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BFH-Urteil vom 21.10.1981 (II R 114/77) BStBl. 1982 II S. 197

1. Der Eintritt einer GmbH als Komplementärin in eine bislang aus natürlichen Personen bestehende KG war ab 1. Januar 1972 nach § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 von der Gesellschaftsteuer befreit.

2. Die Voraussetzung des § 29 Satz 2 UmwStG 1969 ist erfüllt, wenn das Unternehmen bereits am 1. Januar 1968 bestanden hat; auf den Zeitpunkt der Beteiligung der einzelnen Gesellschafter ist nicht abzustellen.

UmwStG 1969 § 29; KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 6, § 8.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) besteht seit 1941 als Kommanditgesellschaft (KG). Am 15. Dezember 1972 trat die X-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin in die Klägerin ein. Die entsprechende Anmeldung beim Amtsgericht geschah am 22. Dezember 1972. Die GmbH hatte keine Geld- oder Sacheinlage zu erbringen.

Am 1. Januar 1968 waren Gesellschafter der KG A mit einer festen Einlage von 444.000 DM als persönlich haftender Gesellschafter und X mit einer Einlage von 156.000 DM als Kommanditistin. Am 1. Juli 1969 traten B als weiterer persönlich haftender Gesellschafter mit einer Einlage von 300.000 DM und C als weitere Kommanditistin mit einer Einlage von 50.000 DM ein. Letztere erbrachte ihre Einlage in Höhe von 20.000 DM in bar und im übrigen wurde die Verpflichtung durch schenkweise Umbuchung vom Darlehenskonto ihres Ehemannes erfüllt. Gleichzeitig mit dem Neueintritt der genannten Gesellschafter wurde die Einlage von A auf 500.000 DM erhöht und die von X auf 150.000 DM herabgesetzt.

Während der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hinsichtlich der vor dem 1. Januar 1968 vorhandenen Gesellschafter den Vorgang nach § 29 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1969) steuerfrei beließ, setzte er durch gemäß § 100 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufigen Bescheid vom 12. September 1973 gegenüber der Klägerin im übrigen Gesellschaftsteuer in Höhe von 7.000 DM (2 v. H. aus 350.000 DM) fest. Während des Verfahrens über die nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens erhobene Klage setzte das FA durch weiterhin vorläufigen Bescheid vom 13. Dezember 1973 die Gesellschaftsteuer auf 6.400 DM herab. Der Bescheid wurde gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 561 (EFG 1977, 561) veröffentlichten Urteil abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie der Steuerfestsetzung. Sie rügt Verletzung von § 29 UmwStG 1969.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Steuerbescheides vom 13. Dezember 1973.

1. Nach § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 sind Rechtsvorgänge i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) von der Gesellschaftsteuer befreit, wenn und soweit als Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte das Vermögen eines Unternehmens als Ganzes, ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil auf die Kapitalgesellschaft übertragen wird.

Der erkennende Senat bejaht die bisher offengebliebene Frage (vgl. das Urteil vom 21. Dezember 1977 II R 188/75, BFHE 124, 384, BStBl II 1978, 314), ob § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 auch dann anwendbar ist, wenn die Gesellschaftsteuer durch den Eintritt einer Kapitalgesellschaft in eine bestehende KG als persönlich haftende Gesellschafterin entsteht. Auch wenn der Senat in diesen Fällen die Steuer aus dem Wert der Gesellschaftsrechte ermittelt, weil es an einer Gegenleistung fehlt (vgl. das Urteil vom 8. Oktober 1971 II R 27/71, BFHE 103, 447, BStBl II 1972, 61, und den Beschluß vom 21. Juni 1972 II B 44/71, BFHE 112, 74), ist für die Anwendung des § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 zu fingieren, daß in diesen Fällen als Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte Vermögen der dort genannten Art auf die GmbH & Co. KG übertragen wird. Dies folgt aus einer Auslegung der genannten Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck.

Durch § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 sollen Einbringungsvorgänge von der Gesellschaftsteuer freigestellt werden. Zu diesen Vorgängen gehört unstreitig auch die Umwandlung einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften. Von einer derartigen Umwandlung unterscheiden sich die Fälle der vorliegenden Art vor allem dadurch, daß bei der "Umwandlung" einer KG in eine GmbH & CO. KG die Identität der Personengesellschaft unverändert bleibt und deshalb eine Vermögensübertragung wie bei der Umwandlung einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft nach dem Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften nicht erforderlich ist. Trotz fortbestehender Identität unterscheidet sich die GmbH & Co. KG gesellschaftsteuerrechtlich aber von einer anderen KG. Gesellschaftsteuerrechtlich entsteht aus einer Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft, ohne daß eine Vermögensübertragung erforderlich ist. Die gesellschaftsteuerrechtliche Gleichstellung der GmbH & CO. KG mit anderen Kapitalgesellschaften gebietet es in Fällen der vorliegenden Art für die Anwendung des § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969, die gesellschaftsrechtlich nicht erforderliche Vermögensübertragung zu fingieren.

Entgegen der Auffassung des FG ist § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 auch dann anwendbar, wenn die als persönlich haftende Gesellschafterin eintretende Kapitalgesellschaft keine Einlage zu erbringen hat. Es kommt nicht darauf an, wie dieser Fall ertragsteuerrechtlich zu behandeln ist, insbesondere, ob die Grundsätze des § 22 UmwStG 1969 anwendbar sind. Entscheidend ist, daß auch in diesem Falle gesellschaftsteuerrechtlich die "Umwandlung" einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft vorliegt.

2. Nach § 29 Satz 2 UmwStG 1969 ist Voraussetzung für die Befreiung von der Gesellschaftsteuer u. a. , daß im Falle der Nr. 2 des Satzes 1 das übertragende Unternehmen am 1. Januar 1968 bestanden hat. Entgegen der Auffassung des FG ist dabei nicht an die Beteiligung des einzelnen Kommanditisten anzuknüpfen, sondern vom ganzen Unternehmen auszugehen, das eine rein gesellschaftsteuerrechtliche "Umwandlung" erfahren hat. Ebensowenig kann es darauf ankommen, ob den ertragsteuerrechtlichen Voraussetzungen Genüge getan ist, weil die Systematik des Gesellschaftsteuerrechts, wie der Senat bereits im Urteil vom 8. Oktober 1975 II R 42/75 (BFHE 117, 295, BStBl II 1976, 120) ausgeführt hat, vorrangig ist. Als übertragendes Unternehmen kann im Fall des handelsrechtlich unverändert in Form einer KG fortgeführten Unternehmens, das lediglich kraft der Fiktion des § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 im Hinblick auf den Beitritt einer GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin gesellschaftsteuerrechtlich zur Kapitalgesellschaft wird, nur das gesamte Unternehmen betrachtet werden. Der einzelne Gesellschafter überträgt selbst nicht seinen Gesellschaftsanteil; wie der Gesellschaftsanteil nunmehr eine Zuordnung zu einer Kapitalgesellschaft erfährt, erfährt auch das Vermögen seine Zuordnung auf eine Kapitalgesellschaft, wechselt also aus gesellschaftsteuerrechtlicher Sicht seine Rechtszuständigkeit.

Im vorliegenden Fall hat das Unternehmen am 1. Januar 1968 bereits bestanden. Da auch die Voraussetzungen des § 29 Satz 2 UmwStG 1969 im übrigen gegeben sind, war unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Steuerfestsetzung aufzuheben.