| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 12.1.1983 (IV R 211/82) BStBl. 1983 II S. 360

1. Zur Unterscheidung zwischen Zweitbescheid und wiederholender Verfügung.

2. Die Anordnung einer Außenprüfung kann vom Leiter der Betriebsprüfungsstelle veranlaßt und unterschrieben werden.

AO 1977 § 195 Satz 1, § 196.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Der im Bundesgebiet wohnende Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist in Berlin gewerblich tätig. Seine Gewinne für 1974 bis 1977 wurden vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) gesondert festgestellt; dieser erließ auch Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheide. Durch Verfügung vom 14. Juli 1980 ordnete das FA unter Hinweis auf die §§ 193, 194 der Abgabenordnung (AO 1977) eine Außenprüfung beim Kläger an; die Prüfung sollte sich auf die gesonderten Gewinnfeststellungen für 1974 bis 1978, die Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für diesen Zeitraum sowie auf die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1975 bis zum 1. Januar 1979 erstrecken. Die Anordnung enthielt keine Rechtsmittelbelehrung; sie wurde dem zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenen früheren Bevollmächtigten des Klägers übersandt.

Im November 1981 legte der jetzige Prozeßbevollmächtigte für den Kläger Beschwerde gegen die Prüfungsanordnung ein. Daraufhin erließ das FA am 11. Dezember 1981 eine erneute Prüfungsanordnung mit dem gleichen Prüfungsumfang; in dieser Verfügung wurden der Anlaß der Prüfung und die aufzuklärenden Fragen näher bezeichnet. Hiergegen legte der Kläger wiederum Beschwerde ein, weil die Anordnung vom Leiter der Betriebsprüfungsstelle und nicht von dem nach seiner Ansicht zuständigen Leiter der Veranlagungsstelle unterzeichnet worden sei.

Auf die ablehnende Beschwerdeentscheidung erhob der Kläger sowohl gegen die ursprüngliche als auch gegen die erneute Prüfungsanordnung Klage. Nachdem das FA erklärt hatte, es leite aus der ursprünglichen Anordnung keine Rechte ab, weil ihr ordnungsmäßiger Zugang ungewiß sei, beschränkte der Kläger seine Klage auf die erneute Prüfungsanordnung und rügte wiederum die Unterzeichnung durch den Leiter der Betriebsprüfungsstelle. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Zu Recht hat das FG angenommen, daß es sich bei der erneuten Prüfungsanordnung um einen selbständigen, mit der Klage anfechtbaren Verwaltungsakt handele. Das FA hat damit nicht lediglich auf eine bereits getroffene Regelung verwiesen, sondern erneut über die Voraussetzungen und über den Inhalt der Prüfung befunden und damit eine neue Sachentscheidung getroffen; die neue Regelung sollte nunmehr die Grundlage für die Außenprüfung abgeben. Es handelt sich damit nicht lediglich um eine nicht anfechtbare wiederholende Verfügung, sondern um einen selbständig anfechtbaren neuen Verwaltungsakt (vgl. dazu Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1961 VI C 123/59, BVerwGE 13, 99).

2. Die Prüfungsanordnung ist nicht deswegen fehlerhaft, weil sie vom Leiter der Betriebsprüfungsstelle und nicht vom zuständigen Veranlagungsbeamten unterzeichnet worden ist.

Die Außenprüfung wird nach § 196 AO 1977 durch eine schriftliche Prüfungsanordnung eingeleitet. Dieser Verwaltungsakt wird, wie sich aus § 195 Satz 1 AO 1977 ergibt, von der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde erlassen. Die strittige Prüfungsanordnung ist von einer Finanzbehörde, nämlich dem FA, erlassen worden. Diese Behörde war nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 als Betriebs-FA für die gesonderte Feststellung des gewerblichen Gewinns und der Einheitswerte des Betriebsvermögens, nach § 21 AO 1977 für die Festsetzung der Umsatzsteuer und nach § 22 Abs. 2 AO 1977 i.V.m. Art. III § 5 des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts vom 27. Dezember 1951, BGBl I 1951, 996, Gesetz des Landes Berlin vom 18. März 1952, Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin 1952, 161, auch für die Festsetzung der Gewerbesteuer zuständig.

Die Prüfungsanordnung ist auch in der gehörigen Form erlassen worden. Ein schriftlicher Verwaltungsakt muß nach § 119 Abs. 3 AO 1977 die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Der unterzeichnende Beamte war, wie ebenfalls zwischen den Beteiligten unstreitig, vom Vorsteher mit dem Erlaß von Prüfungsanordnungen beauftragt. Dieser Beauftragung steht die AO 1977 nicht im Wege. Sie sieht in den §§ 193 ff. die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen im Wege der Außenprüfung vor. Diese Aufgabe erfordert die Einrichtung von Dienststellen. Das Gesetz ergibt nicht, daß der mit der Leitung einer solchen Dienststelle beauftrage Beamte vom Erlaß einer Prüfungsanordnung ausgeschlossen sei. Ein solches Verbot wäre mit der Einrichtung besonderer Dienststellen für die Außenprüfung nicht vereinbar, da ihr Leiter unter Berücksichtigung der vorhandenen sachlichen und persönlichen Mittel am ehesten über Erfordernis, Ausmaß und Ablauf der Außenprüfung bestimmen kann. Diese Auffassung liegt bereits dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. Dezember 1978 I R 131/75 (BFHE 126, 379, BStBl II 1979, 162) zugrunde. Danach entscheidet der Leiter der Betriebsprüfungsstelle über die Erweiterung des Prüfungszeitraums; ist dieser Bedienstete aber für die Entscheidungen über den Ablauf der Außenprüfung zuständig, kann ihm die Entscheidung über die Einleitung der Außenprüfung nicht verwehrt sein. Die abweichende Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz vom 19. Mai 1980 V 439/78 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1981, 5) ist weder mit dem Wortlaut noch mit dem Ziel der einschlägigen Vorschriften der AO 1977 vereinbar.