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BFH-Beschluß vom 14.6.1985 (III R 265/84) BStBl. 1985 II S. 522

Aus dem Telegramm, mit dem Revision eingelegt wird, muß sich ergeben, wer die Revision eingelegt hat.

FGO § 120 Abs. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Im Klageverfahren war streitig, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) eine Sonderabschreibung nach § 3 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG) zusteht.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Gegen das dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 17. Februar 1984 mit Postzustellungsurkunde (PZU) zugestellte Urteil wurde mittels eines Telegramms Revision eingelegt, das erst einen Tag nach Ablauf der Revisionsfrist, nämlich am 20. März 1984, beim Finanzgericht (FG) einging. Das Telegramm enthält die Anschrift des Niedersächsischen FG und hat folgenden Wortlaut:

"Im Namen des Herrn W . . . S . . . in . . . lege ich gegen das Urteil vom 25. Januar 1984 . . . Revision ein. Begründung folgt an den BFH. Steuerberater"

Durch den Vorsitzenden des Senats wurde der im Klageverfahren für den Kläger tätig gewordene Prozeßbevollmächtigte darauf hingewiesen, daß die Revision verspätet beim FG eingegangen sei und daß sich aus dem Telegramm nicht ergebe, daß die Revision von ihm eingelegt worden sei. Daraufhin hat der Prozeßbevollmächtigte (rechtzeitig) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und vorgetragen: Das Telegramm sei am 19. März 1984 um 20.44 Uhr vom zuständigen Postamt aufgenommen, von diesem um 21.29 Uhr weitergesendet und beim Postamt Hannover um 22.06 Uhr eingegangen. Dort sei es um 22.33 Uhr einem Boten zur Weiterbeförderung übergeben worden. Nach einer Auskunft der Deutschen Bundespost sei die verbleibende Zeitspanne ausreichend gewesen, um unter normalen Umständen die Sendung bis 24 Uhr beim FG zuzustellen. Der Prozeßbevollmächtigte hat außerdem eine Fotokopie des Aufgabetelegramms vorgelegt, aus dessen Kopf sich Name und Adresse von ihm ergeben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hält die Revision für unzulässig. Es sei zwar zulässig, eine Revision durch Telegramm einzulegen. Gleichwohl müsse das Telegramm den an eine Revisionseinlegung zu stellenden Anforderungen genügen. Das sei nicht der Fall. Denn aus dem Telegramm ergebe sich nicht, gegen wen das Rechtsmittel gerichtet sei und wer die Revision eingelegt habe. Außerdem bestehe zur Nachtzeit nur ein eingeschränkter Postbotendienst, so daß der Kläger bei einer Telegrammaufgabe am späten Abend des letzten Tages der Frist nicht mehr mit einer rechtzeitigen Einlegung seiner Revision beim FG habe rechnen können.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Nach § 120 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision bei dem FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen. Die Einlegung eines Rechtsmittels durch Telegramm ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 64 Anm. 3).

Das dem Niedersächsischen FG am 20. März 1984 zugegangene Telegramm entspricht nicht den Anforderungen an die Schriftform einer Revision. Die Schriftform soll gewährleisten, daß aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. März 1983 VIII B 117/80, BFHE 138, 403, BStBl II 1983, 579).

Den Inhalt der Erklärung hält der Senat für ausreichend bestimmt. Zwar fehlt die Angabe des Revisionsbeklagten, gegen den sich die Revision richten soll. Die Rechtsprechung läßt es jedoch genügen, wenn das Gericht innerhalb der Revisionsfrist den Beklagten mit Sicherheit feststellen kann. Das war hier gewährleistet, weil dem FG die Prozeßakte vorlag, aus der sich die beklagte Finanzbehörde ergab (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 120 FGO Anm. 6).

Aus dem Telegramm ergibt sich jedoch nicht die Person, von der die Einlegung der Revision ausging. Wird die Revision von einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigtem eingelegt (vgl. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFH-EntlG -), so ergibt sich die Urheberschaft regelmäßig aus dem verwendeten Briefbogen. Außerdem muß die Revisionsschrift eigenhändig unterschrieben sein. Auch die eigenhändige Unterschrift erweist, daß die Revision von dem Unterzeichnenden herrührt, dessen eigene Prozeßhandlung ist und ein (postulationsfähiger) Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer die Verantwortung für den Inhalt der Schrift übernimmt (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., § 120 FGO Anm. 27).

Wird die Revision durch Telegramm eingelegt, so entfällt zwangsläufig das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift (vgl. BFH-Urteil vom 14. April 1976 IV R 43-45/75, BFHE 119, 208, BStBl II 1976, 624). Anders als bei der Übermittlung im Telekopierverfahren (vgl. BFH-Zwischenurteil vom 10. März 1982 I R 91/81, BFHE 136, 38, BStBl II 1982, 573) entfällt bei der Revisionseinlegung durch Telegramm auch die Verwendung eines Briefbogens des Prozeßbevollmächtigten. Dann muß sichergestellt sein, daß auf andere Weise das zwingende Formerfordernis der Urheberschaft erfüllt ist (vgl. dazu allgemein Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 7109). Das kann dadurch geschehen, daß Namen und Anschrift des Prozeßbevollmächtigten in irgendeiner Weise aus dem Text des Telegramms ersichtlich sind.

Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Aus dem dem FG zugegangenen Telegramm ergibt sich der Prozeßbevollmächtigte nicht. Anders als bei der Feststellung des FA reicht es auch nicht aus, daß das FG auf die Prozeßakte erster Instanz zurückgreifen kann. Denn die Prozeßvertreter im Klageverfahren und im Revisionsverfahren brauchen nicht identisch zu sein. Nicht ausreichend ist, daß sich vorliegend Name und Adresse des Bevollmächtigten aus dem Aufgabetelegramm ergeben. Letzteres ist aus postalischen Gründen geschehen, weil der Prozeßbevollmächtigte das Telegramm dem Postamt telefonisch zugesprochen hatte. Maßgebend ist aber der Inhalt des Telegramms, das dem Gericht zugeht.

Die Revision ist somit mangels der gesetzlich vorgeschriebenen Form unzulässig (§ 126 Abs. 1 FGO). Der Senat braucht über den vom Kläger wegen Überschreitens der Revisionsfrist von einem Tag gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr zu entscheiden.