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BFH-Urteil vom 14.10.1981 (II R 47/78) BStBl. 1982 II S. 169

Ein Erbbauberechtigter, der in Nordrhein-Westfalen 1966 ein Erbbaurecht samt Eigenheim erworben hatte, konnte 1972 das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück nicht grunderwerbsteuerfrei erwerben.

GrEStWoBauG NW § 1 Nr. 1, § 1 Nr. 5, § 1 Nr. 7; GrEStG NW § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 72 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) - Eheleute - hatten sich 1963 um eines der Kaufeigenheime beworben, welche eine Baugenossenschaft aufgrund eines Erbbaurechts auf dem Grundstück ... in ... (Nordrhein-Westfalen) "im eigenen Namen ... aber für Rechnung des Bewerbers" zu erstellen beabsichtigte. Das Kaufeigenheim war 1964 bezugsfertig geworden und von den Klägern bezogen worden. Am 12. Mai 1966 hatten die Kläger das Erbbaurecht samt Gebäude für 91.982,81 DM erworben. Am 31. Januar 1972 erwarben sie auch das Erbbaurechtsgrundstück für 8.190 DM. Sie sind der Ansicht, dieser Erwerbsvorgang sei steuerfrei gemäß § 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau i. d. F. vom 19. Juni 1958 - GrEStWoBauG - (Gesetz- und Verordnungsblatt 1958 S. 282 - GVBl 1958, 282 -, BStBl II 1958, 105) i. V. m. dem Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. Dezember 1959, betreffend Freistellung von der Grunderwerbsteuer beim Erwerb eines Erbbaugrundstücks nach der Errichtung eines begünstigten Eigenheims (Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1960 S. 15 - DVR 1960, 15 -).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hielt den Erwerbsvorgang nicht für steuerfrei und setzte durch Bescheide vom 13. November 1973 die Grunderwerbsteuer für jeden der Kläger auf 285 DM fest; die verbundenen Einsprüche wies er zurück.

Mit ihrer gemeinschaftlichen Klage haben die Kläger begehrt, die beiden Steuerbescheide und die Einspruchsentscheidung aufzuheben. Diese Verwaltungsakte seien rechtswidrig. Entgegen der Ansicht des FA falle auch der Erwerb des Erbbaugrundstücks nach dessen Bebauung unter die Befreiungsvorschrift des § 1 Nr. 1 GrEStWoBauG. Das folge zwar nicht unmittelbar aus deren Wortlaut, wohl aber aus deren Sinn und auch aus der Tatsache, daß der Gesetzgeber das Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau entsprechend ergänzt habe durch Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 8. April 1975 - GrEStÄndG 1975 - (GVBl NW 1975, 298, BStBl I 1975, 637). Im Lande Baden-Württemberg sei schon seit 1962 der Erwerb eines Grundstücks, auf dem der Erwerber bereits ein begünstigtes Gebäude erstellt habe, steuerfrei. Im Lande Nordrhein-Westfalen hätten die Erlasse des Finanzministers vom 2. Mai 1957 (Betriebs-Berater 1957 S. 503 Nr. 1017 - BB 1957, 503 Nr. 1017 -) und vom 7. Dezember 1959 (DVR 1960, 15, 16) "im Endergebnis zu der gleichen Steuerbefreiung" geführt. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe für das Land Baden-Württemberg den Kauf eines Erbbaugrundstücks auch dann als steuerfrei beurteilt, wenn der Erwerber nicht selbst in Ausübung des Erbbaurechts das Wohngebäude errichtet hatte (Urteil vom 23. Juni 1976 II R 191/71, BFHE 119, 191, 192, BStBl II 1976, 580). Die gleiche Beurteilung müsse für das Land Nordrhein-Westfalen gelten. Das gebiete der Gleichheitssatz.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, weil es der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimißt.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung des § 1 Nr. 1 GrEStWoBauG und des Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Sie beantragen, das Urteil des FG und die beiden Steuerbescheide aufzuheben, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Kaufvertrag vom 31. Januar 1972 unterliegt der Grunderwerbsteuer, denn er begründet für die Kläger den Anspruch gegen die Verkäuferin auf Übereignung des bezeichneten Grundstücks (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG -, § 433 Abs. 1, § 741, § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB). Er ist nicht etwa deshalb steuerfrei, weil auf dem erworbenen Grundstück im Jahre 1964 aufgrund eines Erbbaurechts ein Eigenheim errichtet und von den Klägern bezogen worden war und die Kläger im Jahre 1966 dieses Erbbaurecht samt dem Eigenheim erworben hatten. Denn eine diesbezügliche Befreiungsvorschrift wurde erst später in das Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau eingefügt, und zwar mit Wirkung vom 1. Januar 1975 (Art. 2 Nr. 2, Art. 8 GrEStÄndG 1975). Diesen zeitlichen Geltungsbereich der Befreiungsvorschrift dürfen die Finanzverwaltungsbehörden und die FG nicht von sich aus erweitern; denn sie sind an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG).

