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BFH-Urteil vom 1.7.1983 (III R 161/81) BStBl. 1983 II S. 686

1. Die Fristenregelung für Gebäude und Gebäudeteile gilt nicht für sogenannte Außenanlagen wie Hofbefestigungen, Umzäunungen und Straßenzufahrten.

2. Der Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Baugenehmigung für das Gebäude gestellt wird, ist auch dann nicht als Beginn der Herstellung der sogenannten Außenanlagen anzusehen, wenn die Errichtung dieser Anlagen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes steht.

InvZulG 1975 § 4b.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) errichtete in den Jahren 1976 und 1977 eine Weingroßkellerei mit Verwaltungsgebäude sowie in Zusammenhang damit die Hofbefestigung, die Umzäunung und eine Straßenzufahrt. Außerdem bestellte sie einen Transformator. Die Baugenehmigung für das Gebäude wurde am 30. Juni 1975 beantragt. Mit der Errichtung der sog. "Außenanlagen" wurde nach dem 30. Juni 1975 begonnen. Die Bestellung des Transformators erfolgte ebenfalls nach diesem Zeitpunkt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) entsprach den Anträgen der Klägerin auf Gewährung von Investitionszulagen nach § 4b des Investitionszulagengesetzes 1975 (InvzulG 1975) jedoch nur teilweise. Er versagte die für die Hofbefestigung, die Straßenzufahrt, die Umzäunung sowie für den Transformator beantragten Zulagen mit der Begründung, die Herstellung bzw. Bestellung der Wirtschaftsgüter seien verspätet erfolgt. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, sie habe mit der Errichtung der sog. Außenanlagen rechtzeitig begonnen. Ebenso habe sie den Transformator fristgerecht bestellt. Die Errichtung des Betriebsgebäudes und der dazugehörenden "Außenanlagen" sowie die Anschaffung des Transformators seien nämlich investitionszulagerechtlich einheitlich zu beurteilen. Sowohl die sog. Außenanlagen als auch der Transformator ständen in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang ausschließlich mit dem Gebäude. Außerdem handele es sich insgesamt um eine einheitliche Baumaßnahme.

Das Finanzgericht (FG) gehe im übrigen zu Unrecht davon aus, daß die Umzäunung auch zur Einfriedung des Vorratsgeländes und dem Schutz des Werkverkehrs vor Einflüssen von außen schütze. Tatsächlich gebe es ein unbebautes Vorratsgelände nur nordöstlich des Fabrikgebäudes, das aber nicht in der Nähe des Betriebsgebäudes, der Hofbefestigung und der Zufahrtsstraße liege. Darauf befände sich lediglich ein Müllcontainer. Der Umzäunung komme auch keine Schutzfunktion in bezug auf die Zugänglichmachung des Grundstücks zu. Ohnehin sei der vorhandene Maschendrahtzaun hierzu nicht geeignet. Schließlich seien auf dem unbebauten Teil des Grundstücks keine Wirtschaftsgüter gelagert. Lagervorräte befänden sich nur im Inneren des Lagergebäudes. Ferner sei vor Fertigstellung des Gebäudes der Straßenunterbau eingebracht worden.

Nach Ansicht der Klägerin bildeten "Außenanlagen" und Transformator mit dem Gebäude eine bautechnische und bauordnungsrechtliche Einheit im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. November 1979 III R 4/79 (BFHE 130, 475, BStBl II 1980, 554). So könnten die Außenanlagen - des rationellen bautechnichen Ablaufs wegen - erst nach Fertigstellung des Gebäudes errichtet werden. Ohne die sog. Außenanlagen sei aber der Betrieb einer Weinkellerei nicht denkbar; sie seien im übrigen Teil des einheitlichen Baugenehmigungsverfahrens für das Gebäude. Der Gesetzgeber habe auch derartige Baumaßnahmen begünstigen wollen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, daß andernfalls die Endfrist des § 4b Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1975 regelmäßig nicht einzuhalten sei. Dem Gesetzgeber sei aber der regelmäßige Ablauf eines Bauvorhabens bekannt gewesen. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang ferner geltend, der erkennende Senat habe in seinem Urteil in BFHE 130, 475, BStBl II 1980, 554 eine Gesetzeslücke ganz allgemein bejaht. Dadurch werde auch der streitige Sachverhalt miterfaßt. Es sei im übrigen nicht Rechtens, nur von Fall zu Fall zu entscheiden, ob eine Gesetzeslücke vorliege. Die Klägerin macht ferner geltend, der Transformator stehe in einem eigens für ihn errichteten, der Klägerin nicht zugänglichen Raum und könne aus diesem nicht entfernt werden, ohne daß der Raum oder der Transformator zerstört würden. Das Baugenehmigungsverfahren beziehe sich auch auf die Versorgung des Gebäudes mit der erforderlichen Energie. Jedenfalls genüge es, daß der Bauantrag für das Gebäude fristgerecht gestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und weitere Investitionszulagen von ... DM zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht die Auffassung vertreten, daß die Klägerin verspätet mit der Errichtung der sog. Außenanlagen begonnen und den Transformator nicht rechtzeitig bestellt hat. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind das Betriebsgebäude, die sog. Außenanlagen und der Transformator investitionszulagerechtlich nicht einheitlich zu beurteilen. Vielmehr ist jedes einzelne dieser Wirtschaftsgüter hinsichtlich der Fristenregelung gesondert zu betrachten.

