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BFH-Urteil vom 30.3.1983 (I R 162/80) BStBl. 1983 II S. 500

Hat der Ehegatte eines Einzelunternehmers aufgrund eines steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnisses die Geschäftsleitung inne und sind ihm daher alle anderen Betriebsangehörigen unterstellt, so kann eine ihm erteilte Pensionszusage nicht deshalb als unangemessen beurteilt werden, weil anderen Arbeitnehmern keine betriebliche Altersversorgung eingeräumt ist (Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 20. März 1980 IV R 53/77, BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450).

EStG § 4 Abs. 4, § 6a, § 12 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Inhaber eines Verarbeitungsbetriebs. In dem Betrieb ist seit der Gründung (1962) seine Ehefrau als Mitarbeiterin tätig, und zwar zumindest seit den Streitjahren in einem steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnis. Der Kläger erteilte ihr in einer auf den 1. Januar 1971 datierten schriftlichen Erklärung eine Pensionszusage dahin, daß die Ehefrau ein monatliches Altersruhegeld von 600 DM bei Vollendung des 60. Lebensjahres erhalten werde. In den Bilanzen der Streitjahre passivierte der Kläger folgende Pensionsrückstellungen (für 1971 auf der Grundlage eines zunächst mündlich zugesagten Ruhegeldes von nur 400 DM monatlich).

1971

1972

1973

1974

DM

DM

DM

DM

     

2.824,44

7.144,17

11.463,90

23.216,00

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte aufgrund der Ermittlungsergebnisse einer im Jahre 1976 vorgenommenen Betriebsprüfung die Pensionszusage nicht als betrieblich veranlaßt an. Das FA wies auch darauf hin, daß die schriftliche Zusage erst nachträglich erteilt worden sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im Streitpunkt statt (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1980, 485). Es führte u. a. aus, der steuerrechtlichen Anerkennung der Zusage stehe nicht entgegen, daß diese der Ehefrau allein und nicht auch anderen Betriebsangehörigen erteilt worden sei. Im Betrieb sei in den Streitjahren kein Arbeitnehmer vorhanden gewesen, der im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, den Umfang der Tätigkeiten und die Funktion mit der Ehefrau hätte verglichen werden können. Selbst der später als Betriebsleiter bezeichnete Angestellte S könne in dieser Hinsicht mit der Ehefrau nicht gleichgestellt werden, weil er eine wesentlich kürzere Betriebszugehörigkeit und einen gegenüber der Ehefrau eingeschränkten Funktionsbereich habe. Er sei nur für die Leitung der Produktion zuständig. Auch sei die zugesagte Altersversorgung der Höhe nach angemessen.

In seiner Revision, die das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, rügt das FA Verletzung sachlichen Rechts (§ 6a des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Die Pensionszusage sei nicht betrieblich veranlaßt. Der Kläger habe keinem der anderen Arbeitnehmer (ca. 15 bis 23 Beschäftigte) eine Pensionszusage gegeben oder in Aussicht gestellt, zumindest seinem leitenden Angestellten, dem Betriebsleiter S, hätte ebenfalls eine Pensionszusage erteilt oder in Aussicht gestellt werden müssen. Bei der Prüfung der Frage, ob die anderen Arbeitnehmer vergleichbare Pensionszusagen erhalten hätten, könne nicht darauf abgestellt werden, ob die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer derjenigen des Arbeitnehmer-Ehegatten gleichwertig sei (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. März 1980 IV R 53/77, BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450). Eine betriebliche Veranlassung folge auch nicht aus der Tatsache, daß die Zusage erteilt worden sei, weil der Kläger für seine Ehefrau keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet habe.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt; er hat diese zurückgenommen. Er beantragt die Zurückweisung der vom FA eingelegten Revision.

Der Kläger erwidert auf die Revision, daß ein vergleichbarer qualifizierter Mitarbeiter im Betrieb nicht vorhanden gewesen sei, so daß kein Grund bestanden habe, einem anderen Mitarbeiter eine betriebliche Pensionszusage zu erteilen. Der betriebsleitende Angestellte S sei der Geschäftsleitung, insbesondere der Ehefrau des Klägers, unterstellt gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

1. Rückstellungen für eine Pensionszusage gegenüber dem im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten sind zulässig, wenn die Zusage betrieblich veranlaßt war, die Verpflichtung aus der Zusage ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart ist und wenn der Steuerpflichtige eine solche Versorgung auch einem familienfremden Arbeitnehmer erteilt haben würde (vgl. zuletzt BFH-Urteile vom 10. November 1982 I R 135/80, BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173; vom 16. Oktober 1982 VIII R 50/80, BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209).

Der erkennende Senat hat in dem Urteil in BFHE 137, 308, BStBl II 183, 173 ausgeführt, daß es für die Beurteilung der betrieblichen Veranlassung darauf ankommt, ob bei Beschäftigung mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb diesen Arbeitnehmern, sofern ihre Tätigkeits- und Leistungsmerkmale vergleichbar sind, eine entsprechende betriebliche Altersversorgung eingeräumt oder zumindest ernsthaft angeboten wurde (Hinweis insbesondere auf Urteil in BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450). Hiernach kann aber nicht gefordert werden, daß eine entsprechende Zusage allen Arbeitnehmern des Betriebs erteilt ist. Zutreffend hat das FG in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, daß es Sache der unternehmerischen Entscheidung ist, wie weit der Kreis der in Betracht kommenden Personen gezogen werden soll. Nur muß innerhalb dieses Kreises hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet werden. Der Unternehmer kann somit den Kreis der Pensionsberechtigten eng ziehen und ihn beispielsweise auf die Mitglieder der Geschäftsleitung beschränken. Daraus folgt, daß die betriebliche Veranlassung einer nur der Ehefrau des Einzelunternehmers erteilten Pensionszusage nicht verneint werden kann, wenn die Ehefrau mit der Geschäftsleitung betraut ist und alle anderen in dem Betrieb beschäftigten Personen ihr unterstellt sind.