Aus § 1 Nr. 1 GrEStWoBauG läßt sich eine Steuerbefreiung für den bezeichneten Erwerbsvorgang nicht ableiten. Nach dieser Vorschrift ist unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei "der Erwerb eines unbebauten Grundstücks". Die Kläger haben indes kein unbebautes, sondern ein bebautes Grundstück erworben.

Auch aus § 1 Nr. 5 Satz 1 GrEStWoBauG läßt sich eine Steuerbefreiung für den bezeichneten Vertrag vom 31. Januar 1972 nicht ableiten. Nach dieser Vorschrift ist unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei "der erste Erwerb" eines Wohnhauses. Erster Erwerb i. S. dieser Vorschrift war der "Erbbaurechtsübertragungsvertrag" vom 12. Mai 1966. Ihn hat das FA zutreffend als steuerfrei nach § 1 Nr. 5 Satz 1 GrEStWoBauG beurteilt. Diese Steuerbefreiung läßt sich jedoch ohne gesetzliche Grundlage nicht ausdehnen auf den "Grundstückskaufvertrag" vom 31. Januar 1972. Beide Verträge sind grunderwerbsteuerrechtlich gesondert zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 1974 II R 79/66, BFHE 113, 63, 65, BStBl II 1974, 661). Die Steuerbefreiung des § 1 Nr. 5 Satz 1 GrEStWoBauG endete, nachdem der vom Gesetz als förderungswürdig erachtete Zweck (die Übernahme des Eigenheims im Jahre 1966) erreicht war (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1977 II R 151/71, BFHE 124, 242, 243, BStBl II 1978, 202). Die erwähnten Verträge vom 12. Mai 1966 und vom 31. Januar 1972 bilden nicht etwa deshalb rechtlich eine Einheit, weil - worauf die Kläger hinweisen - sich die Grundstückseigentümerin im Erbbauvertrag vom 3. Mai 1960 verpflichtet hatte, "den Eigenheimen, denen die Erbbauberechtigte das Erbbaurecht erstmalig überträgt, ein vererbliches Vorkaufsrecht für jeden Fall der Veräußerung" des Erbbaugrundstücks zu bestellen. Denn damit wurde den Klägern das Recht zum Grundstückserwerb lediglich für den ungewissen Fall eingeräumt, daß die Grundstückseigentümerin das Grundstück einmal verkauft (§§ 1094, 504 BGB). Es kann unentschieden bleiben, ob die beiden Verträge eine rechtliche Einheit dann bilden würden, wenn den Klägern ein Ankaufsrecht eingeräumt worden wäre (so der BFH in seinem Urteil vom 29. August 1962 II 260/60 U, BFHE 76, 35, BStBl III 1963, 14). Der erkennende Senat läßt auch offen, ob eine andere rechtliche Beurteilung dann geboten wäre, wenn der Erbbaurechtsübertragungsvertrag nicht am 12. Mai 1966, sondern erst am 13. Juni 1970 oder später geschlossen worden wäre, also ab einem Zeitpunkt, ab dem auch der Erbbauzins zur Gegenleistung gehört, von deren Wert die Grunderwerbsteuer im allgemeinen berechnet wird (vgl. Art. 1 Nr. 6 Buchst. a, Art. 7 Nr. 2 GrEStÄndG vom 21. Mai 1970, GVBl NW 1970, 395, BStBl I 1970, 820). Seit diesem Zeitpunkt könnte möglicherweise ein Wertungswiderspruch zwischen § 1 Nr. 5 Satz 1 GrEStWoBauG und § 11 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG bestehen.

Eine Gesetzeslücke, d. h. eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, die das Gericht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung i. S. der Kläger schließen dürfte, liegt nicht vor. Vielmehr lag es im Plan (in der Regelungsabsicht) des Gesetzgebers, einen Tatbestand von der Art, wie die Kläger ihn verwirklicht haben, nicht von der Grunderwerbsteuer zu befreien. Das wird deutlich aus der Zielsetzung des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau (1.) und seiner Entwicklung (2.):

1. Ziel des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau in seiner ursprünglichen Fassung von 1952 war es, den sozialen Wohnungsbau zu fördern, um die Wohnungsnot zu lindern (Abschn. I Nr. 2 der Begründung des Gesetzentwurfs, Landtag Nordrhein-Westfalen, 2. Wahlperiode, Bd. II, Drucksache Nr. 512). Dieses Ziel war erreicht, sobald Wohnungen errichtet worden waren, sei es aufgrund Eigentums am Grundstück, sei es aufgrund eines Erbbaurechts.

