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BFH-Urteil vom 23.9.1981 (II R 22/80) BStBl. 1982 II S. 30

Ein Grundstückserwerb ist auch dann gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen GrEStrukturG steuerfrei, wenn das auf dem erworbenen Grundstück stehende oder zu errichtende Gebäude nicht ausschließlich, sondern nur überwiegend betrieblichen Zwecken dienen und daneben als Wohnung des Betriebsinhabers verwendet werden soll.

Niedersächsisches GrEStStrukturG 1971 § 1 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb mit notariell beurkundetem Vertrag vom 29. Oktober 1971 ein bebautes Grundstück. Auf diesem Grundstück unterhielt die Verkäuferin einen Bäckereibetrieb mit Café.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA -) setzte gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur (GrEStStrukturG) 1971 zunächst keine Steuer fest. Der Kläger hatte erklärt, er wolle durch bauliche Maßnahmen sowie Beschaffung neuer Maschinen und Einrichtungsgegenstände auf dem Grundstück eine neue Betriebstätte errichten; der Regierungspräsident hatte die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStStrukturG erforderliche Bescheinigung erteilt.

Später erhob das FA gemäß § 3 GrEStStrukturG Grunderwerbsteuer mit der Begründung, der steuerbegünstigte Zweck sei nicht erfüllt worden; das auf dem Grundstück stehende Gebäude werde nicht ausschließlich für gewerbliche Zwecke, sondern auch zum Wohnen genutzt. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Auf die Klage hob das Niedersächsische Finanzgericht (FG) den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung durch Urteil vom 13. November 1979 III 121/77 auf.

Mit seiner Revision beantragt das FA, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das angefochtene Urteil läßt keine Rechtsverletzung erkennen.

Der Kläger hat den steuerbegünstigten Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStStrukturG erfüllt. Er hat das Grundstück im Sinne der genannten Vorschrift zur Erweiterung einer Betriebstätte erworben und diese Absicht innerhalb von fünf Jahren verwirklicht. Eine "Erweiterung" liegt zumindest auch dann vor, wenn ein Grundstück mit einer bereits bestehenden Betriebstätte erworben und diese vom Käufer erheblich vergrößert wird (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Februar 1981 II R 83-84/78, BFHE 133, 223, BStBl II 1981, 444). Nach den Feststellungen des FG und dem vom FA nicht bestrittenen Vortrag des Klägers hatte die Verkäuferin des Grundstückes die Bäckerei nur noch in geringem Umfang betrieben. Der Kläger hat nach dem Kauf des Grundstückes eine Backstube errichtet, die Gaststätte erweitert und neun neue Arbeitsplätze geschaffen. Er hat damit den Betrieb erheblich vergrößert.

Unerheblich ist, daß in dem Gebäude des erworbenen Grundstückes auch Wohnräume sind, welche der Kläger jetzt nutzt. Wie das FG zu Recht hervorgehoben hat, verlangt das Gesetz nach dem Wortlaut nicht, daß vorhandene oder errichtete Gebäude ausschließlich für gewerbliche Zwecke genutzt werden. Seinem Sinn und Zweck würde das sogar widersprechen, weil dann Kleinbetriebe und Mittelbetriebe, bei denen häufig gewerbliche Räume und Wohnräume in einem Gebäude zusammengefaßt sind, von der Vergünstigung ausgeschlossen wären. Es muß daher genügen, daß das Gebäude - wie im vorliegenden Fall - überwiegend für gewerbliche Zwecke genutzt wird (vgl. auch das BFH-Urteil vom 11. März 1981 II R 78/79, BFHE 133, 93, BStBl II 1981, 486).