2. Auf den Streitfall angewandt ergibt sich hiernach folgendes:

a) Streitjahr 1971

Für das Streitjahr 1971 kann die Pensionszusage nicht anerkannt werden. Das FG hat zwar ausgeführt, daß nach seiner Überzeugung bereits vom 1. Januar 1971 an ein Ruhegeld von monatlich 400 DM zugesagt gewesen sei. Die darin liegende Feststellung muß im Zusammenhang mit der vom FG getroffenen weiteren Feststellung gesehen werden, daß in der nachträglich festgelegten schriftlichen Pensionszusage, welche auf den 1. Januar 1971 datiert war, ein monatliches Ruhegeld von 600 DM genannt ist. Das FG hätte unter diesen Umständen die Pensionszusage nicht anerkennen dürfen, weil sie nicht eindeutig erteilt war. In diesem Falle kam auch nicht die steuerrechtliche Anerkennung eines monatlichen Ruhegeldes von wenigstens 400 DM in Betracht. Die fehlende Eindeutigkeit der Pensionsregelung in einem wesentlichen Punkt ist ein Mangel, der ihre steuerrechtliche Anerkennung im ganzen ausschließt. Dabei geht der Senat davon aus, daß eine Schriftform vor dem 1. Januar 1975 für Pensionszusagen nicht vorgeschrieben war (§ 52 Abs. 6a letzter Satz EStG i. d. F. des § 19 Nr. 6 Buchst. b des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974, BGBl I 3610, BStBl I 1975, 22). Das Erfordernis der Schriftform ist erst durch das genannte Gesetz eingeführt worden. Die nachträgliche schriftliche Festlegung unter einem Datum, welches eine Rückwirkung bringen sollte, war an sich unschädlich. Im Streitfall stimmte jedoch das schriftlich zugesagte Ruhegeld nicht mit dem mündlich vereinbarten überein.

b) Streitjahre 1972 bis 1974

aa) Für diesen Zeitraum bestehen keine Bedenken gegen die Bejahung der Angemessenheit der Pensionszusage dem Grunde nach. Der Einwand des FA, daß auch der Betriebsleiter S eine Pensionszusage hätte erhalten müssen, greift nicht durch. Denn der Betriebsleiter S gehörte nicht der Geschäftsleitung an. Er war der Ehefrau des Klägers unterstellt. Er erfüllte nicht die gleichen Tätigkeits- und Leistungsmerkmale wie die Ehefrau des Klägers.

Zu Unrecht beruft sich das FA auf das Urteil in BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450. Diese Entscheidung betraf einen Steuerberater, der seiner Ehefrau, welche bei ihm als Sekretärin tätig war, eine Pensionszusage erteilt hatte. In der Steuerkanzlei waren außerdem noch mehrere Personen beschäftigt, die jedoch keine Pensionszusage erhalten hatten. Der IV. Senat hat ausgeführt, es hätte nahegelegen, wenigstens dem in der Kanzlei angestellten Bilanzbuchhalter eine Pension zuzusagen. Nach der Wertung des IV. Senats handelte es sich dort um vergleichbare Tätigkeiten. So aber liegt die Sache im Streitfall nicht. Die in Betracht kommende Vergleichsperson, der Betriebsleiter S, wies nicht die gleichen Tätigkeits- und Leistungsmerkmale wie die Ehefrau des Klägers auf. Die Ehefrau war nicht Sekretärin, sondern hatte die Geschäftsleitung inne.

bb) Zweifel ergeben sich wegen der Angemessenheit der Pensionszusage der Höhe nach. Das FG hat nicht festgestellt, ob die Ehefrau des Klägers Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung besitzt und ob sich in Verbindung mit der betrieblichen Altersversorgung eine Überversorgung ergibt. Wegen der hierbei anzulegenden Maßstäbe verweist der Senat auf das Urteil in BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173. Danach sind insgesamt Rentenbezüge in Höhe von 75 v. H. der letzten Aktivbezüge grundsätzlich als Obergrenze anzusehen (s. auch BFH- Urteil vom 15. Juli 1976 I R 124/73, BFHE 120, 167, BStBl II 1977, 112, sowie neuestens das Urteil in BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209).

Das FG wird unter diesem Gesichtspunkt die Frage der Angemessenheit der Pensionszusage der Höhe nach erneut prüfen. Sollte es zu dem Ergebnis gelangen, daß die Angemessenheit nur zum Teil zu bejahen ist, so ist insoweit die Pensionsrückstellung für die Streitjahre 1972 bis 1974 anzuerkennen. Da nach den obigen Ausführungen die Pensionsrückstellung erstmals für das Streitjahr 1972 gebildet werden darf, wird die Höhe der für die Streitjahre 1972 bis 1974 zulässigen Rückstellungsbeträge neu zu bestimmen sein.

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG wird bei der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens berücksichtigen, daß der Kläger die von ihm zunächst eingelegte Revision zurückgenommen hat.