2. a) Das Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau in seiner ursprünglichen Fassung vom 4. März 1952 (GVBl NW 1952, 33, BStBl II 1952, 46) sah keine Befreiung vor für einen Tatbestand, wie die Kläger ihn verwirklicht haben, obwohl schon damals bekannt war, daß es Fälle gibt, in denen jemand ein Grundstück erwirbt, das zuvor aufgrund eines Erbbaurechts mit einem steuerbegünstigten Gebäude bebaut worden war (vgl. das zu § 8 Nr. 9 GrEStG 1919/1927 ergangene Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 3. Juni 1930 II A 321/30, Steuer und Wirtschaft 1930 Nr. 1087, RStBl 1930, 454 Nr. 650 nur Leitsatz).

b) Auch das "Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau" vom 3. Juni 1958 (GVBl NW 1958, 221, BStBl II 1958, 103) enthält einen solchen Befreiungstatbestand nicht, obwohl

- die Anwendung des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau in der Praxis gezeigt hatte, "daß die vorhandenen spezialisierten gesetzlichen Befreiungsvorschriften nicht" ausreichten, "alle förderungswürdigen Vorgänge zu umfassen" und "verschiedene Zweifelsfragen ... einer gesetzlichen Klärung" bedurften (Abschn. I der Begründung des Gesetzentwurfs, Landtag Nordrhein-Westfalen, 3. Wahlperiode, Bd. V, Drucksache Nr. 643 S. 9),

- der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen nicht Gebrauch gemacht hatte von der ihm durch § 4 Abs. 1 Nr. 2 GrEStWoBauG eingeräumten Ermächtigung, "Rechtsverordnungen" zur Durchführung des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau zu erlassen, "soweit das zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung und zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen erforderlich ist" (Art. 70, 71 Nrn. 2 und 3 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 1950, GVBl NW 1950, 127), sondern sich darauf beschränkt hatte, einen Erlaß an die ihm nachgeordneten Oberfinanzdirektionen Düsseldorf, Köln und Münster zu richten und darin zu erklären, er sei entsprechend dem Sinn und Zweck des Gesetzes "damit einverstanden", daß unter näher bezeichneten Voraussetzungen der "Erwerb eines Erbbaugrundstücks ... nach der Errichtung eines begünstigten Gebäudes ... von der Grunderwerbsteuer freigestellt wird" (Erlaß vom 2. Mai 1957 S 4504 - 21119/VC-3, BB 1957, 503 Nr. 1017).

c) Im Jahre 1970 wurde das Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau erneut geändert und ergänzt, um die Befreiungsvorschriften "an die gegenwärtigen Verhältnisse" anzupassen (Art. 3 GrEStÄndG vom 21. Mai 1970, GVBl NW 1970, 395, BStBl II 1970, 820, 825 und Abschn. I der Begründung zum Entwurf dieses Gesetzes, Landtag Nordrhein-Westfalen, 6. Wahlperiode, BD. VII, Drucksache Nr. 1145 S. 25, 27, 43). Auch bei dieser Gelegenheit hat der Gesetzgeber eine Befreiungsvorschrift für den Nacherwerb des Erbbaugrundstücks nicht in das Gesetz eingefügt, obwohl

- andere Bundesländer, z. B. Hessen und Schleswig-Holstein, entsprechende Befreiungsvorschriften geschaffen hatten (§ 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. h des Hessischen GrEStG i. d. F. der Bekanntmachung vom 31. Mai 1965, GVBl I, 110, BStBl II 1965, 116, und § 2 Nr. 6 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus und bei Maßnahmen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes i. d. F. der Bekanntmachung vom 28. Juni 1962, GVBl 1962, 265, BStBl II 1962, 163),

- der BFH sich mit der grunderwerbsteuerrechtlichen Beurteilung des Nacherwerbs eines Erbbaugrundstücks befaßt hatte (BFHE 76, 35, BStBl III 1963, 14, ergangen zu § 1 Nr. 1 des Rheinland-Pfälzischen Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung beim Wohnungsbau vom 14. März 1955),

- der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen sich veranlaßt gesehen hatte, seinen angeführten Erlaß vom 2. Mai 1957 zu erweitern, um ein ihm unbillig erscheinendes Ergebnis zu vermeiden (Erlaß vom 7. Dezember 1959 S. 4504 - 22299/VC-2, DVR 1960, 15).

