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BFH-Urteil vom 21.9.1984 (III R 109/78) BStBl. 1985 II S. 17

Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein in Bau befindliches Gebäude und stellt er dieses in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Baumaßnahmen des Veräußerers vor dem 1. Juli 1977 fertig, dann hat er jedenfalls dann keinen Anspruch auf Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b InvZulG 1975 für die von ihm aufgewendeten Herstellungskosten, wenn der Rechtsvorgänger mit den Bauarbeiten bereits vor dem 1. Dezember 1974 begonnen hatte.

InvZulG 1975 § 4b.

Vorinstanz: FG Bremen

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Inhaber eines Bauunternehmens. Am 13. Januar 1975 erwarb er drei seit 1973 in Bau befindliche Wohnhäuser mit mehr als 30 Wohneinheiten von der zunächst in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen, später in Konkurs gegangenen Bauherrin, der Firma A, unter Verrechnung einer Forderung gegen diese Firma von etwa 400.000 DM. Die Bauarbeiten, an denen der Kläger beteiligt gewesen war, waren Anfang November 1974 eingestellt worden. Der Kläger stellte die Gebäude bis Anfang 1976 mit einem Gesamtaufwand von etwa 565.000 DM fertig. Anschließend vermietete er die Wohnungen. Im April und Juni 1976 trat er wegen der Wohnungen in Geschäftsbeziehungen zu zwei Maklerfirmen.

Den Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG 1975) für die "fertigstellende Errichtung" der drei Wohnhäuser lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ab. Er vertrat dabei die Ansicht, die Gebäude gehörten nicht zum Anlage-, sondern zum Umlaufvermögen des Klägers. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FA blieb bei seiner bisherigen Auffassung, begründete aber die Ablehnung in erster Linie damit, daß mit der Herstellung der Gebäude bereits vor dem maßgeblichen Begünstigungszeitraum begonnen worden sei. Die Arbeiten des Klägers seien auch nicht als nachträgliche Herstellungsarbeiten i. S. des § 4b Abs. 2 Satz 7 InvZulG 1975 anzusehen.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1979, 97 aufgeführten Gründen abgewiesen.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 4b InvZulG 1975. Seiner Ansicht nach hat das FG nicht hinreichend berücksichtigt, daß die Bauarbeiten vor Beginn des Begünstigungszeitraums eingestellt gewesen seien und das ursprüngliche Bauvorhaben nicht mehr habe durchgeführt werden können. Vollende ein Dritter ein solches Bauvorhaben, dann entspräche es dem Sinn und Zweck des § 4b InvZulG 1975, ihm von seinen Herstellungskosten die Konjunkturzulage zu gewähren. Im übrigen, so macht der Kläger geltend, habe er nicht lediglich das Bauvorhaben der Firma A weitergeführt, sondern ein völlig neues in Angriff genommen. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, daß er die Bauarbeiten, mit denen er während des Begünstigungszeitraums begonnen habe, auf der Grundlage der unveränderten Baugenehmigung durchgeführt habe.

Entgegen der Ansicht des FG handele es sich bei den Gebäuden um Anlagevermögen. Die Makler habe er nur eingeschaltet, um den Markt zu testen, und zwar im Zusammenhang mit Finanzierungsüberlegungen.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Investitionszulage auf 42.375 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht die Ansicht vertreten, daß der Kläger deshalb keinen Zulageanspruch hat, weil die Firma A bereits vor dem 1. Dezember 1974 mit der Herstellung der Gebäude begonnen hatte.

1. Der Kläger macht zwar geltend, er habe als Bauherr erst während des maßgeblichen Begünstigungszeitraums des § 4b InvZulG 1975 mit den Bauarbeiten begonnen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten aber vorzeitig in Angriff genommene Investitionen grundsätzlich von der Zulage ausgeschlossen sein. Insbesondere die Herstellung von Gebäuden sollte dann nicht mehr zulagebegünstigt sein, wenn der Investor damit nach Maßgabe des § 4b Abs. 2 Sätze 5 und 6 InvZulG 1975 vorzeitig begonnen hatte (vgl. BT-Drucks. 7/3010 S. 9). Dies gilt aber nicht nur für den von § 4b InvZulG 1975 ausdrücklich angesprochenen Regelfall, daß ein und derselbe Steuerpflichtige mit der Herstellung des Gebäudes beginnt und es selbst auch fertigstellt. Die Zielsetzung der Vorschrift erfordert es vielmehr, die Herstellung eines Gebäudes nicht allein schon deshalb zu begünstigen, weil anstelle eines einzelnen Steuerpflichtigen nacheinander zwei oder mehrere ein Gebäude fertigstellen.

Der Senat kann unerörtert lassen, ob in den Fällen, in denen ein Bauherr ein noch nicht fertiggestelltes Gebäude veräußert und erst der Erwerber das Investitionsobjekt fertigstellt, als Zeitpunkt des Beginns der Bauarbeiten i. S. des § 4b InvZulG 1975 stets der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem der ursprüngliche Bauherr mit den Bauarbeiten begonnen hat. Bezogen auf den dem Streitfall zugrundeliegenden Sachverhalt kommt es jedenfalls dann entscheidend auf diesen Zeitpunkt an, wenn der Erwerber das Investitionsobjekt in einem engen sachlichen, insbesondere bauplanerischen, und zeitlichen Zusammenhang mit den Baumaßnahmen des Rechtsvorgängers fortführt. Dabei ist es unerheblich, aus welchen Gründen der bisherige Bauherr das Objekt veräußert und ob der Erwerber das Objekt aufgrund eines selbständigen Investitionsentschlusses weiterführt.

Zulagebegünstigt ist nämlich nicht eine Baumaßnahme schlechthin, sondern die Herstellung eines bestimmten Wirtschaftsguts, und zwar - bezogen auf den Streitfall - eines Gebäudes.

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG die beantragte Investitionszulage zu Recht versagt.

Der vom Senat geforderte enge sachliche Zusammenhang besteht im Streitfall darin, daß der Kläger die Gebäude auf der Grundlage der der Firma A erteilten Baugenehmigung fertiggestellt hat. Da es entscheidend auf das Investitionsobjekt ankommt, ist es unerheblich, ob der Kläger, wie er geltend macht, zumindest teilweise andere Bauhandwerker beauftragt und das Bauvorhaben neu finanziert hat.

Auch den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang sieht der Senat im Streitfall als noch gewahrt an. Die Bauarbeiten waren lediglich etwa vier Monate unterbrochen, wobei es sich hierbei teilweise noch um Wintermonate gehandelt hat.

3. Die Aufwendungen des Klägers waren auch nicht als nachträgliche Herstellungsarbeiten i. S. des § 4b Abs. 2 Satz 7 InvZulG 1975 begünstigt. Die Entscheidung im Streitfall erfordert nicht, abschließend darüber zu befinden, was unter dem Begriff der "nachträglichen Herstellungsarbeiten" zu verstehen ist. Arbeiten, die der Fertigstellung eines Gebäudes dienen, rechnen jedenfalls grundsätzlich nicht dazu (vgl. dazu auch die in BT-Drucks. 7/3010 S. 6 aufgeführten Beispiele). Die Arbeiten des Klägers dienten aber der Fertigstellung der drei Wohnhäuser.

4. Ob der Kläger auch deshalb keinen Investitionszulageanspruch hat, weil die Wohnhäuser nicht seinem Anlagevermögen zuzuordnen waren, kann der Senat unerörtert lassen. Dies ist nicht mehr entscheidungserheblich.