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BFH-Beschluß vom 18.9.1984 (VII R 50-51/82) BStBl. 1985 II S. 12

1. Zur Zulässigkeit der Konkurrentenklage im Steuerrecht.

2. Die Klage eines Groß- und Einzelhandelsunternehmens gegen die Zollverwaltung wegen der Abfertigungspraxis bei sog. Butterfahrten ist unzulässig.

FGO § 40 Abs. 2; Einreise-Freimengen-Verordnung; VO (EWG) Nr. 1544/69.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 1 (Klägerin zu 1) betreibt einen Großhandel u.a. mit Parfümerien, Kaffee, Tee, Streichhölzern, Lebensmitteln wie Butter, Käse, Fleischwaren und Süßwaren sowie Spirituosen, Bier, Schaumwein und Tabakwaren. Ihre Kunden sind Einzelhandelsgeschäfte u.a. im Bereich der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Die Klägerin zu 1 beliefert u.a. den Kläger und Revisionsbeklagten zu 2 (Kläger zu 2), der ein Einzelhandelsgeschäft mit dem von der Klägerin zu 1 vertriebenen Warensortiment betreibt.

Von den Häfen der schleswig-holsteinischen Ostseeküste aus veranstalten verschiedene Reedereien - u.a. die Revisionsklägerin und Beigeladene (Beigeladene) - sogenannte "Butterfahrten". Die Fahrten dauern bis zu acht Stunden. Sie führen über die Seezollgrenze hinaus in das Küstengewässer oder auf die hohe See außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets. Teilweise wird nach Verlassen der Seezollgrenze auch in dänischen Häfen für kurze Zeit festgemacht, wobei die Passagiere Gelegenheit zum Landgang haben. Die Schiffe führen die eingangs erwähnten Waren mit sich, welche weder mit sonst auf diesen Waren lastenden deutschen indirekten Steuern, noch mit Zoll, noch mit anderen Abgaben des Gemeinschaftsrechts wie Abschöpfungen und Währungsausgleichsbeträgen belastet sind. Die Passagiere der Schiffe haben während der Seefahrt Gelegenheit, die steuerentlasteten Waren zu kaufen. Innerhalb bestimmter Höchstgrenzen werden bei der Einfuhr der Waren an der deutschen Zollgrenze keine Abgaben erhoben. Im Jahre 1979 wurden im Bezirk des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt - HZA -) "Butterfahrten" mit 32 Schiffen für schätzungsweise 1,8 Mio Fahrgäste durchgeführt.

Grundlage für die von den deutschen Zollbehörden bei der Einfuhr gewährte Abgabenfreiheit ist seit 1. Januar 1982 die Verordnung über die Eingangsabgabenfreiheit von Waren im persönlichen Gepäck der Reisenden vom 3. Dezember 1974 - Einreise-Freimengen- Verordnung (EF-VO) - (BGBl I 1974, 3377). Danach sind Waren eingangsabgabenfrei, die Reisende gelegentlich und ausschließlich zum persönlichen Gebrauch oder Verbrauch für ihren Haushalt oder als Geschenk in ihrem persönlichen Gepäck im Rahmen bestimmter Mengen- und Wertgrenzen einführen.

