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BFH-Urteil vom 10.7.1981 (VI R 132/80) BStBl. 1982 II S. 21

Zur Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, die im ersten Monat eines Kalenderjahres für das ganze Kalenderjahr geleistet werden (Anschluß an BFH-Urteil vom 22. Mai 1981 VI R 140/80, BFHE 133, 521, BStBl II 1981, 713).

EStG § 33a Abs. 1 und 4.

Vorinstanz: Hessisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist als italienischer Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Er hat hier seinen Wohnsitz. Seine Eltern leben in Italien. Er hat ihnen am 2. Januar 1976 zweimal 1.934 DM und am 30. Januar 1976 zweimal 1.792,50 DM, insgesamt also 7.453 DM, überwiesen. Die Überweisungen hat er durch Belege nachgewiesen. Außerdem hat er dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) eine Bescheinigung des Bürgermeisters des Wohnortes seiner Eltern vorgelegt. Daraus ergibt sich, daß die Eltern nur über eine Rente von monatlich 89.000 Lire (270 DM) verfügen, kein Vermögen haben und ausschließlich vom Kläger unterhalten werden. Der Kläger hat seine Eltern nach seinem Vorbringen auch schon 1975 unterstützt, kann dies nur nicht nachweisen, weil er Zahlungsbelege nicht aufbewahrt hat.

Der Kläger beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1976 (Streitjahr), die an seine Eltern geleisteten Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Das FA lehnte dies ab, weil nur laufende Leistungen dem Unterhalt dienen könnten.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Die Klage führte zur Anerkennung der Unterhaltsleistungen in Höhe von 6.000 DM als außergewöhnliche Belastung. Das Finanzgericht (FG), dessen Entscheidung in Entscheidungen der Finanzgerichte 1980 S. 444 (EFG 1980, 444) veröffentlicht worden ist, vertrat die Auffassung, die Anerkennung von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung (§ 33 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1975 - EStG -) setze nicht voraus, daß laufende Zahlungen über einen längeren Zeitraum geleistet werden müßten.

Mit der Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts, insbesondere Verletzung des § 33 a Abs. 1 EStG geltend. Es ist der Auffassung, die Anwendung dieser Vorschrift setze voraus, daß laufende Zahlungen über einen längeren Zeitraum erbracht würden.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Entgegen der Rechtsauffassung des FA steht der Umstand, daß der Kläger lediglich am 2. Januar 1976 und am 30. Januar 1976 seinen Eltern insgesamt 7.453 DM überwiesen hat, der Berücksichtigung dieser Zahlungen als Unterhaltsaufwendungen i. S. des § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 5. September 1980 VI R 75/80, BFHE 131, 475, BStBl II 1981, 31) setzen Aufwendungen für den Unterhalt im vorstehenden Sinn begrifflich keine laufenden Zahlungen des Unterhaltsverpflichteten voraus. Zu prüfen ist lediglich, ob durch die Unterhaltsleistungen die "laufenden" Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten befriedigt werden sollen. Dies kann ebenso durch laufende wie durch gelegentliche, etwa nur ein- oder zweimalige Leistungen im Jahr geschehen. Probleme hinsichtlich der Höhe des nach § 33 a EStG zu gewährenden Freibetrages können allerdings entstehen, wenn Unterhaltsbeträge erst im späteren Verlauf des Kalenderjahres geleistet werden (vgl. Nr. 3 des BFH-Urteils vom 22. Mai 1981 VI R 140/80, BFHE 133, 521, BStBl II 1981, 713). Im Streitfall ergeben sich insoweit jedoch keine Schwierigkeiten, da die Unterhaltsbeträge im ersten Monat des Kalenderjahrs geleistet worden sind.

Voraussetzung für die Anerkennung von Unterhaltsaufwendungen i. S. des § 33 a Abs. 1 EStG ist u. a. , daß der Zahlungsempfänger unterstützungsbedürftig i. S. dieser Vorschrift ist, und daß die Zahlungen dazu bestimmt und geeignet sind, den Lebensbedarf der Empfänger zu decken. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist bei einmaligen oder gelegentlichen Leistungen besonders sorgfältig zu prüfen (BFHE 131, 475, BStBl II 1981, 31). Dabei trifft den Kläger nach der vorgenannten Entscheidung eine erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung von Umständen, weil es sich um Verhältnisse im Ausland handelt, die ohne seine Mithilfe nicht oder nur unter unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten ermittelt werden können. Unter diesem Gesichtspunkt muß ein ausländischer Gastarbeiter, der seine in seinem Heimatland lebenden Eltern durch im Januar geleistete Einmalzahlungen unterstützt, darlegen und durch Bescheinigungen seiner Heimatbehörde nachweisen, daß seine Eltern in dem Kalenderjahr, für das die Zahlungen geleistet worden sind, tatsächlich unterhaltsbedürftig waren und daß die überwiesenen Beträge überhaupt dazu dienen konnten, ihren Unterhalt sicherzustellen.