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BFH-Urteil vom 22.7.1982 (IV R 74/79) BStBl. 1983 II S. 2

Auch ein Gutshof, den der Eigentümer und sein Ehegatte hauptberuflich selbst bewirtschaften, kann ein Liebhabereibetrieb sein, wenn die aufgrund von Überinvestitionen Jahr für Jahr anfallenden Verluste nur deshalb in Kauf genommen wurden und finanziell getragen werden konnten, weil von Anfang an Zuschüsse in Millionenhöhe von seiten der Eltern die eigentliche Existenzgrundlage bildeten.

EStG §§ 2 Abs. 2, 4, 5 und 13.

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen veranlagt. Der Kläger ist Tierarzt; seine Eltern waren Landwirte. Seinen Beruf als Tierarzt übt der Kläger nicht mehr aus. Die Klägerin hat eine reguläre landwirtschaftliche Lehre absolviert.

Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 2. Dezember 1961 das Gut X. Sie begann am 1. März 1962 mit der Bewirtschaftung. Die Betriebsergebnisse ermittelt sie durch Vermögensvergleich. Der Kläger ist hauptberuflich und leitend (ohne Entgelt) im Betrieb tätig. Den Kaufpreis für das Gut in Höhe von rd. 1,5 Mio DM finanzierte die Klägerin fast ausschließlich mit zinslosen Darlehen ihrer Eltern, die ihr im Laufe des Wirtschaftsjahres 1962/63 die zunächst geliehene Summe schenkten. Darüber hinaus stellte der Vater der Klägerin laufend weitere zinslose Darlehensbeträge zur Verfügung, die sich von rd. 144.000 DM zum 30. Juni 1962 bis auf rd. 1.368.000 DM zum 30. Juni 1969 summierten. Im Jahre 1965 erhielt die Klägerin von ihrem Vater eine Unterbeteiligung an dessen Beteiligung an einem Unternehmen. Daraus erzielte die Klägerin ab 1965 positive Einkünfte.

Der landwirtschaftliche Betrieb hat eine Größe von rd. 76 ha. Es werden Getreide und Hackfrüchte angebaut, vor allem aber wird Milchviehzucht betrieben. Mit Hilfe der väterlichen zinslosen Darlehen von über 1,3 Mio DM nahm die Klägerin seit dem Jahre 1962 erhebliche Investitionen vor im Gesamtbetrag von 1.700.000 DM (bis 30. Juni 1970), davon 1.097.000 DM für Gebäude oder Einrichtungen und 603.000 DM für Maschinen und Geräte. Die Investitionssumme erhöhte sich bis zum 30. Juni 1973 um insgesamt weitere 176.000 DM. Daraus ergaben sich (lt. eingereichten Verlust- und Gewinnrechnungen) folgende steuerliche Abschreibungs (-AfA) beträge:

30. Juni 1962

5.088 DM

30. Juni 1966

19.738 DM

30. Juni 1964

40.540 DM

30. Juni 1965

49.912 DM

30. Juni 1966

67.394 DM

30. Juni 1967

84.883 DM

30. Juni 1968

85.336 DM

30. Juni 1969

87.795 DM

30. Juni 1970

84.981 DM

30. Juni 1971

85.324 DM

30. Juni 1972

85.237 DM

30. Juni 1973

88.378 DM

Der Kläger gründete im Jahre 1967 einen Gewerbebetrieb. Nach ihren Einkommensteuererklärungen erzielten die Kläger folgende Einkünfte:

Kalenderjahr

Landwirtschaft

Gewerbe

Beteiligung

   

Kläger

Klägerin

-----------------

--------------------

----------------

-----------------------

 

DM

DM

DM

     

1962

./. 78.048

   

1963

./. 25.795

   

1964

./. 22.373

   

1965

./. 7.940

 

5.287

1966

./. 22.348

 

23.198

1967

./. 2.897

5.699

44.765

1968

./. 18.089

./. 4.916

8.767

1969

./. 56.669

./. 6.013

32.918

1970

./. 74.101

./. 5.398

85.319

1971

./. 72.575

+ 28.581

20.815

1972

./. 89.738

./. 20.860

 

Bei einer im November 1970 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 1963 bis 1967 kam der Prüfer aufgrund von Buchführungsmängeln zu der Auffassung, daß die Buchführung ab dem Wirtschaftsjahr 1963/64 nicht ordnungsmäßig sei, hielt jedoch eine Prüfung und evtl. Korrektur der Verluste nicht für erforderlich, weil die Verluste in den Wirtschaftsjahren 1963/64 und 1964/65 nicht vorgetragen werden könnten und die Verluste vom Wirtschaftsjahr 1965/66 ab als Ergebnisse einer Liebhaberei steuerlich nicht von Bedeutung seien. Die Einkommensteuer 1963 bis 1967 betrug auch nach den Feststellungen der Betriebsprüfung jeweils null DM (durch Verlustvortrag aus 1962 und 1963).