Die Kläger behaupten, der Butterfahrtenumsatz an der deutschen Ostseeküste habe im Jahre 1977 ca. 1 Mrd. DM betragen. Durch die Butterfahrten werde ein erheblicher Teil der Kaufkraft der Bewohner der Ostseeküste von den dort ansässigen Einzel- bzw. Großhandelsunternehmen abgezogen und auf die Reedereien, die Butterfahrten ausführten, umgelegt. Den Reedereien werde dadurch zu Lasten der Groß- und Einzelhändler ein erheblicher Wettbewerbsvorteil eingeräumt, der zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führe. Für das Gemeinschaftsrecht bestehe ein Verbot wettbewerbsverzerrender Maßnahmen, dessen Verletzung subjektive Rechte der davon Betroffenen begründe. Die EF-VO verstoße gegen die Richtlinie 69/169/EWG des Rates vom 28. Mai 1969 zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Befreiung von den Umsatzsteuern und Sonderverbrauchsteuern bei der Einfuhr im grenzüberschreitenden Reiseverkehr (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - L 133/6 vom 4. Juni 1969). Alleiniger Zweck dieser Richtlinie sei es, Doppelbesteuerungen zu vermeiden, nicht aber, die Möglichkeit zu schaffen, daß Waren steuerfrei in die Gemeinschaft eingeführt würden. Die Abgabenfreiheit für Zölle und Abschöpfungen sei in dem maßgebenden Bereich nicht durch die Verordnung (EWG) Nr. 1544/69 (VO Nr. 1544/69) des Rates vom 23. Juli 1969 über die zolltarifliche Behandlung von Waren, die im persönlichen Gepäck der Reisenden eingeführt werden (ABlEG L 191/1 vom 5. August 1969, Bundeszollblatt - BZBl - 1969, 959) gedeckt. Die Passagiere der Schiffe kämen nicht, wie es die VO Nr. 1544/69 voraussetze, aus Drittländern. Sie, die Kläger, würden gegenüber den Reedereien diskriminiert.

Die Kläger beantragten in erster Instanz, das HZA zu verpflichten, es zu unterlassen, in bestimmten Fällen des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs Waren ohne Erhebung von Eingangsabgaben zum freien Verkehr abzufertigen.

Das FG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung führte es u.a. aus:

Die Klage sei zulässig. Voraussetzung für die Klagebefugnis sei nach § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), daß eine Verletzung von Rechten der Kläger möglich erscheinen müsse. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe in einem Fall die Klagebefugnis zuerkannt, in dem der Kläger geltend gemacht habe, durch eine nicht durch das öffentliche Wohl gebotene Subventionsmaßnahme wirtschaftslenkender Art zugunsten seines Konkurrenten in seinen schutzwürdigen Interessen willkürlich vernachlässigt worden zu sein (Urteil vom 30. August 1968 VII C 122.66, BVerwGE 30, 191). Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleiste die Handlungsfreiheit auf wirtschaftlichem Gebiet. Die Vorschrift gebiete, daß ein Bürger nur aufgrund solcher Bestimmungen mit einem Nachteil belastet werden dürfe, die formell und materiell der Verfassung gemäß seien und deshalb zur verfassungsmäßigen Ordnung gehörten. Es stehe nicht mit der verfassungsmäßigen Ordnung in Einklang, wenn der Verordnungsgeber wie im Falle der EF-VO eine Gesetzgebungskompetenz ausübe, die nach Maßgabe des Art. 24 Abs. 1 GG rechtmäßig von den Organen der Gemeinschaft in Anspruch genommen worden sei. Art. 3 Abs. 1 GG verbiete willkürliche Eingriffe in die Wettbewerbsgleichheit.

Nach diesen Grundsätzen sei die Klagebefugnis im Hinblick auf den von den Klägern gerügten Verstoß der EF-VO gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie die Diskriminierung der Kläger gegenüber den als Wettbewerbern in Erscheinung tretenden Reedereien und sonstigen Schiffseignern zu bejahen, welche die gleichen Gegenstände wie aus dem Angebot der Kläger unter Inanspruchnahme von Abgabenbefreiungen und Ausfuhrvergünstigungen verkauften. Die Kläger machten sinngemäß geltend, daß die Betreiber von Butterschiffsfahrten eine Subvention in der Form erhielten, daß sie die von ihnen verkauften Waren abgabenfrei bzw. unter Inanspruchnahme von Ausfuhrvergünstigungen erwürben und dementsprechend billiger an die potentiellen Kunden der Kläger verkaufen könnten und daß die Subventionen dadurch gesichert würden, daß die Käufer beim Betreten des Zollgebiets für die Waren im Rahmen der Freimengen keine Abgaben zu entrichten brauchten. Für die Klagebefugnis genügte es, daß die Kläger dadurch in ihren Rechten auf wirtschaftliche Betätigung in Gestalt der Ausübung eines eingerichteten Gewerbebetriebs willkürlich beeinträchtigt sein könnten. Die Bewohner eines Küstenortes könnten mit dem geringsten Zeitaufwand und ohne weitere Umstände die Vorzüge der abgabenfreien Einkäufe auf Butterschiffen von ihrem Wohnort aus wahrnehmen. Die Klagen seien auch begründet.

