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BFH-Beschluß vom 23.3.1982 (VIII B 16/82) BStBl. 1982 II S. 373

Die Auferlegung einer Verzögerungsgebühr ist eine Kostenentscheidung, gegen die während der Geltungsdauer des BFHEntlG eine Beschwerde nicht gegeben ist.

BFHEntlG Art. 1 Nr. 4; GKG § 34.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) war Beklagter in dem Verfahren E (Klägerin) gegen FA wegen Einkommensteuer 1965 bis 1976. Das FG legte dem FA eine Verzögerungsgebühr gemäß § 34 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Höhe einer halben Gebühr nach einem Streitwert von 58.475 DM auf; das FA habe zum Nachweis der Steuerhinterziehung der Klägerin prozeßverzögernd erst in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 1980 vorgebracht, aus einem dem FG nicht vorgelegten Aktenvermerk ergebe sich, daß die Klägerin die Kassenaufzeichnungen selbst geführt habe.

Das FA hat Beschwerde eingelegt. Es macht geltend, die Beschwerde sei gemäß § 5 Abs. 2 GKG statthaft. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) greife nicht ein, weil § 34 GKG keine Kostenvorschrift sei. Die Beschwerde habe grundsätzliche Bedeutung (Auslegung des § 34 GKG), und es sei nicht rechtliches Gehör gewährt worden (§ 5 Abs. 2 Satz 3 GKG i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Sein Verhalten sei auch entschuldigt. Der fragliche Aktenvermerk sei ihm selbst erst kurz vor dem Termin bekanntgeworden.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach Art. 1 Nr. 4 BFHEntlG ist die Beschwerde nicht gegeben gegen eine Entscheidung der FGe in Streitigkeiten über Kosten.

Die Auferlegung einer Verzögerungsgebühr (§ 34 GKG) ist eine Kostenentscheidung (ebenso nichtveröffentlichte Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Oktober 1976 I B 27-28/76; vom 22. März 1979 VIII B 38/77; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 128 Rdnr. 18; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., vor §§ 135 bis 149 FGO Rdnr. 37; a. A. Beschluß des FG des Saarlandes vom 20. Februar 1976 174/73, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1976, 242; Drischler/Oestreich/Heun/Haupt, Gerichtskostengesetz, § 34 Rdnr. 27). Dem steht nicht entgegen, daß die Verzögerungsgebühr Strafcharakter hat (BFH-Beschlüsse vom 13. Juni 1969 VI B 3/69, BFHE 96, 98, BStBl II 1969, 550; vom 14. August 1969 V B 32/69, BFHE 96, 389, BStBl II 1969, 662; Lappe, Gerichtskostengesetz, § 34 Anm. 2: Verfahrensbuße). Die Verzögerungsgebühr ist im GKG geregelt, gehört zu den Kosten dieses Gesetzes und im engeren Sinne zu den Gebühren (§ 1 GKG) und wird als "besondere Gebühr" nach der Kostentabelle auf der Grundlage des Prozeßstreitwerts auferlegt und gegebenenfalls ermäßigt (§ 34 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GKG). Schon diese äußere Ausgestaltung der Verzögerungsgebühr als Bestandteil des Gerichtskostenwesens kennzeichnet die Auferlegung dieser Gebühr als Kostenentscheidung. Davon abgesehen, gilt die Verzögerungsgebühr - zwar gegenüber dem Strafzweck zurücktretend - auch die vermehrte Tätigkeit des Gerichts ab (Beschluß des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. Februar 1970 15 W 460/69, Kostenrechtsprechung, § 47 GKG a. F. Nr. 19). Gegen den Kostencharakter der Verzögerungsgebühr kann nicht eingewandt werden, daß sie nach allgemeiner Ansicht auch den kostenbefreiten öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten (§ 2 GKG)auferlegt werden kann. Sowohl der Strafcharakter als auch der Gesichtspunkt einer Abgeltung gerichtlicher Mehrarbeit würde es rechtfertigen, § 2 GKG im Falle des § 34 GKG nicht anzuwenden.

§ 34 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Beschwerde an den BFH eröffnen, sind während der Geltung des BFHEntlG nicht anwendbar (BFH-Beschluß vom 10. Februar 1976 VII B 121/75, BFHE 117, 532, BStBl II 1976, 209).