Auch in den Folgejahren betrug die Einkommensteuer der Kläger trotz Nichtberücksichtigung der Verluste aus der Landwirtschaft jeweils null DM. Erstmals im Streitjahr 1970 ergab sich aufgrund der gewerblichen Einkünfte der Klägerin eine Einkommensteuer von 8.948 DM, weil der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die erklärten landwirtschaftlichen Verluste wiederum nicht berücksichtigte.

Hiergegen wandten sich die Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Zur Begründung trugen sie vor, sie hätten den Hof in einem herabgewirtschafteten Zustand übernommen. Die erheblichen Investitionen, die die vom FA als verlustverursachend hervorgehobenen Abschreibungen zur Folge hätten, seien betriebswirtschaftlich notwendig gewesen und hätten wegen der Verwahrlosung des Hofes in relativ wenigen Jahren durchgeführt werden müssen. Sowohl die Baulichkeiten als auch die Maschinenausrüstung hätten sich in sehr schlechtem Zustand befunden. Die Viehstallungen hätten nicht mehr benutzt werden können. Daher hätten ein neuer Kuh- und Milchstall sowie eine Brunnenanlage und ein massives Geräte- und Vorratsgebäude errichtet werden müssen. Den Viehbestand hätten sie von 20 Tieren bei Hofübernahme auf inzwischen 130 bis 140 Tiere erweitert, die lediglich von einem Melkerehepaar betreut würden. Nur in Spitzenzeiten würden noch weitere Hilfskräfte beschäftigt.

Das Finanzgericht (FG) hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des landwirtschaftlichen Sachverständigen X.

Das FG gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, die Klägerin habe ungeachtet der langjährigen Verluste im Streitjahr eine Landwirtschaft betrieben. Ihr negatives Betriebsergebnis könne daher bei der Einkommensteuerveranlagung mit ihrem Gewinn aus Gewerbebetrieb ausgeglichen werden.

Mit der Revision macht das FA geltend, die Vorentscheidung weiche von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab. Voraussetzung für die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Gewinnen und Verlusten sei es, daß der Steuerpflichtige ernstlich mit einem Ausgleich zwischen Aufwand und Ertrag und einem wenn auch bescheidenen Gewinn rechne. Ob diese Voraussetzungen vorlägen, beurteile sich nicht nach der subjektiven Auffassung des Steuerpflichtigen, sondern nach den objektiven Verhältnissen. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten festgestellt, daß der Betrieb der Klägerin innerhalb der Anlaufzeit gerade die baren Kosten eingebracht habe, dagegen keine AfA, keinen Lohn für die Familie des Bewirtschafters, keinen Zinsertrag und keinen Unternehmergewinn. Da sich die überwiegenden Investitionen im Bausektor vollzogen hätten und hier mit 2 v. H. über einen Zeitraum von 50 Jahren abgeschrieben werden müßten, gebe es keine realistische Grundlage dafür, daß der Betrieb auf Dauer gesehen und nachhaltig mit Gewinn arbeiten könne.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

1. Die Meinung des FG, daß ein Liebhabereibetrieb i. S. des Einkommensteuerrechts durchweg der persönlichen Lebenshaltung in Form von Erholung und Freizeitgestaltung dienen müsse, hält der Senat nicht für zutreffend.

Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es für die Abgrenzung zwischen Liebhaberei und einer einkommensteuerrechtlich bedeutsamen Tätigkeit, wie einem Gewerbebetrieb oder einer Land- und Forstwirtschaft, neben der Voraussetzung, daß der Betrieb nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird, entscheidend darauf an, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nachhaltig mit Gewinnen arbeiten kann. Dies erfordert eine in die Zukunft gerichtete Beurteilung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten. Dauernde Verluste während eines Zeitraums von - wenn keine besonderen Verhältnisse gegeben sind - etwa acht Jahren sprechen nach der Rechtsprechung für die Annahme einer Liebhaberei, weil der geschlossene Verlustzeitraum einer solchen Anzahl von Jahren eine ausreichende Grundlage für die Prognose bietet, daß der Betrieb bei gleichbleibender Form der Bewirtschaftung nicht geeignet sei, aus der Verlustzone herauszukommen und nachhaltige Gewinne zu erzielen. Dem Steuerpflichtigen ist allerdings durch diese Vermutung nicht der Einwand abgeschnitten, daß er die dauernden Verluste bzw. die nach einer angemessenen Anlaufzeit weiterhin angefallenen Verluste infolge besonderer Umstände erlitten habe und daß der Betrieb nach Überwindung dieser Umstände geeignet sei, nachhaltig Gewinne zu erzielen.