Gegen diese Entscheidung haben sowohl das HZA als auch die Beigeladene Revision mit dem Antrag eingelegt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 6. August 1984 teilten die Kläger mit, daß sie zwischenzeitlich ihre wirtschaftliche Tätigkeit hätten einstellen müssen. Sie erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Auch das HZA erklärte mit Schriftsatz vom 31. August 1984 die Hauptsache für erledigt.

Entscheidungsgründe

II.

Da die Hauptsache erledigt ist, hat der Senat nur noch über die Kosten des gesamten Verfahrens zu entscheiden; er hat diese Entscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffen (§ 138 Abs. 1 FGO). Im Rahmen dieser Entscheidung ist auch zu berücksichtigen, ob die Klage zulässig war (vgl. BFHE 113, 175, BStBl II 1974, 749). Da das nicht der Fall war, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des gesamten Verfahrens den Klägern aufzuerlegen.

1. Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, u.a. durch die Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese Vorschrift setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH unmittelbares Betroffensein des Klägers voraus. § 40 Abs. 2 FGO soll gewährleisten, daß gegen ein Verwaltungshandeln nur derjenige mit Klage vorgehen kann, der durch dieses Handeln unmittelbar in seinen Rechten betroffen ist. Hierdurch soll ausgeschlossen werden, daß Personen klagen, die zwar ein Interesse an den durch das Verwaltungshandeln geregelten Beziehungen haben, selbst aber durch dieses Handeln nicht in einer Weise betroffen sind, die sich als eine Verletzung eigener Rechte darstellen könnte (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli 1983 II R 21/83, BFHE 138, 531, BStBl II 1983, 645, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Das wirtschaftliche Interesse an einer Änderung des Verwaltungshandelns oder der Steuerfestsetzungen gibt allein keine Befugnis, gegen ein Verwaltungshandeln gerichtlich vorzugehen, das sich gegen andere richtet (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1977 III R 35/77, BFHE 124, 477, BStBl II 1978, 383, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung; vgl. auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 40 FGO Anm. 12, die auch darauf hinweisen, daß nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO sogar für die Beiladung die Berührung rechtlicher Interessen verlangt wird). Der Kläger hat jeweils schlüssig geltend zu machen, daß er durch das Verwaltungshandeln in seinen Rechten verletzt sei; er hat präzise Behauptungen aufzustellen, die die Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen, daß eine Verletzung seiner Rechte vorliege (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 1984 I R 269/81, BFHE 140, 509, BStBl II 1984, 563, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen das Handeln des HZA bei der Abfertigung von durch Reisende eingeführte Waren und begehren die Verpflichtung des HZA, es zu unterlassen, in bestimmten Fällen diese Waren ohne Erhebung von Eingangsabgaben zum freien Verkehr abzufertigen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Kläger an diesem Besteuerungsverfahren nicht beteiligt sind (vgl. § 78 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Die Kläger haben auch nicht schlüssig dargelegt, sie seien durch die - von ihnen für rechtswidrig gehaltene - Abfertigungspraxis des HZA unmittelbar in ihrer subjektiven Rechtsstellung betroffen. Subjektive Rechte wären den Klägern nur dann eingeräumt, wenn die Rechtsvorschriften, deren unrichtige Handhabung durch das HZA sie rügen, zumindest auch den Schutz der Individualinteressen der beim Verkauf von Reisebedarf miteinander in Wettbewerb tretenden Unternehmen bezweckte, also "drittschützende" Wirkung hätten. Die Kläger haben aber nicht dargetan, daß die innerstaatlichen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Reisefreimengen Unternehmen, die Reisebedarf verkaufen bzw. mit ihnen in Konkurrenz tretenden Unternehmen, subjektive Rechte einräumten.

