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BFH-Urteil vom 17.7.1984 (VII R 38/84) BStBl. 1984 II S. 676

Die Steuerberaterprüfung umfaßt drei Prüfungsgebiete: Steuerrecht I, Steuerrecht II und als drittes Prüfungsgebiet Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaftsrecht und Berufsrecht. Es genügt, wenn in der mündlichen Prüfung an den Bewerber - neben Fragen aus den steuerrechtlichen Prüfungsgebieten - Fragen aus nur einem der Gebiete des Prüfungsgebiets 3 gestellt werden.

DVStB §§ 12, 26 Abs. 3 Satz 2.

Vorinstanz: FG des Saarlandes

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bestand die Steuerberaterprüfung 1981 nicht.

Das FG hat die Klage mit folgender Begründung abgewiesen:

Zur Überzeugung des FG stehe fest, daß der Kläger in allen Prüfungsgebieten des § 12 DVStB ordnungsgemäß geprüft worden sei. Unstreitig zwischen den Beteiligten sei, daß an den Kläger Fragen aus den Prüfungsgebieten der Nrn. 1 und 2 des § 12 DVStB gerichtet worden seien. Der Kläger stelle lediglich in Abrede, daß ihm Fragen aus den Bereichen "HGB, BGB, Berufsrecht, Buchführungsfragen, volkswirtschaftliche Steuerlehre, Volkswirtschaftspolitik, Bilanzierungsvorschriften des Aktiengesetzes, Bewertungsfragen" gestellt worden seien. Diese Prüfungsgegenstände fielen ausschließlich unter die Nr. 3 des § 12 DVStB. § 12 Nr. 3 DVStB stelle jedoch insgesamt ein einziges Prüfungsgebiet dar, umfasse also im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nicht entsprechend der vierteiligen Überschrift der Vorschrift (Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaftsrecht, Berufsrecht) vier Prüfungsgebiete.

Es komme deshalb nicht darauf an, ob dem Kläger aus allen Einzelfächern des Prüfungsgebietes des § 12 Nr. 3 DVStB Fragen gestellt worden seien. Maßgebend sei lediglich, ob er zumindest in einem dieser Fächer der Nummer 3 in größerem Umfange geprüft worden sei, und zwar gleichgültig durch welchen Prüfer. Das sei aufgrund der Beweisaufnahme zu bejahen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Der Senat hat entschieden, daß nach § 26 Abs. 3 Satz 2 DVStB in der mündlichen Steuerberaterprüfung an den Bewerber Fragen aus sämtlichen Prüfungsgebieten zu richten sind (vgl. Urteile vom 22. Juni 1976 VII R 110/75, BFHE 119, 364, BStBl II 1976, 735; vom 15. März 1977 VII R 15/76, BFHE 122, 214, BStBl II 1977, 447, und vom 1. Februar 1983 VII R 133/82, BFHE 137, 536, BStBl II 1983, 344). Das FG ist davon auch ausgegangen. Es hat ferner zu Recht - von der Revision insoweit nicht angegriffen - entschieden, daß es dabei genügt, wenn an den jeweiligen Bewerber in allen "Prüfungsabschnitten" i. S. des § 26 Abs. 3 Satz 1 DVStB zusammen Fragen aus allen Prüfungsgebieten gestellt werden. Nicht erforderlich ist also, daß etwa jedes Mitglied des Prüfungsausschusses an jeden Bewerber Fragen aus allen Prüfungsgebieten richtet.

Streitig ist noch die Frage, was unter "Prüfungsgebieten" i. S. des § 26 Abs. 3 Satz 2 DVStB zu verstehen ist. Der Kläger ist der Auffassung, zu den Prüfungsgebieten in diesem Sinne zählten nicht nur die in § 12 Nrn. 1 und 2 DVStB aufgezählten Gebiete Steuerrecht I und Steuerrecht II, sondern jeweils einzeln auch die in § 12 Nr. 3 DVStB zusammen aufgezählten Gegenstände "Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaftsrecht, Berufsrecht"; danach zählte die Steuerberaterprüfung insgesamt sechs Prüfungsgebiete. Das FG hat ohne Rechtsirrtum entschieden, daß diese Auffassung nicht zutrifft.

§ 12 DVStB zählt die Prüfungsgebiete der Steuerberaterprüfung auf, und zwar getrennt in drei Nummern. Die Nummern 1 und 2 enthalten jeweils eine zusammenfassende Überschrift ("Steuerrecht I" bzw. "Steuerrecht II") und - in Klammerzusätzen - durch Aufzählung einzelner Steuerrechtsmaterien jeweils die Erläuterungen, was darunter zu verstehen ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß unter jeder dieser beiden Nummern jeweils ein einheitlich zu sehendes einziges Prüfungsgebiet benannt wird. Es ist dann aber folgerichtig anzunehmen, daß der Verordnungsgeber auch die in § 12 Nr. 3 DVStB genannten Materien als ein einheitliches (einziges) Prüfungsgebiet verstanden wissen wollte. Denn andernfalls wäre es unverständlich, daß er die dort genannten Gegenstände in einer Nummer zusammenfaßt und nicht - ebenso wie bei Steuerrecht I bzw. II - jeweils eine eigene Nummer für jede Materie vorgesehen hat.

