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BFH-Urteil vom 30.9.1981 (III R 2/80) BStBl. 1982 II S. 148

Ein FKK-Verein, bei dem ein satzungsmäßiger Vereinszweck die "gesunde und harmonische Freizeitgestaltung für die gesamte Familie" ist und der dafür Einrichtungen hält (Liegewiese, Freizeitparks), ist nicht gemeinnützig.

StAnpG § 17; AO 1977 § 52.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein eingetragener Verein. Er errichtete auf fremdem Grund und Boden Gebäude und sonstige Anlagen (Vereinshaus, Schwimmbecken von 12,5 m X 50 m, Jugendhütte, Ballspielplätze u. a. ). Den Einheitswert schrieb der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zum 1. Januar 1974 auf ... DM fort. Gleichzeitig setzte das FA den Grundsteuermeßbetrag fest.

Der Kläger hält sich für gemeinnützig und seinen Grundbesitz deshalb nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 b des Grundsteuergesetzes (GrStG) 1973 für grundsteuerfrei. Er beruft sich dafür auf § 2 seiner Satzung. Danach sind Zweck und Ziel des Vereins die "Gesundheitsförderung durch Leibesübungen (Turnen, Spiel, Breiten- und Wettkampfsport)" sowie die "gesunde und harmonische Freizeitgestaltung für die gesamte Familie". Zur Erreichung dieser Zwecke werden "Sport- und Erholungsstätten (Freizeitparks)" eingerichtet und unterhalten sowie Übungsstätten aller Art (Schwimmhallen, Turnhallen, Sauna) bereitgestellt. Anschließend heißt es in der Satzung, daß der Verein im Rahmen des DFK die Ziele der deutschen Freikörperkultur vertritt.

Einspruch und Klage waren ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, daß der Kläger als sogenannter FKK-Verein nicht gemeinnützig sei. Es bezog sich dafür im wesentlichen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. Urteile vom 31. Oktober 1963 I 122/62 U, BFHE 78, 212, BStBl III 1964, 83, vom 20. November 1969 I B 34/69, BFHE 97, 281, BStBl II 1970, 133 und vom 22. Oktober 1971 III R 81/70, BFHE 104, 88, BStBl II 1972, 197).

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision. Er rügt die Verletzung von formellem und materiellem Recht. Er macht geltend: Das FG hätte ein Meinungsforschungsinstitut einschalten müssen, wenn es seine Entscheidung auf die Meinung von "weiten Kreisen der Bevölkerung" stütze. Im übrigen Könne für die Frage einer Förderung der Allgemeinheit auf die Anschauungen in der Bevölkerung nicht abgestellt werden. Dieses subjektive Kriterium habe die Rechtsprechung als Abgrenzungsmerkmal mittlerweile aufgegeben. So habe der BFH in seinem Grundsatzurteil vom 13. Dezember 1978 I R 39/78 (BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482) entschieden, daß ein Nutzen zum allgemeinen Besten grundsätzlich nur nach objektiven Kriterien zu beurteilen sei, wobei an eine Vielzahl von Faktoren anzuknüpfen sei. Der Kläger macht dazu nähere Ausführungen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und den Grundsteuermeßbetrag aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Senat hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für richtig.

1. Die Steuerfreiheit der vom Kläger erstellten Gebäude und Anlagen hängt nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 b GrStG von zwei Voraussetzungen ab. Einmal muß der Kläger nach seiner Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen, und außerdem muß der Grundbesitz für diese gemeinnützigen Zwecke benutzt werden. Der Begriff der Gemeinnützigkeit ergibt sich für den hier streitigen Stichtag 1. Januar 1974 noch aus § 17 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG). Ab 1. Januar 1977 gilt § 52 der Abgabenordnung (AO 1977).

Nach § 17 StAnpG sind gemeinnützig nur solche Zwecke, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nur anzunehmen, wenn die Tätigkeit dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nutzt. Als Beispielsfälle für eine Förderung der Allgemeinheit nennt das Gesetz u. a. die öffentliche Gesundheitspflege, die Jugendpflege und Jugendfürsorge sowie die körperliche Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen (Turnen, Spiel, Sport).

2. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Das FG hat in diesem Zusammenhang allein darauf abgestellt, daß der Kläger nach seiner Satzung und auch tatsächlich den Gedanken der Freikörperkultur vertritt. Das FG ist der Meinung, daß ein Verein nicht dem allgemeinen Besten diene, wenn seine Tätigkeit - die Pflege der Freikörperkultur - von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt werde. Der Senat kann die Frage, ob die Pflege der Freikörperkultur als solche gemeinnützig ist oder nicht, offenlassen, weil der Kläger unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt nicht gemeinnützig ist. Der Senat braucht deshalb auch nicht dazu Stellung zu nehmen, ob er die neuere Praxis der Finanzverwaltung für Rechtens hält, wonach es der Gemeinnützigkeit eines Vereins, der satzungsmäßig und tatsächlich den Sport durch die planmäßige Pflege von Leibesübungen (z. B. Gymnastik, Leichtathletik, Ballspiele, Schwimmen, Wandern und dergleichen) fördert, nicht entgegensteht, daß der Verein neben der Förderung des Sports auch der Pflege der Freikörperkultur dient (vgl. den in Der Betrieb 1980 S. 1571 abgedruckten Erlaß des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 23. Mai 1980, der im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangen ist).

3. Im vorliegenden Fall scheitert die Gemeinnützigkeit des Klägers daran, daß jedenfalls ein in § 2 seiner Satzung aufgeführtes Einzelziel nicht den Erfordernissen des § 17 StAnpG entspricht. Zwar wird man dem Kläger die Gemeinnützigkeit nicht absprechen können, soweit Zweck und Ziel des Vereins die Gesundheitsförderung durch Leibesübungen (Turnen, Spiel, Breiten- und Wettkampfsport) sind. Tatsächlich betreibt der Kläger auch planmäßig Sport, z. B. Turnen, Gymnastik, Schwimmen, Faustball, Volleyball, Badminton, Tischtennis usw. Er hat eigene Sportfachwarte eingesetzt und er beteiligt sich wenigstens in einigen der genannten Disziplinen an Wettkämpfen mit anderen Vereinen. Entscheidend ist aber, daß der Kläger in seiner Satzung auch die "gesunde und harmonische Freizeitgestaltung für die gesamte Familie" als selbständigen und gleichwertigen Vereinszweck aufführt, zu dessen Erreichung er "Erholungstätten (Freizeitparks)" unterhält. Dieser Vereinszweck liegt nicht mehr im Rahmen des § 17 StAnpG. Dabei versteht der Kläger unter Freizeitgestaltung nicht etwa eine Betätigung auf sportlicher Grundlage (vgl. dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 52 AO 1977 Anm. 5 a am Ende). Ziel und Zweck des Vereins sind vielmehr insoweit, wie schon die in der Satzung mit "gesunde und harmonische Freizeitgestaltung für die gesamte Familie" und "Freizeitparks" gewählten Umschreibungen zeigen, auf die allgemeine Erholung gerichtet. Tatsächlich unterhält der Kläger zu diesem Zweck eine Liegewiese, auf der sich die Vereinsmitglieder mit ihren Familien an warmen Sommertagen aufhalten. Das Schwimmbad dient dann nicht dem planmäßigen (Wettkampf-) Schwimmen, sondern dem "Baden". Außerdem bestehen Möglichkeiten für ein geselliges Zusammensein der Mitglieder untereinander (Grillplätze, Spielplätze für Kinder usw.). Eine solche schwerpunktmäßig auf die bloße Erholung gerichtete Freizeitgestaltung dient nicht dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet im Sinne der Gemeinnützigkeitsvorschriften, sondern ausschließlich dem individuellen Zweck, den beruflichen Alltagslasten wieder besser gewachsen zu sein. Der BFH hat in seinem Urteil vom 22. November 1972 I R 21/71 (BFHE 108, 96, BStBl II 1973, 251) ausgeführt, daß die Erholung arbeitender Menschen in erster Linie Angelegenheit dieser Menschen selbst sei und nur wenn arbeitende Menschen besonders stark erholungsbedürftig seien oder eine Erholung mangels eigener Mittel nicht durchführen könnten oder eine besonders erfolgversprechende Erholungsart angeboten werde, handele es sich um ein Anliegen der Allgemeinheit und komme bei Förderung Gemeinnützigkeit in Betracht. Diese Ausführungen gelten sinngemäß auch im vorliegenden Fall. Da hier solche besonderen Zwecke aber nicht verfolgt werden, das Ziel des Vereins insoweit vielmehr auf die allgemeine Erholung gerichtet ist, handelt der Kläger nicht ausschließlich gemeinnützig, so daß eine Steuerfreiheit für die von ihm errichteten Gebäude und Anlagen nicht in Betracht kommt.