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BFH-Urteil vom 22.6.1984 (VI R 211/80) BStBl. 1984 II S. 632

Wird im Fall einer monatlichen Lohnzahlung während der Beschäftigungsdauer ein gleicher Monatslohn bei gleichbleibender wöchentlicher Arbeitszeit gezahlt und überschreitet damit der tatsächlich auf jede Woche entfallende Lohnanteil in keiner Woche der Beschäftigungsdauer die Wochenlohngrenze des § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG (120 DM), so ist die Umrechnungsmethode des Abschn. 95 Abs. 5 Satz 2 LStR 1978 nicht anzuwenden.

EStG § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2; LStR 1978 Abschn. 95 Abs. 5 Satz 2.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist selbständige Krankengymnastin. Sie beschäftigte in den Streitjahren 1978 und 1979 eine Aushilfe, deren wöchentliche Arbeitszeit 15 Stunden betrug. Im Jahre 1978 buchte sie auf dem Lohnkonto der Aushilfskraft jeweils einen monatlichen Gesamtverdienst von 520 DM. Im Jahre 1979 ist in den monatlichen Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Klägerin für die Aushilfskraft der Lohn mit "Monatslohn" bezeichnet sowie das "steuerpflichtige Brutto" mit 520 DM bzw. das "Jahressteuerbrutto" mit 6.240 DM angegeben. Die Klägerin erhob die Lohnsteuer gemäß § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 10 v. H. des Arbeitslohns.

Diese Lohnsteuerpauschalierung hielt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung für unzulässig, da die in § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG genannte Lohngrenze bei der Umrechnung gemäß Abschn. 95 Abs. 5 der Lohnsteuer-Richtlinien 1978 (LStR) einem Monatslohn von (aufgerundet) 515 DM entspreche. Dieser Betrag sei im Streitfall (520 DM) überschritten. Demgemäß nahm das FA die Klägerin durch Haftungsbescheid unter Anwendung eines Steuersatzes von 28,2 v. H. in Anspruch.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Der wöchentliche Arbeitslohn habe 120 DM nicht überstiegen. Zwar habe die Klägerin nicht nachgewiesen, daß sie mit der Aushilfskraft einen Wochenlohn in Höhe von 120 DM vereinbart habe. Vielmehr sei von einer Monatslohnvereinbarung über 520 DM auszugehen. Dennoch habe die Klägerin die Lohnsteuer nach § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG pauschalieren können. Die Streitjahre 1978 und 1979 hätten jeweils volle 52 Arbeitswochen umfaßt, so daß der Jahresarbeitslohn, der bei Pauschalierung nach § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG nicht überstiegen werden dürfe, 6.240 DM betrage (52 Wochen 120 DM). Die Berechnung der Klägerin (520 DM 12 Monate = 6.240 DM) komme zu demselben Ergebnis und sei als Vereinfachungsmaßnahme, die keine Abgabenverkürzung zur Folge habe, zulässig. Demgegenüber führe die Berechnung des FA nach Abschn. 95 Abs. 5 Satz 2 LStR zu einer mit Wortlaut, Sinn und Zweck des § 40 a Abs. 1 EStG nicht zu vereinbarenden Einschränkung der Pauschalierungsgrenze auf jährlich 6.171 DM. Für eine solche Umrechnung fehle eine gesetzliche Ermächtigung.

Mit seiner Revision begehrt das FA die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus: Das FG habe festgestellt, daß die Klägerin mit ihrer Aushilfskraft einen Monatslohn in Höhe von 520 DM vereinbart habe. Dieser Lohn übersteige die zwar nicht ausdrücklich in § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG genannte, wohl aber sich aus dem Sinn der Vorschrift ergebende monatliche Lohngrenze von 515 DM. Die in Abschn. 95 Abs. 5 Satz 2 LStR angeordnete Umrechnung sei sinnvoll und entspreche der Absicht des Gesetzgebers, die Pauschalierung nur bei einer bestimmten Lohngrenze, bezogen auf den vereinbarten Lohnzahlungs- und Lohnabrechnungszeitraum, zuzulassen. Der Hinweis des FG auf den Jahresbetrag gehe fehl, da kein Jahresarbeitslohn, sondern ein Monatslohn vereinbart worden sei.

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet.

Gemäß § 40 a Abs. 1 Satz 1 EStG kann ein Arbeitgeber die Lohnsteuer bei Arbeitnehmern, die in geringem Umfang und gegen geringen Arbeitslohn beschäftigt sind, mit einem Pauschsteuersatz von 10 v. H. des Arbeitslohns erheben. Ein pauschalierungsfähiger Arbeitslohn liegt vor, wenn die Tätigkeit des laufend beschäftigten Arbeitnehmers während der Beschäftigungsdauer 20 Stunden und der Arbeitslohn 120 DM wöchentlich nicht übersteigt (§ 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG). Weiter darf der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer 12 DM durchschnittlich je Arbeitsstunde nicht übersteigen (§ 40 a Abs. 3 EStG).

