| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 17.11.1981 (Vl R 39/79) BStBl. 1982 II S. 223

Der für den Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum maßgebende Betrag der abzuführenden Lohnsteuer (§ 41 a Abs. 2 EStG) ist die Summe der einbehaltenen und übernommenen Lohnsteuer. Kürzungen, die sich durch die vom Arbeitgeber ausgezahlten Zulagen, z. B. nach § 12 Abs. 5 des 3. VermBG oder nach § 28 Abs. 6 BerlinFG ergeben, sind dabei nicht zu berücksichtigen (Bestätigung der LStR 1978, Abschn. 99 Abs. 3).

EStG 1977 § 41a Abs. 1 und 2; BerlinFG § 28 Abs. 6; 3. VermBG § 12 Abs. 5.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) gab für seine Hausgehilfin im Kalenderjahr 1977 vierteljährliche Lohnsteuer-Anmeldungen ab. Nach diesen hatte er entsprechend einer Bruttolohnsumme von 17.700 DM Lohnsteuer i. H. von 2.515,70 DM einzubehalten und hiervon 171,60 DM Zulage nach dem Dritten Vermögensbildungsgesetz (3. VermBG) sowie 1.416 DM Arbeitnehmerzulage (Berlin-Zulage) an die Hausgehilfin auszuzahlen, so daß er an den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) lediglich einen Restbetrag von 928,10 DM weiterleiten mußte.

Das FA forderte den Kläger im Hinblick auf die Höhe der einbehaltenen Lohnsteuer durch Verfügungen vom 27. Januar und 17. April 1978 auf, für 1978 monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen abzugeben. Die hiergegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte im wesentlichen aus: Unter abzuführender Lohnsteuer i. S. des § 41a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1977 sei nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nur derjenige Betrag zu verstehen, den der Arbeitgeber an das FA auch tatsächlich abzuführen habe.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 41 a Abs. 2 EStG und trägt im wesentlichen vor: Die nach dieser Vorschrift abzuführende Lohnsteuer sei die Summe der einbehaltenen und gegebenenfalls vom Arbeitgeber übernommenen Lohnsteuerbeträge; die Entnahme von Lohnsteuerbeträgen durch den Arbeitgeber z. B. zur Auszahlung der Arbeitnehmer-Sparzulagen und Berlin-Zulagen mindere die Bemessungsgrundlage für die Fristenbestimmung des § 41a Abs. 2 EStG nicht, weil es sich insoweit lediglich um eine besondere finanztechnische Abrechnung handle. Die Zulagengewährung solle weder die verfahrensrechtliche Gleichstellung aller Arbeitgeber - unabhängig vom Ort der lohnsteuerlichen Betriebstätte - beeinträchtigen, noch zu einer Minderung der dem FA obliegenden lohnsteuerlichen Überwachung führen.

Einen ausdrücklichen Revisionsantrag hat das FA nicht gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Denn das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Kläger nur zur Abgabe vierteljährlicher Lohnsteuer-Anmeldungen verpflichtet sei.

Das FG beruft sich zu Unrecht allein auf den Wortlaut des § 41 a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum grundsätzlich der Kalendermonat, während nach Satz 2 Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum das Kalendervierteljahr ist, wenn die "abzuführende" Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 360 DM, aber nicht mehr als 2.400 DM betragen hat.

Diese Vorschriften können jedoch nicht isoliert für sich angesehen werden, wie das FG es getan hat. Sie haben nämlich nur die Funktion, den Begriff des "Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums" zu erläutern, wie der Gesetzgeber ihn in § 41 a Abs. 1 EStG verwendet hat. Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber, spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden "Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums" dem zuständigen Betriebstätten-FA eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summe der im "Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum" einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer anzugeben hat. Nach Abs. 1 Nr. 2 hat er die im "Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum" insgesamt einbehaltene und übernommene Lohnsteuer an das Betriebstätten-FA abzuführen. Im Rahmen der Erläuterung dessen, was unter "Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum" zu verstehen ist, können die Worte "abzuführende Lohnsteuer" in § 41 a Abs. 2 Satz 2 EStG nur in dem Sinne verstanden werden, wie sie in dem voranstehenden Abs. 1 Nr. 2 verwendet worden sind, nämlich als die Summe der einbehaltenen und übernommenen Lohnsteuer. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausdruck "abzuführende Lohnsteuer" in sprachlich vereinfachender Form an die in § 41a Abs. 1 Nr. 2 EStG genannte einbehaltene. und übernommene Lohnsteuer angeknüpft.