Verluste der Anlaufzeit können nur dann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, daß die Land- und Forstwirtschaft (oder auch ein anderes Unternehmen), so wie sie vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen, und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle i. S. des Einkommensteuerrechts darstellt (vgl. BFH-Urteile vom 18. März 1976 IV R 113/73, BFHE 118, 447, BStBl II 1976, 485; vom 6. März 1980 IV R 182/78, BFHE 131, 18, BStBl II 1980, 718, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Auch wenn man das Vorliegen einer Liebhaberei mehr auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht gründen wollte, kann die Entscheidung nicht auf die subjektiven Vorstellungen und Absichtserklärungen des Steuerpflichtigen abgestellt werden, sondern muß zum Nachweis auf die objektiven Verhältnisse der oben dargelegten Art zurückgreifen (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381).

Sind danach die Voraussetzungen für die Annahme einer Liebhaberei gegeben, die keine Einkunftsquelle sein kann, dann spielt die Frage, aus welch persönlichen Gründen im Einzelfall von den betreffenden Steuerpflichtigen ein solcher Liebhabereibetrieb gehalten wird, keine entscheidende Rolle. Die obigen Voraussetzungen einer Liebhaberei können danach denknotwendig nur dann erfüllt sein, wenn ein solcher Betrieb objektiv nicht die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen darstellt, sondern ihm andere Geldmittel zur Verfügung stehen, die wirtschaftlich seine wirkliche Existenzgrundlage bilden und die es ihm darüber hinaus ermöglichen, einen Liebhabereibetrieb - aus welchen Gründen auch immer - trotz der ständigen Verluste beizubehalten. Solche anderen Geldmittel sind in der Regel hohe Einkünfte aus anderen steuerlich relevanten Tätigkeiten. Daneben können es aber auch - wie im Streitfall - laufende hohe Zuwendungen von seiten der Eltern oder anderer naher Angehöriger oder ein eigenes Kapitalvermögen sein, die die Haltung einer Liebhaberei ermöglichen und deren bloße Kapitalerträge für sich ohne weiteres oder sogar besser ausreichen würden, den Lebensunterhalt zu sichern.

Das wesentliche Kriterium der Liebhaberei, wie es der BFH in ständiger Rechtsprechung im Bereich der Landwirtschaft versteht, liegt demnach darin, ob ein Landwirt, dem - abgesehen von den Mitteln für den Erwerb - keine laufenden Geldzuflüsse von außerhalb für seine Landwirtschaft zur Verfügung stehen, den Betrieb in der vorliegenden Form weit über ein Jahrzehnt hinweg, d. h. also über eine notwendige Anlaufzeit hinaus, geführt hätte und hätte führen können. Diese Betrachtung hat im Streitfall - im Gegensatz zum FG - auch der Sachverständige seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Er weist eingangs seines Gutachtens darauf hin, daß die hohen Investitionen der Klägerin nicht aus der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebs heraus möglich gewesen seien, sondern allein aus Mitteln zinsloser Familiendarlehen; bei Aufnahme verzinslicher Fremdkapitalien wäre die Annuitätsbelastung von einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht aufzubringen gewesen.

2. Der von der Klägerseite benannte Sachverständige sollte lt. Beweisbeschluß dazu Stellung nehmen, ob der landwirtschaftliche Betrieb der Klägerin nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen mit der Aussicht geführt werde, zumindest auf längere Dauer gesehen, Gewinne zu erzielen, oder ob der Betrieb wegen Überinvestitionen auf längere Dauer gesehen mit Verlusten arbeiten müsse. Dabei sei eine angemessene Anlauf- und Aufbauzeit zuzubilligen und bloße Buchverluste hätten außer Betracht zu bleiben. Es kommt nicht auf die beabsichtigte, sondern auf die tatsächliche Art der Bewirtschaftung an.

Entsprechend dem Auftrag hat der Gutachter zunächst die Anlaufschwierigkeiten des Betriebs geprüft. Dazu stellt er fest, daß sich der Betrieb bei der Übernahme durch die Klägerin in einem "desolaten Zustand" befunden habe und daß daher davon ausgegangen werden müsse, daß in den Anlaufjahren nur unter dem Durchschnitt liegende Erträge erwirtschaftet werden konnten.