Im Streitfall betrug die tatsächliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Aushilfskraft 15 Stunden; der Arbeitslohn hat die Grenze von 12 DM je Arbeitsstunde nicht überschritten. Streitig ist allein, ob der Arbeitslohn 120 DM wöchentlich überstiegen hat. Dieser Streit ergibt sich daraus, daß die Klägerin eine Monatslohnvereinbarung getroffen hatte, bei der der Monatslohn (520 DM) wegen der in Abschn. 95 Abs. 5 Satz 2 LStR angeordneten Umrechnung von der Wochenlohngrenze (120 DM) auf eine Monatslohngrenze die sich dann ergebende Lohngrenze übersteigt. Nach dieser Verwaltungsanweisung ist die Lohngrenze für den Fall, daß der Monat als Lohnzahlungs- oder Lohnabrechnungszeitraum gewählt wird, mit 30/7 anzusetzen. Dies ergibt eine Monatslohngrenze von aufgerundet 515 DM, die im Streitfall um 5 DM überschritten ist. Hätte die Klägerin demgegenüber für den gleichbleibenden Lohn einen wöchentlichen Lohnzahlungs- oder Lohnabrechnungszeitraum gewählt, so wäre die Wochenlohngrenze des § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG von 120 DM zweifellos nicht überschritten. Es kann aber nichts anderes nur deshalb gelten, weil die Klägerin mit ihrer Aushilfskraft statt eines Wochenlohns einen Monatslohn vereinbart hat.

Das Gesetz geht davon aus, daß die Zahl der Arbeitsstunden und der Arbeitslohn wöchentlich bestimmte Grenzen nicht überschreiten dürfen. Dies bedeutet nicht etwa, daß die Vorschrift nur bei einer wöchentlichen Lohnzahlungsvereinbarung anwendbar ist. Sie gilt vielmehr auch bei abweichenden Lohnzahlungsvereinbarungen, also auch im Falle einer Monatslohnvereinbarung. Eine Beschränkung auf wöchentliche Lohnzahlungsvereinbarungen liefe dem Zweck der Vorschrift zuwider, der darin besteht, dem Arbeitgeber die Lohnsteuererhebung in bestimmten Fällen zu erleichtern und zu vereinfachen. Es wäre nicht verständlich, wenn die Vorschrift nur deshalb nicht gelten sollte, weil der Arbeitgeber sein Lohnzahlungs- und Lohnabrechnungsverfahren dadurch vereinfacht, daß er seinem Arbeitnehmer statt eines Wochenlohns einen Monatslohn zahlt. Soweit ersichtlich, werden im Schrifttum auch keine Bedenken gegen die Zulässigkeit anderer als wöchentlicher Lohnvereinbarungen erhoben.

Entgegen der Auffassung des FA findet die Umrechnungsmethode des Abschn. 95 Abs. 5 Satz 2 LStR wegen der Besonderheiten des Streitfalls keine Anwendung. Die Klägerin hat ihrer Aushilfskraft einen gleichbleibenden Arbeitslohn von 520 DM monatlich gezahlt. Verteilt man diesen während der Beschäftigungsdauer innerhalb der einzelnen Kalenderjahre gezahlten gleichbleibenden Lohn auf die wöchentliche Arbeitszeit, so ist die Wochenlohngrenze des § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG in keiner Woche der Beschäftigungsdauer überschritten; der tatsächlich auf jede Woche entfallende Lohnanteil beträgt 120 DM. Hätte die Klägerin den während der Beschäftigungsdauer innerhalb eines Kalenderjahres gezahlten Lohn als Wochenlohn ausgezahlt, so wären in jeder Woche die Grenzen des § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG eingehalten worden. Der Senat ist der Auffassung, daß Abschn. 95 Abs. 5 Satz 2 LStR für solche Fälle nicht gedacht ist, in denen für jede Woche tatsächlich ein gleicher, die Wochenlohngrenzen nicht überschreitender Arbeitslohn gezahlt wird. Sollte nach den Vorstellungen des Richtliniengebers die Umrechnungsmethode des Abschn. 95 Abs. 5 Satz 2 LStR auch auf Gestaltungen wie die des vorliegenden Streitfalls anwendbar sein, so wäre die Verwaltungsanweisung insoweit ohne Rechtsgrundlage.

Wie zu entscheiden ist, wenn sich z. B. wegen unterschiedlicher Wochenarbeitsstunden unterschiedliche Wochenlohnanteile ergeben, so daß in einzelnen Wochen der Beschäftigungsdauer die Wochenlohngrenze von 120 DM über -, in anderen Wochen unterschritten wird (Fälle des schwankenden Wochenarbeitslohns), kann der Senat offenlassen, da er einen solchen Fall nicht zu entscheiden hat.