1. Bei der Hofbefestigung, der Straßenzufahrt, der Umzäunung und dem Transformator handelt es sich um gegenüber dem Betriebsgebäude selbständige Wirtschaftsgüter.

a) Hofbefestigung und Straßenzufahrt sind mit dem Grund und Boden als solchem verbunden und stehen grundsätzlich nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang (vgl. BFH-Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) mit dem Betriebsgebäude. Sie sind keine Gebäudeteile. Sie dienen vielmehr dem Zweck, das Grundstück zu erschließen und zugänglich zu machen. Von diesem Grundsatz ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch im Streitfall auszugehen. Aus dem Umstand, daß es sich bei dem Gebäude um eine Weinkellerei handelt, kann nicht geschlossen werden, daß die streitigen Wirtschaftsgüter in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang nur zum Gebäude stehen.

b) Eine Umzäunung kann zwar bei einem Mietwohngrundstück in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum Gebäude stehen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1977 VIII R 121/73, BFHE 124, 193, BStBl II 1978, 210). Ein solcher Zusammenhang ist jedoch bei einem Betriebsgrundstück im allgemeinen zu verneinen. Die Umzäunung dient insoweit regelmäßig nicht nur dem auf dem Grundstück befindlichen Betriebsgebäude, sondern gleichzeitig auch dem Betriebsgelände insgesamt. Der Streitfall macht hiervon keine Ausnahme.

c) Der Transformator ist ebenfalls nicht als Teil des Betriebsgebäudes, sondern als Betriebsvorrichtung i. S. des § 68 Abs. 2 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes 1965 (BewG 1965) und damit investitionszulagerechtlich als bewegliches Wirtschaftsgut anzusehen. Entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung ist es insoweit nicht von Bedeutung, ob die Klägerin den Transformator hätte früher bestellen können oder nicht.

2. Für den Beginn der Herstellung der sog. Außenanlagen und für die Bestellung des Transformators ist im Streitfall die Frist des § 4b Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1975 maßgebend. Diese Frist ist versäumt.

a) § 4b Abs. 2 Satz 5 InvZulG 1975 ist nicht anwendbar. Dabei kann der Senat unerörtert lassen, ob das mit dem Bauantrag vom 30. Juni 1975 eingeleitete Baugenehmigungsverfahren auch die sog. Außenanlagen und den Transformator betraf. Selbst wenn man davon ausgehen würde, so hätte die Klägerin gleichwohl nicht rechtzeitig mit der Herstellung der sog. Außenanlagen begonnen bzw. den Transformator nicht rechtzeitig bestellt. Die Regelung des § 4b Abs. 2 Satz 5 InvZulG 1975 gilt grundsätzlich nur bei Gebäuden und Gebäudeteilen, nicht aber für die sog. Außenanlagen und beweglichen Wirtschaftsgüter.

b) Den Beginn der Herstellung bilden nur solche Maßnahmen, die der Herstellung des Wirtschaftsguts unmittelbar dienen, wie beispielsweise Arbeiten an der Baustelle oder die Erteilung des Bauauftrags. Nicht hierzu rechnet entgegen der Ansicht der Klägerin der Antrag auf Baugenehmigung.