a) Die EF-VO beruht auf den Ermächtigungen des § 24 Abs. 1 des Zollgesetzes (ZG) und des Art. 3 des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes vom 3. August 1973 (BGBl I 1973, 933, BZBl 1973, 814). Diese Vorschriften ermächtigen den Bundesminister der Finanzen (BMF), Eingangsabgabenfreiheit für Waren des nichtkommerziellen Verkehrs vorzusehen, soweit dadurch schutzwürdige Interessen der inländischen Wirtschaft nicht verletzt werden. Bei den aufgrund dieser Ermächtigung angeordneten Eingangsabgabenfreiheiten handelt es sich nicht um eine Steuervergünstigung zur Erleichterung der Tätigkeit von Unternehmen. Diese Freiheit geht vielmehr von der Erwägung aus, daß der moderne Zoll kein Passierzoll, sondern ein Wirtschaftszoll ist, es sich bei Reisenden in bestimmten Mengen einzuräumenden Eingangsabgabenfreiheiten also um einen vom Steuertarif freien Raum handelt, auf den der Staat seinen Steueranspruch von vornherein nicht erstrecken will und darf (res extra commercium bzw. res extra teloneum; vgl. Begründung zum Zollgesetz 1962, BZBl 1962, 36, 49; Lenkewitz, Die Zollbefreiungen des § 69 ZG - 1939 - und ihre zollrechtspolitische Rechtfertigung, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern - ZfZ - 1958, 1). Es handelt sich bei diesen Abgabenfreiheiten also nicht um subventionspolitische Ausnahmeregelungen zugunsten bestimmter Unternehmen, sondern um eine dem Recht der Eingangsabgaben immanente, im wesentlichen deklaratorische Einschränkung der Abgabenpflichtigkeit. So ist diese Eingangsabgabenfreiheit auch zu Recht im Subventionsbericht der Bundesregierung nicht als besondere Steuervergünstigung genannt (vgl. BRDrucks 400/83, Anlage 9, S. 308, Stichwort "Steuervergünstigungen": "Allgemeine Steuerentlastungen wie etwa Tariffreibeträge sind ... nicht als Subvention anzusehen").

Diese Regelung der Eingangsabgabenfreiheit im Reiseverkehr hat neben dem Ziel, den Gedanken des Wirtschaftszolls zu verwirklichen, den Sinn, den Reiseverkehr, d.h. die Begegnung von Menschen über die Grenzen hinweg, zu erleichtern, ihn von bürokratischen Einschränkungen freizuhalten und den Verkehr über die Grenze flüssig zu gestalten. Dagegen bezweckt sie keine Unterstützung jener Wirtschaftskreise, die Reisewaren anbieten. Einziger wirtschaftspolitischer Aspekt der Vorschriften über die Eingangsabgabenfreiheit im Reiseverkehr ist die Begrenzung der Freimengen nach oben und die Vorschrift, daß die Freiheit auf nichtkommerzielle - d.h. nicht zum Wiederverkauf bestimmte - Waren beschränkt ist. Die Richtlinie 69/169/EWG und die VO Nr. 1544/69 haben nach ihren Erwägungsgründen im wesentlichen die gleichen Ziele.

