG aufgegeben habe. Der Wortlaut des Gesetzes erlaube nicht, die Anwendung dieser Vorschrift auf die Fälle des Arbeitsplatzwechsels oder der Betriebsverlagerung zu beschränken. Das Finanzgericht wies die Klage ab und führte zur Begründung aus: Zwingende berufliche Gründe für die Zweckaufgabe seien nur dann gegeben, wenn infolge der beruflichen Veränderung das Eigenheim als Ausgangspunkt der beruflichen Tätigkeit ungeeignet geworden sei; die Zweckaufgabe müsse daher als unmittelbare Folge der beruflichen Veränderung erscheinen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

Der Kläger hat den Nachversteuerungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 4 GrESBWG dadurch verwirklicht, daß er sein Einfamilienhaus innerhalb der fünfjährigen Nachversteuerungsfrist veräußert und geräumt hat. Die Nachversteuerung ist nicht gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 GrESBWG ausgeschlossen. Denn die Aufgabe des steuerbegünstigten Zweckes beruht nicht auf zwingenden beruflichen Gründen.

Zwingende berufliche Gründe für die Aufgabe des steuerbegünstigten Zweckes liegen in diesem Sinne nur dann vor, wenn Gründe, die im beruflichen Bereich ihre Ursache haben, die Aufgabe der Eigennutzung des Eigenheimes erzwingen. Obwohl diese Vorschrift nach der Regierungsbegründung (Landtags-Drucksache 7/852 S.5) mit dem Ziele eingeführt worden ist, eine Nachversteuerung dann auszuschließen, wenn Arbeitnehmer oder selbständig Tätige wegen eines Arbeitsplatzwechsels oder einer Betriebsverlegung ihre Wohnung wechseln müssen, so lassen der Wortlaut und der Wortsinn der Vorschrift eine Anwendung auch dann zu, wenn aus anderen beruflichen Gründen die Aufgabe der Eigennutzung des Eigenheimes erforderlich wird. So würde z. B. auch der Fall erfaßt, daß die ausgeübte Berufstätigkeit etwa wegen Veränderung der Arbeitszeiten nur dann beibehalten werden kann, wenn der Steuerpflichtige seine Wohnung in größerer Nähe zum Arbeitsplatz nimmt.

Auch bei dieser zweckgerichteten Auslegung ist § 7 Abs. 2 Nr. 1 GrESBWG im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn zu den beruflichen Gründen gehören nicht wirtschaftliche Gründe, wie sie z. B. im Streitfall gegeben sind. Muß der Steuerpflichtige ein Eigenheim veräußern, um sein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu retten, so ergeben sich hieraus allenfalls mittelbare Beziehungen zu seiner Berufsausübung als Unternehmer. Diese mittelbaren Beziehungen reichen nicht aus um zwingende berufliche Gründe für die Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks zu bejahen.