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BFH-Urteil vom 30.11.1982 (VIII R 128/82) BStBl. 1983 II S. 408

Die Begünstigung nach § 7 b Abs. 2 EStG für Ausbauten und Erweiterungen an einem vor dem 1. Januar 1964 fertiggestellten Einfamilienhaus geht nicht dadurch verloren, daß durch die Baumaßnahmen ein Zweifamilienhaus entsteht und auch nicht dadurch, daß dieses durch eine Teilung nach dem WEG zu Eigentumswohnungen umgewandelt wird.

EStG § 7b Abs. 2.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der mit seiner Ehefrau bei der Einkommensteuer zusammenveranlagt wird, und sein Vater waren in den Jahren 1975 bis 1977 jeweils zur Hälfte Miteigentümer eines Zweifamilienhauses, das im Jahre 1975 aus einem Einfamilienhaus durch einen Anbau, der Erdgeschoß und ersten Stock flächenmäßig erweiterte, und den Aufbau eines zweiten Stockwerks entstanden war. Die Herstellungskosten betrugen hierfür insgesamt 34.717 DM. Ab 1975 wurde das Haus von dem Kläger und seinen Eltern als Zweifamilienhaus genutzt. Der Kläger hatte die obere und seine Eltern hatten die untere Wohnung inne. Die von dem Kläger geltend gemachte erhöhte Absetzung nach § 7 b Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wurden ihm von dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) in vollem Umfang mit der Begründung gewährt, daß er die Kosten der Baumaßnahmen allein getragen habe. Am 31. Dezember 1977 teilten die Eigentümer das Zweifamilienhaus entsprechend der von ihnen genutzten Wohnungen in zwei Eigentumswohnungen auf, wobei der Kläger und sein Vater je eine Wohnung erhielten.

Das FA vertrat nunmehr die Ansicht, daß die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG nicht mehr gegeben seien. Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage durch sein in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 459 veröffentlichtes Urteil statt.

Mit der Revision wendet sich das FA gegen die unrichtige Auslegung des § 7 b EStG. Es ist der Ansicht, daß entgegen der Meinung des FG keine Lücke im Gesetz vorliege. Der Gesetzgeber habe in § 7 b EStG abschließend definiert, welche Fälle begünstigt werden sollten. Der Begünstigungswille müsse sich bei einer sinnvollen Auslegung inhaltlich abgrenzbar aus dem Gesetz selbst ergeben. Die vom FG vorgenommene Auslegung lasse sich aber aus § 7 b EStG nicht herleiten, zumal berücksichtigt werden müsse, daß neben der Aufteilung in Eigentumswohnungen bürgerlich-rechtlich auch eine Änderung der Eigentumsverhältnisse eingetreten sei. Entgegen der Ansicht des FG lägen die Voraussetzungen des § 11 d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) nicht vor, weil ein unentgeltlicher Übergang der Eigentumswohnung auf einen anderen nicht gegeben sei. Auch aus § 7 b Abs. 6 EStG könne ein Übergang der Begünstigung nach der rechtlichen Umwandlung des Grundstücks nicht hergeleitet werden.

Das FA hält weiter an der Ansicht fest, daß nach der Umwandlung des Zweifamilienhauses in Eigentumswohnungen und der damit verbundenen Änderung der Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück ein Fortbestehen der Begünstigung nach § 7 b EStG nicht möglich sei.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Senat kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, ob dem Kläger die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG zu gewähren sind.

Die von dem Kläger vorgenommenen Ausbauten und Erweiterungen sind nach § 7 b Abs. 2 EStG nur dann begünstigt, wenn sie an einem Einfamilienhaus vorgenommen wurden, das vor dem 1. Januar 1964 fertiggestellt worden ist. Das angefochtene Urteil enthält zum Fertigstellungszeitpunkt des Einfamilienhauses keine tatsächlichen Feststellungen. Sollte das Einfamilienhaus nach dem 31. Dezember 1963 fertiggestellt worden sein, so würden die erhöhten Absetzungen nach § 7 b Abs. 2 EStG schon aus diesem Grunde entfallen.

Sollte das Einfamilienhaus jedoch vor dem 1. Januar 1964 fertiggestellt worden sein, so standen und stehen dem Kläger die erhöhten Absetzungen nach § 7 b Abs. 2 EStG für die von ihm vorgenommenen Ausbauten und Erweiterungen an dem Einfamilienhaus zu. Der Umstand, daß durch diese Baumaßnahmen ein Zweifamilienhaus entstanden ist, steht der Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 7 b Abs. 2 EStG nicht entgegen. Es kommt nur darauf an, daß die begünstigten Baumaßnahmen an einem Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder einer Eigentumswohnung vorgenommen werden. Der erkennende Senat hat daher unter Hinweis auf den eindeutigen Wortlaut des § 7 b Abs. 2 EStG die Gewährung der Vergünstigung abgelehnt, wenn ein bisher als Bürogebäude genutztes Haus zu einem Einfamilienhaus durch Erweiterungen und Umbauten umgestaltet wird, weil hier Gegenstand der Baumaßnahmen keines der in § 7 b EStG angeführten Objekte war (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. Dezember 1975 VIII R 119/72, BFHE 117, 561, BStBl II 1976, 285).

Der Kläger hat seine Berechtigung zur Vornahme der erhöhten Absetzungen nach § 7 b Abs. 2 EStG nicht dadurch verloren, daß durch die Baumaßnahmen aus dem Einfamilienhaus ein Zweifamilienhaus wurde und daß dieses anschließend durch Teilung in Eigentumswohnungen umgewandelt worden ist. Das Gesetz verlangt nicht, daß durch die Baumaßnahme der Charakter des jeweiligen Objektes nicht verändert werden darf. Ob dies auch gilt, wenn durch die Ausbauten und Erweiterungen der Charakter des Hauses in dem Maße verändert wird, daß hernach keines der nach § 7 b EStG begünstigten Objekte mehr vorhanden ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden (dies offensichtlich bejahend Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 7 b EStG, Rdnr. 228; Schmidt/ Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 7 b Anm. 9 b; a. A. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., § 7 b EStG, Tz. 182 unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 17. Februar 1976 VIII R 188/71, BFHE 118, 319, BStBl II 1976, 414). Denn das Haus wurde nach den Baumaßnahmen ausschließlich zu Wohnzwecken zunächst als Zweifamilienhaus und später in Form von Eigentumswohnungen genutzt.