Anschließend prüft der Sachverständige die Frage, ob die von der Klägerin getroffenen Maßnahmen sinnvoll gewesen seien, ob Überinvestitionen vorgenommen worden seien und ob der Betrieb nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt werde. Er kommt zu dem Ergebnis, daß mehrere Über- und Fehlinvestitionen vorgenommen worden seien und daß der Betrieb nicht streng nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt worden sei. Zum Beweis bezeichnet er den Kuhstall und den Melkstall wegen ihrer Ausmaße als Überinvestition, das Landarbeiterhaus als kostspielige Fehlinvestition und die von den Klägern betriebene eigene Fleischvermarktung als unsinnig.

Schließlich befaßt sich der Gutachter mit der Hauptfrage, ob auf die Dauer gesehen und nachhaltig ein wenn auch bescheidener Gewinn erzielt werden könne. Er kommt zu dem Ergebnis, daß der Betrieb in der zwangsläufigen Anlaufzeit mit seinen Erträgen gerade die baren Kosten eingebracht habe, dagegen keine AfA, keinen Lohn für die Familie des Bewirtschafters, keinen Zinsertrag und keinen Unternehmergewinn. Da die überwiegenden Investitionen im Bausektor lägen und hier mit 2 v. H. über einen Zeitraum von 50 Jahren bis weit in das nächste Jahrhundert hinein abgeschrieben werden müßten, gebe es keine realistische Grundlage dafür, daß der Betrieb auf Dauer gesehen und nachhaltig mit Gewinn arbeiten werde. Der Betrieb werde insbesondere wegen der Überinvestitionen im baulichen Sektor auf längere Zeit noch mit Verlusten arbeiten. Diese Würdigung gelte auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß bei Übernahme heruntergewirtschafteter landwirtschaftlicher Betriebe eine vergleichsweise lange Anlaufzeit berücksichtigt werden müsse. Diese Anlaufzeit könne indessen auch in einem solchen Fall den Zeitraum von 10 bis 15 Jahren nicht überschreiten.

3. Ob nach diesen Feststellungen des Gutachters und den ununterbrochen angefallenen Verlusten bis einschließlich des Jahres 1972 nach den Grundsätzen der Rechtsprechung im Streitjahr 1970 ein Liebhabereibetrieb zu bejahen ist, hängt nach den Ausführungen zu 1. davon ab, a) ob und welche Anlaufzeit man dem Betrieb der Klägerin zubilligen muß, und b) ob er auch nach Ablauf dieser Anlaufzeit keine Gewinne erzielen konnte, weil er nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann.

Berücksichtigt man mit dem Gutachten des Sachverständigen, daß die Klägerin 1962 einen Betrieb erworben hat, den sie durch hohe Investitionen völlig neu aufbauen mußte, so muß ihr - davon geht auch das Gutachten aus - eine Anlaufzeit von ca. 10 Jahren oder auch etwas darüber zugebilligt werden. Für diese Anlaufzeit, in die das Streitjahr fällt, könnte nach der Rechtsprechung eine Liebhaberei nur dann bejaht werden, wenn sichere Anhaltspunkte vorhanden wären, die zu der Prognose berechtigten, daß die Landwirtschaft, so wie sie von den Klägern betrieben wurde, überhaupt keine nachhaltigen Gewinne erwirtschaften konnte und deshalb von Anfang an nicht geeignet war, als Einkunftsquelle i. S. des Einkommensteuerrechts zu dienen. Nur unter diesen Voraussetzungen könnte von steuerlich berücksichtigungsfähigen Anlaufverlusten nicht mehr gesprochen werden. Die hierfür erforderliche Zukunftsprognose konnte in den vom BFH bisher entschiedenen Fällen meist relativ leicht mit der bereits eingetretenen und daher den Beteiligten bekannten Tatsachen bestätigt werden, daß auch nach der angemessenen Anlaufzeit weiter hohe Verluste angefallen waren und die Gewinnzone tatsächlich auch nach vielen Jahren nicht erreicht wurde. In den meisten Fällen waren so viele ununterbrochene Verlustjahre bekannt, daß es sich faktisch um keine Prognose mehr handelte.