Die Richtigkeit dieser Auffassung belegt auch die Erwägung, daß nur so drei etwa gleichgewichtige Prüfungsgebiete zustande kommen. Die Annahme des Klägers, der Verordnungsgeber habe sechs Prüfungsgebiete vorgesehen - davon zwei aus dem Steuerrecht und vier weitere aus nichtsteuerlichen Materien, nämlich Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaftsrecht und Berufsrecht -, hat wenig für sich. Denn das Steuerrecht - das im Rahmen einer Steuerberaterprüfung zweifellos der Schwerpunkt sein muß - wäre dann in den Hintergrund gedrängt worden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß das in der Absicht des Verordnungsgebers gelegen habe.

Diese Auffassung bestätigt die Entstehungsgeschichte des § 12 DVStB. In der Begründung der Verordnung, die die Bundesregierung dem Bundesrat mit der Bitte um Zustimmung aufgrund des Art. 80 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) übersandte, heißt es dazu ausdrücklich (BR-Drucks. 271/79 S. 42):

"Die Prüfungsgebiete sind neu gegliedert worden. Die Neugliederung besteht darin, daß das bisherige Prüfungsgebiet 1 (Steuerrecht) in zwei Prüfungsgebiete aufgeteilt worden ist und die bisherigen Prüfungsgebiete 2 bis 5 zu einem Prüfungsgebiet zusammengefaßt wurden. Zwar hat auch in der Vergangenheit der Schwerpunkt der Steuerberaterprüfung auf dem Gebiet des Steuerrechts gelegen, doch führte die bisherige Aufteilung zu Streitigkeiten über die Bedeutung des Prüfungsgebietes Steuerrecht für die Ermittlung des Gesamtprüfungsergebnisses."

Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf § 13 Abs. 2 DVStB. Diese Vorschrift zählt die Prüfungsgebiete für die Steuerberaterprüfung auf, die von Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern abgelegt werden kann. Sie ist genau in entsprechender Weise abgefaßt wie § 12 DVStB, mit dem Unterschied, daß in § 13 Abs. 2 Nr. 3 DVStB nur zwei der vier Materien des § 12 Nr. 3 DVStB genannt sind. § 13 Abs. 2 DVStB ist daher auch in gleicher Weise wie § 12 DVStB auszulegen, d. h. auch hier sind nur drei Prüfungsgebiete gebildet worden, deren drittes lediglich aus zwei anstatt vier Materien besteht. Das gilt entsprechend für die Regelung des § 33 Abs. 3 Nr. 3 DVStB (Steuerbevollmächtigtenprüfung).

Auch aus § 33 Abs. 5 Satz 3 DVStB läßt sich entgegen der Auffassung des Klägers etwas anderes nicht entnehmen. Der Umstand, daß dieser Satz "andere Prüfungsgebiete" erwähnt, läßt nicht darauf schließen, der Verordnungsgeber sei davon ausgegangen, es gebe neben den Prüfungsgebieten Steuerrecht I und Steuerrecht II und dem dritten Prüfungsgebiet, zu dem die "Gebiete" Buchführung und Bilanzwesen gehören (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 2, Abs. 3 Nr. 3 DVStB), noch weitere Prüfungsgebiete. Die Mehrzahlform in § 33 Abs. 5 Satz 3 DVStB bringt vielmehr zum Ausdruck, daß sich die in § 33 Abs. 5 Satz 2 DVStB genannten Aufsichtsarbeiten nicht auf eines der genannten Prüfungsgebiete beschränken müssen, sondern sich auch auf andere Gebiete erstrecken können (z. B. eine Aufsichtsarbeit aus dem Prüfungsgebiet "Steuerrecht I" auch auf das Prüfungsgebiet "Steuerrecht II").

Der Senat hält an seiner Auffassung fest, daß an den Bewerber in der mündlichen Prüfung zwar Fragen aus sämtlichen Prüfungsgebieten zu stellen sind, es aber im Ermessen des Prüfers bzw. des Prüfungsausschusses steht, die im Einzelfall zu stellenden Fragen auszuwählen und ihre Anzahl zu bestimmen; es kann genügen, wenn nur eine Frage aus einem Prüfungsgebiet gestellt wird, wenn diese nicht ersichtlich nur gestellt worden ist, um der Form genüge zu tun (BFHE 122, 214, 216, BStBl II 1977, 447). Der Senat sieht auch in der Rechtsänderung, die durch den Erlaß der DVStB eingetreten ist, keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Wie oben ausgeführt, sind die drei Prüfungsgebiete des § 12 DVStB etwa gleichrangig. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers kann daher nicht davon ausgegangen werden, der Verordnungsgeber habe eines der Gebiete des Prüfungsgebietes 3, nämlich das Gebiet Berufsrecht, so herausheben wollen, daß eine mündliche Prüfung mangelhaft sei, in der keine Frage aus diesem Gebiet gestellt werde. Bei der Fülle des in § 12 DVStB aufgeführten Stoffes ist eine Beschränkung in der mündlichen Prüfung auf ausgewählte Materien unumgänglich. Ist es daher zwangsläufig erforderlich, auf die Prüfung bestimmter, obschon wichtiger Steuerrechtsgebiete zu verzichten, so muß es auch unbedenklich sein, wenn keine Fragen aus dem Berufsrecht gestellt werden, so wichtig dieses Gebiet auch sein mag.