Das FG weist zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung, die EF-VO stelle eine Subventionierung der Schiffahrt dar, auf die politischen Auseinandersetzungen und die Entscheidungen der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Eingangsabfertigung der von "Butterfahrten" zurückkommenden Reisenden hin. Die Tatsache aber, daß die Regierung die reflexartigen wirtschaftlichen Auswirkungen der EF-VO für einige Reedereien zum Ausgangspunkt politischer Entscheidungen genommen hat, rechtfertigt den Schluß nicht, Sinn und Zweck der EF-VO sei - zumindest teilweise - die Subventionierung der Schiffahrt. Das nachträgliche politische Verhalten der Regierungsinstanz allein ist keine Grundlage für die Entscheidung der Frage nach dem Sinn und Zweck einer Rechtsnorm. Dieser erschließt sich aus der Verordnung selbst und allenfalls aus ihrer Entstehungsgeschichte.

Rechtlich ohne Bedeutung ist auch der Hinweis des FG, die Eingangsabgabenfreiheiten der EF-VO führten im Bereich des auf Warenverkauf ausgerichteten Ausflugsverkehrs zu einer Erschwerung der Verwaltungstätigkeit, und die Teilnahme an einer Schiffsreise sei kein sachlicher Grund für eine Steuerbefreiung. Die EF-VO hat zwar die Eingangsabgabenfreiheit nicht davon abhängig gemacht, daß die Reise nicht nur zum Zweck des Wareneinkaufs unternommen worden ist. Das ist aber im Rahmen zulässiger Typisierung und offenbar in der Erkenntnis geschehen, es sei ohnehin im Rahmen der Reisendenabfertigung nicht feststellbar, welches Motiv jeweils einer Reise zugrunde liegt. Das Fehlen einer solchen Einschränkung der Eingangsabgabenfreiheit in der den gesamten Reiseverkehr betreffenden EF-VO rechtfertigt es also nicht, der Verordnung den Sinn zu unterstellen, sie habe unter Inkaufnahme zusätzlichen Verwaltungsaufwands die Unternehmen subventionieren wollen, die an Reisende Waren verkaufen. Nichts spricht dafür, der Verordnungsgeber habe eine solche Subvention beabsichtigt, bei der Aufwand (Steuereinbußen) und Wirkung (Erhaltung weniger Unternehmen mit relativ wenigen Arbeitsplätzen) in einem so ungünstigen Verhältnis zueinander stehen.

b) Aus dem Vorstehenden läßt sich entnehmen, daß die von den Klägern behauptete unrichtige Anwendung der einschlägigen Bestimmungen durch das HZA die Rechtsstellung der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berührt, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG, auf die sich die Kläger berufen.

Die Kläger weisen darauf hin, die behauptete rechtswidrige Abfertigungspraxis des HZA verschlechtere ihre Wettbewerbsposition im Vergleich zu den in Betracht kommenden Reedereien. Es ist schon zweifelhaft, ob dieses Argument nicht deswegen unrichtig ist, weil Groß- bzw. Einzelhandelsunternehmen wie die Kläger und Reedereien auf wesentlich unterschiedlichen Sektoren tätig werden, also nicht vergleichbar sind, und überdies die Kläger nicht grundsätzlich davon ausgeschlossen sind, sich in gleicher Weise wie die Reeder wirtschaftlich zu betätigen. Es ist ferner zweifelhaft, ob der von den Klägern behauptete Zusammenhang zwischen der Abfertigungspraxis des HZA und der angeblichen Bevorzugung der Reeder besteht, da diese auf das Recht der Reeder zurückgeht, für den Verkauf an Bord im Zollgebiet Waren abgabenfrei zu beziehen.

