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BFH-Urteil vom 27.3.1985 (II R 181/80) BStBl. 1985 II S. 416

Verschafft sich ein Unternehmer dadurch einen Kredit, daß er wegen bestehender Verbindlichkeiten für Warenlieferungen Wechselverpflichtungen mit späterer Fälligkeit eingeht, und zahlt er die bei der Wechseldiskontierung abgezogenen Zinsen, so ist der in der Steuerbilanz angesetzte aktive Rechnungsabgrenzungsposten auch bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens anzusetzen.

BewG § 95.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

In ihrer Steuerbilanz auf den 30. September 1968 wies die A-AG, die später auf die Klägerin als alleinige Gesellschafterin umgewandelt wurde, einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten für Wechseldiskonte aus. Hiermit hatte es folgende Bewandtnis:

Die A-AG war für erhaltene Lieferungen jeweils Wechselverpflichtungen eingegangen und hatte die bei der Diskontierung der Wechsel entstandenen Diskontbeträge übernommen und etwa 10 Tage nach der jeweiligen Wechselhingabe gezahlt. Abgegrenzt wurden die Diskontbeträge insoweit, als die Wechselverbindlichkeiten erst nach dem Bilanzstichtag fällig wurden.

Bei der aufgrund einer Betriebsprüfung berichtigten Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1969 behandelte das beklagte Finanzamt (FA) den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten als Teil des Betriebsvermögens. Nach erfolglosem Einspruch hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Rechnungsabgrenzungsposten nicht als Teil des Betriebsvermögens zu behandeln.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1980, 217).

Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision hat die Klägerin ihren Klagantrag weiterverfolgt und geltend gemacht, daß die Erfassung des Wechseldiskontes gegen § 95 des Bewertungsgesetzes (BewG) verstoße.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist als unbegründet zurückzuweisen. Der Ansatz des Wechseldiskontes steht mit dem BewG im Einklang.

Der in der Steuerbilanz geführte aktive Rechnungsabgrenzungsposten Wechseldiskont (vgl. hierzu das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31. Juli 1967 I 234/64, BFHE 90, 132, BStBl II 1968, 7) ist Teil des Betriebsvermögens i. S. der §§ 95, 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG.

Aus der Rechtsprechung des früher zuständigen III. Senats folgt die Auffassung, daß aktive Rechnungsabgrenzungsposten nicht ohne weiteres für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens übernommen werden können; vielmehr müsse im Einzelfall geprüft werden, ob einem aktiven Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Gesichtspunkt eines schwebenden Geschäftes ein bewertbarer Anspruch gegenüberstehe oder ob der Rechnungsabgrenzungsposten für sich betrachtet ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut sei (vgl. die Urteile vom 17. Januar 1964 III 347/60 U, BFHE 79, 1, BStBl III 1964, 234, und vom 10. Juli 1970 III R 112/69, BFHE 100, 110, 112, BStBl II 1970, 779).

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen, so ergibt sich, daß der Posten Wechseldiskont Teil des zu bewertenden Betriebsvermögens ist: Die A-AG hatte sich durch die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten für erhaltene Lieferungen bis zur Fälligkeit der Wechsel einen Kredit verschafft. Die Zinsen bis zu dieser Fälligkeit, die bei der Diskontierung der Wechsel abgezogen wurden und die die A-AG zu übernehmen hatte, waren Zinsaufwand des Wechselkredits der A-AG, den sie im voraus für die gesamte Laufzeit des Kredites getragen hat. Als Gegenleistung stand ihr der Anspruch auf die Aufrechterhaltung des Kredites bis zum Fälligkeitstag der Wechsel auf eine bestimmte Zeit zu. Dieser Anspruch ist als Wirtschaftsgut i. S. des § 95 BewG anzusehen, zumal auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1969 erfüllt sind.

Im Streitfall gilt nichts anderes als in den Fällen der vorausgezahlten Haftpflichtversicherungsprämien (vgl. BFHE 100, 110, BStBl II 1970, 779).

Es bedarf unter diesen Umständen keiner Untersuchung, ob durch die Entwicklung der Rechtsprechung zum Ertragsteuerrecht (vgl. die Nachweise bei Döllerer in Betriebs-Berater - BB - 1974, 1541 unter III.1., und bei Bordewin in Deutsche Steuerzeitung - DStZ - 1982, 463 unter 1.) bereits eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der ertragsteuerrechtlichen und der bewertungsrechtlichen Behandlung der Rechnungsabgrenzungsposten erreicht ist, die zu der Aussage berechtigen könnte, daß eine ertragsteuerrechtlich zulässige Rechnungsabgrenzung in der Regel auch bewertungsrechtlich zu beachten sei.

Was gilt, wenn der Wechseldiskont nicht gesondert gezahlt, sondern durch Erhöhung in die Wechselsumme eingeschlossen wird (vgl. Hüttemann, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten, 2. Aufl., Tz. 4131011, S. 114), kann nicht entschieden werden, da dieser Fall nicht vorliegt. Selbst wenn die Auffassung der Klägerin richtig sein sollte, daß der Wechseldiskont in diesem Falle nicht abzugrenzen ist, wogegen manches spricht (vgl. § 156 Abs. 2, 3 des Aktiengesetzes - AktG -), würde dies für den vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen.

Inwieweit das zur Frage eines Darlehensabgeldes ergangene Urteil des III. Senats vom 14. Februar 1964 III 142/61 U (BFHE 79, 85, BStBl III 1964, 264) der Überprüfung bedarf, ist hier nicht zu erörtern. Der Senat weist nur darauf hin, daß in dem damaligen Fall der wegen der Einbehaltung des Darlehensabgeldes ermäßigte Zinssatz nicht besonders niedrig lag, während bei der Kreditgewährung durch Eingehung von Wechselverbindlichkeiten unter Einbeziehung des Diskontes in die Wechselsumme außerhalb der Erfüllung der Wechselverbindlichkeiten keine Zinsen zu zahlen sind.

Aus dem Urteil des III. Senats in BFHE 79, 1, BStBl III 1964, 234 kann die Klägerin entgegen ihrer Auffassung für ihren Standpunkt des Nichtansatzes des Wechseldiskontes bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nichts herleiten. Dort wurde der nicht vergleichbare Fall der Umsatzsteuer auf Anzahlungen dahin entschieden, daß ein Rechnungsabgrenzungsposten nicht anzusetzen sei (vgl. nunmehr aber § 98 a Satz 2 BewG).