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BFH-Urteil vom 30.11.1983 (II R 131/81) BStBl. 1984 II S. 160

Bei der Berechnung der Beteiligungsquote nach § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin (= § 5 Abs. 2 GrEStG 1940) bleiben sog. atypische stille Beteiligungen außer Betracht.

GrEStG Berlin § 15 Abs. 2 (= GrEStG 1940 § 5 Abs. 2); HGB § 335 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

I.

Die Klägerin kaufte 1978 von ihrer Kommanditistin ein Grundstück in Berlin.

Im Zeitpunkt dieses Erwerbes war nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) die Kommanditistin an der Klägerin zu 98,814 % beteiligt. Die restlichen 1,186 % hielt die persönlich haftende Gesellschafterin.

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte zunächst keine Grunderwerbsteuer fest. Seiner Ansicht nach war die Steuer für den Grundstückserwerb in vollem Umfang gemäß § 15 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Berlin (= § 5 Abs. 2 GrEStG 1940) nicht zu erheben. Später forderte es nach einer Verkehrsteuerprüfung Grunderwerbsteuer. Durch die Verkehrsteuerprüfung habe es erfahren, daß die Klägerin auch eine stille Gesellschafterin habe. Diese stille Beteiligung müsse bei der Berechnung des gemäß § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin nicht zu erhebenden Steueranteils berücksichtigt werden, weil sie "atypisch" sei. Die stille Gesellschafterin sei nicht nur mit 15,7 % am Gewinn und Verlust, sondern auch am Vermögen der Klägerin beteiligt (§ 3 Abs. 3 des Vertrages über die stille Gesellschaft). Beim Ausscheiden werde ihr Auseinandersetzungsguthaben nach den tatsächlichen Werten des Vermögens (ohne den Firmenwert) errechnet (§ 9 Abs. 1 des Vertrages über die stille Gesellschaft). Die Steuer könne demnach gemäß § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin nur zu 83,3 % nicht erhoben werden; denn nach dem Vertrag über die stille Gesellschaft sei die persönlich haftende Gesellschafterin zu 1 %, die stille Gesellschafterin zu 15,7 % und die Kommanditistin zu 83,3 % am Vermögen der Klägerin beteiligt.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Auf die Klage setzte das FG antragsgemäß die Steuer herab. Die stille Gesellschafterin gehöre nicht zur Gesamthand i. S. des § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin. Die Quote nach dieser Vorschrift berechne sich daher entgegen der Ansicht des FA nicht auf 83,3 %, sondern auf 98,814 %. Die Steuer sei zu 1,186 % zu erheben.

Mit seiner Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil enthält keinen Rechtsfehler.

Maßgebend für die Höhe der Steuervergünstigung nach § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin ist die Quote, zu welcher die Kommanditistin am Vermögen der Klägerin beteiligt ist. Bei dieser Berechnung sind nur die Beteiligungen der persönlich haftenden Gesellschafterin und der Kommanditistin erheblich. Die stille Gesellschafterin war im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs nicht an der Gesamthand beteiligt, und zwar gleichgültig, ob es sich um eine sog. typische oder atypische stille Beteiligung handelt. Denn in jedem Fall war die Einlage in das Vermögen der Klägerin übergegangen (§ 335 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches). Auch bei einer atypischen stillen Beteiligung konnte die stille Gesellschafterin nur verlangen, daß sie im Innenverhältnis zur Klägerin so gestellt wurde, als sei sie am Gesellschaftsvermögen beteiligt.

Das Grunderwerbsteuerrecht folgt in diesem Punkt dem bürgerlichen Recht; es erlaubt keine abweichende Betrachtungsweise. § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin trägt dem Umstand Rechnung, daß die an der Gesamthand beteiligten Personen Inhaber des Gesamthandsvermögens sind und daher der Grundstücksverkehr zwischen Gesamthand und Gesamthänder keine Grunderwerbsteuer auslösen soll, soweit die Beteiligung des Gesamthänders reicht. Für Personen, welche der Gesamthand lediglich schuldrechtlich verbunden und die daher nicht Mitglieder der Gesamthand sind, gilt dieser Gedanke nicht. Dementsprechend hat der Senat schon in seinem Urteil vom 11. Dezember 1974 II R 170/73 (BFHE 114, 552, 554, BStBl II 1975, 363) - wenn auch nur beispielsweise - darauf hingewiesen, daß eine Innengesellschaft wie die stille Gesellschaft nicht die Voraussetzungen der §§ 21 und 22 GrEStG Baden-Württemberg (= §§ 15 und 16 GrEStG Berlin) erfüllt.