Der Kläger ist daher vom FA zu Recht zur Abgabe von monatlichen Lohnsteuer-Anmeldungen ab dem Jahr 1978 aufgefordert worden. Denn die im vorangegangenen Jahr 1977 einbehaltene Lohnsteuer vom Arbeitslohn seiner Hausgehilfin betrug unstreitig 2.515,70 DM, also mehr als die in § 41 a Abs. 2 Satz 2 EStG genannten 2.400 DM. Die Summe der von ihm an das Betriebstätten-FA abzuführenden Lohnsteuer verminderte sich zwar auf einen Restbetrag von 928,10 DM, da der Kläger von dieser Lohnsteuer noch Zulagen nach § 12 Abs. 5 des 3. VermBG und nach § 28 Abs. 6 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) einbehalten mußte. Dies hat jedoch auf die Länge des Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums keinen Einfluß, weil es hier nur auf die Höhe der einbehaltenen Lohnsteuer ankommt. Da diese Kürzungen in § 41 a Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht erwähnt sind, ist - wie dargelegt - davon auszugehen, daß der Gesetzgeber den Begriff der "abzuführenden" Lohnsteuer nicht in einem anderen Sinne als dort verstanden wissen wollte.

Dieses Ergebnis wird zudem von der Überlegung getragen, Steuerfälle nicht allein deswegen aus dem monatlichen Anmeldungsverfahren und der dadurch ermöglichten - zeitnahen - Überwachung ausscheiden zu lassen, weil ein Teil der abzuführenden Lohnsteuer mit ausgezahlten Zulagen verrechnet wird. Daß diesem Verfahren als Kontrollmittel keine Bedeutung mehr zukäme, kann im Gegensatz zur Meinung des FG nicht festgestellt werden.

Auch die Entstehungsgeschichte des § 41 a EStG bestätigt diese Auslegung. Es trifft zwar zu, daß die frühere Bestimmung des § 41 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1971 die einbehaltene Lohnsteuer als maßgeblich bezeichnete. Nach Abs. 2 Nr. 2 dieser Vorschrift war die Lohnsteuer abzuführen "spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres, wenn die einbehaltene Lohnsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 120 DM, aber nicht mehr als 2.400 DM betragen hat". Daß der Gesetzgeber in § 41 a Abs. 2 Satz 2 EStG den Begriff "einbehaltene" durch "abzuführende" ersetzt hat, ist jedoch auf andere als die vom FG angenommenen Gründe zurückzuführen.

In § 41 Abs. 2 LStDV konnte der Verordnungsgeber deshalb von der "einbehaltenen" Lohnsteuer ausgehen, weil er damit auf den vorangegangenen Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift Bezug genommen hatte, nach dem die vom Arbeitgeber nach § 30 LStDV einbehaltene Lohnsteuer an das FA abzuführen war. Während der Verordnungsgeber die vom Arbeitgeber "übernommene" Lohnsteuer nur durch den Hinweis auf die §§ 35 a, 35 b LStDV einbezog (§ 41 Abs. 3 LStDV), ohne damit die Ausdrucksweise in den Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung aufgeben zu müssen, hat der Gesetzgeber in § 41 a Abs. 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich neben der "einbehaltenen" auch die "übernommene" Lohnsteuer aufgeführt. Hätte er in § 41 a Abs. 2 EStG weiterhin nur auf die "einbehaltene" Lohnsteuer abgestellt, wäre die vom Arbeitgeber "übernommene" unberücksichtigt geblieben. Um dies zu vermeiden, hat er statt dessen dort den Ausdruck "abzuführende" Lohnsteuer verwendet, der gemäß § 41 a Abs. 1 Nr. 2 EStG für die "im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum insgesamt einbehaltene und übernommene Lohnsteuer" steht. Im Ergebnis wird zwar die abzuführende Lohnsteuer noch um die an die Arbeitnehmer ausgezahlten Zulagen, beispielsweise nach Maßgabe des § 12 Abs. 5 des 3. VermBG bzw. § 28 Abs. 6 BerlinFG gekürzt; die hier maßgebende Vorschrift des § 41 a Abs. 2 EStG hebt jedoch nicht auf diese Kürzungen ab.

Die Vorentscheidung war aufzuheben, da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage ist abzuweisen, weil das FA den Kläger zu Recht zur Abgabe monatlicher Lohnsteuer-Anmeldungen ab 1. Januar 1978 aufgefordert hat.