Diese Fragen bedürfen aber keiner Entscheidung. Denn jedenfalls enthalten, wie ausgeführt, die Freimengenregelungen für Reisende keine Schutz- oder Förderungsvorschriften für Unternehmen, die Waren an Reisende abgeben. Weder entstehen den Reedern subjektive Rechte aus diesen Bestimmungen noch können gar Konkurrenten der Reeder entsprechende subjektive Rechte geltend machen. Es bedarf daher auch keiner näheren Ausführungen zu der Frage, in welchem Umfang Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von Unternehmen sicherstellen sollen; denn jedenfalls haben die Kläger nicht dargetan, daß das HZA durch seine Abfertigungspraxis in diese wie auch immer zu definierende Freiheit eingegriffen haben kann, da die vom HZA angewendeten Vorschriften den Schutz von Unternehmen nicht zum Gegenstand haben. Im Grunde läuft die Klage darauf hinaus, das FG zur Kontrolle des HZA bei der Durchführung von Vorschriften zu veranlassen, die weder im Interesse der Kläger noch ihrer etwaigen Konkurrenten erlassen worden sind, sondern im Interesse des Reiseverkehrs und der Reisenden. Es ist aber nicht Sache des einzelnen Staatsbürgers oder von Wirtschaftsunternehmen, im Klagewege die Verwaltung zu kontrollieren, ob sie rechtmäßig handelt.

2. Zu Unrecht beruft sich das FG für seine Rechtsauffassung auf die Rechtsprechung des BVerwG zur Zulässigkeit der Konkurrentenklage. In seinem Urteil in BVerwGE 30, 191 hatte es das BVerwG mit dem Fall einer wirklichen Subvention auf dem gewerblichen Sektor (zur Förderung des Weinbaues) zu tun, deren Gewährung nach Auffassung des BVerwG "einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Drittwirkung zum Nachteil des Konkurrenten darstellen kann". Das BVerwG hat deswegen dem Dritten nach § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine Anfechtungsmöglichkeit für den Fall zuerkannt, daß er geltend macht, "daß seine schutzwürdigen Interessen willkürlich vernachlässigt worden seien ...; denn die Begünstigung einzelner Gruppen darf nur dann erfolgen, wenn das durch das öffentliche Wohl geboten ist und schutzwürdige Interessen anderer nicht willkürlich vernachlässigt werden". Daß es gerade darauf ankommt, ob den in Betracht kommenden Regelungen "drittschützende" Rechtswirkung zukommt, hat das BVerwG in seinem Urteil vom 22. Mai 1980 3 C 2.80 (Deutsches Verwaltungsblatt 1981, 261) nochmals deutlich gemacht. Dort hatte es eine Klage des Betreibers eines Krankenhauses, der sich gegen die Festsetzung höherer Pflegesätze für Städtische Krankenhäuser in M wandte, mit der Begründung als unzulässig verworfen, die Regelungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes über die Festsetzung der Krankenhauspflegesätze dienten nicht dem Zweck, den Träger eines Krankenhauses vor der Festsetzung zu hoher Pflegesätze für andere Krankenhäuser zu schützen, sie hätten also keine "drittschützenden" Wirkungen.

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist der vorliegende Fall mit den Fällen, in denen das BVerwG die sog. Konkurrentenklage für zulässig erachtet hat, nicht zu vergleichen. Die gerügte Abfertigungspraxis des HZA kann nicht gegen die besonderen Interessen der Kläger als Wettbewerber von Reedern gerichtet angesehen werden, da die angewendeten Vorschriften anders als Subventionen Eingriffe in die wettbewerbliche Ausgangssituation nicht zum Ziel, d.h. keine "drittschützende" Wirkung haben. Nur gewissermaßen als Reflex können sich wirtschaftliche Nachteile für die Kläger ergeben. Das wirtschaftliche Interesse allein an der höheren Besteuerung von Wettbewerbern gibt aber keine Befugnis, durch Klage in die Besteuerung dieser Wettbewerber einzugreifen (vgl. BFHE 124, 477, BStBl II 1978, 383; vgl. auch Knobbe-Keuk, Die Konkurrentenklage im Steuerrecht, Betriebs-Berater 1982, 385).