§ 4b Abs. 2 Satz 5 InvZulG 1975 ist nicht über seinen Wortlaut hinaus in der Weise auszulegen, daß für alle Baumaßnahmen und Bestellungen, die im Zusammenhang mit der Herstellung eines Gebäudes durchgeführt werden und/oder Gegenstand einer Baugenehmigung sind, ebenso wie bei Gebäuden und Gebäudeteilen der Zeitpunkt des Antrags auf Baugenehmigung einheitlich als Beginn der Herstellung oder als für die Bestellung maßgeblich anzusehen wäre. Dagegen spricht insbesondere, daß nach Landesrecht nicht nur für Gebäude oder Gebäudeteile, sondern auch für bestimmte Außenanlagen eine Genehmigungspflicht vorgesehen sein kann. Gleichwohl hat der Gesetzgeber den Bauantrag aber ausdrücklich nur bei Gebäuden und Gebäudeteilen als Beginn der Herstellung normiert. Die Auffassung des Senats berücksichtigt ferner, daß der Gesetzgeber mit der Konjunkturzulage einen kurzfristig in Gang gesetzten und abgeschlossenen Investitionsschub bewirken wollte. Für Bestellungen fehlt zudem eine dem § 4b Abs. 2 Satz 5 InvZulG 1975 entsprechende Regelung. Unerheblich ist, aus welchen Gründen die Klägerin die maßgeblichen Fristen nicht hat einhalten können.

c) Der erkennende Senat hat zwar in seinem Urteil in BFHE 130, 475, BStBl II 1980, 554 die Auffassung vertreten, daß die Fristenregelung für Gebäude und Gebäudeteile entsprechend auch für Betriebsvorrichtungen gilt, die gleichzeitig mit einem Gebäude oder einem Gebäudeteil hergestellt werden und mit diesem eine bautechnische und bauordnungsrechtliche Einheit bilden. Er war der Auffassung, daß insoweit - und nur insoweit - eine Gesetzeslücke vorliegt. An einer solchen Lücke fehlt es jedoch hinsichtlich der Wirtschaftsgüter, für die die Klägerin zusätzlich Investitionszulagen begehrt. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, daß die Regelung des § 4b InvZulG 1975 zeitlich kurz befristet war, um eine möglichst schnelle Investitionsbelebung zu bewirken. Nur die Wirtschaftsgüter, mit deren jeweiliger Herstellung tatsächlich innerhalb des Begünstigungszeitraums begonnen worden war bzw. die innerhalb der Frist tatsächlich bestellt worden waren, sollten zulagebegünstigt sein. Bei dieser Sach- und Rechtslage verbietet sich die Annahme einer Gesetzeslücke über die im Urteil in BFHE 130, 475, BStBl II 1980, 554 genannten Fälle hinaus. Die Besonderheit des dem Urteil in BFHE 130, 475, BStBl II 1980, 554 zugrunde liegenden Sachverhalts lag darin, daß der Weintank bautechnisch teilweise Gebäudebestandteil war. Die Tankumschließungen bildeten teilweise tragende Wände des Gebäudes. Eine derart enge bautechnische Verbindung zum Gebäude liegt bei sog. Außenanlagen wie Hofbefestigung, Straßenzufahrt und Umzäunung sowie bei dem Transformator selbst nicht vor. Der Umstand allein, daß zwischen den einzelnen Maßnahmen ein zeitlicher, technischer und funktioneller Zusammenhang besteht, reicht für die Annahme einer Gesetzeslücke nicht aus. Damit steht gleichzeitig fest, daß die Voraussetzungen des Urteils in BFHE 130, 475, BStBl II 1980, 554 im Streitfall nicht vorliegen.

Ob es aus wirtschaftlicher Sicht zumindest zweckmäßig gewesen wäre, auch Außenanlagen in die Fristenregelung für Gebäude und Gebäudeteile einzubeziehen, unterliegt nicht der Beurteilung des Senats.

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin hatte die Rechtzeitigkeit des Bauantrags für das Betriebsgebäude nicht zur Folge, daß auch die Herstellung der sog. Außenanlagen und die Bestellung des Transformators als rechtzeitig erfolgt anzusehen sind.

Begünstigte Investition i. S. des § 4b InvZulG 1975 ist nicht das Bauvorhaber in seiner Gesamtheit, sondern das jeweilige Einzelwirtschaftsgut. Besteht ein Bauvorhaben in der Errichtung oder Anschaffung mehrerer selbständiger Wirtschaftsgüter, so muß deshalb grundsätzlich mit der Herstellung jeweils des einzelnen Wirtschaftsguts innerhalb des Begünstigungszeitraums begonnen bzw. muß das einzelne Wirtschaftsgut innerhalb dieses Zeitraums bestellt worden sein. Es genügt nicht, daß der Steuerpflichtige mit der Herstellung des Bauvorhabens als solchem begonnen hat.