d) Als im Jahre 1975 durch das erwähnte Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 8. April 1975 eine Befreiungsvorschrift für den Nacherwerb des Erbbaugrundstücks in das Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau eingefügt wurde, begrenzte der Gesetzgeber deren Wirkung auf die Zeit ab 1. Januar 1975, und zwar in Kenntnis der Tatsache, daß sich die Fälle gemehrt hatten, "in denen Erbbauberechtigte das Erbbaugrundstück nachträglich erwerben" und daß "einige andere Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Saarland, Schleswig-Holstein) zwischenzeitlich bereits den Erwerb eines Erbbaugrundstücks nach der Bebauung von der Grunderwerbsteuer befreit haben" (S. 15 der Begründung des Gesetzentwurfs, Landtags-Drucksache 7/4310). Für die vorhergehende Zeit ging er davon aus, daß "ein Erwerb des Erbbaugrundstücks nach der Bebauung ... grundsätzlich nicht mehr unter den begünstigten Zweck" fällt und "deshalb der Besteuerung" unterliegt (S. 14 der Begründung, a. a. O.).

Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG, wonach "alle Menschen ... vor dem Gesetz gleich" sind.

1. a) Der Gleichheitssatz ist insbesondere nicht dadurch verletzt, daß der Nacherwerb des Erbbaugrundstücks in Nordrhein-Westfalen erst seit 1. Januar 1975, in anderen Bundesländern (z. B. in Baden-Württemberg) dagegen schon seit längerer Zeit steuerfrei ist. Denn infolge der föderativen Struktur der Bundesrepublik Deutschland braucht ein Landesgesetzgeber den Gleichheitssatz nur innerhalb seines Landes zu wahren (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 10. März 1976 I BvR 355/67, BVerfGE 42, 20, 27, und die ständige Rechtsprechung des BFH, zuletzt Urteil vom 3. Dezember 1980 II R 162/78, BFHE 132, 337, 340, BStBl II 1981, 326, 328).

b) Ohne Einfluß auf diese rechtliche Beurteilung ist die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, daß seit dem 1. Januar 1970 der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die Grunderwerbsteuer hat (Art. I Nr. 3, Art. II des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969, BGBl I 1969, 359, BStBl I 1969, 321, Art. 72 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 GG). Denn der Bund war - mangels eines ausdrücklichen dahingehenden Auftrags des Grundgesetzes - nicht verpflichtet, bis zum 31. Januar 1972 (dem Tag des Grundstückskaufvertrags) von seiner Kompetenz umfassend Gebrauch zu machen und ein bundeseinheitliches Grunderwerbsteuergesetz zu schaffen (vgl. die bisherige Rechtsprechung des BVerfG zum "Unterlassen des Gesetzgebers" in seinem Beschluß vom 14. Januar 1981 1 BvR 612/72, BVerfGE 56, 54, 70, Neue Juristische Wochenschrift 1981 S. 1655).

2. Der Gleichheitssatz ist auch nicht dadurch verletzt, daß - wie die Kläger meinen - der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen durch den erwähnten Erlaß vom 7. Dezember 1959 (DVR 1960, 15) nicht "alle gleichen Sachverhalte in seinem Rechtsgebiet" gleichbehandelt habe. Ob diese Behauptung zutrifft, kann hier dahingestellt bleiben. Denn jener Erlaß bindet allenfalls die dem Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen unterstellten Verwaltungsbehörden, nicht auch die Gerichte. Die Gerichte sind an "Gesetz und Recht" gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Nach dem "Gesetz" aber war es richtig, daß das FA die Kläger ebenso behandelte wie andere Erwerber, für die durch Rechtsgeschäft ein Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet worden ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, Art. 3 Abs. 1 GG). Es sind keine Umstände erkennbar, welche die Anwendung dieses Gesetzes als unvereinbar mit übergeordnetem "Recht" erscheinen ließen. Die Frage, ob ein Sachverhalt von der Art, wie die Kläger ihn verwirklicht haben, nicht schon 1972 von der Grunderwerbsteuer hätte befreit werden sollen, haben die gesetzgebenden Körperschaften - wie dargelegt - verneint. Die Gerichte sind nicht befugt, einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Befreiungstatbestand von sich aus zu schaffen oder einen gesetzlich genau umrissenen Befreiungstatbestand aufgrund eigener Wertvorstellungen auszuweiten (Art. 20 Abs. 3 GG; BFH-Urteil vom 30. August 1972 II R 79/72, BFHE 107, 155, 156, BStBl II 1973, 30).