4. Im Streitfall reichen die Tatsachenfeststellungen des FG und des Sachverständigen für diese erforderliche Zukunftsprognose nicht aus. Es sind nur die Verluste der ersten 10 Jahre festgestellt. Auch die abschließende Feststellung des Sachverständigen, daß der Betrieb insbesondere wegen der Überinvestitionen im baulichen Sektor auf längere Dauer gesehen noch mit Verlusten arbeiten müsse, ist hierfür nicht ausreichend. Das FG weist demgegenüber darauf hin, daß auf einzelne Fehlinvestitionen im Bausektor zurückzuführende Verluste für sich für die Annahme der Liebhaberei nicht ausreichend seien. Dieser Hinweis ist dann zutreffend, wenn es sich um Fehlinvestitionen handelt, die innerhalb der angemessenen Anlaufzeit überwindbar sind. Fehlinvestitionen hingegen, die 40 Jahre und mehr zu negativen Betriebsergebnissen führen müssen und auf die Dauer gesehen dem Betrieb das Gepräge einer zeitlich nicht begrenzten Verlustquelle weit über 10 Jahre hinaus geben (was einen Landwirt ohne anhaltende Geldzuflüsse von außen zwingen würde, den Betrieb aufzugeben), bestimmen die Wesensart eines Betriebs und ordnen ihn - im Gegensatz zur Meinung der Kläger - eindeutig der Liebhaberei i. S. der Rechtsprechung zu.

Welcher der beiden genannten möglichen Fälle im Streitfall gegeben ist, läßt sich aus dem Gutachten nicht mit der notwendigen Klarheit erkennen. Die Kläger haben das mit Recht gerügt. Der Sachverständige kommt zwar zu der pauschalen Prognose, daß der Betrieb auf längere Dauer wegen der Überinvestitionen im Bausektor noch mit Verlust arbeiten werde. Diese Prognose hätte aber einer Untermauerung durch eine betriebswirtschaftliche Kalkulation bedurft: dabei hätten die tatsächlichen Ergebnisse nach 1972 wichtige Anhaltspunkte bilden können. Auf diese Untermauerung der Zukunftsprognose kann nicht verzichtet werden, weil die Prognose ohne sie lediglich den Wert einer unbewiesenen Behauptung hat. Gerade in der hierfür erforderlichen betrieblichen Kalkulation liegt der Zweck eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens. Die Feststellung des Sachverständigen, der Betrieb werde wegen der Fehl- und Überinvestitionen im Bausektor auch nach 1970 auf längere Dauer noch mit Verlust arbeiten, hätte zur Bestätigung ihrer Richtigkeit auch einer betrieblichen Kalkulation darüber bedurft, daß betriebswirtschaftlich vertretbare Investitionen im Bausektor unter Inanspruchnahme und Ausschöpfung der gesetzlichen Abschreibungsmöglichkeiten zu keinen Verlusten über die Anlaufjahre hinaus geführt hätten.

5. Die Vorentscheidung beruht auf anderen rechtlichen Überlegungen. Sie muß aufgehoben werden, weil sie die Verneinung der Liebhaberei - im Gegensatz zum Beweisbeschluß des FG -

a) im wesentlichen auf die als erwiesen angesehene subjektive Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin gründet, ohne der Wesensart des Betriebs und der Betriebsführung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und den damit zusammenhängenden objektiven Betriebsergebnissen entscheidende Bedeutung beizumessen und ohne auf sie näher einzugehen und

b) zusätzlich auf die unter 1. als unrichtig dargelegte Meinung stützt, daß eine Liebhaberei durchweg der Lebenshaltung in Form von Erholung oder Freizeitgestaltung dienen müsse, was im Streitfall nicht zutreffe.

Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, damit es nach den dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung anhand der erforderlichen, von nachprüfbaren Unterlagen und betrieblichen Kalkulationen ausgehenden Zukunftsprognose, die heute unschwer zu treffen ist, entscheiden kann, ob es sich bei den Verlusten des Streitjahres 1970 noch um einen steuerlich anzuerkennenden Verlust eines Anlaufjahres oder um Verluste eines von Anfang an nicht zur Gewinnerzielung geeigneten Liebhabereibetriebs handelte. Dabei kann neben der oben angeschnittenen Frage, innerhalb welcher Zeit die Klägerin bei betriebswirtschaftlich vernünftigen Investitionen aus der Verlustzone gekommen wäre, auch von Bedeutung sein, ob die Klägerin in der Lage gewesen wäre, selbst bei ihren Überinvestitionen den Verlustzeitraum durch die gebotene Inanspruchnahme von Teilwertabschreibungen, Sonderabschreibungen (z. B. § 76 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) und erhöhten Absetzungen wesentlich zu verringern und bejahendenfalls, warum sie das nicht getan hat. Die Beantwortung dieser Frage wird auch ein wichtiger Hinweis dafür sein, ob der Betrieb nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wurde (vgl. dazu auch den Fall des Senats-Urteils in BFHE 131, 18, BStBl II 1980, 718).